Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Unterkunft und Heizung, Übernahme der Kosten für den Selbstbehalt einer Vollkaskoversicherung
bei einem Unfall mit einem Miettransporter
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von 700 € im Streit, welche die Klägerin zu 1.) nach einem Unfall als Selbstbehalt
einer Vollkaskoversicherung an ihren Autovermieter zu zahlen hatte.
Die 1967 geborene Klägerin zu 1.) ist Dipl.-Ing der Fachrichtung Innenarchitektur. Sie ist erwerbsfähig und aufgrund einer
nur geringfügigen Beschäftigung hilfebedürftig.
Die Klägerin zu 1.) bewohnte mit ihrer 1999 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2.), eine 70 qm große Wohnung und bezog Leistungen
von der Beklagten. Die Beklagte forderte die Klägerin zu 1.) zu einem Umzug in eine günstigere Wohnung auf. Am 07.08.2007
legte die Klägerin zu 1.) ein Angebot für einen Mietvertrag über eine 58 qm große Wohnung vor, für welche lediglich eine Gesamtmiete
von 400 € zu entrichten war, und beantragte eine Kostenzusage. Mit Schreiben vom 09.08.2007 stimmte die Beklagte der Anmietung
dieser neuen Wohnung als angemessen zu.
Die Klägerin holte bei einer Vorsprache bei der Beklagten gemeinsam mit deren Mitarbeiterin per Telefon ein Angebot des Autovermieters
S. in F. ein. Mit Schreiben vom 29.08.2007 erteilte die Beklagte daraufhin direkt gegenüber dem Autovermieter S. eine Kostenzusage
für die Anmietung eines Ford Transit zu einem Mietpreis von 89 € zuzüglich einer Vollkaskoversicherung für 13 € (bei 770 €
Selbstbeteiligung). Hierbei wurde um direkten Versandt der Rechnung an die Beklagte gebeten.
Am 31.08.2007 führten die Klägerinnen ihren Umzug durch. Hierbei beschädigte die Klägerin zu 1.) den Mietwagen, wodurch ein
Schaden oberhalb des vereinbarten Selbstbehaltes entstand.
Der Autovermieter wandte sich an die Beklagte und forderte mit Rechnung vom 28.09.2007 die Zahlung von insgesamt 872 € (89
€ Mietpreis, 13 € Vollkaskoversicherung sowie 770 € Unfallschaden, gedeckelt durch den Selbstbehalt).
Mit Schreiben vom 07.12.2007 teilte die Beklagte der Klägerin zu 1.) mit, dass die Rechnung des Autovermieters nicht übernommen
werden könne. Auf Antrag könne allenfalls ein Darlehen gewährt werden, falls sie nicht in der Lage sei, die Kosten selbst
zu tragen. Dieses Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Die Klägerin zu 1.) hat deswegen am 27.12.2007 Widerspruch eingelegt. Die Beklagte habe beim Abschluss des Mietvertrages von
der verhältnismäßig hohen Eigenbeteiligung gewusst und dem Mietvertrag in dieser Fassung mit dieser Selbstbeteiligung zugestimmt.
Mit Schreiben vom 03.01.2008 antwortete die Beklagte, dass von einem Fehlverhalten der Klägerin zu 1.) im Straßenverkehr auszugehen
sei und die hieraus erwachsende Schadensersatzpflicht grundsätzlich nicht von den Leistungen des SGB II abgedeckt werde. Um
hierüber Klarheit zu erhalten, möge die Klägerin zu 1.) den Unfallbericht der Polizei, die Reparaturkostenrechnung sowie Name,
Anschrift und Aktenzeichen der Kaskoversicherung vorzulegen. Die Klägerin zu 1.) teilte daraufhin mit, dass es weder einen
Unfallbericht der Polizei noch eine Reparaturkostenrechnung gebe. Sie sei die Verursacherin des Unfalls gewesen, und die Autoversicherung
habe daraufhin die Kosten bei ihr geltend gemacht.
Am 03.01.2008 machte die Autovermietung über ihre Rechtsanwälte bei der Beklagten die Übernahme der in Rechnung gestellten
Kosten von 872 € geltend. Die Beklagte überwies daraufhin an den Autovermieter 102 € und lehnte eine weitere Begleichung von
Kosten ab.
