Sozialhilferecht: Sozialhilfeleistungen an einen Deutschen im Ausland
Gründe:
Die Berechtigung des Begehrens des Antragstellers auf Hilfe zum Lebensunterhalt und Krankenhilfe richtet sich nach § 119 BSHG in der Fassung, die diese Bestimmung durch Art. 7 Nr. 35 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogrammes vom 23.6.1993 (BGBl. I S. 944) - FKPG - mit Wirkung ab 27.6.1993 (Art. 43 Abs. 1 FKPG) erhalten hat (im folgenden: § 119 BSHG n.F.). In der früheren Fassung ist die Vorschrift des § 119 BSHG gemäß der durch Art. 7 Nr. 38 FKPG eingefügten Bestimmung des § 147b BSHG nur in den Fällen noch anzuwenden, in denen Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, am 1.7.1992 Leistungen
nach § 119 BSHG (in der vor dem 27.6.1993 geltenden Fassung) bezogen haben. Dazu zählt der Antragsteller nicht.
Nach § 119 Abs. 1 BSHG n.F. kann Deutschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und im Ausland der Hilfe bedürfen, in besonderen
Notfällen Sozialhilfe gewährt werden. Die Vorschrift knüpft die in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellte Gewährung
von Hilfeleistungen an einen Deutschen, der - wie der Antragsteller - seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, nicht
nur an die Voraussetzung, daß er im Ausland der Hilfe bedarf. Vielmehr muß ein besonderer Notfall vorliegen. Außerdem darf
die Hilfeleistung nicht nach der Ausschlußvorschrift des § 119 Abs. 3 Satz 2 BSHG ausgeschlossen sein; danach wird Hilfe nicht gewährt, wenn die Heimführung des Hilfesuchenden geboten ist.
Wann ein besonderer Notfall im Sinne der Bestimmung vorliegt, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt worden. Der Inhalt
des Begriffes muß durch Auslegung ermittelt werden.
Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, daß eine Notlage, die Voraussetzung einer sozialhilferechtlichen
Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 11 Abs. 1 BSHG ist, für die Annahme eines "besonderen Notfalles" nicht ausreicht. Es müssen vielmehr Umstände hinzutreten, die es rechtfertigen,
einen Notfall besonderer Art anzunehmen. Solche Umstände können in der Person des Hilfesuchenden oder in seinen Lebensbedingungen
begründet sein. In der Regel liegt - wie sich insbesondere aus dem gesetzlichen Zusammenhang der Regelung ergibt - ein besonderer
Notfall dann vor, wenn ohne die Leistung der (im Ausland) beanspruchten Hilfe an den im Ausland lebenden und in Not geratenen
Deutschen unmittelbare Gefahr für sein Leben besteht oder ohne die Gewährung von Krankenhilfe eine schwerwiegende Schädigung
seiner Gesundheit zu befürchten ist, der durch die Gewährung von Hilfe in Deutschland nicht hinreichend begegnet werden könnte
so im Ergebnis auch Mergler/Zink, Bundessozialhilfegesetz, Kommentar, Teil I, 4. Auflage 1994, § 119 Rdnr. 27.
Dagegen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die besondere Hilfebedürftigkeit - also die Bedürftigkeit, der anders als
durch Hilfegewährung im Ausland nicht (zumutbar) begegnet werden kann - für den Betreffenden plötzlich und unvorhergesehen
eingetreten ist und ob sie innerhalb einer mehr oder minder kurzen Zeitspanne wieder (vollständig) beseitigt werden kann,
wovon aber der Antragsgegner im Anschluß an eine Entscheidung des OVG Lüneburg ausgeht,
vgl. Beschluß vom 24.11.1993 - 4 M 4720/93 - und 4 M 5360/93 -, FEVS Band 44, S. 376, 377; dem folgend Schmitt, Bundessozialhilfegesetz, Kommentar, 1994, § 119 Rdnr. 14.
Eine solche Einschränkung ergibt sich namentlich nicht aus dem Wortsinn des tatbestandlichen Begriffs des besonderen Notfalles.
