VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.09.1995 - 7 S 2029/95, FEVS 46, 243
Sozialhilferecht: Übernahme von Bestattungskosten eines verstorbenen Sozialhilfeempfängers
»Für die Übernahme von Bestattungskosten eines Verstorbenen, der zu Lebzeiten keine Sozialhilfe bezogen hat, ist gemäß § 97 Abs. 3 BSHG auch dann der Sozialhilfeträger örtlich zuständig, in dessen Bereich der Sterbeort liegt, wenn der Betreffende in einer Anstalt,
einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung (hier: Klinik) verstorben ist.«
Fundstellen: FEVS 46, 243
Normenkette: BSHG § 15 § 97 Abs. 2, Abs. 3
Vorinstanzen: VG Karlsruhe 30.06.1995 5 K 1272/95
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Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin
im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Bestattungskosten für ihren verstorbenen Vater gem. § 15 BSHG zu übernehmen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
An der erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs fehlt es nach Ansicht des Senats allerdings schon deshalb,
weil die Antragsgegnerin nicht passiv legitimiert sein dürfte. Gem. § 97 Abs. 3 BSHG ist in den Fällen des § 15 BSHG der Träger örtlich zuständig, der bis zum Tod des Hilfeempfängers Sozialhilfe gewährte, in den anderen Fällen der Träger,
in dessen Bereich der Sterbeort liegt. Der Vater der Antragstellerin bezog bis zu seinem Tod von der Antragsgegnerin keine
Sozialhilfe; er ist in der Thorax-Klinik in der beigeladenen Stadt verstorben. Sterbeort i.S.d. § 97 Abs. 3 BSHG ist deshalb die Beigeladene. Für die angefallenen Bestattungskosten ist deshalb offensichtlich auch die Beigeladene örtlich
zuständiger Träger der Sozialhilfe. Einen "Schutz des Anstaltsortes" sieht § 97 Abs. 3 BSHG bezüglich der Bestattungskosten nicht vor. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung, die den Schutz des Anstaltsortes durch die
Einräumung eines Kostenerstattungsanspruchs in § 103 Abs. 1 BSHG a.F. vorsah, wird nunmehr durch die Neufassung des § 97 Abs. 2 BSHG bereits mit der Regelung der örtlichen Zuständigkeit die Kostentragung bei einer Anstaltsunterbringung verknüpft und damit
das erstrebte Ziel des Schutzes bzw. der Entlastung des Anstaltsortes verfolgt. Für die Hilfe in Einrichtungen ist gem. §
97 Abs. 2 Satz 1 BSHG nunmehr von vornherein der Sozialhilfeträger zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt
im Zeitpunkt der Aufnahme oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. Nach bisheriger Regelung stimmten
demgegenüber die Zuständigkeitsvorschriften für die offene Hilfe und für die Hilfe in Einrichtungen überein. Für die Sozialhilfe
örtlich zuständig war gem. § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende tatsächlich aufhielt, so daß die Kostenentlastung
des Anstaltsortes nur über eine Kostenerstattung nach § 103 BSHG a.F. möglich war. Die nunmehrige Regelung einer eigenständigen örtlichen Zuständigkeit bei einer Anstaltsunterbringung in
§ 97 Abs. 2 BSHG n.F. dürfte sich als abschließend erweisen, so daß die im nachfolgenden Abs. 3 geregelte örtliche Zuständigkeit für die Übernahme
von Bestattungskosten demgegenüber ihrerseits als eigenständige und insoweit ebenfalls abschließende Regelung erscheint. Soweit
in den Fällen des § 15 BSHG der Träger örtlich zuständig ist, der bis zum Tod des Hilfeempfängers Sozialhilfe gewährte, hat dies seinen Grund offensichtlich
(auch) darin, daß sich der bisherige Sozialhilfeträger mit der persönlichen Situation des Hilfeempfängers zu dessen Lebzeiten
bereits befaßt hatte und wegen dieser "Sachnähe" auch seine Zuständigkeit für die Bestattungskosten fortbestehen soll. Insoweit
knüpft diese Regelung an die in den beiden vorangegangenen Absätzen enthaltenen Zuständigkeitsregelungen an und führt (nur)
in den Fällen zu einer Entlastung des Anstaltsortes, in denen bisher Sozialhilfe vom örtlich zuständigen Sozialhilfeträger
auch im Falle einer (nachträglichen) Heimunterbringung (u.ä.) geleistet worden ist. Hat aber der Verstorbene bisher überhaupt
keine Sozialhilfeleistungen erhalten, gibt es auch keine zwingenden Gründe für eine kosten- und verwaltungsmäßige Entlastung
des "Anstaltsortes". Wäre solches dennoch beabsichtigt gewesen, hätte es nahegelegen, dies in Abs. 3 etwa dergestalt zum Ausdruck
zu bringen, daß in den Fällen des § 15 BSHG der Träger örtlich zuständig ist, der bis zum Tod des Hilfeempfängers für die Gewährung von Sozialhilfe zuständig gewesen
wäre. Indes hat der Gesetzgeber nach dem klaren Wortlaut auf die tatsächliche Gewährung von Sozialhilfe abgestellt und in
den anderen Fällen ohne jede Einschränkung an den Sterbeort angeknüpft.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2 VwGO.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (§
188 Satz 2
VwGO).
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.