Tatbestand:
Die klagende Stadt (im folgenden: Klägerin) gewährt vier teils in Heimen, teils in Familienpflege untergebrachten ehelichen
Kindern der Beklagten seit dem 11. Juni 1973 laufend Hilfe zur Erziehung und zum Lebensunterhalt. Durch eine der Beklagten
am 17. Dezember 1983 zugestellte Anzeige leitete die Klägerin die Unterhaltsansprüche der Kinder gegen die Beklagte für die
Zeit, für welche die Jugendhilfe gewährt wird, gemäß §§ 82 JWG, 90 BSHG bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf sich über.
Die Klägerin hat im Wege der Stufenklage von der Beklagten Auskunft über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse seit
Gewährung der Jugendhilfe verlangt. Die Beklagte läßt sich nicht vertreten.
Das Amtsgericht hat die Auskunftsklage abgewiesen. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in FamRZ 1985, 734 veröffentlicht ist, hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Diese verfolgt das Auskunftsbegehren mit der zugelassenen
Revision weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Die Revisionsbeklagte war im Verhandlungstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten. Daher ist durch Versäumnisurteil
zu entscheiden (§§
557,
331
ZPO). Säumnisfolgen sind für den Inhalt der Entscheidung aber ohne Bedeutung; die demgemäß gebotene Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 81 ff) ergibt, daß die Revision unbegründet ist.
II. 1. Das Amtsgericht hatte das Auskunftsbegehren mit der Begründung abgewiesen, durch die Überleitung der Unterhaltsansprüche
habe die Klägerin nicht zugleich die höchstpersönlichen Auskunftsansprüche der unterhaltsberechtigten Kinder gegen die Beklagte
erworben. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Klägerin einen unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch gemäß §
1605
BGB besitzt. Es hat die Auskunftsklage bereits als unzulässig beurteilt, weil ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehle; die Klägerin
könne ihr Begehren auf einem einfacheren, schnelleren und billigeren Weg durchsetzen.
Hiergegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.
2. Die Klägerin hat keinen im Zivilprozeßweg durchsetzbaren bürgerlich-rechtlichen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte.
a) Gemäß §
1605 Abs.
1 Satz 1
BGB sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskünfte zu erteilen,
soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Den von der Klägerin
unterstützten Kindern der Beklagten steht ein derartiger Auskunftsanspruch gegen ihre Mutter, die Beklagte, fraglos zu. Einen
Verwaltungsakt, durch den dieser Auskunftsanspruch auf sie übergeleitet wurde, hat die Klägerin nicht erlassen. Dies hätte
die Klägerin auch nicht wirksam durch schriftliche Anzeige erreichen können, weil dafür eine Rechtsgrundlage nicht besteht;
nach § 90
BSHG können allein Ansprüche auf Leistung von Unterhalt übergeleitet werden.
b) Die Klägerin ist auch nicht dadurch Gläubigerin des unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruchs der Kinder geworden, daß dieser
als Folge der Überleitung des Leistungsanspruchs mit übergegangen ist (§
412 i.V. mit §
401
BGB). Allerdings steht die durch Verwaltungsakt gemäß § 90
BSHG bewirkte Überleitung eines Unterhaltsanspruchs der Übertragung einer Forderung kraft Gesetzes gleich (BGHZ 20, 127, 131 zu § 21 a FürsPflVO; BAG NJW 1971, 2094; Lüke JZ 1959, 260; Palandt/Heinrichs
BGB 45. Aufl. §
412 Anm. 1; Erman/Westermann
BGB 7. Aufl. §
412 Rdn. 4). Demgemäß sind die §§
399 bis
404,
406 bis
410
BGB auf den Forderungsübergang kraft hoheitlichen Handelns entsprechend anwendbar. Dabei ist aber jeweils der Zweck der angewendeten
Norm zu berücksichtigen. Aus §
401
BGB folgt, daß dem neuen Gläubiger auch die bestehenden Sicherungs- und Vorzugsrechte zukommen sollen. Demgemäß ist anerkannt,
daß das Pfändungsvorrecht nach §
850 d
ZPO durch den Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger nicht verloren geht (BAG aaO.; Zöller/Stöber
ZPO 14. Aufl. §
850 d Rdn. 4 m.w.N.). Für die Frage, ob ein zugunsten des bisherigen Gläubigers bestehender Auskunftsanspruch auf den neuen Gläubiger
übergeht, enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Teilweise wird vertreten, der Auskunftsanspruch aus §
1605
BGB sei wie ein unselbständiges Nebenrecht zu behandeln, das entsprechend den Sicherungs- und Vorzugsrechten mit der Überleitung
auf den Sozialhilfeträger übergehe (AG Besigheim FamRZ 1984, 816; Göppinger/Häberle Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdn. 343). Dem wird jedoch zu Recht entgegengehalten, daß es sich bei dem Auskunftsanspruch
nicht um ein Vorzugsrecht handelt und auch der sichernde Charakter fehlt (Sick DVBl. 1984, 1207, 1209). Die unterhaltsrechtliche Auskunftspflicht kann auch schwerlich als Nebenpflicht einer Leistungspflicht angesehen
werden, denn sie besteht auch dann, wenn nach den (darzulegenden) Verhältnissen Unterhalt nicht geschuldet wird bzw. nicht
beansprucht werden kann (Gernhuber Lehrbuch des Familienrechts 3. Aufl. § 41 IV 2).
