Umfang der Haftung des Erben für Kosten der Betreuung
Entscheidungsgründe:
Das AG bestellte die Beteiligte zu 1. am 21.12.2001 zur Berufsbetreuerin der Betroffenen. Die Betroffene verstarb am 8.05.2002.
Sie wurde von ihrer Tochter beerbt. Der Wert des Nachlasses betrug zu diesem Zeitpunkt 949,01 Euro. Unter dem 28.10.2002 hat
die Beteiligte zu 2. die Festsetzung ihrer Vergütung und ihres Aufwendungsersatzes in Höhe von insgesamt 738,00 Euro für den
Zeitraum vom 1.04.2002 bis Ende Juli 2002 beantragt. Das Amtsgericht hat im Beschluß vom 17.01.2003 (Bl. 92/93 d.A.) die aus
der Landeskasse zu zahlende Vergütung/Erstattung auf 664,89 Euro festgesetzt. Dabei hat es den Freibetrag entsprechend §§
1908 i Abs.
1,
1836 e Abs.
1 Satz 3
BGB; 92 c Abs. 3 Nr. 1, 81 Abs. 1 BSHG in Höhe von 1.619,26 Euro zugunsten der Erbin berücksichtigt. Die hiergegen von der Beteiligten zu 2. eingelegte sofortige
Beschwerde hat das Landgericht unter Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde durch den von der Beteiligten zu 2. dementsprechend
angefochtenen Beschluß (Bl. 101/102 d.A.), auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, zurückgewiesen.
Die nach § 56 g Abs. 5 Satz 2, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des
Rechts (§§ 27 FGG; 546
ZPO). Mit Recht hat das Landgericht den Freibetrag berücksichtigt und die Erstattung von Vergütung und Aufwendungsersatz aus
der Landeskasse angeordnet.
Da die Mittellosigkeit im Sinne der §§
1836 a,
1836 c, 1836 d
BGB eine "persönliche Eigenschaft" (Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., Vorbem. 214 vor §§ 65 ff. FGG) des Betreuten ist, kann diese nur festgestellt werden, solange er lebt. Nach seinem Tod wird der Vergütungsanspruch des
Betreuers zur Nachlaßverbindlichkeit im Sinne des §
1967 BGB und steht der Nachlaß grundsätzlich in vollem Umfang für die Begleichung der Betreuungskosten zur Verfügung. Für dessen Wert
ist der Zeitpunkt des Todes entscheidend (Jürgens/Kröger/Marschner/Winterstein, Betreuungsrecht, 5. Aufl., Rn. 279 a). Allerdings
bestimmt §
1836 e Abs.
1 Satz 3 letzter Halbsatz
BGB für den Fall, daß die Landeskasse die Ansprüche des Betreuers befriedigt hat und gegen die Erben Regreß nimmt, daß zu deren
Gunsten § 92 c Abs. 3 und 4 BSHG entsprechend gilt, andererseits §
1836 c BGB, der u. a. in seiner Nr. 2 auf § 88 BSHG verweist, auf sie nicht anwendbar ist. Nach § 92 c Abs. 3 Nr. 1 BSHG ist der Anspruch auf Kostenersatz nicht geltend zu machen, soweit der Wert des Nachlasses unter dem Zweifachen des Grundbetrages
nach § 81 Abs. 1 BSHG (809,63 EURO) liegt (Freibetrag des Erben). § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG sieht vor, daß die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden darf vom Einsatz kleiner Barbeträge, die nach § 88 Abs. 4 BSHG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) DurchführungsVO höchstens mit 4.500 DM anzusetzen sind (sog. Schonvermögen des Betreuten; vgl. hierzu Senatsbeschluß vom
14.12.2000 SchlHA 2001, 124). Der Senat hält in Übereinstimmung mit dem Landgericht die entsprechende Anwendung der §§
1836 e Abs.
1 Satz 3 letzter Halbsatz
BGB, 92 c Abs. 3 Nr. 1 BSHG für den Fall der unmittelbaren Inanspruchnahme der Erben durch den Betreuer - also nicht erst im Wege des Regresses durch
die Landeskasse - für geboten (vgl. zum Teil ohne nähere Begründung BayObLG FamRZ 2001, 866, 867; Thüringer OLG FGPrax 2001, 22, 23; Bauer/Klie/Rink, §
1836 d BGB Rn. 23). Es wäre eine nicht hinzunehmende Unbilligkeit, die Gewährung der Vergünstigung für den Erben davon abhängig zu machen,
ob zufällig das Gericht über den vor dem Tode eingereichten Vergütungsantrag vor (dann würde zugunsten des Betreuten der Schonbetrag
gelten und der Nachlaßwert entsprechend höher sein) oder nach dem Tode entscheidet (dann würde an sich der Erbe mit dem Nachlaß
uneingeschränkt haften). Desgleichen ist nicht einzusehen, daß der Umfang der Haftung der Erben davon abhängen soll, ob zur
Zeit der Inanspruchnahme der Erben das gesamte Nachlaßvermögen bekannt ist oder nicht. Ist das gesamte Nachlaßvermögen sogleich
bekannt und ausreichend, so haben die Erben hiermit uneingeschränkt für die Vergütung einzustehen, weil der Schonbetrag nur
für den Betreuten gilt. Erscheint es zunächst unzureichend und wird weiteres Nachlaßvermögen erst später bekannt, so tritt
zunächst die Landeskasse ein und wird der Erbe beim Rückgriff durch den Freibetrag begünstigt. Nach allem hat das Amtsgericht
zu Recht die Landeskasse zur Zahlung von Vergütung/Aufwendungsersatz für verpflichtet gehalten. Eine Pflicht zur Vorlegung
der Sache an den Bundesgerichtshof nach § 28 Abs. 2 FGG besteht nicht, weil die einen Schonbetrag verneinenden Entscheidungen (z.B. Beschluß des OLG Köln vom 24.04.1998 FamRZ 1998,
1617 mit weiteren Hinweisen) sich nicht mit der Auslegung des erst auf Grund des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25.06.1998
am 1.01.1999 in Kraft getretenen §
1836 e BGB befassen konnten.