Gründe:
I. Im Hauptsacheverfahren ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen streitig.
Der Kläger war Inhaber der Firma S. Aufgrund der Ergebnisse von Baustellenkontrollen durch das Hauptzollamt Erfurt wurde gegen
ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, das am 08.03.2005 unter dem Az. 232 Ls 115 Js 049721/03 zu seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Dresden (AG) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung wegen
Betruges in 45 Fällen führte, weil er von April 1999 bis November 2002 nicht alle versicherungspflichtig Beschäftigten ordnungsgemäß
angemeldet habe, wodurch den Einzugsstellen ein Gesamtschaden von 287.389,53 EUR entstanden sei, was aufgrund der vollumfänglichen
geständigen Einlassung des Klägers feststehe. Daraufhin hörte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 02.06.2005 zur beabsichtigten
Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von insgesamt 426.950,96 EUR (287.164,96 EUR vorenthaltene Beiträge und
139.786,00 EUR Säumniszuschläge) an. Der Kläger machte mit Schreiben vom 02.09.2005 geltend, sein im Strafverfahren abgegebenes
Geständnis habe nicht die Höhe der hinterzogenen Beiträge umfasst; tatsächlich seien weit weniger Beiträge nicht abgeführt
worden, als die Staatsanwaltschaft ermittelt habe, da die von ihr ermittelten Umsätze nicht den tatsächlichen Gegebenheiten
entsprächen (1999: 293.622,13 DM [statt 355.244,87 DM]; 2000: 669.398,46 DM [statt 927.498,85 DM]; 2001: 1.100.992,07 DM [statt
1.180.920,24 DM]; 2002: 542.568,74 EUR [statt 428.154,51 EUR]), bei den ermittelten Umsätzen die Ausgaben für den Einsatz
von Subunternehmern nicht berücksichtigt worden seien (von den Arbeitnehmern des Klägers erwirtschafteter Umsatz von 662.637,34
EUR; von den Arbeitnehmern der Subunternehmer erwirtschafteter Umsatz von 859.139,24 EUR) und der Lohnaufwand keineswegs 2/3
des Umsatzes betrage, wie Stichprobenberechnungen ergeben hätten.
Mit Bescheid vom 16.03.2006 setzte die Beklagte für die Zeit vom 01.04.1999 bis zum 30.11.2002 eine Beitragsnachforderung
von insgesamt 277.726,84 EUR (einschließlich Säumniszuschlägen von 92.236,64 EUR) fest; dies erfolgte in der Form des Summenbescheides.
Bei der Baustahlarmierung handele es sich um ein lohnintensives Gewerbe; deshalb seien für die Berechnung der Gesamtlohnsumme
2/3 der erzielten Nettoumsätze zugrunde gelegt worden. Die gebuchten Eingangsrechnungen der Subunternehmen, die aus den durch
die Steuerkanzlei übermittelten Aufstellung hervorgingen, seien bis zur Einstellung ihrer Betriebstätigkeit berücksichtigt
worden (B. H, K Bau GmbH, T.-Bau GmbH, I.-Bau, S.-Bau, S Bauausführung GmbH). Zugleich seien die tatsächlich durch die Steuerkanzlei
verbuchten Umsätze zugrunde gelegt worden (1.585.689,08 EUR). Daraus ergebe sich eine Gesamtlohnsumme von 763.095,62 EUR,
wovon bei den Einzugsstellen beitragspflichtige Arbeitsentgelte von 319.286,45 EUR gemeldet worden seien. Mit seinem hiergegen
gerichteten Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Schätzung des Lohnaufwands auf 2/3 des Umsatzes, gegen die Berücksichtigung
nur solcher Rechnungen von Subunternehmen, die nur "bis zur Einstellung der Betriebstätigkeit des jeweiligen Subunternehmers
in der Buchhaltung [der Firma des Klägers] gebucht" worden seien (Nichtberücksichtigung von Rechnungen der T -Bau GmbH für
die Jahre 2000 und 2001 sowie der S -Bau für Dezember 2001), und gegen die Nichtberücksichtigung solcher Rechnungen von Subunternehmern,
die niemals amtlich in Erscheinung getreten seien (Nichtberücksichtigung von Rechnungen der I -Bau für das Jahr 2000). Der
Kläger regte an, durch die Vernehmung früherer Vorarbeiter seines Unternehmens zu ermitteln, dass die T -Bau GmbH und die
I -Bau für ihn Leistungen in den nicht anerkannten Zeiträumen als Subunternehmer erbracht hätten. Die Beklagte wies den Widerspruch
mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2007 zurück. Eine vollständige Berücksichtigung aller gebuchten Eingangsrechnungen der
Subunternehmen könne nicht erfolgen, da keine Subunternehmerverträge vorlägen und von einer weiteren Existenz der Subunternehmen
nicht ausgegangen werden könne. Es sei daher von Nettoumsätzen abzüglich der anerkannten Subunternehmerrechnungen in Höhe
von 1.144.757,90 EUR auszugehen. Es sei auf der Grundlage des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 24.09.1986 (3 StR 336/86) seit langem anerkannt, den Lohnaufwand auf 2/3 der Nettoumsätze zu schätzen. Hieraus errechneten sich die festgesetzten
Beitragsforderungen und Säumniszuschläge.
