Zugrundelegung eines fiktiven Einkommens zur Bestimmung der Unterhaltshöhe nach selbstverschuldetem Arbeitsplatzverlust in
der Probezeit
Entscheidungsgründe:
I.
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Die gemeinsamen Kinder C.-P. (12-14 Jahre alt) und P.-J. (2-4 Jahre alt) leben
seit der Trennung der Parteien Mitte Dezember 2003 (Beklagtenvortrag) oder Mitte April 2004 (Klägervortrag) bei der Klägerin.
Die Klägerin begehrt für sich und die Kinder Unterhalt für die Zeit ab dem 01.06.2004. Wegen des erstinstanzlichen Sachvortrages
der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichtes wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe
des angefochtenen Urteils verwiesen. Zu ergänzen ist, dass der Beklagte in der Zeit vom 23.05.2005 bis zum 18.11.2005 bei
der Firma Pö. Transporte GmbH als Lkw-Fahrer beschäftigt war und ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 1890 EUR bezog.
Das Nettogehalt betrug im Juni 2005 1245,45 EUR und danach 1228,44 EUR. Dieses Arbeitsverhältnis ist wegen Arbeitsmangel durch
den Arbeitgeber beendet worden. Der Beklagte bezieht seit dem 19. 11. 2005 wieder Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 27,06
EUR bzw. monatlich 811,80 EUR. Der Beklagte ist außerdem am 15. 11. 2005 Vater eines weiteren Kindes geworden, das aus der
Beziehung mit seiner neuen Lebensgefährtin K. Pa. stammt. Die Klägerin leistet seit Februar 2006 keine Zahlungen mehr auf
die Hauslasten.
Das Amtsgericht hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, Kindesunterhalt für C.-P. für die Zeit
vom 01.06. bis 15.08.2004 in Höhe von monatlich 124 EUR, für die Zeit vom 16.08. bis 31.12.2004 in Höhe von monatlich 164
EUR und ab 01.01.2005 in Höhe von monatlich 165 EUR und für P.-J. für die Zeit vom 01.06. bis 15.08.2004 in Höhe von 102 EUR,
für die Zeit vom 16.08. bis 31.12.2004 in Höhe von 130 EUR und ab dem 01.01.2005 in Höhe von monatlich 131 EUR sowie Trennungsunterhalt
für die Klägerin selbst für die Zeit vom 01.06. bis 15.08.2004 in Höhe von monatlich 148 EUR, für die Zeit vom 16.08. bis
31.12.2004 in Höhe von 243 EUR und ab 01.04.2005 (muss heißen: 01.01.2005) in Höhe von monatlich 246 EUR zu zahlen. Der rückständige
Kindesunterhalt für P.-J. ist nach dem Urteil des Amtsgerichtes bis zur Höhe von 122 EUR monatlich an die Unterhaltsvorschusskasse
des Kreises Schleswig-Flensburg zu zahlen, der weitergehende rückständige Unterhalt für P.-J. ebenso wie der rückständige
Kindesunterhalt für C.-P. bis zum 31.12.2004 und rückständiger Trennungsunterhalt für die Klägerin für die Monate Oktober
bis Dezember 2004 von monatlich 52,56 EUR an das Sozialamt Silberstedt. Der zukünftige Kindes- und Trennungsunterhalt ab 01.04.2005
sowie der weitergehende Trennungsunterhalt bis zum 31.12.2004 für die Klägerin selbst ist an die Klägerin zu zahlen.
Das Amtsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dem Beklagten sei ab dem 15. 5. 2004 fiktiv das Einkommen anzurechnen, das
er bei der Firma S. Viehtransporte in B. erhalten hätte, da die Beweisaufnahme ergeben habe, dass der Beklagte die Kündigung
des Arbeitsverhältnisses dort selbst verschuldet habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung sowie der Unterhaltsberechnung
wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Der Beklagte macht mit seiner Berufung geltend:
- Das Amtsgericht habe zu Unrecht zu seinen Lasten ein fiktives Einkommen berücksichtigt. Bei einem unfreiwilligen Arbeitsplatzverlust
komme eine Einkommensfiktion nur dann in Betracht, wenn ein vorwerfbares Verhalten, das sich auf die Unterhaltspflicht beziehe,
festgestellt werden könne. Das sei hier nicht der Fall. Da er, der Beklagte, sich noch in der Probezeit befunden habe, habe
das Arbeitsverhältnis ohne Kündigungsgrund gekündigt werden können. Ein Kündigungsgrund habe auch nicht vorgelegen. Der Zeuge
S. habe eine Sonntagsarbeit nicht verlangen können, da er keinen freien Tag angeboten habe. Er, der Beklagte, habe zu Recht
auf einen an diesem Wochenende anstehenden Besuch seiner Kinder verwiesen. Es habe ein reguläres Umgangswochenende angestanden.
Im Übrigen habe der Zeuge S. kurz darauf einen anderen Fahrer gefunden gehabt. Damit sei die Anfrage wegen der Sonntagstour
erledigt gewesen.
- Auch die am darauffolgenden Montag um 11.00 Uhr erfolgte Krankmeldung stelle keinen Kündigungsgrund dar, da eine frühere
Krankmeldung nicht möglich gewesen sei. Er, der Beklagte, habe zunächst einmal einen Arzt aufsuchen müssen.