Nach dem vom Gesetz zugrunde gelegten allgemeinen Sprachgebrauch ist unter einem Notfall, also einem Fall der Not, eine Situation
zu verstehen, in der dringend Hilfe benötigt wird,
vgl. dazu u.a. Duden, Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache, Band 4, 1978, S. ; Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch,
6. Auflage 1966, S. 466 f.
Eine besondere Notlage zeichnet sich dementsprechend dadurch aus, daß in der jeweiligen Situation der Hilfebedarf besonders
dringend ist.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Die Regelung des § 119 Abs. 1 BSHG n.F. beruht auf einem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 20. April 1993,
vgl. BT.-Drs. 12/4748 S. 29,
der sowohl hinsichtlich des Normtextes als auch der Begründung mit dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP
vom 4.3.1993,
vgl. BT-Drs. 12/4401 S. 17, 85,
identisch war.
Zur vorgeschlagenen Neufassung des § 119 Abs. 1 BSHG heißt es im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP sowie in dem damit identischen Gesetzentwurf der Bundesregierung:
"Die bisherige Sollvorschrift wird in eine Kann-Bestimmung umgewandelt. Bei der Gewährung von Sozialhilfe ist ein besonders
strenger Maßstab anzulegen."
Vgl. BT-Drs. 12/4401, S. 85 (zu Art. 9 Nr. 30); BT.-Drs. 12/4748, S. 9.
Konkretere Angaben zu den Voraussetzungen eines "besonderen Notfalles" lassen sich dem jedoch nicht entnehmen. Im Hinblick
auf die ebenfalls vorgeschlagene Neuregelung des § 119 Abs. 4 BSHG ("Art, Form und Maß der Hilfe") wurde in der Begründung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP lediglich
ausgeführt, ausnahmsweise sollten bei der Hilfegewährung nach Maßgabe der "besonderen Verhältnisse im Aufenthaltsland" bei
der Auslegung dieses Begriffs "durchaus auch Aspekte der notwendigen Lebensbedürfnisse eines dort lebenden Deutschen berücksichtigt
werden können, wenn dies nach Lage der Dinge geboten ist." Als "denkbar" wurden dabei "Fälle von inhaftierten Deutschen in
Ländern der Dritten Welt" genannt,
vgl. BT.-Drs. 12/4401, S. 85.
Bei der Auslegung des konkretisierungsbedürftigen unbestimmten Rechtsbegriffs des "besonderen Notfalles" muß letztlich entscheidend
auf den gesetzlichen Zusammenhang, in dem die Vorschrift des § 119 BSHG n.F. steht, und den daraus ableitbaren Sinn und Zweck der Regelung abgestellt werden.
Dabei ist von §
30 Abs.
1 SGB I auszugehen. Danach gelten die Vorschriften des Sozialgesetzbuches, zu dessen besonderen Teilen das Bundessozialhilfegesetz zählt, (grundsätzlich) für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben
(sogenannten Territorialitätsprinzip). Jedoch steht diese Regelung gemäß §
37 SGB I unter dem Vorbehalt abweichender Regelungen, die sich aus den besonderen Teilen des Sozialgesetzbuches und damit auch des
Bundessozialhilfegesetzes ergeben. Dieser Vorbehalt erfaßt nicht nur Abweichungen, die sich in der Gestalt ausdrücklicher
Vorschriften aus einem der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches ergeben, sondern auch solche Abweichungen, die nach den
geltenden Strukturprinzipien eines Sozialleistungsbereichs zwingend sind.
Vgl. dazu u.a. BVerwG, Urteil vom 10.5.1979 - 5 C 79.77 -, FEVS 27, 353, 354 m.w.N.
Insoweit geht es zunächst um die Beachtung der Grundsatzbestimmung des § 1 Abs. 2 BSHG, wonach es Aufgabe der Sozialhilfe ist, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des
Menschen entspricht. Die Hilfe soll ihn soweit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; hierbei muß er nach seinen
Kräften mitwirken. Die Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes erfüllen damit den in Art.
1 Abs.
1 Satz 2
GG aller staatlichen Gewalt erteilten Auftrag, zum Schutze der Menschenwürde tätig zu werden; sie konkretisieren zugleich die
Sozialpflichtigkeit des Staates, wie sie sich aus Art.
20 Abs.
1 GG und Art.
28 Abs.
1 GG ergibt,
vgl. dazu u.a. BVerwG, Urteil vom 27.1.1965 - V C 32.64 -, DÖV 1965, 237 ff., 238; Urteil vom 26.1.1966 - V C 88.64 -, BVerwGE 23, 149 ff., 153.
