Gründe:
I. Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe in einem Klageverfahren wegen Beitragsnachforderungen auf Grund einer Betriebsprüfung.
Die 1944 geborene Klägerin betrieb Ende der 90er-Jahre bis 2001 in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen
mit der 1974 geborenen S. M. die "M. und K. GbR". Geschäftsgegenstand war die Durchführung von Gebäudereinigungsarbeiten.
In Auswertung der Akten eines Steuerstrafverfahrens forderte die Beklagte auf Grund einer Betriebsprüfung mit Bescheid vom
23.03.2005/Widerspruchsbescheid vom 08.12.2005 von der Klägerin als (Mit-)Arbeitgeberin Gesamtsozialversicherungsbeiträge
einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von EUR 259.901,20 für den Zeitraum Januar 1999 bis Mai 2001 nach. Die M. und K. GbR
habe in dieser Zeit nach den Feststellungen im Steuerstrafverfahren Umsätze von ca. 977.000,00 DM erzielt, obgleich nur drei
Arbeitnehmer als beschäftigt gemeldet gewesen seien. Zudem hätten die Ermittlungen ergeben, dass drei angebliche Subunternehmer
der M. und K. GbR ein Tätigwerden für diese bestritten. Auf Grund dieses Sachverhaltes setzte die Beklagte mit Summenbeitragsbescheid
die Nachforderung fest, wobei sie von den üblichen Arbeitszeiten und Arbeitsentgelten ausging.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt. Sie sei zum einen mittellos, zum anderen biete die
Rechtsverfolgung ausreichend Aussicht auf Erfolg, weil sie als Minderheitsgesellschafterin der
BGB-Gesellschaft für deren Verbindlichkeiten nicht haften dürfe. Sie sei als Gebäudereinigungsmeisterin lediglich für die tatsächliche
Ausführung der Arbeiten zuständig gewesen, während sämtliche kaufmännischen Tätigkeiten die Mehrheitsgesellschafterin M. allein
ausgeführt habe. Von deren Machenschaften habe sie - die Klägerin - nichts gewusst. Entsprechend sei das Strafverfahren gegen
sie bereits eingestellt worden. Die Finanzbehörden hätten von der Nachforderung von Steuern abgesehen. Sie könne deshalb nicht
für Sozialversicherungsschulden der Gesellschaft haften. Zudem seien die Forderungen verjährt.
Mit Beschluss vom 09.08.2006 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht abgelehnt,
weil die Klägerin als Mitgesellschafterin der Arbeitgeberin für deren Schulden hafte. Verjährung sei nicht eingetreten, weil
die Klägerin durch das Steuerstrafverfahren rechtzeitig vor Verjährungseintritt positive Kenntnis von der Nichtabführung der
Sozialversicherungsbeiträge erlangt habe.
Dagegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, nochmals auf ihre Mittellosigkeit hingewiesen, das bisherige Vorbringen wiederholt
und betont, sie sei nicht in der Lage, die fälligen Gerichtskosten für das Klageverfahren aufzubringen und werde deshalb durch
die Versagung der Prozesskostenhilfe der Möglichkeit beraubt, sich gegen die Forderung der Beklagten zu wehren. Aus verfassungsrechtlichen
Gründen sei deshalb zur Herstellung der Waffengleichheit mit der Beklagten Prozesskostenhilfe zu gewähren. Zudem habe die
Klägerin faktisch nicht als Gesellschafterin fungiert, sämtliche Zahlungsvorgänge seien über Konten der Mitgesellschafterin
M. geflossen. Betriebswirtschaftlich-kaufmännisch habe diese der Klägerin nichts mitgeteilt. Im Übrigen könne die Klägerin
nach der sog. Doppelverpflichtungstheorie nicht für die Schulden der Gesellschaft haften.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig
(§§
172,
173,
73a SGG i.V.m. §
127 Abs.2 Satz 2
ZPO), jedoch unbegründet.
Prozesskostenhilfe erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der
Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, soweit die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Verteidigung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§
73a Abs.1 Satz 1
SGG, §§
114 ff.
ZPO). In diesem Rahmen wird den Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung
durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§
121 Abs.2
ZPO).
Ungeachtet der Bedürftigkeit der Klägerin und der Erforderlichkeit, ihr einen Rechtsanwalt beizuordnen, fehlt es für die beabsichtigte
Rechtsverfolgung im Klageverfahren an einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt
hat.
