Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen

22.04.2024 opener

An das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Referat 523

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen - Gesetz zur Einrichtung einer oder eines Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen (Gemeinsam-gegen-Kindesmissbrauch-Gesetz – UBSKMG)

Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. (DSGT) dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum o.g. Referentenentwurf und nimmt, vorbereitet von der Arbeitsgruppe „Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen“, einer Arbeitsgruppe seiner Kommission SGB VIII, gern in gedrängter Form Stellung.

Zusammenfassung: Dem Referat 523 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist ein Entwurf gelungen, der bestens geeignet ist, mit der beabsichtigten Strukturstärkung (einschließlich der Sicherstellung der Prävention und Unterstützung von Betroffenen), einen erheblichen und auch innovativen Schritt zur Verwirklichung des Rechts von Kindern und Jugendlichen auf Schutz vor sexueller Gewalt zu machen. Es wird ein Gesamtsystem etabliert, das als ein aufeinander bezogenes Gefüge von Strukturen erst die Voraussetzung schafft, Einzelmaßnahmen, Initiativen und arbeitsteilige Aufgabenerfüllung zur Bekämpfung der sexuellen Gewalt an Kindern und Jugendlichen zu ihrer vollen Wirkkraft zu verhelfen. Zutreffend wird im Allgemeinen Teil der Begründung festgestellt, dass über die aktuelle Gesetzeslage hinaus weiterer gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, der mit dem beabsichtigten Gesetz weiter gedeckt wird. Hervorzuheben ist die vorbildliche gründliche und sorgfältige Vorbereitung des Entwurfs durch den Nationalen Rat. Hierzu gehört die Verarbeitung des neuesten Wissensstandes und von Praxiserfahrungen. Erfreulich ist die Aussicht, dass mit diesem Gesetzesvorhaben eine im Koalitionsvertrag festgeschriebene Vereinbarung der Bundesregierung umgesetzt würde.

Im Einzelnen:

Art.1, §§ 1 und 2 UBSKMG -RefE: Zutreffend und in der nötigen Deutlichkeit wird hier das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Schutz vor sexueller Gewalt und Ausbeutung formuliert.

Art. 1, § 3 Abs. 1 UBSKMG -RefE:

Der DSGT schlägt statt einer Soll-Vorschrift vor: „Die staatliche Gemeinschaft ergreift für Betroffene ………………“ Die vorgeschlagene Verstärkung des Auftrages an die staatliche Gemeinschaft dürfte den von § 3 RefE adressierten Betroffenen gerechter werden und stimmt auch besser mit der Diktion von § 3 Abs. 2 RefE überein („Der Bund stellt … bereit“).

Art. 1, §§ 4 bis 16 UBSKMG -RefE:

Der DSGT begrüßt nachdrücklich die vorgesehene Einrichtung des Amtes einer/eines Unabhängigen Beauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, die Berufung eines Betroffenenrates und die Berufung einer Unabhängigen Aufarbeitungskommission und nimmt Bezug auf die überzeugenden Begründungen des Referentenentwurfes.

Art. 1, § 6 Abs. 1 UBSKMG -RefE:

Der DSGT schlägt vor, die Aufgaben der Beauftragten Person zu ergänzen durch

  1. „…Schaffung und Pflege eines öffentlich zugänglichen Registers über Initiativen und Einrichtungen, die dem Schutz von Kindern und Jugendlichen gegen sexuelle Gewalt dienen und…“

Ein solches Register gibt Betroffenen einen gebündelten Überblick über vorhandene Anlauf- und Unterstützungsstellen und erleichtert die Suche danach.

Alternativ: Das Register könnte auch bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Art. 1, § 2 UBSKMG -RefE) angesiedelt werden.

 

  1. „…Strukturierung und Systematisierung der Aufarbeitungs- und Aufklärungsprozesse…“.

 

Dies geht über Ziff. 4 hinaus und soll der/dem Beauftragten die Aufgabe zuweisen, neben der „Perspektive von oben“ auch eine Strukturstärkung der Prozesse an der Basis („unten“) zu schaffen.

Art. 2 (SGB VIII-RefE):

Der DSGT stimmt der vorgeschlagenen Änderung des SGB VIII zu. Bisher streitige Fragen zur Akteneinsicht werden damit gesetzlich geklärt, und es werden auch an dieser Stelle die Rechte von Betroffenen gestärkt.

 

Kassel, 22. April 2024

Michael Löher
Vizepräsident des Deutschen Sozialgerichtstages e.V.

 

Autor: Michael Löher, Vizepräsident des Deutschen Sozialgerichtstags e.V.

Anlass: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen

Dem Referat 523 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist ein Entwurf gelungen, der bestens geeignet ist, mit der beabsichtigten Strukturstärkung (einschließlich der Sicherstellung der Prävention und Unterstützung von Betroffenen), einen erheblichen und auch innovativen Schritt zur Verwirklichung des Rechts von Kindern und Jugendlichen auf Schutz vor sexueller Gewalt zu machen.

Rubrik:

Schlagwörter: Prävention, Betroffenenrechte, Akteneinsicht, Aufarbeitungs- und Aufklärungsprozesse, Unabhängiger Bundesbeauftragter gegen sexuellen Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen, Betroffenenrat, öffentlich zugängliches Register