Sie müssen deshalb bei ihrer Anwendung durch die Verwaltungsbehörden und Gerichte so verstanden und ausgelegt werden, daß
sie die elementaren Sätze der Verfassung über die Wahrung der Würde des Menschen verwirklichen,
vgl. BVerwG, Urteil vom 27.1.1965, aaO., S. 239.
Dies gilt auch für das Tätigwerden deutscher Stellen im Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes gegenüber Deutschen,
die sich im Ausland aufhalten. Denn die Grundrechte binden die deutsche öffentliche Gewalt auch, soweit Wirkungen ihrer Betätigungen
im Ausland eintreten,
vgl. BVerfG, Beschluß vom 21.3.1957 - 1 BvR 65/54 -, BVerfGE 6, 290, 295; Rudolf, Territoriale Grenzen der staatlichen Rechtssetzung, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, 1973,
S. 7, 13 m.w.N.
Adressat der durch Art.
1 Abs.
1 Satz 2
GG begründeten Schutzverpflichtung ist die gesamte Staatsgewalt ("alle staatliche Gewalt"); gemeint sind damit alle staatlichen
und sonstigen öffentlich-rechtlichen Kompetenzträger, die zu Regelungen, Maßnahmen und Eingriffen ermächtigt sind.
Vgl. dazu u.a. Kunig, in: von Münch/Kunig (Hrsg.),
Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 4. Auflage 1992, Art.
1 Rdnr. 30 m.w.N.; von Mangoldt/Klein/Starck,
Grundgesetz, 3. Auflage 1985, Band 1, Art.
1 Rdnr. 22.
Für einen Hilfesuchenden ergeben sich aus der die verfassungsrechtliche Schutzverpflichtung konkretisierenden Bestimmung des
§ 1 Abs. 2 BSHG jedoch grundsätzlich nur diejenigen Ansprüche, die das Gesetz vorsieht, soweit es nicht um die unerläßlich notwendige Existenzsicherung
geht,
so im Ergebnis auch Schmitt, Bundessozialhilfegesetz, aaO., § 119 Rdnr. 4,
die nicht zur Disposition des Gesetzgebers steht.
Das in § 1 Abs. 2 BSHG normierte Ziel der Sozialhilfe würde allerdings verfehlt, wenn die Hilfeleistung an den im Ausland lebenden Deutschen versagt
würde, obwohl ohne die Hilfeleistung im Ausland Gefahr für sein Leben besteht, der nicht anders, insbesondere durch (zumutbare)
Hilfegewährung in Deutschland begegnet werden kann, oder ohne die Gewährung von Krankenhilfe im Ausland eine schwerwiegende
Schädigung seiner Gesundheit zu befürchten ist. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles.
Danach scheidet hier eine Hilfegewährung für die Monate Juni 1994 und Juli 1994 aus, da der Antragsteller bereits seine wirtschaftliche
Notlage, jedenfalls aber das Vorliegen eines besonderen Notfalles im dargelegten Sinne nicht glaubhaft gemacht hat. (wird
ausgeführt)
Dagegen bestand hinsichtlich der geltend gemachten Hilfe zum Lebensunterhalt im Bedarfszeitraum vom 1. August 1994 bis zum
31. August 1994 sowie hinsichtlich der geltend gemachten Krankenhilfe in dem aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen
Umfang ein besonderer Notfall im Sinne des § 119 Abs. 1 BSHG n.F.
Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, daß er sich jedenfalls im August 1994 in einer Situation befand, die aus besonders
schwerwiegenden Gründen eine Hilfeleistung im dargelegten Umfange gerade in seinem Aufenthaltsland dringend erforderte. Nach
dem eidesstattlich versicherten Vorbringen des Antragstellers und den glaubhaften Angaben des Generalkonsulats bestand ohne
die im Tenor dieses Beschlusses aufgeführten Sozialhilfeleistungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare
Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Antragstellers, der in zumutbarer Weise nicht anders, insbesondere nicht durch
Hilfegewährung in Deutschland begegnet werden konnte. In dem Telefax-Schreiben des Generalkonsuls heißt es, "die existentiell
bedrohliche und sich merklich zuspitzende Lage" lasse es ihm "aus amtlicher Sicht dringend geboten erscheinen", "auf eine
pragmatische Zwischenlösung zur vorläufigen Sicherung der Existenz" des Antragstellers hinzuwirken. Der Antragsteller befinde
sich in einer verzweifelten Lage, die ihn in immer kürzeren Abständen im Generalkonsulat vorsprechen lasse. ...
