Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, in welchem Umfang die Sozialhilfebehörde Leistungen an einen sozialhilfeberechtigten
Vater zu erbringen hat, um diesem die Wahrnehmung des Rechts auf Umgang mit seinen Kindern aus einer geschiedenen Ehe zu ermöglichen.
I. 1. a) Der Beschwerdeführer bezieht seit April 1986 Sozialhilfe in Form der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt. Für die
Monate Mai bis Juli 1986 begehrte er zusätzliche Leistungen zum Lebensunterhalt, um das aus § 1634
BGB folgende Recht zum persönlichen Umgang mit seinen beiden damals 11 und 13 Jahre alten Kindern aus seiner geschiedenen Ehe
wahrzunehmen. Die Kinder lebten zu jener Zeit bei der wiederverheirateten, allein sorgeberechtigten Mutter in T. in Schleswig-Holstein
und wurden wie diese von dem jetzigen Ehemann der Mutter unterhalten. Der Beschwerdeführer erhielt in H. regelmäßig, wenn
auch in ungleichen Abständen, durchschnittlich an zwei Wochenenden im Monat mit Zustimmung der sorgeberechtigten Mutter Besuch
von seinen Kindern. Bei der Ehescheidung hatten die Eltern vereinbart, daß es in erster Linie den Kindern vorbehalten sein
solle, wann sie an den Wochenenden beim Vater sein wollten. Die Kinder übernachteten dann beim Vater und wurden von ihm verpflegt.
Er verbrachte auch die Freizeit mit ihnen.
b) Der Beschwerdeführer beantragte im Mai 1986 bei der Sozialhilfebehörde in Hamburg zusätzliche Leistungen der Hilfe zum
Lebensunterhalt zur Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit den beiden Kindern in der genannten Zeit in Höhe von 20 vom Hundert
des Regelsatzes. Diesen Antrag lehnte die Sozialhilfebehörde ab. Das Verwaltungsgericht Hamburg gab der hiergegen gerichteten
Klage des Beschwerdeführers statt. Das Oberverwaltungsgericht änderte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts teilweise.
Es bestätigte den Anspruch des Beschwerdeführers dem Grunde nach, beschränkte jedoch die Ansprüche des Beschwerdeführers auf
die Hilfe zum Lebensunterhalt für einen Wochenendbesuch im Monat. Mit der Revision verfolgte der Beschwerdeführer sein Begehren
auf Zahlung der Kosten für einen zweiten Wochenendbesuch der Kinder im Monat in Höhe von 114 DM weiter.
c) Das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Urteil die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts durch Zurückweisung
der Revision des Beschwerdeführers bestätigt. Zur Begründung führt das Bundesverwaltungsgericht im wesentlichen aus: Nach
der familiengerichtlichen Praxis zu § 1634 Abs. 2
BGB habe sich der monatlich einmalige Besuch des Kindes beim Umgangsberechtigten als die im Regelfall den Zweck des Umgangsrechts
wahrende Regelung herausgebildet. Die Ausübung des Umgangsrechts in diesem Umfang zu ermöglichen, sei bei Vorliegen der gesetzlichen
Leistungsvoraussetzungen Aufgabe der Sozialhilfe. Einen Anspruch darauf, diese Eltern-Kind-Beziehung über das zu ihrer Erhaltung
Notwendige hinaus mit öffentlichen Mitteln zu entwickeln und zu pflegen, ergäben die Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes
(BSHG) über die Hilfe zum Lebensunterhalt dagegen nicht. Denn nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG habe die Hilfe nur den notwendigen Lebensunterhalt sicherzustellen, nicht aber die Aufgabe, die nach Lage des Einzelfalles
bestmögliche Grundrechtsausübung zu ermöglichen. Die Begrenzung der Hilfe auf das "Notwendige" nähme Rücksicht darauf, daß
sie aus öffentlichen Mitteln aufgebracht werde, wolle aber andererseits auch gewährleisten, daß sie der in § 1 Abs. 2 BSHG bezeichneten Aufgabe der Sozialhilfe entspreche. Die Eltern seien zwar nicht gehindert, besonders großzügige, tendenziell
der gemeinsamen elterlichen Sorge angenäherte Umgangsregelungen zu vereinbaren, die das Familiengericht beim Streit um das
Umgangsrecht so nicht anordnen dürfe. Sie könnten aber nicht verlangen, daß eine so weitgehende Grundrechtsentfaltung aus
öffentlichen Mitteln finanziert werde. Auch aus Art.
