Pflegesatzvereinbarungen als öffentlich-rechtliche Verträge
Tatbestand:
Der Kläger zu 1 ist ein Zusammenschluß privater Alten- und Pflegeheime und gleichartiger Einrichtungen im Sinne des §
1
Heimgesetz (Bekanntmachung der Neufassung des Heimgesetzes vom 23.04.1990 BGBl. I S. 763, bereinigt S. 1069) auf Bundesebene, dessen
satzungsgemäßer Zweck die Wahrnehmung der beruflichen und sozialen Interessen seiner Mitglieder ist. Der Kläger zu 2 ist in
gleicher Funktion auf Landesebene in Baden-Württemberg tätig.
Der Beklagte, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, ist ein überörtlicher Träger der Sozialhilfe in Baden-Württemberg.
Zu seinen Aufgaben gehört es, für alle örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträger in Baden-Württemberg mit den Trägern
privater Alten- und Pflegeheime oder ihren Verbänden sogenannte Pflegesatzvereinbarungen nach § 93 Abs. 2
BSHG abzuschließen. Der Beklagte will diesen Vereinbarungen ein Vertragsmuster »Sonderpflegesatz« zugrundelegen, das Bestimmungen
enthält, die nach Auffassung der Kläger gegen die Vorschriften des Kartellrechts, gegen Vorschriften des öffentlichen Preisrechts
und gegen Vorschriften des AGB-Gesetzes verstoßen. Mit der Klage erstreben die Kläger, den Beklagten zu verurteilen, die Verwendung
des Vertragsmusters »Sonderpflegesatz« zu unterlassen.
Das Landgericht hat angeordnet, daß über die Frage der Zulässigkeit der Klage im Rechtsweg der ordentlichen Gerichtsbarkeit
abgesondert verhandelt wird. Es hat durch Zwischenurteil festgestellt, daß die Klage im ordentlichen Rechtsweg zulässig ist.
Die vom Beklagten eingelegte Berufung ist zurückgewiesen worden.
Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage als im beschrittenen Rechtsweg unzulässig weiter.
Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Revision, hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht gegeben.
Zuständig für die Entscheidung sind die Verwaltungsgerichte. Auf den im Revisionsrechtszug gestellten und auch dort noch zulässigen
Hilfsantrag der Kläger (BGH, Urt. v. 03.05.1984 - III ZR 174/82, FamRZ 1984, 781, 783; BGH, Urt. v. 08.03.1990 - I ZR 60/85 und I ZR 116/85) ist der Rechtsstreit gemäß §
17 Abs.
3
GVG a.F. an das Verwaltungsgericht Stuttgart zu verweisen.
I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, Pflegesatzvereinbarungen nach § 93 Abs. 2
BSHG seien als fiskalische Hilfsgeschäfte dem Privatrecht zuzuordnen. Die Pflegesatzvereinbarung diene zwar der Erfüllung der
dem Beklagten obliegenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, den Sozialhilfeberechtigten die ihnen gesetzlich zustehende
Heimunterbringung zu verschaffen. Aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter dieser Verpflichtung folge aber nicht, daß auch
die vom Beklagten zu ihrer Erfüllung eingegangenen Rechtsverhältnisse ebenfalls öffentlich-rechtlicher Natur seien. Die von
den Trägern der Sozialhilfe zur Erfüllung der Sozialhilfeverpflichtung abgeschlossenen Beschaffungsverträge seien vielmehr
von dem öffentlich-rechtlichen Sozialhilfeverhältnis zu trennen. Der öffentlich-rechtliche Charakter der Beziehung zwischen
Sozialhilfeträger und Leistungsempfänger führe trotz der Doppelfunktion, die der Pflegesatzvereinbarung für das Verhältnis
zwischen Sozialhilfeträger und Leistungsempfänger einerseits sowie zwischen Sozialhilfeträger und Heimträger andererseits
zukomme, nicht dazu, auch die zuletzt genannte Beziehung dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Die Zuweisung zum öffentlichen
Recht rechtfertige sich auch nicht aus der Tatsache, daß die Pflegesatzvereinbarung von öffentlich-rechtlichen Bestimmungen
überlagert werde. Die Überlagerung durch öffentliches Recht erschöpfe sich in der Anwendung haushaltsrechtlicher Grundsätze,
nämlich dem Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung öffentlicher Mittel. An diese Grundsätze sei die öffentliche
Hand bei Beschaffungsgeschäften stets gebunden; aus § 93 Abs. 2
BSHG ergäben sich in dieser Hinsicht keine Besonderheiten. Etwas anderes folge auch nicht daraus, daß mit dem Abschluß einer Pflegesatzvereinbarung
mit einem bestimmten, nicht zur freien Wohlfahrtspflege gehörenden Heimträger zugleich darüber entschieden werde, daß dessen
Heime in den Kreis der Heime aufgenommen würden, deren (sozialhilfeberechtigte) Bewohner abgesichert seien. Denn die darin
liegende »Zulassung« des Heimträgers vollziehe sich allein durch den Abschluß der Pflegesatzvereinbarung.