- Der vom Amtsgericht angenommenen Einkommensfiktion stehe entgegen, dass er, der Beklagte, keine Berufsausbildung habe. Er
sei vorher nur in der Firma seiner Ehefrau teilschichtig Taxi gefahren.
- Die Klägerin habe höhere Einkünfte als angegeben. Wie sich aus dem zur Akte gereichten Observationsbericht der Zeugen P.
St., H. Pa. und G. St. vom 03.12.2005 ergebe, arbeite die Klägerin ständig als Taxifahrerin bei der Firma Taxi M. und verdiene
dort mehr als 1200 EUR pro Monat. Da die Klägerin diese Einkünfte verschwiegen habe, habe sie ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt
verwirkt.
- Die von der Klägerin behaupteten Schuldabträge würden bestritten. Soweit die Klägerin ALG II beziehe, habe er, der Beklagte, bisher keine Überleitungsanzeige erhalten. Daraus ergebe sich, dass ein Anspruchsübergang
nicht erfolgt sei und die Leistungen als bedarfsdeckend anzusehen seien.
- Er, der Beklagte, habe den im Steuerbescheid vom 19.04.2005 für das Jahr 2004 aufgeführten Guthabensbetrag in Höhe von 1192,87
EUR (siehe Blt. 235 d. A.) bisher nicht ausgezahlt erhalten, da die Unterhaltsvorschusskasse Ansprüche geltend gemacht habe
und das Finanzamt eine Verrechnung angekündigt habe. Die Unterhaltsvorschusskasse habe 1.089,27 EUR erhalten und diesen Betrag
mit Unterhaltsansprüchen für 2004 verrechnet.
- Für die Zeit seiner Tätigkeit bei der Firma Pö. Transporte GmbH seien Fahrtkosten in Höhe von monatlich 88 EUR einkommensmindernd
zu berücksichtigen, da die einfache Entfernung zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstelle in Sch. 8 km betrage. Die einfache
Entfernung zwischen seiner Wohnung und der Firma S. betrage 25 km. Während der Beschäftigungszeit bei der Fa. S. seien 2-3
Heimfahren pro Woche angefallen, da er längere Touren gefahren sei. Die entsprechenden Fahrtkosten müssten im Falle einer
Fiktion der bei dieser Firma vereinbarten Einkünfte fortgeschrieben werden.
- Der Wohnvorteil auf Seiten der Klägerin betrage jedenfalls 600 EUR monatlich. Hinzu kämen Mieteinnahmen in Höhe von mtl.
224,52 EUR. Abzuziehen seien lediglich die Hauslasten in Höhe von 536,86 EUR. Bei den weiteren von der Klägerin angeführten
Verbindlichkeiten handele es sich nicht um Hauslasten sondern um Konsumausgaben der Klägerin, die nicht abzugsfähig seien.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
1. das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zur Zahlung folgender monatlicher Unterhaltsbeträge an die Klägerin
zu verurteilen:
- Für Juni und Juli 2004
für C. 145,00 EUR
und für P. 115,00 EUR.
- Für August 2004 bis Juni 2005
für C. 170,00 EUR,
P. 135,00 EUR
und die Klägerin 260,00 EUR.
2. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin macht im Berufungsverfahren geltend:
- Bei fiktiven Einkünften finde ein Anspruchsübergang auf öffentlich-rechtliche Leistungsträger nicht statt. Die Sozialhilfeleistungen
seien dennoch nicht bedarfsdeckend, da es nicht Zweck dieser Leistungen sei, den Unterhaltsschuldner zu entlasten. Die Unterhaltsansprüche
stünden daher nach wie vor ihr, der Klägerin, zu. Einer Teilanrechnung nach §
242 BGB stehe entgegen, dass ein Mangelfall vorliege.
- Die vom Amtsgericht angenommene Einkommensfiktion sei zu niedrig. Aus der Aussage des Zeugen S. ergebe sich, dass für Wochen
mit einer Sonntagstour Spesen nicht nur in Höhe von 120 EUR sondern in Höhe von 144 EUR gezahlt worden wären. Außerdem habe
der Zeuge ausgesagt, dass das Gehalt des Beklagten ab dem 01.07. um 100 EUR erhöht worden wäre.
- Die vom Zeugen S. angegebenen Kündigungsgründe seien unterhaltsrechtlich vorwerfbar. Am Kündigungswochenende habe ein Besuchstermin
für die Kinder nicht angestanden. Der erste Besuch der Kinder nach der Trennung sei erst am 21.08.2004 erfolgt. Eine Krankmeldung
sei auch nach dem Vortrag des Beklagten bereits am Sonntag telefonisch möglich gewesen. Im Übrigen widerspreche der Inhalt
der vom Beklagten vorgelegten ärztlichen Bescheinigung vom 21.06.2004 (Bl. 254 d. A.) dem eigenen Vortrag des Beklagten.