Daraufhin verklagte der Autovermieter die Beklagte sowie die Klägerin zu 1.) gemeinschaftlich auf die Übernahme der in der
Rechnung ausgewiesenen Kosten. Mit Urteil vom 14.11.2008 verurteilte das Amtsgericht F. i. Br. (AG) die Beklagte gesamtschuldnerisch
mit der Klägerin zu 1.), an den Autovermieter 102 € sowie einen Teil der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen;
im Übrigen wies das AG die Klage ab. Über den Anspruch von 102 € hinaus habe der Autovermieter gegen die Beklagte keinen weiteren
Anspruch. Die Kostenzusage der Beklagten sei nicht so zu verstehen, dass auch der Selbstbehalt im Falle einer Beschädigung
des Kleintransporters von der Beklagten übernommen werden sollte. Eine Verpflichtung lasse sich der Erklärung nur insoweit
entnehmen, dass die Kostenzusage für die Miete des Kleintransporters übernommen werden sollte. Es seien keine Anhaltspunkte
dafür vorhanden, dass die Beklagte auch für bei Erteilung der Kostenzusage noch nicht absehbare Schäden an dem Kleintransporter
habe einstehen wollen. Ausdrücklich sei die Zusage auch als "Kostenzusage" bezeichnet worden. Es sei von dem Vermieter auch
nicht behauptet worden, dass die Beklagte für die Verpflichtung der Klägerin zu 1.) zur ordnungsgemäßen Rückgabe des Fahrzeuges
habe einstehen wollen.
Am 11.07.2008 legte die Klägerin zu 1.) einen erneuten Widerspruch gegen das Schreiben der Beklagten vom 07.12.2007 ein. Der
nunmehr eingeschaltete Bevollmächtigte der Klägerin zu 1.) führte hierzu aus, dass die von der Beklagten übernommenen Leistungen
zur Anmietung eines Kleintransporters regelmäßig so gering seien, dass damit eine Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung
nicht finanziert werden könne. Auch wenn dies wirtschaftlich sinnvoll sein könne, seien doch diesbezüglich im Fall des Eintretens
eines Unfalles auch die hieraus resultierenden Kosten in Höhe der Selbstbeteiligung als Leistung nach § 22 Abs. 3 SGB II zu
gewähren. Es stehe der Beklagten grundsätzlich offen, eine höhere Hilfe zur Anmietung eines Umzugsfahrzeugs zu gewähren, um
diesem Risiko zu entgehen. Wenn die Hilfe jedoch so niedrig sei, dass eine Befreiung von der Selbstbeteiligung nicht möglich
sei, fielen im Zweifelsfall auch die weiteren Kosten im Zusammenhang mit dem Umzug zu Lasten der Beklagten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei dem zu ersetzenden Unfallschaden
handele es sich nicht um Wohnungsbeschaffungskosten, welche nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II übernommen werden könnten. Es handele
sich auch nicht um Umzugskosten, da es sich nicht um Kosten des Umzugs handele, sondern um aus Anlass des Umzugs entstandene
Kosten. Ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Umzug und dem eingetretenen Unfallschaden bestehe nicht, vielmehr
sei als ursächliche, nicht hinweg zudenkende Voraussetzung für das Eintreten des Unfallschadens ein Fehlverhalten der Klägerin
zu 1.) im Straßenverkehr zu sehen. Einen Anspruch auf Leistungen zum Ausgleich einer Haftpflicht sehe das SGB II nicht vor.
Die Klägerin zu 1.) hat am 01.08.2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, mit der sie ihren Rechtsstandpunkt weiter verfolgt. Die Beklagte erwarte von ihren Leistungsbeziehern einerseits,
dass sie in kostengünstigere Wohnungen umzögen und den Umzug selbst bewerkstelligten. Wenn hierbei jedoch Umzugskosten nur
in so geringem Umfang bewilligt würden, dass eine Vollkaskoversicherung nur mit Selbstbehalt abgeschlossen werden könne, seien
bei einem Unfall auch die Kosten des Selbstbehalts als Umzugskosten zu übernehmen. Die Klägerin zu 1.) habe den Transporter
notgedrungen selbst fahren müssen, obwohl sie keinerlei Erfahrung mit Transportfahrzeugen gehabt habe. Dabei sei ihr ein als
leicht fahrlässig einzustufender Fahrfehler unterlaufen, durch den sie einen Blechschaden verursacht habe. Angesichts des
von der Beklagten erwarteten Selbstbehalts beim Abschluss der Vollkaskoversicherung handele es sich auch bei den Reparaturkosten
des Transporters um Kosten des Umzugs.