6 Abs.
1 GG folge nicht, daß der Staat hierzu gegenüber den Eltern verpflichtet wäre. Denn die staatliche Familienförderung durch finanzielle
Leistungen stehe unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft
beanspruchen könne. Ob unter besonderen Umständen zwei Wochenendbesuche im Monat sich als das zur Zweck- und Bestandssicherung
des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils Erforderliche und damit als notwendiger Lebensunterhalt erweisen
könnten, bedürfe im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn das Berufungsgericht habe nach Maßgabe des §
137 Abs.
2 VwGO bindend festgestellt, daß derartige Umstände weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich seien.
2. Mit der Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung
seiner Grundrechte aus Art.
6 Abs.
2 und aus Art.
3 Abs.
1 GG. Wegen der Notwendigkeit, die Sozialhilfe nach den Besonderheiten des Einzelfalles im Sinne des § 3 Abs. 1 BSHG zu gewähren, ließen sich generelle Aussagen zu der Zahl der Besuche, deren jeweilige Länge und der Höhe der anerkennungsfähigen
Besuchskosten nicht machen. Die monatlich zweimaligen Besuche der Kinder bei ihm seien aus seiner Sicht ein Grundbedürfnis
des täglichen Lebens, welches seinen sozialhilferechtlich anerkannten Bedarf in der geltend gemachten Höhe erzeugt habe. Dieser
zusätzliche Bedarf ergebe sich aus dem Umfang der Wahrnehmung des Umgangsrechts durch ihn und sei insoweit auch sozialhilferechtlich
als notwendig und deshalb als zu den persönlichen Bedingungen des täglichen Lebens im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 BSHG gehörend anzuerkennen. Indem das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung die Ausübung des Umgangsrechts in Anlehnung
an die im Zivilrecht entwickelten Maßstäbe zu § 1634 Abs. 2
BGB auf die in der Konfliktlage angemessene Besuchsregelung beschränke, werde er in seinen Grundrechten verletzt. Grundlage der
Berechnung der begehrten zusätzlichen Hilfe zum Lebensunterhalt müsse unter Berücksichtigung des Art.
6 Abs.
2 GG vielmehr die im vorliegenden Fall praktizierte Regelung von zwei Besuchswochenenden monatlich sein. Auch im Hinblick auf
Art.
3 Abs.
1 GG sei es nicht gerechtfertigt, die autonome Entscheidung durch Versagung der notwendigen sozialhilferechtlichen Mittel zu beschränken.
Ein sozialhilferechtlicher Bedarf sei demnach in dem Maße anzuerkennen, wie er für die Festigung und den Zusammenhang auch
der Rest- oder Teilfamilie notwendig sei.
3. Namens der Bundesregierung hat das Bundesministerium für Familie und Senioren zu der Verfassungsbeschwerde wie folgt Stellung
genommen:
Die Verfassungsbeschwerde sei begründet. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, der Träger der Sozialhilfe sei im
Regelfall nur zur Übernahme der Aufwendungen, die dem Beschwerdeführer bei der Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit seinen
bei der geschiedenen Ehefrau lebenden Kindern entstünden, für einen Wochenendbesuch im Monat verpflichtet, verletze den Beschwerdeführer
in seinem Grundrecht aus Art.
6 Abs.
2 GG. Dem Beschwerdeführer, dem es um zusätzliche Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt gehe, um das Umgangsrecht mit seinen
beiden 11 und 13 Jahre alten Kindern an zwei Besuchswochenenden im Monat wahrnehmen zu können, habe unter Berücksichtigung
seines verfassungsrechtlich geschützten Elternrechts einen Anspruch darauf, daß individuell unter Bezugnahme auf seine konkrete
Situation geprüft werde, welches Maß an sozialhilferechtlich zu gewährleistendem Umgang mit seinen Kindern bei ihm notwendig
sei.