- Die Erwerbsbemühungen des Beklagten seien nicht ausreichend. Sie, die Klägerin, habe zwar in der Zeit ab dem 01.12.2004
aushilfsweise bei der Firma Taxi M. gearbeitet. Sie habe dort jedoch lediglich monatlich netto 40 bzw. 45 EUR erhalten. Dieses
Arbeitsverhältnis sei zum 31.05.2005 gekündigt worden.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg, da der Beklagte nur zur Zahlung der im Urteilstenor aufgeführten
Unterhaltsbeträge verpflichtet ist. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur insoweit begründet, als das Amtsgericht hinsichtlich
eines Teils der Unterhaltsansprüche zu Unrecht eine Verpflichtung zur Zahlung an die Klägerin selbst verneint und den Beklagten
zur Zahlung an die Unterhaltsvorschusskasse bzw. das Sozialamt verurteilt hat.
Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Kindesunterhalt folgt aus §§
1601 ff
BGB, der Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt ergibt sich aus §
1361 BGB. Nach §
1601 i.V.m. §
1603 Abs.1
BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren, es sei denn sie sind bei Berücksichtigung ihrer
sonstigen Verpflichtungen außerstande, den Unterhalt ohne Gefährdung ihres eigenen Unterhaltes zu gewähren. Minderjährige
sind, soweit sie wie hier vorliegend nur den Regelunterhalt oder einen geringeren Betrag verlangen, von der Darlegungs- und
Beweislast für ihren Bedarf sowie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen befreit. Da die Leistungsunfähigkeit
des Unterhaltspflichtigen nach §
1603 Abs.1
BGB als Einwendung ausgestaltet ist, liegt die Darlegungs- und Beweislast für alle die Leistungsfähigkeit mindernden Umstände,
mithin sowohl für sein tatsächliches Einkommen als auch für Art. und Berechtigung der behaupteten Erwerbsminderung sowie seine
Bemühungen zu deren Behebung, beim Unterhaltspflichtigen (siehe Palandt-Diederichsen,
BGB, 64. Aufl., Vor §
1601 Rn.67 m.w.Nw.; Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 6 Rn.712 m.w.Nw.), hier mithin beim Beklagten. Nach §
1361 BGB kann ein getrennt lebender Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen
der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.
1.) Einkommen des Beklagten
1.1) Das Amtsgericht hat auf Seiten des Beklagten zu Recht fiktiv das Einkommen berücksichtigt, das dieser bei der Fa. S.
Viehtransporte in B. erhalten hätte. Der Senat folgt den diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgericht, auf die zur Vermeidung
von Wiederholungen Bezug genommen wird. Der Einwand des Beklagten, es fehle an einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten
des Beklagten, ist nicht begründet. Der Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass ein selbstverschuldeter aber doch ungewollter
Verlust des Arbeitsplatzes nicht der freiwilligen Aufgabe eines Arbeitsplatzes gleichgestellt werden kann. In solchen Fällen
ist dem Unterhaltspflichtigen eine Berufung auf seine Leistungsunfähigkeit nur dann aus Treu und Glauben verwehrt, wenn sich
das für den Verlust des Arbeitsplatzes ursächliche Verhalten seinerseits als Verletzung seiner Unterhaltspflicht darstellt.
Erforderlich ist insoweit ein schuldhaftes Fehlverhalten, das einen objektiven Unterhaltsbezug aufweist. Das schuldhafte Verhalten
muss jedoch nicht vorsätzlich sein, es genügt vielmehr ein zumindest leichtfertiges Verhalten (BGH FamRZ 2002, 813, 814; Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 1 Rn.494). Erforderlich ist, dass der Unterhaltsschuldner die Möglichkeit
des Eintritts der Leistungsunfähigkeit als Folge seines Verhaltens erkennt und im Bewusstsein dieser Möglichkeit, wenn auch
im Vertrauen auf den Nichteintritt jener Folge handelt, wobei er sich unter grober Missachtung dessen, was jedem einleuchten
muss, oder in Verantwortungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit gegen den Unterhaltsgläubiger über die erkannte Möglichkeit
nachteiliger Folgen für seine Leistungsfähigkeit hinwegsetzt (BGH FamRZ 2002, 813, 814).
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Anforderungen an den gemäß §
1603 Abs.2
BGB gesteigert Unterhaltspflichtigen, der einen Arbeitsplatz hat, sich wesentlich von den Anforderungen an denjenigen gesteigert
Unterhaltspflichtigen unterscheiden, der keinen Arbeitsplatz hat. Der eine muss alles Zumutbare tun, um seinen Arbeitsplatz
zu behalten, der andere, um einen solchen zu bekommen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich der objektiven Unterhaltsbezug des vom Amtsgericht festgestellten Fehlverhaltens des Beklagten
bereits daraus, dass sowohl die Weigerung des Beklagten, eine Sonntagstour zu übernehmen, als auch die am Montag Morgen unterlassene
Mitteilung von dem beabsichtigten Arztbesuch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Beklagten standen,
aus dem sich die damalige Leistungsfähigkeit des Beklagten zur Erfüllung der streitgegenständlichen Unterhaltspflichten ergab.