Das SG hat Auskünfte bei den Autovermietungen E. und A. zu der Frage eingeholt, welche Möglichkeiten der Auswahl von Selbstbeteiligungen
für Mieter von Kleintransportern beim Abschluss einer Vollkaskoversicherung bestehen. Die Firma A. hat am 17.04.2009 mitgeteilt,
dass in der genannten Wagenklasse die Möglichkeiten einer Selbstbeteiligung von 500 €, von 1500 € oder auch die Variante der
vollen Selbstbeteiligung (volles Risiko) bestünden. Die Firma E. hat am 14.09.2009 die Auskunft gegeben, dass in der genannten
Fahrzeugkategorie eine Selbstbeteiligung von entweder 350 € oder 750 € möglich sei; die meisten Kunden wählten die Selbstbeteiligung
in Höhe von 750 €.
Der Bevollmächtigte der Klägerin zu 1.) hat am 27.04.2009 mitgeteilt, dass die Klägerin zu 1.) an den Autovermieter zur endgültigen
Beilegung des Streits über die Höhe der Schadensersatzforderung einmalig einen Betrag von 700 € gezahlt habe. Deshalb werde
vor dem SG von den Klägerinnen nur noch eine geringere Summe von 700 € geltend gemacht.
In der mündlichen Verhandlung des SG am 23.03.2010 hat die Klägerin zu 1.) erklärt, dass sie bei dem Telefonat der Mitarbeiterin der Beklagten mit dem Autovermieter
anwesend gewesen sei. Die Mitarbeiterin der Beklagten habe wegen des hohen Selbstbehalts noch Rücksprache mit ihrem Vorgesetzten
gehalten. Ein Hinweis, dass der Selbstbehalt im Unfallfalle selber zu tragen sei, habe gefehlt. Wenn sie dies gewusst hätte,
hätte sie den Vertrag so wohl nicht abgeschlossen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23.03.2010 als unbegründet abgewiesen und die Berufung zugelassen. Ein Anspruch auf weitere
Umzugskosten in Höhe von 700 € bestehe nicht. Umzugskosten umfassten im Zusammenhang mit dem Umzug entstehende Benzinkosten
oder Kosten für private Umzugshelfer, nicht jedoch Schadensersatzansprüche, die während eines Umzugs entstünden. Der Zweck
der Möglichkeit der Erstattung von Umzugskosten bestehe unter anderem darin, dass den Leistungsempfängern insbesondere im
Fall einer durch den Leistungsträger veranlassten Wohnungsänderung nicht wegen fehlender finanzieller Ressourcen die Möglichkeit
fehle, die Unterkunftskosten zu senken. Dem Leistungsempfänger sollten also diejenigen Kosten erstattet werden, die ihm durch
die Notwendigkeit entstehen, die Unterkunftskosten zu senken. Dies bedeute, dass die Leistungsträger alle diejenigen Kosten
übernähmen, welche in typischer Weise anlässlich eines Umzugs entstünden. Demgegenüber sehe das SGB II an keiner Stelle die
Möglichkeit der Übernahme von fahrlässig verursachten Schäden vor. Letztere seien auch nicht typischerweise mit einem Umzug
verbunden. Zwar treffe es zu, dass ein typischer Arbeitnehmer oder Leistungsempfänger in der Regel mit den Dimensionen eines
Transportfahrzeugs wenig vertraut sei, so dass bei einem selbst organisierten Umzug mit einem Miettransporter eine erhöhte
Schadensgefahr bestehe. Dennoch entstünden nicht typischerweise mit für einen Umzug gemieteten Transportern Unfälle. Geschehe
dennoch ein Unfall, sei dieser Unfall dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen, dessen Folgen nicht von der Beklagten zu tragen
seien. Ein Anspruch auf die Übernahme der von der Klägerin zu 1.) gezahlten 700 € Schadensersatz bestehe auch nicht aus einer
Zusicherung nach § 22 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 34 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Vorliegend bestehe die Zusicherung vom 29.08.2007 gegenüber dem Autovermieter, die Kosten für Miete und Kaskoversicherung
zu übernehmen. Unabhängig davon, ob diese Zusicherung auch der Klägerin zu 1.) bekannt gegeben worden sei und sie sich hierauf
berufen könne, sei von dieser Zusicherung jedenfalls nicht die Übernahme eventueller Schadensersatzansprüche umfasst. Das
AG habe zutreffend entschieden, dass die Zusicherung der Beklagten keinerlei Zusage enthalte, die Kosten für den Selbstbehalt
zu übernehmen. Die Beklagte habe lediglich die Zusage erteilt, 89 € für Mietkosten und 13 € für die Kaskoversicherung zu übernehmen.