II. Dieser Beurteilung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Kostenübernahmevereinbarungen nach § 93 Abs. 2
BSHG sind öffentlich-rechtliche Verträge.
1. Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung
des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl. GmS-OGB BGHZ
97, 312, 313, 314 - Orthopädische Hilfsmittel m.w.N.; GmS-OGB BGHZ 102, 280, 283 - Rollstühle; GmS-OGB BGHZ 108, 284, 286, 287; BGH, Urt. v. 12.03.1991 - KZR 26/89, BGH WuW/E 2707 - Einzelkostenerstattung). Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander
in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger der hoheitlichen Gewalt der besonderen,
ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient, oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen
Regelungen unterstellt. Aus einem Gleichordnungsverhältnis kann allerdings noch nicht ohne weiteres auf eine bürgerlich-rechtliche
Streitigkeit geschlossen werden, weil auch dem öffentlichen Recht eine gleichgeordnete Beziehung zwischen Berechtigtem und
Verpflichtetem nicht fremd ist. So liegt es im Wesen - auch des öffentlich-rechtlichen - Vertrages, daß sich die Vertragsparteien
grundsätzlich gleichberechtigt gegenüberstehen. Für die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag
kommt es daher auf dessen Gegenstand und Zweck an. Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand
dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (vgl. GmS-OGB BGHZ 97, 312, 314 - Orthopädische Hilfsmittel m.w.N.). Über diese Zuordnung des Vertragsgegenstandes entscheidet, ob die Vertragsabmachungen
mit ihrem Schwerpunkt öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet sind und welcher Teil dem Vertrag das entscheidende
Gepräge gibt (GSZ BGHZ 67, 81, 88 - Auto-Analyzer; BGH, Urt. v. 09.12.1982 - III ZR 56/81, MDR 1983, 827; BGH, Urt. v. 03.05.1984 - III ZR 174/82, FamRZ 1984, 781 ff. - LM Nr. 162 zu §
13
GVG; BGH, Urt. v. 25.06.1991 - KZR 19/90, Urteilsumdruck S. 7; BVerwGE 42, 331, 333).
2. Die im Streitfall zu entscheidende Frage, ob sogenannte Pflegesatzvereinbarungen dem öffentlichen oder dem privaten Recht
zuzuordnen sind, ist in Rechtsprechung und Schrifttum auch nach der Neufassung des § 93 Abs. 2
BSHG durch Artikel 26 des Haushaltbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I S. 1532, 1563) umstritten. Sie werden überwiegend als öffentlich-rechtliche
Verträge angesehen
(KG, Urt. v. 24.04.1985 - Kart. U 15/85, OLG WuW/E 3646, 3648 - Pflegeheim; OVG Bremen, Urt. v. 23.10.1984 - 1 BA 16/84, FEVS 34, 272, 274 = ZfSH/SGB 1985, 511; OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.1985 - 4 B 143/83, FEVS 35, 473, 474; OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.10.1984 - 4 B 63/84, FEVS 34, 64 ff.; OVG Lüneburg, Urt. v. 05.10.1987 - 9 A 9/87, NJW 1988, 1341; OVG Hamburg, Urt. v. 12.09.1980 - Bf I 9/79, ZfF 1982, 59 ff. - FEVS 31, 404, 407; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 12.06.1991 - Az. 4 OVG A 25/86; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 23.11.1988 - 6 S 2157/88, VerwRdsch. 1990, 32; vgl. auch BGH, Urt. v. 03.05.1984 - III ZR 174/82, LM Nr. 162 zu §
13
GVG = FamRZ 1984, 781 ff. - MDR 1985, 125 [zu § 84 JWG]; BVerwGE 37, 133 ff. zu § 121
BSHG; Ehlers, NJW 1990, 800, 804; Gitter/Schmitt,
HeimG § 4 Rdn. V 2 a; Gottschick/Giese, BSHG 9. Aufl. § 93 Rdn. 8.1; Knopp/ Fichtner, BSHG 6. Aufl. § 93 Rdn. 8.3 a.E.; Lenz, ZfSH/SGB 1986, 162 ff., 203, 208; Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG § 93 Rdn. 19; Schmitt, ZfSH/SGB 1985, 157, 164; Schulte/Trenk-Hinterberger, Bundessozialhilfegesetz, 2. Aufl., § 93 Rdn. 5; Schmitt, Leistungserbringung durch Dritte im Sozialrecht, 1990 S. 439 ff.).
Nach anderer Meinung sind sie als bürgerlich-rechtliche Verträge dem Zivilrecht zuzuordnen
(VG Berlin, Beschl. v. 05.01.1990 - Az. 14 A 454.89; VG Arnsberg, Urt. v. 02.10.1987 - Az. 5 K 1652/86; LG Köln, Urt. v. 09.02.1988 - Az. 31 O (Kart) 335/83; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG 13. Aufl. § 93 Rdn. 15 (zweifelnd); v. Trott zu Solz, Die Kostenübernahme- und Pflegesatzvereinbarung in Heimen, 1989 S. 10 ff.; derselbe
in NDV 1984, 243, 250; Hübner, Das Rechtsverhältnis zwischen Sozialhilfeträger und Einrichtungsträger nach dem Bundessozialhilfegesetz, 1986 S. 23 ff.).
3. Pflegesatzvereinbarungen im Sinne von § 93 Abs. 2
BSHG sind öffentlich-rechtliche Verträge.
a) Der Träger der Sozialhilfe schließt die Vereinbarung mit einem Heimträger in Erfüllung einer Pflicht, die ihm gegenüber
dem Sozialhilfeberechtigten obliegt; diese Pflicht ist öffentlich-rechtlicher Natur. Sie folgt aus öffentlich-rechtlichen
Vorschriften, nämlich den §§ 11, 4 und 3
BSHG. Wird dem Hilfebedürftigen Hilfe durch Heimunterbringung in der Einrichtung eines Dritten gewährt, dann schuldet der Träger
der Sozialhilfe dem Sozialhilfeberechtigten die Erstattung der für eine angemessene Unterbringung notwendigen Kosten, soweit
der Sozialhilfeempfänger sie nicht selbst aufbringen kann (vgl. Schmitt, Leistungserbringung durch Dritte im Sozialrecht,
S. 439 Ziff. 3 a) oder andere, insbesondere Angehörige, für sie eintreten (§ 2
BSHG). Die Entscheidung des Sozialhilfeträgers, dem Hilfebedürftigen Sozialhilfe zu gewähren, geschieht durch Verwaltungsakt im
Sinn des § 31
SGB X (vgl. Schellhorn/Jirasek/Seipp aaO. § 4 Rdn. 18; Knopp/Fichtner aaO. § 4 Rdn. 10 a; Gottschick/Giese aaO. § 4 Rdn. 6.3), in dem sowohl über den Umfang der Hilfsbedürftigkeit unter Berücksichtigung
der Eigenmittel des Hilfeempfängers (§§ 2, 11
BSHG) als auch über die Art der zu gewährenden Hilfe entschieden wird.