Es kann auch keinem Zweifel unterliegen, dass dem damals in der Probezeit befindlichen Beklagten bewusst war, dass das oben
genannte Verhalten gegenüber seinem Arbeitgeber den Bestand dieses Probearbeitsverhältnisses - und damit seine Leistungsfähigkeit
- gefährden könnte. Auch wenn nicht festgestellt werden kann, dass der Beklagte diese Folge billigend in Kauf genommen hat
(bedingter Vorsatz), so hat er jedoch zumindest leichtfertig gehandelt, weil es bei einem Probearbeitsverhältnis auf der Hand
liegt, dass ein Arbeitgeber solch ein Verhalten zum Anlass nimmt, das Arbeitsverhältnis durch eine fristlose Kündigung, die
nicht einmal begründet werden muss, zu beenden.
Ob an dem besagten Wochenende tatsächlich ein vereinbarter Besuch der Kinder im Rahmen des Umgangsrechtes anstand oder nicht,
kann in diesem Zusammenhang ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme dieser
Sonntagstour bereits vorher mit dem Arbeitgeber vereinbart war, weil ein Arbeitnehmer während der Probezeit in besonderem
Maße Arbeitseinsatz und Flexibilität zeigen muss. Das gilt erst Recht für einen gesteigert Unterhaltspflichtigen gemäß §
1603 Abs.2
BGB.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob der Beklagte aufgrund seiner Berufsausbildung Aussichten gehabt hätte, eine
Arbeitsstelle mit dem fingierten Einkommen noch einmal zu finden. Entscheidend ist, dass er bereits eine solche Arbeitsstelle
hatte und die Aussicht einer endgültigen Übernahme bei diesem Arbeitgeber gut war.
Das fingierte Einkommen ist für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblich, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich
sind, dass der Beklagte bei pflichtgemäßen Verhalten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung wieder entlassen worden wäre.
Der Viehtransport ist kein Saisongeschäft. Viehtransporte fallen bekanntermaßen das ganze Jahr über an. Deshalb werden die
Arbeitnehmer in diesem Gewerbe - anders als z.B. im Baugewerbe, in der Landwirtschaft oder im Gastronomiebereich - in der
Regel durchgehend beschäftigt. Es spricht auch nichts für einen betriebsbedingten Personalabbau bei der Firma S.. Der Beklagte
trägt selbst vor, immer wieder Stellenanzeigen dieser Firma gelesen zu haben. Da der Zeuge S. den Beklagten bei seiner Aussage
im Termin am 21.02.2005 vor dem Amtsgericht als guten Fahrer bezeichnet hat, stand eine Entlassung aus anderen Gründen nicht
zu befürchten. Die vom Beklagten ohne hinreichende Substantiierung behauptete große Personalfluktuation lässt sich nachvollziehbar
mit den nur schwer kalkulierbaren und daher "familienunfreundlichen" Arbeitszeiten und der hohen körperlichen Beanspruchung
erklären.
Der Fortdauer der Einkommensfiktion steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte vom 01.10.2004 bis zum 07.12.2004 bei der
Fa. G. Land- und Bautechnik und vom 23.05.2005 bis zum 18.11.2005 bei der Firma Pö. Transporte GmbH beschäftigt war. Der Beklagte
hätte seine aus § 1603 Abs.2 folgende gesteigerte Erwerbsobliegenheit schuldhaft verletzt, wenn er das Arbeitsverhältnis bei
der Firma S. gekündigt hätte, um zu den oben genannten Arbeitgebern zu wechseln. Beide Tätigkeiten wurden schlechter bezahlt
als die Tätigkeit bei der Fa. S.. Außerdem hat es sich in beiden Fällen um eine Saisonbeschäftigung gehandelt, bei der eine
Kündigung im Winterhalbjahr vorhersehbar war.
Da die Einkommensfiktion für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum gilt, kann dahinstehen, ob der Beklagte sich in
der Folgezeit hinreichend intensiv um eine andere Arbeitsstelle beworben und ob er in den Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges
geringfügige Nebeneinkünfte erzielt hat.
1.2) Hinsichtlich der Höhe des fingierten Einkommens weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass der Zeuge Schultz bei seiner
Vernehmung vor dem Amtsgericht bekundet hat, dem Beklagten für die Zeit ab dem 01.07.2004 eine Gehaltserhöhung um mtl.100
EUR zugesagt zu haben. Das fingierte Gehalt beträgt mithin
- ab dem 01.06.2004 - 1.500 EUR,
- ab dem 01.07.2004 - 1.600 EUR und
- ab dem 15.08.2004 - 1.800 EUR.
1.3) Die Klägerin weist auch zu Recht darauf hin, dass die zugesagten Spesenzahlungen nicht wie vom Amtsgericht angenommen
immer 120 EUR pro Woche betrugen, sondern in Wochen mit Sonntagstouren 144 EUR. Der Durchschnittsbetrag beläuft sich auf 132
EUR pro Woche, das sind bei 44 Arbeitswochen 5.808 EUR pro Jahr und 484 EUR pro Monat. Davon 1/3 sind 161,33 EUR.