Zwar sei beim Betrag von 13 € der Zusatz "(770 € Selbstbehalt)" angefügt. Dieser Zusatz sei jedoch nicht so zu verstehen,
dass die Beklagte den Selbstbehalt ebenfalls übernehmen wolle, sondern nur als Erklärung zur Höhe des Kaskoversicherungsbetrags
zu verstehen, was sich bereits aus der Form des Schreibens ergebe. Die Beklagte führe darin die zu übernehmenden Kosten untereinander
auf, wovon sich der Klammerzusatz deutlich abhebe.
Ein Anspruch auf die Zahlung weiterer 700 € bestehe auch nicht aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Zwar bestünden
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Klägerin zu 1.) fehlerhaft beraten habe, indem sie diese bei der Unterredung am
29.08.2007 nicht hinreichend deutlich auf das Risiko des vereinbarten Selbstbehalts hingewiesen habe. Jedoch sei nicht dieser
Beratungsfehler, sondern das leicht fahrlässige Verhalten der Klägerin zu 1.) beim Fahren des Transporters ursächlich für
den entstandenen Schaden geworden. Das Urteil des SG wurde den Bevollmächtigten der Klägerinnen am 06.04.2010 zugestellt.
Am 06.05.2010 haben die Bevollmächtigten der Klägerinnen beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung
des SG handele es sich bei dem Unfallschaden nicht um ein allgemeines Lebensrisiko, sondern um Umzugskosten im Sinne des SGB II.
Zutreffend habe das SG eingeräumt, dass schuldhaftes Verhalten der Klägerin zu 1.) lediglich in Form leichter Fahrlässigkeit vorliege. Das SG hätte hierbei berücksichtigen müssen, dass ein Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten im erforderlichen Maß bestanden habe.
Dieser Anspruch sei durch die Beklagte jedoch nur teilweise befriedigt worden, da keine Umzugshilfe (Kosten für Helfer etc.)
bewilligt worden sei. Die Beklagte habe die Klägerin zu 1.) nicht darüber in Kenntnis gesetzt, dass beim Fehlen ausreichend
qualifizierter Helfer im Bekannten- und Freundeskreis Umzugskosten in Form der Übernahme der Kosten für ein Umzugsunternehmen
zu bewilligen seien. Es sei regelmäßige Praxis der Beklagten, Kosten für ein Umzugsunternehmen zu gewähren, wenn beim Umzug
allein erziehender Frauen ohne entsprechende Helfer weitere Kosten nicht vermeidbar seien. Auch hätte die Beklagte die Klägerin
zu 1.) darauf hinweisen müssen, dass sie die Anmietung des Fahrzeugs nur mit dem hohen vereinbarten Selbstbehalt veranlasst
habe. Auch wenn für den Schaden zunächst ursächlich das leicht fahrlässige Verhalten der Klägerin zu 1.) sei, sei doch festzustellen,
dass diese den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn ihr nach einer zutreffenden Beratung der Beklagten das hohe Risiko
der vereinbarten Selbstbeteiligung bewusst geworden wäre. Die Beklagte habe sich ihrer Leistungsverpflichtung in rechtswidriger
Weise entzogen und dadurch überhaupt erst die Voraussetzung dafür geschaffen, dass der streitgegenständliche Schaden entstanden
sei.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23.03.2010 sowie den Bescheid vom 07.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 08.07.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen 700 € zu zahlen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig und verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten
sowie die Akten des SG und der Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der seit dem 01.01.2007 geltenden Fassung können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten
bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution
kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die
Zusicherung soll nach Satz 2 der Vorschrift erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus
anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden
werden kann.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass Umzugskosten und Wohnungsbeschaffungskosten nur in dem Rahmen übernommen werden können,
der typischerweise bei einem Umzug anfällt, wozu indes nicht der Selbstbehalt in der Vollkaskoversicherung eines für den Umzug
angemieteten Kleintransporters gehört. Auch aus anderen Gesichtspunkten wie der Zusicherung der Beklagten oder wegen eines
etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist die Übernahme dieser Kosten durch die Beklagte nicht möglich.