Der Kläger hat am 21.03.2007 beim Sozialgericht Dresden (SG) Anfechtungsklage erhoben und am 30.04.2007 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Er trägt vor, die Rechnungen
der Subunternehmer H ..., K Bau GmbH und S ...-Bauausführung GmbH seien vollständig von der Beklagten berücksichtigt worden,
die Rechnungen der T.-Bau GmbH und S ...-Bau nur teilweise (nur bis zum 05.01.2000 bzw. nicht vom 01.06.2001 bis 01.08.2001),
dagegen überhaupt nicht die Rechnungen der I.-Bau. Der Kläger macht geltend, die bislang unberücksichtigten Rechnungen der
Subunternehmen T.-Bau GmbH für die Jahre 2000 und 2001, der I ...-Bau für das Jahr 2000 und der S.-Bau für Dezember 2001 müssten
bei der Berechnung der Beitragsnachforderung berücksichtigt werden, da die tatsächliche Existenz dieser Subunternehmen ausreiche,
die er durch Vorlage der durch die Subunternehmen gestellten Rechnungen bewiesen habe und deren tatsächlichen Auftritt auf
dem Markt er durch die Vernehmung der bereits im Verwaltungsverfahren benannten Zeugen beweisen werde. Außerdem könne zum
Teil nicht festgestellt werden, dass die unberücksichtigten Rechnungen sich auf Zeiten nach der Betriebseinstellung der Subunternehmen
bezögen, weil bis einschließlich 2001 die Buchführung nicht anhand des jeweiligen Rechnungsdatums des Subunternehmers, sondern
anhand des sich hierauf jeweils beziehenden Zahlungsdatums erstellt worden sei. Die Berechnung des Arbeitsentgelts anhand
von 2/3 der Nettoumsätze entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, wie er außergerichtlich durch Berechnungen für
Baustellen aus dem Jahr 2003 bewiesen habe und gerichtlich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens beweisen werde.
Seine strafgerichtliche Verurteilung könne nicht als Anerkenntnis der Forderung der Beklagten dem Grunde oder der Höhe nach
angesehen werde, da seine Einlassung auf einer Absprache zur Vermeidung eines langwierigen Prozesses beruht habe.
Mit Beschluss vom 15.11.2007 hat das SG den Antrag auf PKH abgelehnt. Die Klage habe keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die gegen die angefochtenen Bescheide vorgebrachten
Einwände griffen nicht durch. Zu Unrecht wende sich der Kläger gegen die Ermittlung der beitragspflichtigen Gesamtlohnsumme
anhand eines geschätzten Anteils von 2/3 der Nettoumsätze. Dieser Ansatz sei allgemein anerkannt und von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 24.09.1986 - 3 StR 336/86) gebilligt. Die Grundlage für diese Schätzung werde nicht durch die Behauptung des Klägers erschüttert, der Faktor 2/3 sei
bis zum 1,65-fachen überhöht, weil Stichproben bei vier seiner Bauvorhaben eine niedrigere Bruttolohnquote ergeben hätten.
Selbst wenn auf den stichprobenartig ausgewerteten Baustellen keine Schwarzarbeiter beschäftigt worden sein sollten, spreche
keine Vermutung dafür, dass die vom Kläger angegebenen Lohnquoten von 30 bis 40 % tatsächlich zuträfen. Schon die Diskrepanz
zu dem allgemein als Mindestlohnquote anerkannten Faktor 2/3 - eine Berechnung anhand der Arbeitszeitwerte Hochbau ergebe
noch höhere Quoten - spreche eher dagegen als dafür. Zudem seien Lohnquoten auf stichprobenartig herausgegriffenen Baustellen
schon von vornherein nicht geeignet, die Richtigkeit des allgemein anerkannten Faktors 2/3 in Zweifel zu ziehen. Eine vollständige
Erfassung habe der Kläger durch die unterbliebenen Meldungen gerade vereitelt, weshalb er sich an den Folgen der von ihm vorsätzlich
verursachten Beweislosigkeit festhalten lassen müsse. Zutreffend habe es die Beklagte abgelehnt, weitere Beträge für angeblich
durch Subunternehmen ausgeführte Leistungen abzusetzen. Die Beklagte müsse nicht die Nichtexistenz bzw. das Nichttätigwerden
der Firmen T -Bau GmbH, I -Bau und S.-Bau nachweisen. Vielmehr müsse sich der Kläger an den Folgen der Beweislosigkeit festhalten
lassen, die er durch den Verzicht auf Subunternehmerverträge mit den zu diesem Zeitpunkt nach außen nicht (mehr) rechtlich
in Erscheinung tretenden Unternehmen selbst geschaffen habe. Soweit der Kläger diesbezüglich bereits im Verwaltungsverfahren
die Zeugenvernehmung angeboten habe, löse dies keine Amtsermittlungspflichten des Gerichts aus. Denn selbst wenn es sich erweisen
würde, dass auf Baustellen des Klägers weitere Subunternehmen tätig gewesen wären, trüge dies nicht den Schluss auf die Richtigkeit
der vom Kläger diesen Subunternehmen zugeschriebenen Rechnungen und Buchungen sowie auf deren tatsächlich geleistetes Tätigkeitsvolumen.