Die Prozesskostenhilfe soll das Gebot der Rechtsschutzgleichheit, das aus Art.3 Abs.1 i.V.m. Art.19 Abs.4
GG folgt, verwirklichen, indem sie Bemittelte und Unbemittelte in den Chancen ihrer Rechtsverfolgung gleichstellt (vgl. Bundesverfassungsgericht
Beschluss vom 14.10.2003 - 1 BvR 901/03). Da dieses Verfahren den grundgesetzlich gebotenen Rechtsschutz nicht selbst bietet, sondern erst zugänglich macht, dürfen
die Anforderungen insoweit nicht überspannt werden. Die hinreichende Erfolgsaussicht ist jedoch unbestreitbar gesetzliche
Voraussetzung, damit nicht Unbemittelte bessergestellt werden als Bemittelte, die bei vernünftiger Abwägung der Erfolgsaussichten
ein Klageverfahren nicht anstrengen würden.
Vor diesem Hintergrund ist hinreichende Erfolgsaussicht im Rahmen eines summarischen Prüfungsverfahrens anzunehmen, wenn das
Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers auf Grund der Sachverhaltschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend
oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und ein
Obsiegen ebenso für wahrscheinlich hält wie ein Unterliegen (Meyer-Ladewig,
SGG, Kommentar, 7. Auflage, §
73a Rz.7 m.w.N.).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich, dass die Klägerin unzweifelhaft an der M. und K. GbR beteiligt war, welche im
fraglichen Zeitraum Umsätze fast in Millionenhöhe durch Gebäudereinigungsarbeiten erzielt hat. Weil diese Umsätze durch die
Gesellschafter selbst sowie durch angegebene Arbeitnehmer allein nicht getätigt werden konnten, war die Beklagte in Auswertung
der Strafakten berechtigt, von der Beschäftigung mehrerer Arbeitnehmer auszugehen, die entsprechenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge
im Rahmen eines Summenbeitragsbescheides zu schätzen sowie unter Anwendung sachgerechter Maßstäbe auf insgesamt 259.901,20
EUR einschließlich Säumniszuschläge festzulegen. Dabei durfte die Beklagte für die Beiträge, die der Arbeitgeber gesetzlich
schuldet und für die er haftet, auf die Klägerin zurückgreifen. Denn es handelt sich insoweit um Verbindlichkeiten der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts M. und K. GbR. Für diese haftet die Klägerin auch nach der neueren Rechtsprechung der Zivilgerichte insbesondere
des BGH als (Mit-)Gesellschafterin jedenfalls akzessorisch. Sie kann sich dabei nicht darauf berufen, von unredlichem und
rechtswidrigemVerhalten der (Mit-)Gesellschafterin M. nichts gewusst zu haben. Denn zum einen war die Klägerin für die tatsächliche
Ausführung der Reinigungsarbeiten zuständig, sie hat damit jedenfalls gegenüber den tätigen Personen die Funktion des weisungserteilenden
Arbeitgebers vor Ort wahrgenommen. Sie kann sich in der Folge nicht damit exkulpieren, dass sie sich um die rechtliche, betriebswirtschaftliche
und finanzielle Abwicklung der Arbeitgeberpflichten nicht gekümmert habe, weil dafür ausschließlich die (Mit-)Gesellschafterin
M. zuständig gewesen sei. Andernfalls könnte sich der gesetzlichen Arbeitgeberhaftung entledigen, wer seine Arbeitgeberpflichten
auf einen (Mit-)Gesellschafter oder anderweitig überträgt und diesen - wie die Klägerin nach ihrem Vortrag die (Mit-)Gesellschafterin
M. - ohne jedwede Kontrolle nach freien Stücken schalten und walten lässt.
Dass das Strafverfahren gegenüber der Klägerin eingestellt wurde und die Finanzbehörden mangels Vermögen der Klägerin auf
die Vollstreckung von Steuerschulden verzichtet haben, bleibt für die Frage der Erfolgsaussicht der Klage ohne Belang. Schließlich
kann sich die Klägerin auch nicht auf Verjährung berufen, weil sie vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist durch das
Steuerstrafverfahren ausreichende Kenntnis von den möglichen Beitragsschulden erlangt hatte.
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar und ergeht kostenfrei (§§
177,
183 SGG).