Die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Übernahme der Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 SGB II sind vorliegend erfüllt, insbesondere
lag die vorherige Zusicherung der Beklagten und die Anmietung einer im Sinne von § 22 SGB II angemessenen neuen Wohnung vor.
Durch die Übernahme von 102 € hat die Beklagte indes den Anspruch nach § 22 Abs. 3 SGB II vollständig erfüllt.
Die Begriffe "Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten" werden in § 22 Abs. 3 SGB II nicht näher definiert. In den Gesetzesmaterialien
wird der Begriff der Umzugskosten nicht problematisiert. Dort wird lediglich auf die Parallele zum Sozialhilferecht verwiesen
(Entwurf eines Vierten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 05.09.2003, BT-Drucks. 15/1516 S. 57); sozialhilferechtlich
ist eine ausdrückliche Begriffsklärung bisher jedoch noch nicht erfolgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.03.1999 - 5 B 65/98 -; vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 16 mit weiteren Nachweisen).
Die Begriffe "Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten" finden ihre Begrenzung jedoch bereits in ihrem Wortlaut. "Wohnungsbeschaffungskosten"
sind nur solche Aufwendungen, die mit dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 16). Die Umzugskosten sind im Interesse einer klaren Abgrenzung zu den Leistungen nach § 22 Abs. 1
SGB II auf die "eigentlichen Kosten" des Umzugs "im engeren Sinne", wie die Kosten für Transport, Hilfskräfte, erforderliche
Versicherungen, Benzin und Verpackungsmaterial zu begrenzen (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16; BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 77/08 R -; BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R -; vgl. auch Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 22 Rdnr. 84).
Zu den Kosten des Umzugs in diesem engeren Sinne kann zwar noch die regelmäßig anfallende (vgl. die im erstinstanzlichen Verfahren
vom SG bei den Unternehmen A. und E. eingeholten Auskünfte) Vollkaskoversicherung gezählt werden, nicht jedoch der Selbstbehalt
einer Vollkaskoversicherung im Schadensfall. Dagegen spricht, dass dieser Selbstbehalt regelmäßig im Zusammenhang mit Umzügen
nicht anfällt und im Wesentlichen auf ein fahrlässiges Verhalten der Klägerin zu 1.) zurückzuführen ist.
Die Klägerin zu 1.) war gehalten, im Rahmen ihrer Kostenminderungspflicht ihren Umzug selbst durchzuführen, denn der Anspruch
ist auf die notwendigen und angemessenen Kosten beschränkt (BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R -; Sächsisches Landessozialgericht, Beschlüsse vom 19.09.2007 - L 3 B 411/06 AS-ER - und vom 26.10.2009 - L 3 B 768/08 SO-ER -; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 05.02.2008 - L 10 B 2193/07 - und vom 17.04.2008 - L 5 B 373/08 AS ER -, jeweils mit weiteren Nachweisen; Wieland in Estelmann, SGB II, Stand Mai 2009, § 22 Rdnr. 92). Jedenfalls hätte
die Klägerin zu 1.) rechtzeitig Bedenken gegen den selbst durchgeführten Umzug geltend machen müssen, wenn sie - sei es aus
Krankheit, Überforderung oder anderen Gründen - hierzu nicht in der Lage gewesen wäre (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 24.10.2007 - L 19 B 93/07 AS -). Solche Bedenken sind nach Aktenlage indes nicht geäußert worden. Der Klägerin zu 1.) ist es offensichtlich auch gelungen,
den Umzug ohne größere Probleme - abgesehen von der Beschädigung des Kleintransporters - in Eigenregie zu planen und durchzuführen,
insbesondere also die Betreuung ihrer Tochter sicherzustellen und für den geordneten Transport ihres Hausstandes sowie die
Rückgabe ihrer alten Wohnung zu sorgen.