Es müsste deshalb bei der bisherigen Schätzung verbleiben. Zudem würde eine solche Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit
zum Nachteil des Klägers ausgehen. Denn den Aussagen der sachnäheren Zeugen im Strafverfahren käme in Verbindung mit dem Geständnis
des Klägers ein mindestens ebenso großes Gewicht zu, so dass der Kläger den ihm obliegenden Nachweis des konkreten, durch
Fremdfirmen ausgeführten Auftragsvolumens nicht erbringen könnte. Dass der Kläger aufgrund einer Absprache mit der Staatsanwaltschaft
belastende Umstände eingeräumt haben sollte, die tatsächlich nicht vorgelegen hätten, sei angesichts der rechtsstaatlichen
Anforderungen an eine solche Absprache nicht nachvollziehbar. Angesichts dieser negativen Beweisprognose würde ein wirtschaftlich
und vernünftig denkender Beteiligter, wenn er das Verfahren selbst finanzieren müsste, wegen des absehbaren Misserfolgs der
Beweisführung von der Verfahrensführung absehen. Unter diesen Umständen könne in ausnahmsweise zulässiger Vorwegnahme der
Beweiswürdigung eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht erkannt werden.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner am 17.12.2007 eingelegten Beschwerde. Der BGH habe in seinem Urteil
vom 24.09.1986 (3 StR 336/86) keineswegs entschieden, dass der Lohnanteil ohne Weiteres anhand eines starren Prozentsatzes der Nettoumsätze geschätzt
werden könne. Vielmehr sei für eine Schätzung in jedem einzelnen Fall die Würdigung der vorliegenden Tatsachen notwendig.
Somit seien seine Ausführungen zu den vier beispielhaft angeführten Bauvorhaben und der entsprechend niedrigeren Lohnquote
zu berücksichtigen. Außerdem seien alle durch Subunternehmen erbrachten Leistungen abzuziehen. Mit der angebotenen Vernehmung
von vier Vorarbeitern könne er in Verbindung mit den vorliegenden und in die Buchhaltung eingestellten Rechnungen den Beweis
führen, dass die Subunternehmen trotz möglicherweise rechtlicher Nichtexistenz die in ihren Rechnungen aufgeführten Leistungen
tatsächlich ausgeführt hätten. Die gegenteilige Auffassung des SG sei nicht nachvollziehbar. Den Aussagen der angeblich "sachnäheren" Zeugen habe selbst die Beklagte kein entscheidendes Gewicht
beigemessen, da sie trotz dieser Aussagen sämtliche Rechnungen bis zur Einstellung der Betriebstätigkeit anerkannt habe, wobei
sie diese zu Unrecht mit der handelsrechtlichen Löschung oder Gewerbeabmeldung gleichgesetzt habe. Die Aussagen dieser angeblich
"sachnäheren" Inhaber oder Geschäftsführer der Subunternehmen seien kritisch zu hinterfragen, da auch sie sich dem Verdacht
einer Straftat ausgesetzt gesehen hätten. Schließlich könne aus seinem Ge-ständnis im Strafverfahren, das nicht die Höhe der
hinterzogenen Sozialversicherungsbeiträge umfasst habe, nicht der Schluss gezogen werden, dass sich der von der Beklagten
angenommene Sachverhalt bestätigen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf Blatt 17 bis 31
der LSG-Akte nebst den weiter vorgelegten Anlagen verwiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 15. November 2007 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von
Rechtsanwältin X, ...,., zu bewilligen. Der Beschwerdegegner hält die Angaben des Klägers zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen
wegen der erheblichen Diskrepanz zwischen Einnahmen und Ausgaben für nicht vollständig nachvollziehbar.
II. Die Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf PKH, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
1. Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in Verbindung mit §
114 Satz 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein Beteiligter auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; erforderlich ist darüber hinaus, dass der Beteiligte nach seinen persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.
Für die von §
114 Satz 1
ZPO verlangte hinreichende Erfolgsaussicht braucht der Erfolg nicht mit Sicherheit festzustehen. Er muss auch nicht überwiegend
wahrscheinlich sein. Hinreichende Erfolgsaussicht liegt vielmehr bereits dann vor, wenn der Rechtsstandpunkt des Antragstellers
zumindest vertretbar ist und das Gericht in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt
ist (Geimer in: Zöller,
ZPO, 28. Aufl., §
114 Rn. 19). Es reicht damit aus, wenn der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. Keller/Leitherer in: Meyer-Ladewig,
SGG, 9. Aufl., §
73a Rn. 7). PKH darf aber verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance
aber nur eine entfernte ist (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347, 357 f.). Die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung steht in engem Zusammenhang
mit der den Fachgerichten vorbehaltenen Feststellung und Würdigung des jeweils entscheidungserheblichen Sachverhalts und der
ihnen gleichfalls obliegenden Auslegung und Anwendung des jeweils einschlägigen materiellen und prozessualen Rechts. Die Fachgerichte
überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden
Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, erst dann, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einem unbemittelten
Beteiligten im Vergleich zum bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Die
Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische
PKH-Verfahren zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Eine Beweisantizipation im
PKH-Verfahren ist nur in eng begrenztem Rahmen zulässig. Kommt eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine
konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil
des Antragstellers ausgehen würde, darf PKH nicht verweigert werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29.10.2009 - 1 BvR 2237/09 - NJW 2010, 288, 289; Kammerbeschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060, 1061; Kammerbeschluss vom 14.04.2003 - 1 BvR 1998/02 - NJW 2003, 2976, 2977).
