Statthaftigkeit der Beschwerde gegen eine Rechtswegzuweisung
Gründe:
I. Der Kläger ist ehemaliger Angestellter des Beklagten. Er macht gegen diesen einen Anspruch auf Ummeldung des Beschäftigungsverhältnisses
vom Rechtskreis Ost in den Rechtskreis West geltend. Mit Beschluss vom 25. August 2009 hat das angegangene Sozialgericht Berlin
(SG) den Rechtsweg zu der Sozialgerichtsbarkeit für nicht zulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Berlin
verwiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten vom 19. Oktober 2009.
Das Sozialgericht (SG) hat zu Recht §
51 SGG und damit die Zuständigkeit der Sozialgerichte verneint.
Die Zuständigkeit der Sozialgerichte für Streitigkeiten der gesetzlichen Rentenversicherung (§
51 Abs.1 Nr.
1 SGG) sowie der sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung (§
51 Abs.
1 Nr.
4 SGG) ist nur gegeben, wenn es sich um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten handelt.
Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn es - wie hier - an einer ausdrücklichen
Sonderzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die Abgrenzung
muss von der Sache her getroffen werden. Ausgangspunkt für die Prüfung ist deshalb die Frage, welcher Art das Klagebegehren
nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt ist (so weitgehend wörtlich Bundessozialgericht -BSG- B. v. 1.4.2009 -B 14 SF 1/08 R Rdnr. 8- mit Rechtsprechungsnachweisen).
Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit scheidet hier sowohl nach der Subordinationstheorie als auch nach der (modifizierten)
Sonderrechtstheorie aus. Es liegt zum einen kein Über- und Unterordnungsverhältnis vor. Arbeitnehmer und Arbeitgeber stehen
sich vielmehr auf rechtlich gleichrangiger Ebene gegenüber. Der Kläger hier ist nicht Beamter des Beklagten gewesen, sondern
Angestellter.
Zum anderen sind die einschlägigen Normen nicht solche, welche den Staat als solchen bzw. einen sonstigen Träger öffentlicher
Aufgaben ermächtigen. Im Streit steht nämlich nicht primär -sondern nur indirekt- die Vorschrift des §
9 Sozialgesetzbuch 4. Buch (
SGB IV; Beschäftigungsort im Sinne der Sozialversicherung). Vielmehr geht es nur um die richtige Angabe des Beschäftigungsortes
im Rahmen der Arbeitgeberanmeldung nach §§ 190 Sozialgesetzbuch 6. Buch, 28a
SGB IV, konkret §
28a Nr. 15
SGB IV. Insoweit ist nicht typischerweise eine Körperschaft des öffentlichen Rechts beteiligt (vgl. zu diesem Indiz Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer
§ 51 Rdnr. 5). Es ist nur zufälligerweise der ehemalige Arbeitgeber des Klägers der Staat.
Anspruchsgrundlage für einen Ummeldeanspruch kann im Verhältnis der Beteiligten nur eine arbeitsrechtliche Vorschrift bzw.
eine aus dem Arbeits- bzw. Tarifvertrag nachwirkende Vertragspflicht sein.
Der Kläger will nämlich auch nicht als etwaiger Drittbegünstigter einen Sozialversicherungsträger (etwa die Einzugsstelle
oder direkt die Deutsche Rentenversicherung Bund) dazu veranlassen, dass der Beklagte als meldepflichtiger Arbeitgeber etwa
noch bestehenden Korrekturpflichten nachkommt.
Dass der Beklagte die Meldebestimmungen als öffentlich-rechtliche Vorschriften beachten musste -und nach Auffassung des Klägers
falsch angewendet hat-, reicht alleine für die Bejahung einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit nicht aus, auch wenn die
Sozialgerichte fachkundiger sein mögen (a. A. ohne Auseinandersetzung mit den gängigen Abgrenzungstheorien: Bundessozialgericht,
U. v. 12.12.1990 -11 Rar 43/88- zur Klage auf Berichtigung einer Bescheinigung nach § 133 Arbeitsförderungsgesetz -AFG, vom Beklagten zur Beschwerdebegründung angeführt). Beispielsweise sind auch Streitigkeiten zwischen Autofahrern als Folge
eines Verkehrsunfalls keine öffentlich-rechtlichen, selbst wenn der Rechtsstreit um die Einhaltung einer öffentlich-rechtlichen
Pflicht im Straßenverkehr geführt wird.
2. Die Beschwerde ist im Hilfsantrag zulässig und begründet.
Sie ist zulässig.
Zwar kann im Wege der Beschwerde nach §
17a Abs.
4 GVG im Regelfall nicht die Zuständigkeit eines weiteren Gerichtes begehrt werden (hierzu unlängst B. des Senats vom 5.01.2010
-L 1 KR 318/09 B- zur begehrten Verweisung an ein örtlich anderes Gericht mit Bezugnahme auf Bundesarbeitsgericht -BAG-, B. v. 20.09.1995
- 5 AZB 1/95-NJW 1996, 112; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, B. v. 28.07.2006 -1 L 59/06- Juris -Rdnr. 12). Die Beschwerde ist nämlich unzulässig, soweit das Gericht durch den Verweisungsbeschluss nicht gebunden
ist. Dies ergibt sich aus §
17a Abs.
2 GVG. Das Gericht, an das verwiesen wird, muss deshalb seine Zuständigkeit prüfen und gegebenenfalls weiter verweisen. Nach §
17a Abs.
2 Satz 3
GVG bindet allerdings der Verweisungsbeschluss nur "hinsichtlich des Rechtsweges". Rechtsweg bedeutet nach dem Wortlaut und nach
Sinn und Zweck der Vorschrift nicht nur die Verneinung der Zuständigkeit eines Sozialgerichts sondern auch die Bejahung der
des Verwaltungsgerichts. Mit Rechtsweg ist nämlich die Zuordnung zu einer bestimmten Gerichtsbarkeit gemeint (ebenso Kissel/Mayer,
GVG, §
17 Rdnr. 38). Deshalb kann mit der Beschwerde eine Änderung der Rechtswegverweisung begehrt werden.
Die Beschwerde ist im Hilfsantrag auch begründet.
Hier scheiden §§
40 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO), 54 Abs.
1 Beamtenstatusgesetz aus. Es liegt keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, weil der Kläger nie Beamter war.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs.
1 SGG in Verbindung mit §§
154 Abs.
2,
155 Abs.
1,
162 Abs.
3 entsprechend
VwGO. Der Kläger klagt nicht als Versicherter im Sinne des §
183 SGG. Die Beschwerde ist im Hauptantrag ohne Erfolg geblieben, sodass der Beklagte insoweit kostenpflichtig ist. Da der Kläger
in diesem Umfang aber nicht entsprechend obsiegt hat -er ist weder als Beschwerdegegner noch als Mitbeschwerdeführer anzusehen-
und die maßgebliche Vorschrift auf ein Unterliegen bzw. Siegen abstellen, ist über die außergerichtlichen Kosten des Klägers
in analoger Anwendung des §
162 Abs.
3 VwGO nach Billigkeit zu entscheiden gewesen. Es ist angemessen, wenn er seine Kosten selbst zu tragen hat. Insbesondere hat er
sich selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt.
Die für das Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten werden aus Sicht des Senats teilweise niederzuschlagen sein (§§
190 SGG, 21 Gerichtskostengesetz).
4. Die weitere Beschwerde nach §
17 a Abs.
4 S. 5
GVG ist zuzulassen im Hinblick auf die angeführte Rechtsprechung des BSG zu § 133 AFG.