b) Das allein würde aber noch nicht dazu führen, auch die Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Heimträger
(und damit die Pflegesatzvereinbarung zwischen diesen) dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Denn ein Hoheitsträger, der gegenüber
einer Person zur Gewährung bestimmter Leistungen öffentlich-rechtlich verpflichtet ist, kann sich den Gegenstand der Leistung
durch einen mit einem Dritten geschlossenen sogenannten Beschaffungsvertrag verschaffen, um ihn jener Person zur Verfügung
zu stellen, oder er kann durch einen solchen Beschaffungsvertrag sicherstellen, daß der Dritte die Leistung direkt an jene
Person erbringt. Auf diese Weise erfüllt der Hoheitsträger, wie zu a) bereits gesagt, die ihm gegenüber jener Person obliegende
öffentlich-rechtliche Pflicht zur Leistungsgewährung. Von diesem öffentlich-rechtlichen Verhältnis ist das Verhältnis zwischen
den Parteien des Beschaffungsvertrages zu unterscheiden. Dieses Rechtsverhältnis und damit die Beschaffungsverträge können
bürgerlich-rechtlicher Natur sein. So sind im Bereich der Sozialversicherung Beschaffungsverträge zwischen den gesetzlichen
Krankenkassen und den Leistungserbringern von Heil- und Hilfsmitteln (§§
125,
127
SGB V), Beschaffungsverträge zur Versorgung von sozialversicherten Patienten mit häuslicher Pflegehilfe, häuslicher Pflege und
Haushaltshilfe (§
132 Abs.
1 Satz 2
SGB V) und Verträge über die Versorgung mit Krankentransportleistungen (§
133 Abs.
1 Satz 1
SGB V) bürgerlich-rechtliche Verträge (GmS-OGB BGHZ 97, 312 ff. - Orthopädische Hilfsmittel; BGHZ 36, 91 ff. - Gummistrümpfe; BGH, Urt. v. 08.05.1990 - KZR 21/89, BGH WuW/E 2665 ff. - physikalisch-therapeutische Behandlung; BGH, Urt. v. 12.03.1991 - KZR 26/89, BGH WuW/E 2707 - Einzelkostenerstattung; BGH, Urt. v. 25.06.1991 - KZR 19/90; vgl. auch GmS-OGB BGHZ 102, 280 ff. - Rollstühle; GSZ BGHZ 67, 81 ff. - Auto-Analyzer; GSZ BGHZ 66, 230 ff. - Studentenversicherung; BGHZ 82, 375 ff. - BrillenSelbstabgabestellen).
Eine Einordnung des hier zur Beurteilung stehenden Rechtsverhältnisses unter die privatrechtlichen Beschaffungsverträge würde
aber dem Wesen der Rechtsbeziehungen zwischen Sozialhilfeträger und Heimträger nicht gerecht. Denn es geht hier nicht um den
Zugriff des Trägers der Sozialhilfe auf einem durch Angebot und Nachfrage regulierten freien Markt, auf dem er sich die zur
Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung benötigte Leistung durch einen privatrechtlichen Vertrag beschafft.
Abgesehen davon, daß im Bereich von Sozialhilfeeinrichtungen kein durch Angebot und Nachfrage regulierter Markt besteht, so
daß die Wettbewerbsmechanismen eines freien Markts hier versagen (vgl. Wannagat, ZfSH/SGB 1985, 337, 338), sind und waren die Rechtsbeziehungen zwischen den öffentlich-rechtlichen Trägern der Sozialhilfe und den privaten
Trägern von Sozialhilfeeinrichtungen stets auf eine Zusammenarbeit bei der Bewältigung der gemeinsamen Aufgabe angelegt, Hilfsbedürftige
unterzubringen und zu versorgen (vgl. Schmitt, Leistungserbringung durch Dritte im Sozialrecht, S. 428 m.N.). Das beruht darauf,
daß die Sozialhilfe zwar eine Aufgabe des Staates ist, daß der Staat aber diese Hilfe weder organisatorisch noch finanziell
in ausreichendem Maß allein leisten kann. Es bedarf dazu vielmehr der gemeinsamen Bemühung und Zusammenarbeit zwischen dem
Staat und den freien Trägern von Sozialhilfeeinrichtungen. Dieses hergebrachte und bewährte Zusammenwirken soll durch die
Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes gefördert und gefestigt werden (vgl. BVerfGE 22, 180, 200 ff.).
Das tritt besonders deutlich hervor, wenn der Heimträger ein Verband der freien Wohlfahrtspflege (§ 10 Abs. 2
BSHG) ist. § 10 Abs. 3
BSHG verpflichtet die Sozialhilfeträger, die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Sozialhilfe
angemessen zu unterstützen und mit diesen Verbänden zum Wohle des Hilfesuchenden zusammenzuarbeiten, wobei sie deren Selbständigkeit
