Anrechnung des Kindergeldzuschlags auf die Sozialhilfeleistung
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, Zuschläge zum Kindergeld nach § 11 a Abs. 7 und 8 des Bundeskindergeldgesetzes (
BKGG) für das Jahr 1987 an die Beigeladene als Trägerin der Sozialhilfe zu erstatten.
Im Jahre 1987 bezog die Klägerin für ihre in den Jahren 1978, 1983 und 1986 geborenen Kinder Kindergeld. Die Beigeladene zahlte
für diese Personen und den Ehemann der Klägerin Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes
(BSHG) in Höhe der Regelsätze nach der Verordnung zur Durchführung des e 22 BSHG vom 20. Juli 1962 (BGBl I S 515). Dabei zog sie das Kindergeld als anzurechnende Einkünfte ab. Durch den hier angefochtenen
Bescheid vom 27. April 1937 bewilligte die Beklagte der Klägerin das erhöhte Kindergeld nach § 11 a Abs. 8
BKGG für die beiden älteren Kinder in voller Höhe und für die am 24. April 1986 geborene Tochter Jennifer Ines zur Hälfte unter
dem Vorbehalt der Rückforderung. In diesem Bescheid teilte sie der Klägerin außerdem mit, daß der Kindergeldzuschlag für die
Zeit von Januar bis einschließlich Mai 1987 gemäß § 104 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) der Beigeladenen erstattet werde. Ab Juni 1987 berücksichtigte die Beigeladene bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt
das erhöhte Kindergeld. Auf den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 27. April 1987 bewilligte die Beklagte durch
ihren Bescheid vom 31. Mai 1988 den Kindergeldzuschlag für Jennifer Ines in voller Höhe für das Jahr 1987 und erstattete den
nachzuzahlenden Betrag an die Beigeladene. Im übrigen wies sie den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom
13. Juni 1988 mit der Begründung zurück, sie habe die beiden Nachzahlungsbeträge gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X an die Beigeladene erstatten müssen.
Das Sozialgericht (SG) Speyer hat durch Urteil vom 6. Januar 1989 die Bescheide der Beklagten vom 27. April 1987 und vom 31. Mai 1988 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 1988 geändert und die Beklagte verurteilt, den Kindergeldzuschlag für 1987 an die
Klägerin auszuzahlen. Die Beigeladene habe keinen Erstattungsanspruch gehabt. Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt, welche die
Beigeladene gewährt habe, und dem Kindergeldzuschlag nach § 11 a
BKGG bestehe keine Zweckidentität i.S. des § 77
BSHG, so daß der Kindergeldzuschlag nicht als Einkommen habe berücksichtigt werden dürfen. Die Beklagte hätte also den Kindergeldzuschlag
nicht an die Beigeladene erstatten dürfen, sondern vielmehr an die Klägerin auszahlen müssen. Das SG hat die Berufung zugelassen. Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat durch Urteil vom 8. September 1989 die Berufung
der Beklagten und der Beigeladenen zurückgewiesen und die Revision zugelassen. In dem Urteil heißt es: Durch die Vorschriften
der § 104 und 107
SGB X sollten Doppelleistungen und Überzahlungen ausgeglichen werden. Solche Leistungen habe die Beigeladene nicht erbracht. Der
Zuschlag zum Kindergeld nach § 11 a
BKGG müsse neben der Sozialhilfe gezahlt werden, weil er zu den Leistungen mit besonderer Zweckbestimmung i.S. von § 77
BSHG gehöre, welche nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien. Dies ergebe sich aus der Zweckbestimmung des Kindergeldzuschlages,
durch welchen einkommensschwachen Bevölkerungsschichten ein Ausgleich dafür gegeben werde, daß sie die im Rahmen des Familienlastenausgleichs
vorgesehenen steuerrechtlichen Kinderfreibeträge nicht in Anspruch nehmen könnten. Demgemäß verfolge der Gesetzgeber mit der
Gewährung des Kindergeldzuschlages einen anderen Zweck als mit der Gewährung der Hilfe zum Lebensunterhalt. Eine andere Auslegung
des § 11 a
BKGG i.V.m. § 77
BSHG hätte zur Folge, daß ausgerechnet besonders bedürftige Personen nicht in den Genuß des Kindergeldzuschlages kämen. Zwar sei
zweifelhaft, ob der Zweck des § 11 a
BKGG in der Norm "ausdrücklich" (§ 77 Abs. 1
BSHG) genannt sei. Es sei aber zwischen der Zweckbestimmung des Kindergeldes und des Kindergeldzuschlages zu unterscheiden. Die
Zweckbestimmung des § 11 a
BKGG sei zumindest in den Gesetzesmaterialien eindeutig dokumentiert. Die Beklagte hätte daher dem Erstattungsbegehren der Beigeladenen
nicht entsprechen dürfen.