Das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils stehe ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter
dem Schutz des Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG. Beide Rechtspositionen erwüchsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternveranwortung, die auch
auf Seiten des nicht sorgeberechtigten Elternteils grundsätzlich fortbestehe. Das Gesetz müsse daher eine Regelung bereitstellen,
die es dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind ermögliche, ihre Eltern-Kind-Beziehung nach dem Auseinanderbrechen
der Familie aufrechtzuerhalten. Könnten sich die Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, hätten die Gerichte
daher nach § 1634 Abs. 2
BGB eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern, als auch das Wohl des Kindes
und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtige. Die Umgangsregelung solle dem von der Personensorge ausgeschlossenen
Elternteil die Möglichkeit eröffnen, sich von dem körperlichen, geistigen und seelischen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung
kontinuierlich zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu pflegen und einer Entfremdung vorzubeugen sowie dem
Liebesbedürfnis beider Seiten Rechnung zu tragen.
Unter Berücksichtigung dieser Bedeutung des Umgangsrechts seien die Instanzgerichte zu Recht davon ausgegangen, daß die durch
die Wahrnehmung dieses Rechts für den nicht sorgeberechtigten Elternteil entstehenden Kosten im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt
dem Grunde nach einen sozialhilferechtlich anzuerkennenden Bedarf darstellten. Der demnach bereits dem Grunde nach gegebene
Anspruch des nicht sorgeberechtigten Elternteils auf Übernahme der Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts gegen den Sozialhilfeträger
sei allerdings dem Umfang nach auf den Bedarf beschränkt, der unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls
(§ 3 BSHG) notwendig sei, um das Umgangsrecht sinn- und zweckentsprechend ausüben zu können. Die Bundesregierung teile nicht die vom
Bundesverwaltungsgericht vertretene Auffassung, daß hierfür in Anknüpfung an die familiengerichtliche Rechtsprechung zu §
1634 Abs. 2
BGB im Regelfall ein Wochenendbesuch im Monat als ausreichend und angemessen erachtet werden könne. Vielmehr sei sie der Ansicht,
daß sich die Frage des notwendigen Umgangs des nicht sorgeberechtigten Hilfeempfängers mit seinen minderjährigen Kindern nicht
aufgrund genereller Vorgaben entscheiden lasse. Anhaltspunkte zur Feststellung des sozialhilferechtlich anzuerkennenden Mindestumfangs
der Umgangsregelung könnten weder der - veröffentlichten - Rechtsprechung der Familiengerichte noch der Rechtsprechung der
Oberlandesgerichte entnommen werden, da dieser Rechtsprechung sogenannte "Konfliktfälle" zugrunde lägen. Die Regelung des
§ 1634 Abs. 2 Satz 1
BGB setze grundsätzlich eine fehlende Einigung der Eltern, also einen Streit um das Umgangsrecht, voraus. Wenn die Gerichte über
das Umgangsrecht entschieden, so bedeute dies in der Regel, daß sich die Eltern über Dauer und Häufigkeit des Umgangs stritten
und Spannungen zwischen ihnen bestünden. Die Gerichte träfen in solchen Fällen nicht eine Entscheidung über den zur Verhinderung
der Entfremdung notwendigen Umgang und eine weitere über die wegen des Streits zwischen den Eltern erforderliche Einschränkung
dieses Umgangs. Sie träfen vielmehr eine einheitliche Entscheidung, die von vornherein die aus dem Streit zwischen den Eltern
herrührenden Aspekte berücksichtigten. Ein gerichtlich bestimmtes Umgangsrecht sei also im Regelfall ein reduziertes Recht,
bei dem nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, daß es einer Entfremdung zwischen Kind und Umgangsberechtigten
in der notwendigen Weise vorbeuge. Bei der Beurteilung der Frage, wie das im sozialhilferechtlichen Sinne "notwendige" Maß
festgelegt werden könne, seien in jedem Fall die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Folgende Kriterien seien von
besonderer Bedeutung für das Kindeswohl: Alter und Entwicklung des Kindes, die Intensität seiner bisherigen Beziehungen zum
Umgangsberechtigten, die Einstellung beider Elternteile zum Umgangsrecht, die Entfernung der Wohnorte der Eltern und die sonstigen
Interessenbindungen des Kindes und seiner Eltern. Bei der Bewertung der konkreten Umstände des Einzelfalles seien also eine
Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen, die eine generalisierende Betrachtungsweise nicht zulasse.