Die Klägerin zu 1.) ist durch die Übernahme der regelmäßig anfallenden Kosten eines selbst organisierten Umzugs (Transportermiete
einschließlich Benzin zuzüglich Vollkaskoversicherung) so gestellt worden wie ein nicht nach dem SGB II Bedürftiger, der als
wirtschaftlich handelnder Mensch ebenfalls mit der Erwägung, dass ein Unfall mit dem Kleintransporter eher unwahrscheinlich
ist, regelmäßig einen Selbstbehalt mit dem Autovermieter vereinbaren wird (vgl. die bereits genannten vom SG eingeholten Auskünfte). Dass die Vereinbarung eines Selbstbehalts bei der Vollkaskoversicherung im Rahmen der Anmietung eines
Kleintransporters wirtschaftlich sinnvoll ist, hat der Klägerbevollmächtigte im Übrigen zu Recht schriftsätzlich eingeräumt.
Außerdem dürfte es auch insoweit den Regelfall darstellen, dass eine Erfahrung mit dem Lenken von Kleintransportern nicht
oder kaum vorhanden ist, wenn jemand seinen Umzug selbst mit einem Miettransporter bewerkstelligt.
Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass bei einer Übernahme auch des Selbstbehaltes durch die Beklage der Anreiz des
Selbstbehalts trotz bestehender Vollkaskoversicherung, nämlich im eigenen Interesse besonders sorgfältig mit dem überlassenen
fremden Eigentum umzugehen, nicht bestanden hätte, was auch aus Sicht der Beklagten keine sinnvolle Regelung gewesen wäre.
Sofern die Klägerin zu Ziff. 1 in diesem Zusammenhang auf ihre Abhängigkeit von existenzsichernden Leistungen verweist, ist
darauf hinzuweisen, dass sie wie jeder andere Bürger auch im Falle der Existenzgefährdung wegen einer Schadenersatzforderung
durch die gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen geschützt wird und eine zwangsweise Durchsetzung der Forderung während des Bezugs
von SGB II-Leistungen ausgeschlossen gewesen sein dürfte.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten abgegebenen Zusicherung nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II und § 34 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), da diese bereits aus den oben genannten Gründen so auszulegen ist, dass nur die regelmäßig mit dem Umzug entstehenden Kosten
übernommen werden sollten. Insoweit wird zusätzlich auf die Auslegung der Erklärung der Beklagten in dem angegriffenen Urteil
des SG sowie in dem Urteil des AG vom 14.11.2008 verwiesen. Danach hat die Beklagte mit ihrem direkt an den Autovermieter gerichteten
Schreiben vom 29.08.2007 lediglich die Zusage erteilt, 89 € für Mietkosten und 13 € für die Kaskoversicherung zu übernehmen,
weil der Zusatz "(770 € Selbstbehalt)" von den erwähnten Mietkosten deutlich graphisch abgesetzt ist und daher so auszulegen
ist, dass 13 € für die genannte Vollkaskoversicherung mit diesem Selbstbehalt zu übernehmen sind, nicht jedoch der zu diesem
Zeitpunkt noch gar nicht absehbar fällige Selbstbehalt.