Gegen diese Rechtsauffassung wenden die Beklagte und die Beigeladene sich mit den von ihnen eingelegten Revisionen. Nach ihrer
Auffassung ist auch der Kindergeldzuschlag.Einkommen i.S. von § 76
BSHG, zumal da eine ausdrückliche Freilassung i.S. von § 77
BSHG nicht erfolgt sei. Der Kindergeldzuschlag stelle eine Aufstockung des allgemeinen Kindergeldes dar. Im übrigen werde auch
der Kinderfreibetrag sozialhilferechtlich wie Einkommen berücksichtigt. Die Auffassung des LSG stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG). Zweifelhaft könne allerdings sein, ob der unter Vorbehalt der Rückforderung gezahlte
Kindergeldzuschlag ohne weiteres Einkommen i.S. von 76 BSHG sei. Es handele sich bei dem Kindergeldzuschlag um eine rückforderbare Vorleistung auf einen noch ungewissen künftigen Sozialleistungsanspruch.
Dadurch werde der Kindergeldzuschlag aber nicht zu einer eigenen Einkommensart; erstehe wie das Kindergeld zur Deckung des
Unterhaltsbedarfs der Familie zur Verfügung. Die Beklagte rechne den Kindergeldzuschlag auf Weisung des Bundesministers für
Arbeit und Sozialordnung regelmäßig den Monaten zu, für die sie aufgrund der monatlichen Ausgestaltung dieses Zuschlages als
Zusatzanspruch zum Kindergeld zu zahlen seien. Voraussetzung hierfür sei, daß der Sozialhilfeträger im gleichen Zeitraum Leistungen
erbracht hatte. Im vorliegenden Fall seien besondere Zuordnungen nicht erfolgt, so daß die Zahlungen jeweils den Monaten als
anzurechnendes Einkommen zugeordnet worden seien, für die sie bestimmt gewesen seien.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Klage unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zurückzuweisen.
II. Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, nachdem die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben (§
124 Abs.
2 des Sozialgerichtsgesetzes -
SGG -).
Die zulässigen Revisionen sind begründet. Die Beklagte war verpflichtet, den bewilligten Kindergeldzuschlag der Beigeladenen
als Erstattungsleistung zu zahlen. Die angefochtenen Urteile waren daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Erstattungspflicht der Beklagten gegenüber der Beigeladenen mit der Folge des Eintritts der Erfüllungsfiktion gemäß §
107
SGB X könnte sowohl nach § 103
SGB X als auch gemäß § 104
SGB X begründet sein. Die Gerichte der Vorinstanzen haben ausschließlich untersucht, ob die Erstattungsverpflichtung der Beklagten
gegenüber der Beigeladenen auf § 104
SGB X beruhte. Dies war zumindest für einen Teil der Zuschlagszahlungen unzutreffend. § 104
SGB X regelt die Erstattungsansprüche des nachrangig verpflichtet en Leistungsträgers gegenüber anderen Trägern von Sozialleistungen.
Das Vorhandensein einer nachrangigen Verpflichtung eines von mehreren Leistungsträgern setzt voraus, daß gleichzeitig auch
ein anderer Leistungsträger zur Gewährung einer Sozialleistung verpflichtet ist. Diese sich aus der Logik der Sache ergebende
Voraussetzung einer Erstattungsberechtigung nach § 104
SGB X folgt auch aus der Definition, welche in Abs. 1 Satz 2 der Norm enthalten ist. Danach ist ein Leistungsträger nachrangig
verpflichtet, soweit er bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht
zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Zu den Eigentümlichkeiten des § 104
SGB X gehört demzufolge, daß der Berechtigte gleichzeitig Ansprüche gegen wenigstens zwei Leistungsträger hat (vgl. BSG SozR 1300
105 Nr. 1; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch SGB 10/3 104 Rz 14; Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tage - 10 RKg 28/89 -) . Das Bestehen eines allgemeinen gesetzlichen Vorbehalts, wie etwa in § 2 Abs. 2
BSHG, reicht nicht aus. Daß sowohl bei der Beklagten als auch bei der Beigeladenen gleichzeitig eine Leistungsverpflichtung ab
Januar 1987 und für alle Zahlungen an die Beigeladene bestanden haben könnte, ist zu verneinen; sie ist allenfalls für die
Monate April und Mai 1987 gegeben, worauf noch einzugehen ist.