Welches Maß des Umgangs zur Verhinderung einer Entfremdung im Einzelfall dann notwendig sei, würden in der Regel die Eltern
selbst beurteilen können, wenn sie zu einer Einigung über das Umgangsrecht fähig seien. Allerdings könne das Ergebnis einer
einvernehmlichen Umgangsregelung der Eltern nicht generell mit dem im sozialhilferechtlichen Sinn "notwendigen" Maß gleichgesetzt
werden, da es möglich sei, daß der personensorgeberechtigte Elternteil mit einem großzügigen, über das notwendige Maß hinausgehenden
Umgang einverstanden sei. Dies werde von der Hilfe zum Lebensunterhalt, die aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht werde,
nicht mehr erfaßt. Ein dahingehender Anspruch nach §§ 11 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG sei insoweit zu verneinen. Ein unbeschränkter Anspruch auf Finanzierung jedes Umgangs könnte auch dazu mißbräuchlich genutzt
werden, daß der sorgeberechtigte Elternteil seine Unterhaltspflicht teilweise auf den Sozialhilfeträger verschiebe. Den Anspruch
auf sozialhilferechtliche Finanzierung der Umgangsrechtswahrnehmung über das Notwendige hinaus, lasse sich auch nicht aus
dem Elternrecht nach Art.
6 Abs.
2 GG herleiten.
Nach alledem habe der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seines Rechts aus Art.
6 Abs.
2 GG einen Anspruch auf individuelle Ermittlung seines sozialhilferechtlich zu berücksichtigenden "notwendigen" Maßes des Umgangs.
Ein Rückgriff auf die Spruchpraxis der Familiengerichte sei verfehlt.
II. 1. Die zulässige Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen.
Die Verfassungsbeschwerde ist am 21. Juli 1993, also vor dem 11. August 1993, dem Inkrafttreten des Fünften Gesetzes zur Änderung
des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 2. August 1993 (BGBl. I S. 1442) - ÄndG -, eingelegt worden. Dennoch ist über die Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß
Art. 8 ÄndG nach §§ 93 a, 93 b BVerfGG in der Fassung des Art. 1 ÄndG zu entscheiden.
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG geboten (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b, § 93 b BVerfGG).
III. Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG (vgl. BVerfGE 31, 194; 55, 171; 64, 180) im Sinne des § 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet.
1. Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG.
a) Diese Grundrechtsnorm bestimmt, daß Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern sind und die zuvörderst
ihnen obliegende Pflicht. Art.
6 Abs.
2 GG gewährt - neben seiner Bedeutung als Richtlinie - zugleich ein Abwehrrecht gegen unzulässige Eingriffe des Staates in das
elterliche Erziehungsrecht und bindet insoweit auch die Gerichte als unmittelbar geltendes Recht (vgl. BVerfGE 4, 52 [57]).
Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer natürlichen Elternverantwortung gerecht werden wollen (vgl.
BVerfGE 24, 119 [143]).
Das Umgangsrecht des nichtsorgeberechtigten Elternteils steht ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter
dem Schutz des Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG. Beide Rechtspositionen erwachsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und müssen
von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der sorgeberechtigte Elternteil muß demgemäß grundsätzlich den
persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen (vgl. BVerfGE 31, 194 [206 f.]; 64, 180 [187 f.]). Wird eine Ehe geschieden und nur einem Elternteil das Sorgerecht übertragen, so bedeutet dies,
daß nur dieser Elternteil die notwendigen Entscheidungen über die Pflege und Erziehung des Kindes zu treffen hat und die entsprechenden
Elternfunktionen tatsächlich wahrnimmt. Jedoch soll nach der gesetzlichen Regelung des Umgangsrechts die Bindung des Kindes
zu dem anderen Elternteil fortbestehen und entsprechend berücksichtigt werden. Das Umgangsrecht ermöglicht dem nichtsorgeberechtigten
Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige
Absprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung
vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen. Nur wenn eine Einigung der geschiedenen Eltern nicht
zustande kommt, so folgt aus der allgemeinen Pflicht des Staates, die Rechtsordnung und den Rechtsfrieden zu wahren, daß er
befugt ist, selbst über den Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Eltern zu entscheiden (vgl. BVerfGE 31, 194 [205 f.]).