Auch nach den Grundsätzen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs können die Klägerinnen vorliegend keinen weitergehenden
Anspruch ableiten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann die Verletzung von Nebenpflichten einen
sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Nach §
14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) hat jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch, wobei für die Beratung die Leistungsträger
zuständig sind, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind. Werden im Rahmen einer Beratung
oder Antragstellung Hinweise erkennbar, die für den Versicherten eine günstigere Gestaltung seiner Situation ermöglichen,
ist der Versicherte aus Anlass dieses Kontakts auf seine weiteren Rechte und Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, wenn die
Nutzung dieser Rechte oder Gestaltungsmöglichkeiten nahe liegt oder sich aufdrängt; eine Schlechterfüllung dieser Beratungspflicht
kann zu einem Anspruch des Versicherten nach dem Institut des sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs führen (vgl.
hierzu BSGE 49, 76 = SozR 2200 § 1418 Nr. 6; BSGE 50, 88 = SozR 5750 Art. 2 § 51 a Nr. 39; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr. 2). Als Folge des Herstellungsanspruchs ist der Versicherte so
zu stellen, als ob der Sozialleistungsträger seinen Verpflichtungen nachgekommen wäre. Das Eingreifen des Herstellungsanspruchs
ist an folgende Voraussetzungen geknüpft (vgl. BSG SozR 3-4100 § 110 Nr. 2 m.w.N.):
1. Der Sozialleistungsträger muss eine ihm auf Grund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht
verletzt haben. Auch wenn der Betroffene nicht konkret um eine Beratung beim Sozialleistungsträger nachgesucht hat, ist dieser
auch von Amts wegen gehalten, Leistungsempfänger bei Vorliegen eines konkreten Anlasses von sich aus "spontan" auf klar zu
Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig ist, dass sie ein verständiger
Versicherter mutmaßlich nutzen würde.
2. Der erlittene Nachteil muss mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz
vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung ausgeglichen werden können.
3. Zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil für den Versicherten muss ein ursächlicher Zusammenhang
bestehen.
Vorliegend ist bereits das Vorliegen eines Beratungsfehlers nicht nachgewiesen. Wie bereits oben ausgeführt wurde, war die
Klägerin zu 1.) grundsätzlich damit einverstanden, ihren Umzug in Eigenregie durchzuführen. Ein Hinweis der Beklagten gegenüber
der Klägerin zu 1.) auf die Bedeutung des von ihr mit dem Autovermieter vereinbarten Selbstbehaltes war nicht veranlasst,
da davon auszugehen ist, dass der Klägerin zu 1.) (als Akademikerin und teilweise selbständig Tätige) die Tragweite dieser
Erklärung ohne gesonderten Hinweis verstehen konnte. Ein gesonderter Hinweis wie vom Klägerbevollmächtigten gefordert, dass
die Beklagte die Anmietung des Transporters nur mit dem vereinbarten Selbstbehalt veranlasst hatte, war bereits deswegen nicht
erforderlich, weil der Mietvertrag vom 29.08.2007 von der Klägerin zu 1.) selbst und nicht von der Beklagten unterschrieben
worden ist (vgl. Bl. 12 der Verwaltungsakte).
Auch der Hinweis des Klägerbevollmächtigten, es sei regelmäßige Praxis der Beklagten, Kosten für ein Umzugsunternehmen zu
gewähren, wenn beim Umzug allein erziehender Frauen ohne entsprechende Helfer weitere Kosten nicht vermeidbar seien, führt
zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Klägerin zu 1.) hatte mit dem Umzug an sich keine Probleme, sondern sie hat lediglich
aufgrund eines fahrlässigen Manövers, wie es im Straßenverkehr nicht gänzlich zu vermeiden ist, einen Blechschaden verursacht.
Dem SG ist zuzustimmen, dass dies dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen ist; hieraus bereits eine Überforderung der Klägerin zu
1.) und Verursachung des Unfallschadens durch die Beklagte abzuleiten, ist nach der Gesamtwürdigung des Sachverhalts nicht
veranlasst.
Zutreffend hat das SG zudem darauf hingewiesen, dass es zudem an der Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten für einen Schaden
der Klägerinnen fehlt, da der Schaden erst durch das fahrlässige Verhalten der Klägerin zu 1.) bei der Fahrt mit dem Kleintransporter
entstanden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG beruht auf der bisher nicht höchstgerichtlich geklärten Frage, ob "Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten" gemäß § 22 Abs.
3 SGB II auch den Selbstbehalt der Vollkaskoversicherung eines angemieteten Umzugsfahrzeugs umfassen können.