2. Gemessen hieran liegt die erforderliche Erfolgsaussicht nicht vor.
a) Rechtsgrundlage für den mit der Klage angefochtenen Bescheid der Beklagten ist §
28f Abs.
2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV). Nach dessen Satz 1 kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Summe der
vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß
erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dies
gilt nach Satz 2 nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht
zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der
Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln
kann, hat er diese nach Satz 3 zu schätzen. Dabei ist nach Satz 4 für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das
am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen.
§
28f Abs.
2 SGB IV lässt Beitragssummenbescheide zu, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten verletzt und hierdurch die eigentlich
erforderliche personenbezogene Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig
großen Verwaltungsaufwand möglich ist. Dabei geht §
28f Abs.
2 Satz 1 und
2 SGB IV von dem Fall aus, dass zwar die Summe der gezahlten Entgelte bekannt ist, aber nicht einzelnen Beschäftigten zugeordnet werden
kann, etwa weil Aufzeichnungen über die beschäftigten Personen fehlen, unvollständig oder offensichtlich unrichtig sind. §
28f Abs.
2 Satz 3 und
4 SGB IV lässt Summenbescheide auch dann zu, wenn selbst die Summe der Arbeitsentgelte nicht bekannt ist. In diesem Falle ist die
Entgeltsumme zu schätzen. Die Schätzung erfolgt in Anlehnung an das Steuerrecht (BT-Drucks. 11/2221, S. 23). Sie soll der
Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Die Schätzergebnisse müssen daher in sich schlüssig, wirtschaftlich vernünftig und möglich
sein (vgl. Rüsken in: Klein,
Abgabenordnung, 10. Aufl., §
162 Rn. 36). Zu den Schätzungsmethoden enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Der Rentenversicherungsträger muss von
sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen, ist aber letztlich in der Wahl seiner Mittel frei, selbst wenn das Ergebnis
für den Beitragschuldner nicht das Günstigste ist (Werner in: jurisPK-
SGB IV §
28f Rn. 63). Ausgeschlossen sind aber Schätzungen, die willkürlich von vollkommen lebensfremden Verhältnissen ausgehen. Unbedenklich
ist hingegen nicht nur eine Schätzung nach den ortsüblichen Entlohnungsverhältnissen (§
28f Abs.
2 Satz 4
SGB IV), sondern auch eine Schätzung nach dem branchenüblichen Lohn, nach der tariflichen Arbeitszeit und üblicherweise geleisteten
Überstunden, nach allgemeinen Durchschnittsverdiensten in der Rentenversicherung, nach den konkreten steuerlichen Verhältnissen
oder nach dem Umsatz des Arbeitgebers (Werner in: jurisPK-
SGB IV §
28f Rn. 65; Baier in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, §
28f SGB IV Rn. 13, Stand März 2008).
b) Ausgehend von den vom Steuerbüro des Klägers im streitigen Zeitraum verbuchten Umsätzen, die der Kläger selbst zugrunde
gelegt wissen will, besteht keine hinreichende Aussicht, dass der angegriffene Beitragssummenbescheid ganz oder teilweise
keinen Bestand haben wird.
aa) Die in dem mit der Klage angefochtenen Bescheid vorgenommene Schätzung der Summe der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte
ist als solche nicht zu beanstanden und wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt.
bb) Der Kläger richtet sich jedoch gegen die bei der Schätzung der Entgeltsumme herangezogene Lohnquote von 2/3 der Nettoumsätze.