b) Die Auslegung des einfachen Rechts (hier: Beurteilung der "Notwendigkeit" im Sinne der §§ 11 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG als "notwendiger Lebensunterhalt") und seine Anwendung auf den einzelnen Fall - ebenso wie die Feststellung und Würdigung
des Tatbestandes - sind allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht
entzogen. Nur bei einer Verletzung von Verfassungsrecht durch das Fachgericht kann das Bundesverfassungsgericht auf Verfassungsbeschwerde
hin eingreifen. Verfassungsrecht ist nicht schon dann verletzt, wenn eine Entscheidung, am einfachen Recht gemessen, objektiv
fehlerhaft ist. Der Fehler muß gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen. Die normalen Subsumtionsvorgänge innerhalb
des einfachen Rechts sind solange der Nachprüfung des Bundesverfassungsgerichts entzogen, als nicht Auslegungsfehler sichtbar
werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines
Schutzbereichs beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl.
BVerfGE 18, 85 [92 f.]; st. Rspr.). Dabei hängt die Intensität der Prüfung davon ab, in welchem Maße von der Entscheidung Grundrechte beeinträchtigt
werden (vgl. BVerfGE 83, 130 [145]).
c) Das Bundesverwaltungsgericht ist bei der generellen Begrenzung der sozialhilferechtlichen Notwendigkeit auf einen Wochenendbesuch
- anknüpfend an die familiengerichtliche Rechtsprechung zu § 1634 Abs. 2 Satz 1
BGB - von einer unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Tragweite des Art.
6 Abs.
2 GG ausgegangen.
Soweit das Bundesverwaltungsgericht annimmt, daß die Ausübung des Umgangsrechts durch den nichtsorgeberechtigten Elternteil
im Falle seiner Sozialhilfebedürftigkeit dem Grunde nach mit Mitteln der Sozialhilfe ermöglicht werden muß, hat es zwar der
Bedeutung des Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG Rechnung getragen. Die verfassungsrechtliche Bedeutung des Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG ist jedoch verkannt, soweit das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des Umfangs der Sozialhilfeleistungen zur Ermöglichung
des Umgangsrechts durch den nichtsorgeberechtigten Elternteil auf die familiengerichtliche Rechtsprechung zu der konfliktregelnden
Norm des § 1634 Abs. 2 Satz 1
BGB Bezug nimmt und hieraus einen "Regelfall" auch für die Fälle einer zwischen den Elternteilen vereinbarten Umgangsregelung
ableitet.
aa) Sofern sich, wie im vorliegenden Fall, die geschiedenen Ehegatten über den Umfang des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten
Elternteils einigen und sich so eine gerichtliche Konfliktentscheidung erübrigt, bedeutet es eine Außerachtlassung des Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG, wenn sozialhilferechtlich nur dasjenige Maß an Umgang im Regelfall ermöglicht wird, welches auch im Streitfall zwangsweise
durchgesetzt werden könnte. Nur dann, wenn die Familiengerichte eine Konfliktentscheidung über die Ausübung des Umgangsrechts
unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles getroffen haben, kann es angezeigt sein, daran auch für die Beurteilung
anzuknüpfen, welches Maß an Umgang sozialhilferechtlich notwendig ist.
Mit der Berücksichtigung einer einverständlichen Regelung zwischen den geschiedenen Eltern über den Umfang des Umgangsrechts
durch den nichtsorgeberechtigten Elternteil tragen die Sozialhilfebehörden und Gerichte dem Umstand Rechnung, daß sich aus
der fortbestehenden Verantwortung gegenüber dem Kinde die Pflicht der geschiedenen Eltern ergibt, die regelmäßig mit der Scheidung
für die Entwicklung des Kindes verbundene Schädigung nach Möglichkeit zu mildern und eine vernünftige, den Interessen entsprechende
Lösung für seine Pflege und Erziehung sowie seine weiteren persönlichen Beziehungen zu den nunmehr getrenntlebenden Eltern
zu finden (vgl. BVerfGE 31, 194 [205]). Davon wird eine einverständliche Regelung des Umfangs des Umgangsrechts regelmäßig bestimmt und geprägt sein.