Da der Antragsteller nach seinen eigenem Vorbringen und den Stellungnahmen des Generalkonsulats mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
nicht reiseunfähig war, war objektiv eine Gewährung der (besonders dringend) gebotenen Hilfe an sich auch in Deutschland möglich.
Im Hinblick auf die (besonderen) Umstände des Einzelfalles konnte der Antragsteller jedoch - jedenfalls im August 1994 - nicht
auf die Möglichkeit einer Rückkehr nach Deutschland und eine in Deutschland (objektiv mögliche) Hilfegewährung verwiesen werden.
Angesichts der Tragweite der sich dem Antragsteller im Falle einer Aufgabe seines bisherigen persönlichen, familiären und
sozialen Lebensmittelpunktes und einer Übersiedlung nach Deutschland stellenden Probleme konnte eine den Besonderheiten des
Einzelfalles entsprechende Hilfegewährung in zumutbarer Weise jedenfalls (noch) im August 1994 nur an seinem bisherigen Aufenthaltsort
erfolgen. Es war dem gesundheitlich offenbar schwer angeschlagenen Antragsteller nicht zumutbar, im Hinblick auf seinen bereits
mehr als 30-jährigen Aufenthalt in P., seine damit verbundene Integration und Verwurzelung in seinem dortigen persönlichen
und sozialen Umfeld ohne angemessene Übergangszeit allein wegen seiner existenziellen Notlage in den Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes
umzuziehen, zumal seine Ehefrau, die nach seinem glaubhaft gemachten Vorbringen philippinische Staatsangehörige ist, nie in
Deutschland gelebt hat, kein Deutsch spricht und eine Übersiedlung nach Deutschland bislang ablehnt. Diese Übergangszeit war
im August 1994 noch nicht abgelaufen. ...
Es liegt auch kein Fall des § 119 Abs. 3 Satz 2 BSHG vor. Nach dieser Bestimmung wird Hilfe nicht gewährt, wenn die Heimführung, d.h. die vom Träger der Sozialhilfe veranlaßte
oder jedenfalls angeregte Rückkehr des Hilfesuchenden in den Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes, geboten ist. Eine
Heimführung ist u.a. dann geboten, wenn diese (dringend) erforderlich oder nötig ist, um den Träger der Sozialhilfe in die
Lage zu versetzen, in hinreichendem Maße darauf hinzuwirken, daß der Hilfesuchende sich um eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit
bemüht und Gelegenheit zur Arbeit erhält,
vgl. OVG NW, Urteil vom 23.1.1995 - 8 A 2469/92 -,
oder wenn sonstige gewichtige Umstände, namentlich eine sachgerechte Bearbeitung des (Gesamthilfefalles) Hilfefalles des Hilfesuchenden
seine Anwesenheit im Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes (dringend) erforderlich machen,
vgl. dazu OVG NW, Urteil vom 31.8.1994 - 8 A 1340/92 -.
Nach dem dem Senat bislang bekannten Sach- und Streitstand ist nicht überwiegend wahrscheinlich, daß im August 1994 eine Rückkehr
des Antragstellers in den Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes (dringend) erforderlich oder nötig war. (wird ausgeführt)
Der Antragsteller hat auch glaubhaft gemacht, daß das dem Antragsgegner nach § 119 Abs. 1 BSHG n.F. zustehende Ermessen mit der im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes notwendigen, aber auch
ausreichenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit dahingehend gebunden ist, daß jede andere Entscheidung des Antragsgegners als
die Hilfegewährung in dem aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Umfange rechtswidrig ist. Ist ein Leistungsträger
ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach seinem Ermessen zu handeln, hat er nach §
39 Abs.
1 SGB I sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Der Zweck der gesetzlichen Ermächtigung besteht einerseits darin, die Gewährung von Sozialhilfeleistungen an im Ausland lebende
Deutsche zur Reduzierung der Belastungen der öffentlichen Haushalte möglichst weitgehend einzuschränken,
vgl. dazu BT-Drs. 12/4401 S. 1, 85; BT-Drs. 12/4748, S. 1, 9,
andererseits jedoch die (auch aus verfassungsrechtlichen Gründen) unerläßlich notwendige Existenzsicherung im Falle besonderer
Not im Ausland zu gewährleisten,
vgl. dazu u.a. auch Schmitt, aaO., § 119 Rdnr. 4 Ziffern 1 und 2.