1.4) Der Beklagte hatte während seiner Tätigkeit bei der Fa. S. Fahrtkosten in Höhe von mtl. 119,17 EUR (= 25 km x 2 x 0,26
EUR/km x 110 /12). Der Beklagte hat zur Überzeugung des Senates glaubhaft dargelegt, dass er nicht nur einmal pro Woche, wie
die Klägerin behauptet, sondern durchschnittlich jeden zweiten Arbeitstag von Schl. nach B. und zurück gefahren ist. Die einfache
Strecke beträgt 25 km. Diese Fahrtkosten müssen auch für die Folgezeit fortgeschrieben werden, in der dem Beklagten das bei
der Fa. Schultz erzielte Einkommen fiktiv zugerechnet wird, allerdings mit der Maßgabe, dass sich die Fahrtkosten ab dem 01.07.2005
entsprechend den neuen Leitlinien des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes auf 137,50 EUR (= 25 km x 2 x 0,30 EUR/km
x 110 /12) erhöhen.
1.5) Das im Steuerbescheid vom 19.04.2005 (Blt.235 d.A.) betreffend das Jahr 2004 ausgewiesene Guthaben in Höhe von 1.192,87
EUR kann nicht als Einkommen auf Seiten des Beklagten berücksichtigt werden, weil es unstreitig bisher nicht an den Beklagten
ausgezahlt worden ist. Der Beklagte hat hinsichtlich eines Teilbetrages von 1.089,27 EUR eine Überweisung an die Unterhaltsvorschusskasse
des Kreises Schleswig-Flensburg und im übrigen eine Verrechnung mit Gegenansprüchen des Finanzamtes behauptet. Die Weiterleitung
eines Teilbetrages in Höhe von 1.089,27 EUR an die Unterhaltsvorschusskasse des Kreises Schleswig-Flensburg wird durch die
mit Schriftsatz vom 05.04.2006 eingereichten Bestätigung der Unterhaltsvorschusskasse vom 20.03.2006 bestätigt. Die in dieser
Bestätigung erwähnte Rücküberweisung in Höhe von 907 EUR an das Finanzamt steht der Behauptung des Beklagten nicht entgegen,
da der Bestätigung der Unterhaltsvorschusskasse zu entnehmen ist, dass das Finanzamt den Betrag mit der Begründung zurückgefordert
hat, dieser stehe nicht dem Kindesvater sondern der Kindesmutter - mithin der hiesigen Klägerin - zu. Soweit der Beklagte
eine Verrechnung durch das Finanzamt behauptet, ergibt sich bereits aus dem Steuerbescheid vom 19.04.2005, dass eine Verrechnung
mit Gegenansprüchen beabsichtigt ist. Da sich aus dem Steuerbescheid vom 29.04.2005 betreffend das Jahr 2003 (Blt.231 d.A.)
eine Nachzahlungspflicht in Höhe von 5.061,88 EUR ergibt, ist davon auszugehen, dass eine Verrechnung zumindest vorbehalten
bleibt. Es kann auf jeden Fall nicht angenommen werden, dass das Finanzamt das Guthaben aus dem Steuerbescheid vom 19.04.2005
an den Beklagten ausgezahlt hat.
Soweit der Beklagte im Zusammenhang mit der Überweisung des Teilbetrages in Höhe von 1.089,27 EUR an die Unterhaltsvorschusskasse
die Ansicht vertritt, dass damit ein Teil des streitgegenständlichen Anspruchs auf Kindesunterhalt für das Jahr 2004 erloschen
sei, kann dem nicht gefolgt werden, da die Überweisung durch das Finanzamt nur im Wege einer Zwangsvollstreckung oder zur
Abwendung einer solchen erfolgt sein kann. Eine solche Zahlung führt nicht zum Erlöschen des Anspruchs nach §
362 BGB.
1.6) Das Zusammenleben des Beklagten mit seiner neuen Lebensgefährtin führt weder zu einer Einkommenserhöhung noch zu einer
Reduzierung des Selbstbehaltes. Beim Ehegattenunterhalt ist ein Zusammenlebensvorteil grundsätzlich nicht zu berücksichtigen,
da der nach §
1361 Abs.1
BGB geschuldete Unterhalt an das Zusammenleben während der Ehe und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Vorteile anknüpft
und demgemäß in der Regel bereits unter Einschluss dieser Vorteile bemessen ist (BGH NJW 1995, 962, 963). Beim Kindesunterhalt kann ein Zusammenlebensvorteil zwar berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall steht der Annahme
eines solchen jedoch entgegen dass die neue Lebenspartnerin über kein wesentliches eigenes Erwerbseinkommen verfügt.
2.) Einkommen der Klägerin
1.1) Die Klägerin hat nach den zur Akte gereichten Verträgen und Gehaltsabrechnungen in dem streitgegenständlichen Zeitraum
folgendes Erwerbseinkommen erzielt:
Zeitraum Anmerkung / Fundstelle Nettobetrag
mtl. 06/04 - 09/04 Entgelt gem. § 6 Unternehmenskaufvertrag (Blt.58 d.A.) 150,00 EUR
12/04 - 05/05 Aushilfstätigkeit bei Fa. Taxi M. (Blt.129f,267ff,266,271) 42,50 EUR
08/05 - 12/05 Aushilfstätigkeit bei Fa. Taxi M. (Blt.357 d.A.) 101,60 EUR
01/06 Aushilfstätigkeit bei Fa. Taxi M. (Blt.359 d.A.) 24,00 EUR
Soweit der Beklagte unter Bezugnahme auf die Aussage des Zeugen W.(Blt.177f d.A.) sowie den Observationsbericht der Zeugen
G. St. und H. Pa. (Blt.343ff d.A.) weitere Erwerbseinkünfte der Klägerin behauptet, muss dem nicht nachgegangen werden. Zum
einen enthält der Observationsbericht zahlreiche Lücken und Widersprüche. Die genannten Wochentage lassen sich nicht mit den
Daten in Übereinstimmung bringen. Im übrigen ist nicht ersichtlich, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang die dokumentierten
Tätigkeiten nicht mit den von der Klägerin vorgelegten Gehaltsbescheinigungen in Einklang stehen sollen. Die Klägerin bestreitet
darüber hinausgehende Erwerbstätigkeiten.
