Prozesskostenhilfe für Anspruch auf rückübertragene Unterhaltsansprüche
Entscheidungsgründe:
Die Kläger beantragen Prozesskostenhilfe für rückständigen Unterhalt ab Januar 2006 und künftigen Unterhalt. Die Kläger haben
Unterhaltsvorschussleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch II in Anspruch genommen, so dass die Unterhaltsansprüche
insoweit auf das Land und auf das Dienstleistungszentrum Neumünster übergegangen sind. Die Sozialleistungsträger haben die
Unterhaltsansprüche zum Zweck gerichtlicher Geltendmachung zurück übertragen.
Das Amtsgericht hat Prozesskostenhilfe für den rückständigen Unterhalt u. a. mit der Begründung abgelehnt, die §§ 33 Abs. 4 Satz 2 SGB II und 7 Abs. 4 Satz 3 UVG gewährten einen Prozesskostenvorschussanspruch, der einsetzbares Vermögen darstelle. Die Kläger seien - bezogen auf vergangene
Unterhaltszeiträume - nicht im Sinne des Prozesskostenhilferechts bedürftig.
Die Kläger machen mit der Beschwerde u. a. geltend, der Beklagte hätte im Verfahren 41 F 356/05 Amtsgericht Neumünster darüber Auskunft geben müssen, dass er erhebliche Spesenzahlungen erhalte. Eine Nachberechnung seines
Nettoeinkommens habe erst erfolgen können, nachdem gegen den Beklagten im Rahmen der Zwangsvollstreckung ein Zwangsgeld in
Höhe von 500,00 EUR festgesetzt worden sei. Erst danach hätten die Spesenabrechnungen vorgelegen. Durch die Ablehnung der
Prozesskostenhilfe für die Unterhaltsrückstände würde der Kindesvater erneut "davonkommen", weil die Kassen der anderen Behörden
leer seien. Es müsse auch das Gebot der Prozessökonomie gelten. Es könne nicht sein, dass der laufende Unterhalt erst geltend
gemacht werde und in einem zweiten Prozess durch das Dienstleistungszentrum oder die Unterhaltsvorschusskasse, dann wahrscheinlich
in einem dritten Prozess, der rückständige Unterhalt geltend gemacht werden müsse.
Die Beschwerde der Kläger ist begründet.
Die rückständigen Unterhaltsansprüche sind entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht nur vom Land Schleswig-Holstein,
das den Klägern Unterhaltsvorschuss gewährt hat, sondern auch vom Dienstleistungszentrum N., das den Klägern Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts gewährt hat, an die Kläger zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung zurück übertragen worden.
In dem Rückübertragungs- und Abtretungsvertrag gemäß § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II ist die Mutter der Kläger, handelnd als gesetzliche
Vertreterin der Kläger, aufgeführt. Nach § 1 überträgt das Dienstleistungszentrum die auf das Dienstleistungszentrum übergegangenen
Unterhaltsansprüche den Unterhaltsberechtigten zurück. Die weitere Formulierung "sowie die auf das Dienstleistungszentrum
übergegangenen Unterhaltsansprüche ihres(er) / seines(er) Kindes(er)" bezieht sich auf den Fall der Prozessstandschaft nach
§
1629 Abs.
3 BGB, die im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. In diesem Sinne ist auch § 10 zu verstehen.
Ob für eine Unterhaltsklage Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, soweit diese auf rückübertragenen Ansprüchen beruht,
ist streitig.
Die §§ 7 Abs. 4 Satz 3 UVG und 33 Abs. 4 Satz 2 SGB II bestimmen, dass Kosten, mit denen der Leistungsempfänger infolge der Rückübertragung und Abtretung des Unterhaltsanspruchs
zur gerichtlichen Geltendmachung belastet wird, zu übernehmen sind. Hieraus wird von der einen Meinung gefolgert, dass dem
Abtretungsempfänger ein Vorschussanspruch gegen den Sozialleistungsträger zustehe. Der Hilfeempfänger erhalte für zurück übertragene
Ansprüche keine Prozesskostenhilfe, weil er insoweit Auslagenvorschuss vom Sozialleistungsträger als seinem Auftraggeber verlangen
könne (so z. B. KG FamRZ 2003, 99; OLG Oldenburg FamRZ 2003, 1761; Zöller - Philippi, Kommentar zur
ZPO, 26. Auflage, Rn. 10 zu §
114).
Dagegen wird ausgeführt, dass die Vorschriften ihrem Wortlaut nach lediglich bloße Kostenübernahme - und Freistellungsansprüche
darstellten, die erst eingriffen, wenn zu Lasten des Hilfeempfängers am Ende des Prozesses eine Kostenbelastung verbleibe,
was die Bedürftigkeit nicht ausschließe und daher für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe unschädlich sei (so z. B. OLG
Köln FamRZ 2003, 100; OLG Hamm, Beschluss vom 11.07.2002 - 3 WF 192/02 - zitiert nach Juris; Kalthoener-Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Auflage, Rn. 38 und 471).
Der Senat folgt der letzteren Auffassung. Bei der Schaffung der Möglichkeit zur Rückübertragung der Ansprüche ist es Absicht
des Gesetzgebers gewesen, eine einheitliche Prozessführung auch hinsichtlich solcher Unterhaltsansprüche zu ermöglichen, die
bereits im Wege der Legalzession übergegangen sind. Das Gebot der Prozessökonomie erfordert, dass die gemeinsame Geltendmachung
in einem Verfahren auch durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das gesamte Verfahren ermöglicht wird. Es wäre inkonsequent,
auf der einen Seite die Rückabtretung der Ansprüche zuzulassen, auf der anderen Seite die für die Durchsetzung der Ansprüche
vorgesehene staatliche Hilfe zu verweigern und eine Unterhaltsklage in zwei Verfahren aufzuspalten (Nickel, FamRB 2004, 12).
Der Senat ist somit der Auffassung, dass Prozesskostenhilfe auch für den rückständigen Unterhalt zu bewilligen ist.