Die unterhaltsrechtliche Auskunftspflicht, die den Beteiligten die Kenntnisnahme von den Einkommens- und Vermögensverhältnisse
vermitteln und dadurch die Geltendmachung bzw. Abwehr von Unterhaltsansprüchen erleichtern soll, beruht auf einer besonderen
familienrechtlichen Beziehung (vgl. zur Herleitung des Anspruchs vor dem Inkrafttreten des 1. EheRG: Mutschler FamRZ 1976,
219). Sie besteht nur zwischen Verwandten in gerader Linie sowie zwischen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten (§§
1361 Abs.
4 Satz 4,
1580, 1605
BGB). Entfällt bei einem Wechsel des Gläubigers die besondere familienrechtliche Verknüpfung der Leistung des Schuldners gerade
mit der Person des bisherigen Gläubigers, bleibt das nicht ohne Auswirkung auf den Inhalt der Leistung. Ob es Fälle gibt,
in denen trotz Wegfalls der ursprünglichen personalen Verbindung auch einem neuen Gläubiger Auskunft gemäß §
1605
BGB geschuldet wird - etwa in den Fällen der §§
1607 Abs.
2 oder 1608
BGB - bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls besteht kein Grund, die Verpflichtung zur unterhaltsrechtlichen Auskunftserteilung
auf den Träger der Sozialhilfe als neuen Gläubiger übergehen zu lassen. Denn dieser verfügt über einen eigenständigen öffentlich-rechtlichen
Auskunftsanspruch, mit dessen Hilfe er sich die für die Durchsetzung des übergeleiteten Unterhaltsanspruchs erforderlichen
Kenntnisse verschaffen kann (vgl. Rolland, 1. EheRG 2. Aufl. §
1580
BGB Rdn. 4; Erman/Küchenhoff aaO. §
1605 Rdn. 3). Aus dem gleichen Grunde ist der Klägerin nicht anstelle des unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruchs aus §
1605
BGB ein unmittelbar aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§
242
BGB) herzuleitender bürgerlich-rechtlicher Auskunftsanspruch zuzubilligen.
3. Gemäß § 116 Abs. 1
BSHG haben die als Unterhaltspflichtige in Betracht kommenden Personen dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse
Auskunft zu geben, soweit die Durchführung des Bundessozialhilfegesetzes es erfordert. Dieser öffentlich-rechtliche Anspruch
kann vom Träger der Sozialhilfe auf einfache Weise ohne zivilprozessuales Verfahren durch Erlaß eines Verwaltungsaktes zur
Geltung gebracht werden. Ein solcher Verwaltungsakt, der auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung gerichtet ist, kann nach
Maßgabe der jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften (hier: §§ 55 ff. des
VwVG-NW vom 13. Mai 1980, GVBl. NW 1980, 517 f) mit verwaltungsrechtlichen Zwangsmitteln durchgesetzt werden (vgl. dazu Amely,
Staats- und Kommunalverwaltung 1969 S. 168; Schulz, Zeitschrift für das Fürsorgewesen 1967, 179; Knopp/Fichtner/Biederbick
BSHG 5. Aufl. § 116 Rdn. 6; Gottschick/Giese BSHG 9. Aufl. § 116 Rdn. 3). Dieser Weg steht - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch der Klägerin zur Verfügung. Denn §
116
BSHG findet wegen der von der Klägerin an die Kinder der Beklagten gewährten Leistungen gemäß § 45 Abs. 1 des Nordrhein-Westfälischen
Gesetzes zur Ausführung des JWG (GVBl. NW 1965, 248) entsprechende Anwendung.
4. Zwischen dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch nach § 1605 und dem öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch nach § 116 Abs. 1
BSHG bestehen allerdings Unterschiede. Diese sind aber nicht so schwerwiegend, daß es deshalb gerechtfertigt wäre, der Klägerin
über den Anspruch aus § 116
BSHG hinaus Auskunftsrechte nach bürgerlichem Recht (§
242
BGB) zu eröffnen.
Gemäß § 116 Abs. 1
BSHG kann zwar nur Auskunft, nicht hingegen die Vorlage von Belegen oder eines Vermögensverzeichnisses verlangt werden. Diesem
Nachteil steht aber der Vorteil gegenüber, daß bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses des Pflichtigen auch dessen Arbeitgeber
unmittelbar Auskunft erteilen muß und ein Verstoß gegen diese Verpflichtung als Ordnungswidrigkeit bußgeldbewehrt ist (§ 116 Abs. 2 und 4
BSHG). Außerdem geht die Verpflichtung aus § 116 Abs. 1
BSHG teilweise über die aus §
1605
BGB hinaus, denn der nach öffentlichem Recht Pflichtige muß auch über den Verbleib von Vermögen Auskunft erteilen und er wird
eventuell schon vor Ablauf der Zweijahresfrist des §
1605 Abs.
2
BGB erneut auskunftspflichtig.
Teilweise beruhen Unterschiede in der rechtlichen Ausgestaltung darauf, daß der Gesetzgeber die Auskunftspflicht gegenüber
staatlichen Behörden begrenzt hat, um den betroffenen Bürger vor Interessenkonflikten zu bewahren. So kann der Pflichtige
die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in §
383 Abs.
1 Nr.
1 bis
3
ZPO bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
aussetzen würde (§ 116 Abs. 3
BSHG). Im Verwaltungsverfahren kann auch nicht wie beim unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch eine - gemäß §
156
StGB strafbewehrte - Versicherung an Eides Statt verlangt werden, wenn berechtigter Anlaß zu der Annahme besteht, daß eine erteilte
Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt abgegeben worden ist (§
1605 Abs.
1 Satz 3 i.V. mit §§
260,
261
BGB). In beiderlei Hinsicht darf eine über den bestehenden öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch hinausgehende Befugnis dem
Träger der Sozialhilfe schon deshalb nicht eingeräumt werden, weil dadurch der Schutzzweck des Gesetzes berührt würde.
Da nach alledem kein im Zivilprozeßverfahren geltend zu machender Auskunftsanspruch der Klägerin besteht, ist die Klage zu
Recht abgewiesen worden.