Die Klägerin verlangt eine Leistung nach § 11a
BKGG. Diese wird grundsätzlich nach Ablauf des Zeitraumes, für den sie bestimmt ist, nämlich nach Ablauf eines Kalenderjahres,
auf Antrag gezahlt, § 11 a Abs. 7 Satz 1
BKGG. Der Anspruch auf den Zuschlag zum Kindergeld nach § 11 a Abs. 7
BKGG entsteht also nachträglich mit rückwirkender Kraft; er besteht daher nicht gleichzeitig mit dem Anspruch auf die jeweils
im laufenden Jahr fällige Sozialhilfeleistung, (Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag aaO.).
Im vorliegenden Falle verlangte die Klägerin indessen eine Zahlung nach der besonderen Regelung des § 11 a Abs. 8
BKGG. Diese Leistung wird bereits während des Jahres,für welche die Zuschlagszahlung in Betracht kommt, gewährt. Voraussetzung
ist, daß glaubhaft gemacht wird, die Berechtigte werde voraussichtlich infolge der bei ihr und ihrem Ehegatten bestehenden
Einkommenssituation einen Anspruch auf den Zuschlag erwerben. Zwar verlangt § 11 a Abs. 8
BKGG nicht ausdrücklich, wie dies in Abs. 7 für die Zuschlagszahlung der Fall ist, einen Leistungsantrag. Dieser ist jedoch in
der durch § 11 a Abs. 8 Satz 1
BKGG geforderten Glaubhaftmachung enthalten. Mit der ausdrücklichen Bewilligung der Leistung nach § 11 a Abs. 8
BKGG ist ein Anspruch auf deren Auszahlung gegeben. Im April/Mai 1987 könnte eine Gleichzeitigkeit der Zahlungsverpflichtung der
Beklagten und der Beigeladenen gegeben und auch § 104
SGB X wegen des in § 2 Abs. 1
BSHG bestimmten Nachrangs der Sozialhilfe anwendbar sein. Dies kann jedoch der Senat offenlassen. Insoweit käme es nämlich darauf
an, ob der Anspruch auf die Zahlung nach § 11 a Abs. 8
BKGG noch im April oder im Mai entstanden ist und gleichzeitig ein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen bestanden hatte. In diesem
Falle wäre die Beklagte nach § 104. SGB X verpflichtet gewesen, die Leistungen des Sozialhilfeträgers für April und Mai 1987 oder nur für Mai 1987 an die Beigeladene
zu erstatten. Auch bei dieser Fallkonstellation kann die Klägerin nicht die Auszahlung der nach § 11 a Abs. 8
BKGG bewilligten Leistung an sich selbst verlangen; denn rechtlich spielt es keine Rolle, ob die Beigeladene einen Erstattungsanspruch
nach § 103 oder § 104
SGB X hat. In beiden Fällen gilt der von der Klägerin gemachte Zahlungsanspruch als erfüllt (vgl § 107 Abs. 1
SGB X).
Hingegen kommt als Rechtsgrundlage derjenigen Erstattungszahlung, welche die Beklagte für nachträglich entstandene Leistungen
an die Klägerin erbrachte, nur § 103
SGB X in Frage. In dem Urteil des LSG fehlen entsprechende Tatsachenfeststellungen. Dem Inhalt des in den Feststellungen des LSG
enthaltenen Abhilfebescheides vom 31. Mai 1988 ist zu entnehmen, daß die Zahlung eines Teiles der Leistung für Jennifer Ines
zutreffend als rückwirkende Zuschlagszahlung nach § 11 a Abs. 7
BKGG erfolgte; denn inzwischen - nach Ablauf des Kalenderjahres 1 987 war für eine Zahlung unter dem Vorbehalt nach § 11 a Abs. 8
BKGG kein Raum mehr. Entsprechend fehlt in dem Bescheid ein Vorbehalt der Rückforderung. Jedenfalls insoweit kommt ebenso wie
zumindest von Januar bis März 1987 eine Erstattungsverpflichtung ausschließlich nach § 103
SGB X in Betracht. Wegen der besonderen Sachverhaltsgestaltung kann jedoch im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, welche
Beträge die Beklagte nach § 103 und welche sie nach § 104
SGB X an die Beigeladene zu erstatten hatte; denn es liegen die sonstigen Erstattungsvoraussetzungen beider Vorschriften vor.