Insoweit hat seine Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Wie der BGH unlängst in einem Strafverfahren gegen einen faktischen Geschäftsführer einer mit Baustahlarmierungs- und Bewehrungsarbeiten
befassten GmbH entschieden hat (Beschluss vom 10.11.2009 - 1 StR 283/09 - juris Rn. 21 - unter Verweis auf BGH, Urteil vom 02.12.2008 - 1 StR 416/08 - NJW 2009, 528, 529), gilt für die Schätzung der Lohnsumme im Strafverfahren: "Das Tatgericht darf eine branchenübliche Lohnquote - und
zwar eine Nettolohnquote - des jeweils verfahrensgegenständlichen Gewerbes ermitteln und diese als Schätzgrundlage der weiteren
Berechnung zugrunde legen. Im Bereich des lohnintensiven Baugewerbes kann das Tatgericht bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen
in Form der Schwarzarbeit grundsätzlich zwei Drittel des Nettoumsatzes als Lohnsumme - und zwar als Nettolohnsumme - veranschlagen
..." Der BGH hat eine solche Schätzung für wirtschaftlich vernünftig und möglich gehalten, obwohl die bei legalen Beschäftigungsverhältnissen
erfahrungsgemäß angenommene Bruttolohnquote von 2/3 des Nettoumsatzes zu einer niedrigeren Nettolohnquote führt (BGH, Beschluss
vom 10.11.2009 - 1 StR 283/09 - juris Rn. 22 ff.). Zugleich hat der BGH aber darauf hingewiesen, dass bei der Ermittlung der Schwarzlohnsumme nicht vorschnell
auf eine derartige Schätzung ausgewichen werden dürfe, wenn eine tatsachenfundierte Berechnung anhand der bereits vorliegenden
und der erhebbaren Beweismittel möglich erscheine, was bei vollständig erfassten Ausgangsrechnungen auf der Grundlage von
Einheitspreisen oder bei (konkret nachgewiesenen oder vom Angeklagten konkret eingeräumten) Abdeckrechnungen anderer Unternehmen
zur buchhalterischen Verschleierung von Schwarzlohnzahlungen der Fall sein könne (BGH, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 StR 283/09 - juris Rn. 27 ff.).
Werden diese Erwägungen auf die Schätzung der Entgeltsumme nach §
28f Abs.
2 Satz 3
SGB IV übertragen, kann der Kläger die von der Beklagten angenommene Lohnquote von 2/3 der Nettoumsätze nicht durch den von ihm
für vier Bauvorhaben aus dem Jahr 2003 dargestellten Lohnaufwand erschüttern. Anders als der Kläger meint, darf eine Lohnquote
von 2/3 des Nettoumsatzes nicht erst dann zugrunde gelegt werden, wenn ein derartiger Lohnaufwand im Einzelfall für den geprüften
Arbeitgeber tatsächlich belegt ist. Vielmehr darf eine solche Lohnquote schon dann zugrunde gelegt werden, wenn sie nur branchenüblich
ist. Zudem betreffen die vier vom Kläger ausgewählten Bauvorhaben nicht den im Streit stehenden Zeitraum (April 1999 bis November
2002) und sind daher nicht näher an den tatsächlichen Verhältnissen als die Erkenntnisse, auf deren Grundlage die Beklagte
ihre Schätzung getroffen hat. Dagegen kam eine betriebswirtschaftliche Berechnung, die im Ermittlungsverfahren für den im
Streit stehenden Zeitraum vorgenommen wurde, zu noch ungünstigeren Ergebnissen für den Kläger. Bei dieser Berechnung wurden
ausgehend von den Rechnungen des Klägers an seine Auftraggeber, den Listen über gelieferten bzw. einzusetzenden Stahl und
Matten sowie den Arbeitszeitrichtwerten Hochbau/Bewehrungsarbeiten für 108 Bauvorhaben die benötigten Arbeitszeiten und daraus
unter Zugrundelegung der im jeweiligen Jahr geltenden Mindestkalkulation je produktiver Stunde der beitragspflichtige Bruttolohn
berechnet. Die sich daraus ergebende Summe (1.504.920,41 EUR) macht 94,9 % der für die Zeit vom 01.04.1999 bis 30.11.2002
verbuchten Umsätze des Klägers (1.585.689,08 EUR) aus. Vor diesem Hintergrund besteht keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die
Auswertungen des Klägers für vier Bauvorhaben aus dem Jahr 2003 Rückschlüsse auf die tatsächlichen Verhältnisse in dem im
Streit stehenden Zeitraum zulassen. Einen Anlass für die vom Kläger angeregte Einholung eines Sachverständigengutachtens vermag
der Senat daher nicht zu erkennen. Es fehlt auch im vorliegenden Rechtsstreit bzw. in dem ihm vorausgegangenen Verwaltungsverfahren
an jeglichen konkreten Angaben zu Abdeckrechnungen oder nicht verbeitragten Arbeitsentgeltzahlungen, die in einer ersten Prüfstufe
die konkrete Berechnung des Mindestschadens ermöglichen würden (näher dazu im Folgenden).
Angesichts dessen hat die Klage insoweit keinerlei Aussichten auf Erfolg.
cc) Bei dem vom Kläger begehrten weiteren Abzug von Subunternehmerrechnungen bestehen auch keine hinreichenden Erfolgsaussichten.