in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu achten haben §
17 Abs.
3 Satz 1 und
2, §
28 Abs.
2 Satz 2
SGB I, § 10 Abs. 2
BSHG). Wird die Hilfe im Einzelfall durch die freie Wohlfahrtspflege gewährleistet, sollen die Träger der Sozialhilfe von der
Durchführung eigener Maßnahmen absehen (§ 10 Abs. 4
BSHG). Sind geeignete Einrichtungen der Träger der freien Wohlfahrtspflege vorhanden oder können solche Einrichtungen ausgebaut
oder geschaffen werden, so sollen die Träger der Sozialhilfe eigene Einrichtungen nicht neu errichten (§ 93 Abs. 1
BSHG). Endlich ist den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege beim Abschluß von Vereinbarungen über die Höhe der vom Träger der
Sozialhilfe zu übernehmenden Kosten (§ 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG) ein gesetzlicher Vorrang gegenüber anderen Heimträgern eingeräumt: sind sowohl Einrichtungen von Trägern der freien Wohlfahrtspflege
als auch Einrichtungen anderer Träger vorhanden, die zur Gewährung von Sozialhilfe in gleichem Maße geeignet sind, soll der
Träger der Sozialhilfe Kostenübernahmevereinbarungen nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG vorrangig mit Einrichtungsträgern der freien Wohlfahrtsverbände abschließen (§ 93 Abs. 2 Satz 3 BSHG).
Diese gesetzlichen Regelungen zeigen, daß es beim Abschluß von Pflegesatzvereinbarungen nicht um die »Beschaffung von Heimplätzen«
durch den Hoheitsträger auf einem »Markt für Sozialhilfeeinrichtungen«, sondern um ein Zusammenwirken der öffentlichen Hand
und der Verbände der freien Wohlfahrtspflege bei der sozialen Hilfstätigkeit geht. Das schließt den Gesichtspunkt ein, daß
der Staat die Verbände der freien Wohlfahrtspflege bei der von ihnen selbständig und in eigener Verantwortung geleisteten
Tätigkeit angemessen unterstützt. Dabei gehen die Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes im Grundsatz davon aus, daß der
Staat sich auf die Gewährung von Geldleistungen beschränken und eigene Sozialhilfeeinrichtungen nur betreiben soll, soweit
diese Aufgabe nicht von den in § 10 Abs. 2
BSHG genannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege bewältigt werden kann (§ 10 Abs. 4
BSHG). Auch mit dem Abschluß von Pflegesatzvereinbarungen erfüllt der Träger der Sozialhilfe die ihm in § 10 Abs. 3 Satz 2 BSHG auferlegte Pflicht zur angemessenen Unterstützung der Verbände der freien Wohlfahrtspflege in ihrer eigenverantwortlichen
Tätigkeit auf dem Gebiet der Sozialhilfe (OVG Hamburg, Urt. v. 12.09.1980 - Bf I 9/79, FEVS 31, 404, 411 ff.).
Aus alledem folgt, daß Pflegesatzvereinbarungen zwischen Sozialhilfeträgern und Verbänden der freien Wohlfahrtspflege über
die Höhe der zu übernehmenden Kosten der Heimunterbringung öffentlich-rechtliche Verträge sind. Im gleichen Sinn hat der III.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofes Kostenerstattungsvereinbarungen zwischen Trägern der freien Jugendhilfe und öffentlichen
Kostenträgern nach § 84 JWG beurteilt (BGH, Urt. v. 03.05.1984 - III ZR 174/82, FamRZ 1984, 781 ff.), wobei er auf die Parallele zum Bundessozialhilfegesetz hingewiesen hat.
Es ist nicht gerechtfertigt, bei der Beurteilung der rechtlichen Natur von Pflegesatzvereinbarungen danach zu unterscheiden,
ob sie mit Verbänden der freien Wohlfahrtspflege im Sinne von § 10 Abs. 2
BSHG oder mit anderen Trägern abgeschlossen werden. Auch die zuletzt genannten Vereinbarungen sind in die öffentlich-rechtliche
Prägung miteingeschlossen.
4. Da der ordentliche Rechtsweg nicht gegeben ist, ist der Rechtsstreit auf den Hilfsantrag der Kläger an das örtlich zuständige
Verwaltungsgericht Stuttgart zu verweisen. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des §
40 Abs.
1 Satz 1
VwGO. Eine Zuweisung an einen anderen Rechtsweg ist nicht gegeben; insbesondere liegt keine Angelegenheit nach §
51
SGG vor.