6. DSGT: Schwerpunkte der SGB III/SGB XII Kommissionsarbeit

29.12.2016 opener

Die Kommissionen SGB III und SGB XII, die auf dem diesjährigen Sozialgerichtstag erneut gemeinsam tagten, widmeten sich dem Thema „Inklusion, Arbeitswelt, Eingliederungshilfe“. Anlass für die kommissionsübergreifende Veranstaltung bestand in gesteigerten Maße, nachdem die Bundesregierung am 28. Juni 2016 den Nationalen Aktionsplan 2.0 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verabschiedet hat, das Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts vom 19. Juli 2016 verkündet worden ist und nun auch der Entwurf eines Bundesteilhabegesetzes mit Datum vom 5. September 2016 vorliegt.                       
 

Drei Referenten mit unterschiedlichem Focus

Susanne Jaritz, von Haus aus Richterin am Hessischen Landessozialgericht und jetzt als Referentin im Bundeskanzleramt mit Arbeitsmarktfragen und Arbeitsförderung befasst, mit dem Blickwinkel der Bundesregierung, die mit dem Nationalen Aktionsplan maßgeblich die Handlungsfelder der Inklusion bestimmt, Dr. Leander Palleit, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Monitoringstelle zur UN-BRK des Instituts für Menschenrechte, mit der Sicht einer unabhängigen Stelle, deren Aufgabe es ist, den Finger in die Wunde zu legen, und Dr. Stephan Gutzler, Richter am Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, mit der Perspektive der Richterschaft, die sich der Fundamentalkritik ausgesetzt sieht, die UN-BRK nicht umzusetzen.

Inklusion im Arbeitsförderungsrecht

Das Referat von Susanne Jaritz galt der „Inklusion im Arbeitsförderungsrecht" und befasste sich mit dem Verhältnis von Inklusion und Integration, dem Begriff der Behinderung als Anknüpfungspunkt für Inklusion, der Inklusion in Zahlen, den Hürden für Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt, den Fördermöglichkeiten und den Initiativen für die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt. Frau Jaritz fasste zusammen, Inklusion dürfe nicht zu einem Sonderarbeitsmarkt führen (z.B. in Werkstätten für behinderte Menschen), sondern müsse Übergänge in den allgemeinen Arbeitsmarkt schaffen (z.B. unterstützte Beschäftigung, Integrationsbetriebe, Budget für Arbeit, assistierte Ausbildung).

Inklusion in der Eingliederungshilfe

Dr. Stephan Gutzler nahm in seinem anschließenden Referat das SGB XII und die „Inklusion in der Eingliederungshilfe“ in den Blick. Neben der Klärung der Begrifflichkeiten waren die bedürftigkeits(un)abhängige Förderung, der Anschauungswandel im Leistungsrecht, die Wunsch- und Wahlrechte, die Selbstverantwortung und das neue Bundesteilhabegesetz Gegenstand seiner Betrachtung. Dr. Gutzler warb für einen schrittweisen Ausbau bedürftigkeitsunabhängiger Leistungen, für eine Stärkung geeigneter und zumutbarer Alternativmaßnahmen vor Kostenaspekten. Das persönliche Budget sei stärker als bisher praxistauglich zu machen, Budgetverwaltungskosten müssten übernommen werden. Kritisch hob Dr. Gutzler die Komplexität der Regeln zur Koordinierung der Leistungsträger hervor.

UN-BRK und berufliche Inklusion

Dr. Leander Palleit rundete sodann das Bild mit seinem Referat „UN-BRK und berufliche Inklusion“ ab, indem er die UN-BRK zunächst in ihren internationalen und verfassungsrechtlichen Kontext stellte, die systemischen Herausforderungen für die Gesellschaft und deren Institutionen durch die Umsetzung der UN-BRK hervorhob und zum Schluss noch exemplarisch auf aktuelle Umsetzungsprobleme vis-a-vis Art. 27 UN-BRK (Arbeit und Beschäftigung) einging. Dr. Palleit resümierte, entscheidend für Inklusion sei "Jedermann-Teilhabe". Dabei sei zu vergegenwärtigen, dass die UN-BRK dauerhafte staatliche Transferleistungen nicht untersage, diese also nicht im Widerspruch zur Inklusion stünden. Insgesamt sei die UN-BRK nach wie vor unbekannter Boden. Dies sei u.a. durch Ergänzung der Richteraus- und -fortbildung zu ändern.

Empfehlungen der Kommission

Die Kommission mit Teilnehmern aus Praxis und Wissenschaft empfahl im Anschluss an eine engagierte und fachkundige Diskussion

  • die im Entwurf eines Bundesteilhabegesetzes vorgesehene Abweichung vom Prinzip der Leistung aus einer Hand von der Zustimmung des Betroffenen abhängig zu machen,
  • das persönliche Budget auch bei behördlich verweigerten Bedarfsfeststellungen und Zielvereinbarungen einklagbar auszugestalten und eine Regelung für Budget-Assistenzkosten vorzusehen,
  • ein Budget für Arbeit und Ausbildung einzurichten,
  • dass die Rechtsanwendung die UN-BRK bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe stärker – als bisher – berücksichtigen möge.

Autor: Gemeinsamer Bericht der Kommissionsvorsitzenden VRiBSG Elke Roos

Anlass: Bundestagung des Deutschen Sozialgerichtstages e.V.

Gesteigerter Bedarf für die kommissionsübergreifende Veranstaltung bestand, nachdem die Bundesregierung am 28. Juni 2016 den Nationalen Aktionsplan 2.0 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verabschiedet hat, das Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts vom 19. Juli 2016 verkündet worden ist und nun auch der Entwurf eines Bundesteilhabegesetzes mit Datum vom 5. September 2016 vorliegt.

Rubrik:

Schlagwörter: Inklusion, Integration, Arbeitsförderung, Eingliederungshilfe, UN-BRK