Im Verwaltungsverfahren hat die Beklagte - auf eine Besprechung mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 21.12.2005
hin - die gebuchten Eingangsrechnungen von Subunternehmen bis zur Einstellung ihrer Betriebstätigkeit anerkannt und von den
Umsätzen des Klägers in Abzug gebracht. Vollständig berücksichtigt wurden die Rechnungen der Subunternehmen B H (Gewerbeabmeldung
zum 04.10.2000), K. Bau GmbH (Löschung aus dem Handelsregister am 27.06.2000) und S. Bauausführung GmbH (seit September 2003
in Liquidation). Nicht berücksichtigt wurden dagegen die Rechnungen der Firmen I.-Bau für das Jahr 2000 (amtlich nicht in
Erscheinung getreten), T.-Bau GmbH für die Jahre 2000 und 2001 (Löschung aus dem Handelsregister am 05.01.2000) sowie S -Bau
für Dezember 2001 (Gewerbeanmeldung vom 01.06.2001 bis 01.08.2001). Dabei ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die Betriebstätigkeit
eingestellt ist, wenn das Gewerbe abgemeldet worden ist, oder eine Löschung aus dem Handelsregister erfolgt ist, oder eine
Betriebstätigkeit nicht vorgelegen hat, wenn ein Unternehmen amtlich überhaupt nicht in Erscheinung getreten ist. Hiergegen
hat sich der Kläger bereits mit seinem Widerspruch erfolglos gewandt und mit der Klage weiterhin geltend gemacht, dass der
tatsächliche Auftritt auf dem Markt reichen müsse, und zum Beweis dafür, dass die Subunternehmen trotz möglicherweise rechtlicher
Nichtexistenz die in ihren Rechnungen aufgeführten Leistungen tatsächlich ausgeführt haben, die Zeugenvernehmung von vier
Vorarbeitern (A, B, C, D) angeboten.
Dem Kläger ist zuzugeben, dass es sich bei der Einstellung der Betriebstätigkeit um einen tatsächlichen Vorgang handelt. Doch
sind Gewerbeabmeldung (S.-Bau) und Handelsregisterlöschung (T -Bau GmbH) ein gewichtiges Indiz für die tatsächliche Betriebseinstellung;
dies gilt erst recht für den Umstand, dass die Firma I.-Bau, auf deren Rechnungen als Anschrift die Adresse des Technischen
Rathauses der Landeshauptstadt Dresden angegeben ist, amtlich nie in Erscheinung getreten ist. Diese Indizwirkung schließt
aber nicht aus, dass die Betriebstätigkeit tatsächlich erst später eingestellt worden sein könnte bzw. im Falle der I -Bau
überhaupt eine Betriebstätigkeit stattgefunden hat. Schon allein aus diesem Grunde PKH zu verweigern, würde nach Überzeugung
des Senats die Anforderungen an deren Bewilligung überspannen.
Gleichwohl führt dies hier nicht zu einer hinreichenden Erfolgsaussicht. Der Kläger hat seine Aufzeichnungs- und Beitragsabführungspflichten
als Arbeitgeber vorsätzlich gröblichst verletzt. Er hat dies dem Grunde und der Höhe nach eingestanden und ist deswegen rechtskräftig
zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Im Strafverfahren gingen die Ermittlungsbehörden davon aus, dass es sich bei den aufgefundenen Rechnungen von Subunternehmen
um Abdeckrechnungen handele (siehe die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dresden vom 11.02.2004). Im Urteil des AG vom
08.03.2005 sind zwar die Schadenssummen aus der Anklageschrift übernommen worden; zu den Subunternehmerrechnungen fehlen jedoch
jegliche Feststellungen, stattdessen stützt sich das Urteil auf das vom Kläger abgegebene umfassende Geständnis, mit dem er
die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt hat. Entgegen der im Verwaltungs-, Klage- und Beschwerdeverfahren vorgetragenen
Behauptung, von dem Geständnis sei nicht die Höhe der hinterzogenen Sozialversicherungsbeiträge umfasst, findet sich dazu
im Protokoll der mündlichen Verhandlung des AG vom 08.03.2005 nichts wieder. Vielmehr hat der Kläger dort zunächst vortragen
lassen, er habe sicher Dritte auf der Baustelle eingesetzt, sei aber davon ausgegangen, dass es Subunternehmer seien, die
ihm nicht zugeordnet seien. Er hat also zunächst im Laufe der mündlichen Verhandlung behauptet, dass ein Teil der ihm in der
Anklageschrift zugerechneten Umsätze durch Subunternehmen ausgeführt worden sei, um dann anschließend nach einer 45-minütigen
Unterbrechung erklären zu lassen, dass er "die ihm zur Last gelegten Taten einräumt."
Der Kläger hat das Geständnis abgelegt, um ein möglichst mildes Urteil zu erhalten. Denn angesichts des Umfangs der ihm zur
Last gelegten Straftaten musste er ernsthaft mit einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung rechnen. Das Strafgericht
- und nicht der Kläger - hatte ein Interesse daran, eine länger währende Beweisaufnahme zu vermeiden. Dies bedeutet aber nicht,
dass der Kläger Taten eingeräumt hat, die er überhaupt nicht begangen hat. Wenn im Vorfeld der mündlichen Verhandlung Absprachen
erfolgt sein sollten, wie der Kläger behauptet (zu den dann hier nicht eingehaltenen Vorgaben des BGH vgl. dessen Urteil vom
28.08.1997 - 4 StR 240/97 - NJW 1998, 86, 87 ff.), gibt es - auch und gerade unter Berücksichtigung der Interessenlage des Strafgerichts - keinen Grund anzunehmen,
warum der Kläger dann nicht auch eine Reduzierung der ihm zur Last gelegten Taten hätte erwirken können, wenn die Beweislage
eine Verurteilung in dem einen oder anderen Punkt eher zweifelhaft hätte erscheinen lassen. Dies schließt es zwar nicht von
vornherein aus, dass der Kläger gleichwohl Straftaten nach Art und Umfang eingeräumt hat, die er nicht begangen hat. Umgekehrt
besteht aber auch die Möglichkeit, dass der Kläger bei einer intensiven Beweisaufnahme damit rechnen musste, dass ein noch
viel höherer Schaden als in der Anklageschrift bezeichnet ermittelt werden würde, und er dies gerade vermeiden wollte. Sowohl
die eine als auch die andere Möglichkeit ist spekulativ. An dem freiwillig abgelegten Geständnis muss sich der Kläger daher
grundsätzlich festhalten lassen.
Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht gilt daher: Grundsätzlich kann der nach § 28p
SGB IV prüfende Rentenversicherungsträger aufgrund eines im Strafverfahren abgelegten Geständnisses an die sich daraus ergebende
Schadenshöhe als Mindestschadenshöhe anknüpfen. Der Arbeitgeber, der einer intensiven strafgerichtlichen Beweiserhebung zuvorkommen
will, indem er ein umfassendes Geständnis ablegt, muss sich grundsätzlich an diesem Geständnis im sozialversicherungsrechtlichen
Verwaltungsverfahren über die Nacherhebung von Beiträgen festhalten lassen. Wer ein Geständnis ablegt, das zu einer rechtskräftigen
strafgerichtlichen Verurteilung wegen Vorenthaltung von näher bezeichneten Sozialversicherungsbeiträgen führt, und dessen
Wahrheitsgehalt später bestreitet, muss unter Berücksichtigung seiner sozialversicherungsrechtlichen Pflichten als Arbeitgeber
nunmehr seinerseits in allen Einzelheiten darlegen und geeignete Beweisangebote unterbreiten, die erwarten lassen, dass der
Beweis ohne unzumutbaren Verwaltungsaufwand geführt werden kann, dass sein Geständnis in Teilen doch unzutreffend ist. Es
muss sich aus dem Vorbringen des Arbeitgebers ein schlüssiges Bild ergeben, das durch konkrete Beweisangebote untermauert
sein muss, die erwarten lassen, dass der entgegen dem Geständnis behauptete Sacheverhalt sich als richtig erweist. Auf pauschale
Behauptungen und pauschale Beweisangebote muss sich der Rentenversicherungsträger nicht einlassen, weil er nach § 23f Abs. 2 Satz 3
SGB IV die Höhe der Arbeitsentgelte schätzen darf, wenn er die Höhe der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne
unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann.
Letztlich bestreitet der Kläger, dass er Abdeckrechnungen veranlasst oder selbst erstellt hat. Dies will er dadurch beweisen,
dass ehemalige Vorarbeiter, von denen mindestens einer bei einer das Strafverfahren auslösenden Baustellenkontrollen als nicht
sozialversicherungspflichtig gemeldeter Arbeitnehmer aufgefallen war, angeben sollen, dass andere Arbeitnehmer für die T.-Bau
GmbH und die I ...-Bau gearbeitet hätten. Wenn sich dies erweise, sei auch belegt, dass die Rechnungen jener Unternehmen keine
Abdeckrechnungen seien, sondern auf real ausgeführten, subunternehmerischen Leistungen beruhten. Dieses Beweisangebot musste
der Rentenversicherungsträger im Verwaltungsverfahren nicht beachten, da es ungeeignet ist, das Geständnis des Klägers zu
erschüttern.
In der Widerspruchsbegründung, in der Klageschrift und in der Beschwerdebegründung fehlt es an hinreichend detaillierten Tatsachenbehauptungen,
die die Zeugen bestätigen sollen und können. An welchen Tagen und auf welchen Baustellen waren die angeblichen Arbeitnehmer
der T.-Bau GmbH und der I ...-Bau eingesetzt? Um wie viele Arbeitnehmer handelte es sich? Welcher Vorarbeiter des Klägers
war an welchen Tagen auf den Baustellen präsent, auf denen die angeblichen Arbeitnehmer der T ...-Bau GmbH und der I -Bau
eingesetzt waren? Wurden Listen irgendwelcher Art geführt, die es wohl auch schon am 11.09.2006 (Datum der Widerspruchsbegründung)
noch ermöglicht hätten, sich an Einzelheiten zu erinnern? Woher können die Vorarbeiter wissen, dass sich die angeblichen Arbeitnehmer
der T -Bau GmbH und der I ...-Bau nicht bloß als solche Arbeitnehmer ausgegeben haben oder unter diesen Firmen vom Kläger,
unter Umständen unter Einsatz von Strohmännern, die als Repräsentanten der beiden angeblichen Subunternehmen aufgetreten sind,
beschäftigt wurden, aber in Wahrheit für den Kläger gearbeitet haben und von ihm bezahlt wurden? Woher können die Vorarbeiter
wissen, dass die angeblichen Repräsentanten der T ...-Bau GmbH und der I.-Bau tatsächlich die Arbeitgeber von den Vorarbeitern
unterstellten Fremd-Arbeitnehmern waren? Zudem wurden keine eidesstattlichen Versicherungen der als Zeugen benannten Personen
vorgelegt oder dargelegt, warum diese - zumindest von den Personen mit Wohnsitz in Dresden - nicht zu erlangen gewesen seien.
Der Kläger hat zudem, obwohl er behauptet, er habe über einen langen Zeitraum mit der T -Bau GmbH und I ...-Bau in erheblichem
Umfang zusammengearbeitet, keine konkreten Angaben zu deren jeweiligen Repräsentanten gemacht, deren Vernehmung anzuregen
sich hier geradezu aufdrängt. Ebenso fehlt es jenseits angeblicher von der T ...-Bau GmbH und I -Bau stammender Rechnungen
an jeglichem auch nur ansatzweise konkreten Vortrag zu den Geschäftsbeziehungen zwischen dem Kläger und den angeblichen beiden
Subunternehmen. So trägt der Kläger vor, als Vertreter der T ...-Bau GmbH sei ein Mann aufgetreten, dessen Spitznamen ("Z
") er nur noch kenne. Damit behauptet der Kläger inzident, er habe regelmäßig sehr viel Bargeld an jemanden gezahlt, den er
gar nicht kenne und dessen Unterschrift er offensichtlich nicht einmal lesen könne. Ähnliches trifft auf den angeblichen Inhaber
der I -Bau zu, einen gewissen Y, über den der Kläger überhaupt keine persönlichen Angaben macht. Der Kläger macht auch keine
Angaben zu den Arbeitnehmern, die von den angeblichen Subunternehmen auf seinen Baustellen wann und in welchem Umfang eingesetzt
worden sein sollen. Es ist aber anzunehmen, dass der Kläger auch persönlich die Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer der Subunternehmen
überwacht hat. Schließlich fehlt eine nachvollziehbare Begründung dafür, dass umfängliche Barabhebungen (1999: 176.950,00
DM; 2000: 442.720,00 DM; 2001: 781.600,00 DM; 2002: 232.220,00 EUR) erfolgt sind, nicht aber Überweisungen auf entsprechende
Konten. Zu Recht ist dies von der Staatsanwaltschaft als ein gewichtiges Indiz für Schwarzarbeit angesehen worden.
Der Kläger hat auch während des gesamten Verfahrens bewusst Angaben dazu vermieden, in welchem Umfang er für an seine Arbeitnehmer
gezahlte Arbeitsentgelte keine Beiträge abgeführt hat. Das Vorbringen des Klägers geht sogar soweit, dass er in Frage stellt,
dass er überhaupt zu wenig Sozialversicherungsbeiträge abgeführt habe. Selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der
Beklagten zur 2/3-Berechnung ergäbe sich unter Abzug aller Subunternehmerrechnungen nur eine Gesamtlohnsumme von 441.758,22
EUR. Hiervon seien 319.286,00 EUR abzuziehen, die bei der AOK Sachsen gemeldet worden seien. Darüber hinaus habe er auch Beitragsmeldungen
gegenüber der Barmer Ersatzkasse, der DAK und Bahn-BKK abgegeben. Das ganze prozessuale Verhalten des Klägers ist darauf ausgerichtet,
den Sachverhalt möglichst im Ungefähren zu belassen, ihn belastende Aussagen zu bagatellisieren oder als unglaubwürdig darzustellen
und pauschal gehaltene Beweisangebote mit Zeugen, die im Strafprozess in bezeichnender Weise von ihm noch nicht einmal als
Entlastungszeugen angeboten worden waren, nunmehr vorzubringen.
Es fehlt mithin jeglicher schlüssige detaillierte mit konkreten Beweisangeboten untersetze Vortrag zu einem Sachverhalt, der
geeignet ist, das Geständnis als zumindest in Teilen falsch anzusehen.
Die Beklagte wäre gezwungen, die vom Kläger nicht gewollte sehr umfangreiche strafgerichtliche Beweiserhebung im verwaltungsverfahrensrechtlichen
Gewand erneut durchzuführen. Dies hätte einen unverhältnismäßig großen Aufwand für die Beklagte bedeutet, den sie nicht akzeptieren
musste. Sie ist daher den unzureichenden Beweisanregungen des Klägers im Verwaltungsverfahren nach Maßgabe des § 23f Abs. 2 Satz 3
SGB IV mit Recht nicht nachgekommen. Ein derartiges pauschales Vorbringen muss daher auch im Klageverfahren nicht beachtet werden.
dd) Im Übrigen ist es unerheblich, dass die Beklagte die auf die Subunternehmen gebuchten Rechnungen bis zur Gewerbeabmeldung
bzw. Handelsregisterlöschung anerkannt hat. Da es sich hier um einen Beitragssummenbescheid handelt, ist der Senat nicht an
die insoweit - gerade wenn man die Zeugenaussage des B. H berücksichtigt - nicht nachvollziehbare tatsächliche Würdigung der
Beklagten gebunden. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, weil der angegriffene Bescheid - wenn auch nur geringfügig - ohnehin
die vom Kläger im Strafprozess eingestandene vorenthaltene Beitragssumme unterschreitet. Hierbei sind die Säumniszuschläge
außer Betracht zu lassen.
ee) Gegen die Berechnung der Säumniszuschläge bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
3. Kosten sind nicht zu erstatten (§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO).
4. Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).