Selbst wenn man zugunsten des Beklagten Einkünfte der Klägerin in Höhe von bis zu 250 EUR monatlich unterstellen würde, müssten
diese Erwerbseinkünfte sowieso bei der Unterhaltsberechnung außer Betracht bleiben, weil die Klägerin ein erst 4 Jahre altes
Kind betreut und deshalb nicht verpflichtet ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Unter den gegebenen Umständen erscheint
eine Berücksichtigung überobligationsmäßiger Einkünfte im Umfang von bis zu 250 EUR gemäß §
1577 Abs.2
BGB analog nicht angemessen, zumal das Einkommen der Klägerin unter dem großen Selbstbehalt bleibt.
Das Unterlassen einer sofortigen Mitteilung der Einkommenserzielung durch die Klägerin rechtfertigt entgegen der Ansicht des
Beklagten eine Verwirkung nicht. In Betracht kommt allenfalls §
1579 Nr.6
BGB. Danach ist ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des
Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen
Kindes grob unbillig wäre, weil dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten
gegen den Verpflichteten zur Last fällt. Hier kann schon ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten der Klägerin nicht
festgestellt werden. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Unter diesen Umständen kann
das Verschweigen von Einkünften aus dem Geringverdienerbereich nicht als offensichtliches schwerwiegendes Fehlverhalten angesehen
werden. Außerdem stehen die Belange der beiden von der Klägerin betreuten Kinder einer Versagung, Herabsetzung oder zeitlichen
Begrenzung des Unterhaltsanspruches für die Klägerin entgegen.
2.2) Wohnvorteil / Mieteinnahmen
Das Amtsgericht hat den Wohnvorteil für den von der Klägerin genutzten Hausteil zutreffend mit mtl. 390 EUR bewertet. Der
Beklagte vertritt ohne nähere Begründung die Ansicht, der Wohnvorteil müsse mindestens 600 EUR betragen. Der Senat sieht keine
Veranlassung, von der Feststellung des Amtsgerichtes abzuweichen, §
529 Abs.1
ZPO. Da es hier um Trennungsunterhalt geht, ist grundsätzlich nur die ersparte Miete anzusetzen, die angesichts der wirtschaftlichen
Verhältnisse angemessen wäre (Ziff.5 unserer Leitlinien). Da eine Mutter mit zwei Kindern mit einem niedrigen Einkommen kein
Einfamilienhaus mit 120 qm Wohnfläche benötigt, sondern sich mit einer 4-Zimmer-Wohnung mit 70-80 qm begnügen würde, erscheint
eine Nettokaltmiete zwischen 350 EUR und 400 EUR (5 EUR/qm) üblich und angemessen.
Die Mieteinnahmen für die Einliegerwohnung betragen unstreitig mtl. 224,52 EUR. Von der Summe Wohnvorteil plus Mieteinnahme
(= 614,52 EUR) sind die Abträge in Höhe von monatlich 536,86 EUR abzuziehen, die die Klägerin unstreitig bis Ende Januar 2006
auf das bei der DG HYP bestehende Hypothekendarlehen gezahlt hat. Diese Darlehensbelastung ist unstreitig eheprägend. Die
Klägerin hat allerdings ihre Zahlung ausweislich des Kontoauszuges vom 27.02.2006 im Januar 2006 auf 50 EUR reduziert und
ab Februar 2006 ganz eingestellt.
Weitere Unkosten können vom Wohnvorteil nicht abgesetzt werden. Die vom Amtsgericht zusätzlich abgezogenen Unkosten für Gebäudeversicherung,
Grundsteuer, Abwasser und Müll i.H.v. mtl. 86,47 EUR können nicht berücksichtigt werden, da es sich um Betriebskosten handelt,
die gemäß §
556 Abs.1
BGB i.V.m. Anlage 3 zu §
27 I der II BV auf einen Mieter umgelegt werden können (Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 1 Rn.336, 337). Für den
vermieteten Teil des Hauses gilt nichts anderes, da § 3 Nr.2 des Mietvertrages vom eine entsprechende Umlage vorsieht (siehe
Blt.44 d.A.).
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 07.03.2006 bzw. dem beigefügten Schriftsatz vom 03.11.2005 betreffend das Scheidungsverfahren
einen weiteren Darlehensvertrag sowie darauf gezahlte Abträge in Höhe von mtl. 150 EUR behauptet (siehe Blt.354 d.A.), fehlt
hinreichend substantiierter Vortrag zum Zustandekommen dieses Darlehensvertrages. Ein Zusammenhang zwischen dieser Darlehensschuld
und der Finanzierung des Grundstückes ist nicht ersichtlich, zumal im bisherigen Vortrag der Klägerin von einem solchen Darlehen
und entsprechenden Abträgen nicht die Rede war. Eine Berücksichtigung als Hausunkosten kann unter diesen Umständen nicht erfolgen.