Voraussetzung für den Erstattungsanspruch der Beigeladenen gegenüber der Beklagten nach den vorgenannten Vorschriften ist,
daß der Anspruch der Klägerin auf die Hilfe zum Lebensunterhalt (teilweise) entfallen und die Beklagte für die entsprechende
Leistung zuständig geworden ist. Der Anspruch der Klägerin auf die gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften
des BSHG könnte entfallen sein, weil und soweit sie gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach §
11 a
BKGG erworben hatte. Voraussetzung hierfür wäre, daß die Leistungen nach § 11 a
BKGG auf die Hilfe zum Lebensunterhalt anzurechnen sind. Ob dies der Fall ist, ergibt sich, wie die Gerichte der Vorinstanz zutreffend
untersucht haben, aus den Vorschriften der §§ 76, 77
BSHG. Der erkennende Senat ist, anders als diese Gerichte, der Auffassung, daß die Leistungen, welche die Beklagte rückwirkend
gemäß § 11 a
BKGG erbrachte, anrechenbares Einkommen im Sinne dieser Vorschriften sind.
Zum Einkommen im Sinne des BSHG gehören nach § 76 Abs. 1 des Gesetzes alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit den dort genannten Ausnahmen, welche im vorliegenden Rechtsstreit
keine Rolle spielen. Da es sich bei den Leistungen nach § 11 a
BKGG um Geldleistungen handelt, sind sie demgemäß Einkommen i.S. von § 76 Abs. 1
BSHG. Es kann dahingestellt bleiben, ob die in § 11 a Abs. 8
BKGG enthaltene Regelung der Vorschrift des § 11 a Abs. 7
BKGG lediglich als besondere Zahlungsbestimmung nachgeordnet und ob es Ziel dieser Vorschrift ist, die nach § 11 a Abs. 8
BKGG Berechtigten schon vorzeitig in den Genuß des Kindergeldzuschlages zu setzen, ohne ihnen bereits den Anspruch i.S. des §
11 a Abs. 7
BKGG zu gewähren, oder ob die Vorleistungsregelung in § 11 a Abs. 8
BKGG einen - nur unter Vorbehalt zu.erfüllenden - eigenständigen Anspruch begründet. In jedem Falle ist die gemäß § 11 a Abs. 8
BKGG zu erbringende Leistung Einkommen i.S. von § 76
BSHG. Zwar wird die Zahlung an die Berechtigten unter der Bedingung gewährt, daß sich die zustehenden Kinderfreibeträge bei ihr
und ihren Ehegatten voraussichtlich nicht auswirken werden. Diese (auflösende) Bedingung nimmt der Leistung nicht den Charakter
von Einkommen. Sie ist dazu bestimmt, die ungünstige Unterhaltssituation der Berechtigten momentan zu verbessern. Für den
Fan, daß sich die Prognose hinsichtlich der Auswirkung der Kinderfreibeträge als unzutreffend erweist"entfällt die Rückforderung
und Rückzahlung der Leistung jedenfalls bei Empfängern von Leistungen nach dem BSHG, um die es hier allein geht. Es kommt dann lediglich eine Erstattung unter den Leistungsträgern in Frage. Für Berechtigte
wirkt sich die bedingte Leistung nach § 11 a Abs. 8
BKGG nicht im Sinne der Schmälerung von Unterhaltsmitteln aus.