Maßgaben für die Ausübung des Ermessens des Antragsgegners ergeben sich aus § 3 BSHG und § 7 BSHG. Nach § 3 Abs. 1 BSHG richten sich Art, Form und Maß der Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles, vor allem nach der Person des Hilfeempfängers,
der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen. Wünschen des Hilfeempfängers, die sich auf die Gestaltung der Hilfe
richten, soll gemäß § 3 Abs. 2 BSHG entsprochen werden, soweit sie angemessen sind (Satz 1). Nach Satz 3 der Vorschrift braucht der Träger der Sozialhilfe Wünschen
nicht zu entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre. Nach § 7 BSHG sollen bei Gewährung der Sozialhilfe die besonderen Verhältnisse in der Familie des Hilfesuchenden berücksichtigt werden
(Satz 1). Die Sozialhilfe soll die Kräfte der Familie zur Selbsthilfe anregen und den Zusammenhalt der Familie festigen (Satz
2).
Angesichts der dargelegten und glaubhaft gemachten gesundheitlichen Situation des Antragstellers sowie angesichts der Tragweite
der sich dem Antragsteller im Falle einer (sofortigen) Aufgabe seines bisherigen Lebensmittelpunkts in P. und einer Übersiedlung
in die Bundesrepublik Deutschland stellenden persönlichen, familiären und sozialen Probleme kam nach dem dem Senat bislang
bekannten Sach- und Streitstand mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jedenfalls im August 1994 nicht in Betracht, dem Antragsteller
die beanspruchte Hilfeleistung in dem aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Umfang zu verweigern und ihn stattdessen
(bereits im August 1994) auf die Möglichkeit einer Rückkehr in den Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes zu verweisen.
Im Hinblick auf den bereits mehr als 30-jährigen Aufenthalt des Antragstellers in P., seine damit verbundene Integration und
Verwurzelung in seinem dortigen persönlichen und sozialen Umfeld sowie im Hinblick darauf, daß seine philippinische Ehefrau
kein Deutsch spricht, nie in Deutschland gelebt hat und eine Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland nach dem glaubhaft
gemachten Vorbringen des Antragstellers bisher ablehnt, war dem Antragsteller, nachdem er Kenntnis von seiner voraussichtlichen
Hilfebedürftigkeit erlangt hatte, eine Übergangszeit zuzugestehen, um sich auf eine etwaige Rückkehr nach Deutschland einzustellen.
Diese Übergangszeit war im August 1994 noch nicht abgelaufen. Anhaltspunkte dafür, daß die vom Antragsteller beanspruchte
Hilfegewährung an seinem Aufenthaltsort in P. im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre, sind nicht ersichtlich. Auch der Antragsgegner hat solche nicht dargetan.
Hinsichtlich der beanspruchten Krankenhilfe hat der Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anordnungsanspruches
nach § 119 Abs. 1 iVm Abs. 4 BSHG n.F. lediglich in dem aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Umfang glaubhaft gemacht. Auch insoweit ist mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß ein besonderer Notfall im Sinne des § 119 Abs. 1 BSHG n.F. im August 1994 vorgelegen hat und das Ermessen des Antragsgegners aus den dargelegten Gründen gebunden war. Nach den
vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Stellungnahmen des Generalkonsulats ist überwiegend wahrscheinlich, daß der
Antragsteller im streitbefangenen Zeitraum wegen seiner behaupteten Diabeteserkrankung sowie weiterer Gesundheitsbeeinträchtigungen
(Depressionen und Störungen des vegetativen Nervensystems) ärztlicher Behandlung dringend bedurfte, jedoch weder über Krankenversicherungsschutz
noch über die notwendigen Mittel zur Finanzierung der ärztlichen Behandlung verfügte...