Der Wohnvorteil der Klägerin beträgt mithin für die Zeit bis Ende Dezember 2005 mtl. 77,66 EUR, für den Monat Januar 2006
mtl. 564,52 EUR und für die Zeit ab Februar 2006 614,52 EUR.
2.3) Sonstige Belastungen
Es verbleibt dennoch auf Seiten der Klägerin für den Zeitraum bis Ende Dezember 2005 kein berücksichtigungsfähiges Einkommen,
da die Klägerin mit Schriftsatz vom 03.11.2005 unter Beifügung von Zahlungsbelegen monatliche Ratenzahlungen auf sonstige
ehebedingte Schulden vorgetragen hat, die den Betrag von 77,66 EUR deutlich übersteigen. Dazu gehören u.a. die oben erwähnte
Zahlung in Höhe von monatlich 150 EUR auf ein Darlehen der VR Bank Flensburg-Schleswig eG, ein Abtrag in Höhe von mtl. 50
EUR zur Rückführung des ehemaligen Betriebskontos bei der VR Bank und eine Zahlung in Höhe von mtl. 10 EUR an die Minijobzentrale
der Bundesknappschaft. Diese Zahlungen sind vom Beklagten nicht bestritten worden.
Für den Monat Januar 2006 hat die Klägerin nur noch die im Zusammenhang mit dem Wohnvorteil erörterte Zahlung von 50 EUR belegt,
die sich aus dem Kontoauszug der DGHYP vom 26.02.2006 ergibt. Danach hat die Klägerin ihre Zahlungen auf Schulden unstreitig
eingestellt. Ihr muss daher für Januar 2006 ein Einkommen in Höhe von 564,52 EUR und für die Zeit ab Februar 2006 ein Einkommen
in Höhe von monatlich 614,52 EUR zugerechnet werden.
2.4) Leistungen des Sozialamtes
Die Leistungen des Sozialamtes sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, da sie subsidiär sind. Das gilt sowohl für die
bis zum 31.12.2005 gezahlte Sozialhilfe nach dem BSHG (§ 2 I BSHG) als auch für die ab dem 01.01.2005 gewährten Leistungen nach dem SGBII und zwar unabhängig von der Frage, ob ein Forderungsübergang
auf den Leistungsträger erfolgt ist oder nicht (siehe Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 6 Rn.501; BGH FamRZ 2000,
1358, 1359).
Dem Unterhaltsbegehren der Klägerin steht entgegen der Ansicht des Beklagten der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegenstehen.
Soweit für den Fall, dass ein Forderungsübergang bei fiktiven Einkünften ausgeschlossen ist, eine Korrektur nach §
242 BGB in Erwägung gezogen wird, geschieht das nur, wenn in Mangelfällen die Gefahr besteht, dass der Unterhaltsschuldner mit derartig
hohen Unterhaltsforderungen aus der Vergangenheit belastet wird, dass es voraussichtlich auf Dauer unmöglich ist, diese Schulden
nebst seinen laufenden Verpflichtungen zu tilgen. Eine Korrektur nach §
242 BGB kommt nur in Einzelfällen und nur bezogen auf Unterhaltsrückstände aus der Vergangenheit in Betracht, weil andernfalls die
gesetzlich gewollte Subsidiarität der Sozialhilfe außer Kraft gesetzt würde (siehe Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 6. Aufl.,
§ 1 Rn.484, 486; § 6 Rn.567ff; BGH FamRZ 1999, 843, 847; BGH FamRZ 2000, 1358, 1359). Hier ist ein Verstoß gegen Treu und Glauben nicht gegeben, weil die Klägerin auch unter Berücksichtigung der Sozialleistungen
und des Unterhalts immer noch nicht das Existenzminimum von 820 EUR bzw. ab Juli 2005 von 890 EUR erreicht.