Die Gerichte der Vorinstanzen haben demgemäß zutreffend überprüft, ob die Anrechnung der Zahlungen nach § 11 a Abs. 8
BKGG eventuell gemäß § 77
BSHG ausgeschlossen ist. Sie haben dies bejaht. Dieser Rechtsauffassung vermag der erkennende Senat jedoch nicht zu folgen. Nach
§ 77 Abs. 1
BSHG setzt die Nichtberücksichtigung einer Leistung als anrechenbares Einkommen voraus, daß sie aufgrund öffentlichrechtlicher
Vorschriften gewährt wird, der Zweck, zu dem sie erbracht wird, ausdrücklich genannt ist und daß die geleistete Sozialhilfe
nicht demselben Zweck dient. Außer Frage steht, daß die Zahlungen nach § 11 a
BKGG Leistungen aufgrund öffentlichrechtlicher Vorschriften sind. Die Vorschrift dient einerseits dem Schutz des Empfängers der
anderen öffentlichrechtlichen Leistung: Soll mit ihr ein ausdrücklich genannter besonderer Bedarf gedeckt werden, dann darf
dem Empfänger der Leistung diese Bedarfsdeckung nicht dadurch unmöglich gemacht werden, daß er durch Versagung der Sozialhilfe
gezwungen wird, die andere,Leistung ihrer Zweckbestimmung zuwider zu verwenden. Andererseits dient die Vorschrift dazu, Doppelleistungen
aus öffentlichen Kassen für ein und denselben Zweck zu vermeiden (BVerwGE 45, 157; 69, 177). Dem Zweck des Gesetzes wird nur entsprochen, wenn in dem anderen jeweiligen Leistungsgesetz der Zweck der Leistung ausdrücklich
genannt ist. Hieran fehlt es im vorliegenden Falle. Der Gesetzgeber hat in § 11 a Abs. 1 Satz 1
BKGG klargestellt, daß es bei der Zahlung des Zuschlages zum Kindergeld um eine Erhöhung des Kindergeldes geht. Der Kindergeldzuschlag
ist ein rechtlich selbständiger Teil des Kindergeldes (Urteil des Senats SozR 5870 § 11 a Nr. 1). Zweck der Vorschrift ist
demgemäß, einen zusätzlichen Beitrag zur Unterhaltssicherung von Familien mit Kindern zu leisten. Von dieser Zweckbestimmung
wird auch die Leistung nach § 11 a Abs. 8
BKGG umfaßt. Sie soll helfen, die Mittel schnell und selbst dann zur Verfügung zu stellen, wenn noch nicht zweifelsfrei abzusehen
ist, ob der Anspruch auf das erhöhte Kindergeld überhaupt entstehen wird.
Von diesem Zweck des § 11 a
BKGG ist die Motivationslage des Gesetzgebers und der Weg, welchen er zur Erreichung des vorgesetzten Zieles genommen hat, zu
unterscheiden. Die Motive des Gesetzgebers ihrerseits geben, anders als das LSG angenommen hat, nicht den Zweck der Leistung
wieder, sondern vielmehr die Beweggründe, welche den Gesetzgeber veranlaßt haben, den Anspruch auf die Leistung zu geben.
Insoweit hat das LSG zutreffend dargelegt, daß der Gesetzgeber insbesondere denjenigen Kindergeldberechtigten helfen wollte,
denen auf steuerrechtliche Weise kein angemessener Beitrag zum Familienunterhalt zukommt. Er hat dies, wie dargelegt, auf
dem Wege über eine Erhöhung des Kindergeldes bewirkt. Der Kindergeldzuschlag und die rückforderbare Leistung nach § 11 a Abs. 8
BKGG dienen jedoch in gleicher Weise der Erhöhung des Kindergeldes und damit der Unterhaltssicherung von Familien mit Kindern.
Eine andere Zwecksetzung ist weder ausdrücklich im Gesetz bestimmt noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen.
Die Gerichte der Vorinstanz und die Beteiligten zweifeln nicht daran, daß das Kindergeld - und damit auch die Leistungen nach
§ 11 a
BKGG - demselben Zweck dienen wie die Hilfe zum Lebensunterhalt, welche die Beigeladene gezahlt hatte. Aus diesem Grunde darf
die im vorliegenden Falle gewährte Leistung beider Berechnung des Einkommens der Klägerin i.S. von § 76
BSHG nicht ausgenommen werden (wie hier BVerwG ZfSH/SGB 1986, 218/219; VG Kassel ZfSH/SGB 1988, 211 f; Piel, ZfSH/SGB 1986,386, 389; vgl. hierzu auch Giese ZfSH/SGB 1986, 159 ff, Urteil des BSG vom 9. November 1982 - 11 RÄr 7/89, zur Veröffentlichung bestimmt; zum Kindergeldzuschlag: Urteil des
OVG Lüneburg vom 28. September 1988 - 4 OVG A 8/87 - und Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 1. Februar 1990 - 12 A 88/89 -) . Infolge der Anrechenbarkeit der Zahlungen ist der Anspruch auf Leistungen nach dem BSHG insoweit (nachträglich) entfallen und die Erstattungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 103, 104
SGB X entstanden.
Nach alledem war die Beklagte verpflichtet, der Beigeladenen die fraglichen Leistungen in der Weise zu erstatten, wie dies
in den angefochtenen Bescheiden vom 27. April 1987 und vom 31. Mai 1988, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13. Juni 1988, festgelegt wurde. Die gegen diese Bescheide erhobene Klage ist demgemäß nicht begründet. Die entgegenstehenden
Urteile der Vorinstanzen waren daher aufzuheben und die Klage gegen die genannten Bescheide abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193
SGG.