Eine andere Beurteilung ist allerdings dann gerechtfertigt, wenn - worauf die Bundesregierung hingewiesen hat - konkrete Anhaltspunkte
dafür bestehen, daß eine solche freie Vereinbarung der Eltern hinsichtlich des Umfangs des Umgangsrechts mißbräuchlich dazu
genutzt werden soll, daß der - nicht sozialhilfebedürftige - sorgeberechtigte Elternteil seine Unterhaltspflicht teilweise
auf den Sozialhilfeträger verschiebt. Solche Anhaltspunkte sind von den Gerichten im Ausgangsverfahren nicht festgestellt
worden und auch sonst nicht ersichtlich.
bb) Indem das Bundesverwaltungsgericht auf die familiengerichtliche Praxis zu § 1634 Abs. 2 Satz 1
BGB, wonach sich der monatlich einmalige Wochenendbesuch des Kindes beim Umgangsberechtigten als die im Regelfall den Zweck des
Umgangs rechts wahrende Regelung herausgebildet hat, zurückgreift, übersieht es, daß auch § 1634 Abs. 2 Satz 1
BGB unter dem verfassungsrechtlichen Gebot, dem Elternrecht beider Elternteile Rechnung zu tragen, eine individuelle Umgangsregelung
verlangt, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles dem Wohl des Kindes entspricht (vgl. BVerfG, Beschluß
der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. Februar 1993 - 1 BvR 692/92 - EuGRZ 1993, S. 213 [214]; vgl. auch BVerfGE 31, 194 [208 ff.]).
Für die sozialhilferechtliche Würdigung des erforderlichen Umgangs eines Elternteils mit seinem Kind können keine anderen
Maßstäbe gelten. Auch in diesem Zusammenhang wird nur eine Betrachtungsweise, die alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt,
der Bedeutung und Tragweite des Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG gerecht. Eine Regel, die sich zudem noch an der grundlegend anderen Konstellation orientiert, die der Vorschrift des § 1634 Abs. 2 Satz 1
BGB zugrundeliegt, trägt diesem Grundrecht nicht hinreichend Rechnung.
cc) Den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt es danach nicht, daß das Bundesverwaltungsgericht von einem einmaligen
monatlichen Besuch des Kindes als Regel ausgegangen ist und besondere Umstände des Einzelfalles nur insoweit berücksichtigt
hat, als diese ausnahmsweise darauf hindeuten, daß zur Zweck- und Bestandssicherung des Umgangsrechts weitere Besuche erforderlich
sind. Vielmehr verlangt Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG, daß von vornherein alle das Eltern-Kind-Verhältnis bestimmenden Umstände in Betracht gezogen werden, um das erforderliche
Maß des Umgangs festzustellen.
2. Es ist nicht ausgeschlossen, daß das Bundesverwaltungsgericht bei Beachtung dieser sich aus Art.
6 Abs.
2 GG ergebenden Anforderungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, wie des Vorliegens der einverständlichen Regelung
über zwei Besuchsmöglichkeiten pro Monat, ferner auch des Alters und der Zahl der Kinder, zu einem anderen Ergebnis gekommen
wäre. Ob die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ausreichen, um das Bundesverwaltungsgericht in die Lage zu versetzen,
diese Würdigung selbst vorzunehmen, muß der Beurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht überlassen bleiben. Da auch die
Entscheidung des Berufungsgerichts auf der verkürzenden Sicht eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses beruht, kann nicht ohne weiteres
davon ausgegangen werden, daß dessen tatsächliche Feststellungen eine abschließende Würdigung des zur Wahrung des Umgangsrechts
des Beschwerdeführers erforderlichen Umgangs mit seinen Kindern erlauben. Gegebenenfalls muß das Bundesverwaltungsgericht
den Rechtsstreit an die Vorinstanz zur Aufklärung und Würdigung der maßgeblichen Tatsachen zurückverweisen.
Die angegriffene Entscheidung ist demnach aufzuheben und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen. Da sich
diese Rechtsfolge bereits aus der festgestellten Verletzung des Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG ergibt, braucht über die Rüge einer Verletzung des Art.
3 Abs.
1 GG nicht entschieden zu werden.
3. Einer Entscheidung über den Antrag auf Prozeßkostenhilfe bedarf es nicht mehr (vgl. BVerfGE 81, 347 [362]).
4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.