3.) Unterhaltsberechnung
a) Aus den obigen Ausführungen ergibt sich für den Zeitraum Juni bis Dezember 2004 folgende Unterhaltsberechnung in EUR:
ab 06/04 ab 07/04 ab 08/04 ab 09/04
Nettogehalt des Beklagten 1.056,92 1.106,42 1.159,17 1.210,23
1/3 der Spesen 161,33 161,33 161,33 161,33
Fahrtkosten -119,17 -119,17 -119,17 -119,17
Steuererstattung
anrechenbares Einkommen 1.099,08 1.148,58 1.201,33 1.252,39
großer Selbstbehalt 920 920 920 920
Verteilungsmasse 179,08 228,58 281,33 332,39
Bedarf C.-P. nach DT 284 284 284 284
Bedarf P.-J. nach DT 192 192 192 192
Bedarf A. nach DT 0 0 0 0
Bedarf Klägerin (3/7 Eink. - KU) 267,03 288,25 310,86 332,74
Gesamtbedarf 743,03 764,25 786,86 808,74
Mangelfallberechnung
Einsatzbetrag C.-P. 384 384 384 384
Einsatzbetrag P.-J. 269 269 269 269
Einsatzbetrag A. 0 0 0 0
Einsatzbetrag Klägerin 820 820 820 820
Summe der Einsatzbeträge 1473 1473 1473 1473
Kürzungsquote in % 12,16 15,52 19,10 22,57
gekürzter Unterhalt C.-P. 97 110 123 137
gekürzter Unterhalt P.-J. 83 92 101 111
gekürzter Unterhalt A. 0 0 0 0
gekürzter Unterhalt Klägerin 100 127 157 185
b) Für das Jahr 2005 ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung in EUR:
ab 01/05 ab 07/05 ab11/05
Nettogehalt des Beklagten 1.214,43 1.214,43 1.214,43 1/3 der Spesen 161,33 161,33 161,33
Fahrtkosten -119,17 -137,5 -137,5
Steuererstattung 90,75 90,75 90,75
anrechenbares Einkommen 1.347,34 1.329,01 1.329,01 großer Selbstbehalt 920 990 990
Verteilungsmasse 427,34 339,01 339,01
Bedarf C.-P. nach DT 284 291 291
Bedarf P.-J. nach DT 192 204 204
Bedarf A. nach DT 0 0 204
Bedarf Klägerin (3/7 Eink. - KU) 373,43 357,43 270,00
Gesamtbedarf 849,43 852,433 969,00
Mangelfallberechnung
Einsatzbetrag C.-P. 384 393 393
Einsatzbetrag P.-J. 269 276 276
Einsatzbetrag A. 0 0 276
Einsatzbetrag Klägerin 820 890 890
Summe der Einsatzbeträge 1473 1559 1835
Kürzungsquote in % 29,01 21,75 18,47
gekürzter Unterhalt C.-P. 161 135 106
gekürzter Unterhalt P.-J. 128 110 84
gekürzter Unterhalt Annika 0 0 84
gekürzter Unterhalt Klägerin 238 194 164
c) Für das Jahr 2006 stellt sich die Unterhaltsberechnung in EUR wie folgt dar:
ab 01/06 ab 02/06
Nettogehalt des Beklagten 1.214,43 1.214,43
1/3 der Spesen 161,33 161,33
Fahrtkosten -137,5 -137,5
Steuererstattung 0 0
anrechenbares Einkommen 1.238,26 1.238,26
Bedarf C.-P. nach DT 291 291
Bedarf P.-J. nach DT 204 204
Bedarf A. nach DT 204 204
bereinigtes Einkommen des Beklagten nach Abzug des Kindesunterhalts 539,26 539,26
Einkommen der Klägerin 564,52 614,52
Unterhaltsanspruch der Klägerin 0,00 0,00
kleiner Selbstbehalt 890 890
Verteilungsmasse 348,26 348,26 Gesamtbedarf 699,00 699,00
Kürzungsquote in % 49,82 49,82
gekürzter Unterhalt C.-P. 145 145
gekürzter Unterhalt P.-J. 102 102
gekürzter Unterhalt A. 102 102
gekürzter Unterhalt Klägerin 0 0
4.) Aktivlegitimation
Die Klägerin ist für die obigen Unterhaltsansprüche aktivlegitimiert und kann deshalb Zahlung an sich verlangen.
Soweit die Klägerin Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse für das Kind P.-J. in Höhe von mtl. 122 EUR erhalten hat, sind
die Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten zwar gemäß § 7 I UVG auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangen. Diese hat die Ansprüche jedoch unter dem 30.06.2004 an die Klägerin zurückübertragen
(Blt.7 d.A.).
Soweit die Klägerin für sich und die beiden Kinder Sozialhilfeleistungen erhalten hat, muss zwischen den Leistungen nach dem
bis zum 31.12.2004 geltenden BSHG und den Leistungen nach dem ab dem 10.01.2006 geltenden SGBII unterschieden werden. Soweit Leistungen nach dem BSHG erbracht worden sind, gehen die Unterhaltsansprüche gegen den Unterhaltspflichtigen grundsätzlich gemäß § 91 Abs.1 BSHG auf das Sozialamt über. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allerdings nicht, wenn und soweit der Unterhaltsanspruch
auf fiktiven Einkünften beruht (siehe BGH FamRZ 1999, 843, 847; BGH FamRZ 2000, 1358, 1359). In welchem Umfang hier ein Übergang stattgefunden hat, kann dahingestellt bleiben, da das Sozialamt des Amtes Silberstedt
die übergegangenen Ansprüche mit Vertrag vom 13.10.2004 (Blt.60 d.A.) auf die Klägerin zurückübertragen hat. Damit ist die
Klägerin auch insoweit aktivlegitimiert.
Hinsichtlich der nach dem SGBII gewährten Leistungen ist ein automatischer Forderungsübergang im Gesetz nicht mehr vorgesehen.
Nach dem SGB II ist Voraussetzung für einen Forderungsübergang eine Überleitungsanzeige an den Unterhaltsschuldner. Eine solche
ist hier unstreitig nicht erfolgt.
5.) Die Kostenentscheidung folgt aus §
92 Abs.1
ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§
708 Ziff.10, 713, 543 Abs.2
ZPO. Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung gemäß 543 Abs.2
ZPO sind nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert.