LSG Chemnitz, Urteil vom 10.03.2010 - 1 AL 242/07
Anspruch auf Insolvenzgeld; kein Insolvenzverfahren wegen offensichtlicher Masselosigkeit; Beendigung der Betriebstätigkeit durch Firmen- bzw. Unternehmensbestattung
Zur Frage der offensichtlichen Masselosigkeit im Sinne von § 183 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III ist darauf abzustellen, ob sich für einen unvoreingenommenen objektiven Betrachter aus äußeren Tatsachen der Eindruck (und insofern der Anschein) ergibt, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht in Betracht kommen wird. Nur so ist eine dem Zweck des Insg entsprechende Bewilligungspraxis möglich: Dem Arbeitnehmer soll möglichst schnell die seinen Lebensunterhalt sichernde Leistung bewilligt werden. Zweifel an der Masseunzulänglichkeit berechtigen nicht dazu, einen Antrag auf Insolvenzgeld abzulehnen. Mithin meint das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit der Masselosigkeit keinen gesteigerten Grad an Evidenz und Richtigkeit - etwa im Sinne einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit -, sondern in der am Schutzzweck orientierten Auslegung gerade einen abgeschwächten Maßstab der Wahrscheinlichkeit. Es muss sich lediglich aufgrund äußerer, tatsächlicher Umstände für den Dritten der plausible Anschein der Masselosigkeit ergeben (hier: zur Frage der offensichtlichen Masselosigkeit im Zeitpunkt der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn der Beendigung eine so genannte Firmenbestattung bzw Unternehmensbestattung vorausgegangen ist). [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette:
SGB III § 183 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Vorinstanzen: SG Dresden 14.09.2007 S 27 AL 1085/05
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 14. September 2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungstext anzeigen: