Gründe:
Die an sich statthafte und zulässige Beschwerde ist begründet.
Gem. den §§
114 ff.
ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur
zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die sachlichen Voraussetzungen für die Beiordnung eines
Rechtsanwaltes sind gem. § 11 a
ArbGG erleichtert, wenn in der ersten Instanz für die Gegenseite ein Rechtsanwalt auftritt. Dies ist hier der Fall gewesen, so
daß bezüglich der Anforderungen an die Erfolgsaussicht der Klage die erleichterten Voraussetzungen des § 11 a
ArbGG anzuwenden waren. Aus diesem Grunde war dem Kläger ein Rechtsanwalt beizuordnen.
Wegen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers war keine Ratenzahlung anzuordnen. Der Kläger bezieht
Arbeitslosengeld in Höhe von DM 1.450,80 netto. Für seine beiden Kinder aus erster Ehe zahlt der Kläger insgesamt DM 450,--
Unterhalt. Von seinem Einkommen sind weiterhin abzusetzen
Versicherungsbeiträge: 64,80 DM
Werbungskostenpauschale: 47,-- DM
111,80 DM.
Es ergibt sich ein bereinigtes Einkommen des Klägers von DM 889,--. Auch unter Berücksichtigung des Ehegatteneinkommens (=
600,--DM Erziehungsgeld, Wegfall Juni 1988) kommen bei einer unterhaltsberechtigten Person keine Raten in Betracht.
Eine Verpflichtung des Klägers zur Ratenzahlung ergibt sich auch nicht aus den Zahlungsbeträgen die der Kläger aufgrund des
Vergleiches vom 22. März 1988 erlöst. Bei der Zahlung von DM 2.400,-- handelt es sich um Erstattung von Umzugskosten und damit
um kein Vermögen, sondern um Ersatz bestimmter Ausgaben.
Die dem Kläger gezahlte Abfindung in Höhe von DM 24.000,- war ebenfalls nicht heranzuziehen. In der Rechtsprechung wird die
Frage, ob eine Abfindung als gem. §
115 Abs.
2
ZPO einzusetzendes Vermögen anzusehen ist, kontrovers behandelt. So stehen z.B. das Landesarbeitsgericht Berlin (vgl. LAG Berlin,
EzA Nr. 6 zu §
115
ZPO) und das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (vgl. LAG Schleswig-Holstein, LAGE Nr. 25 zu §
115
ZPO) auf dem Standpunkt, daß es sich bei einer Abfindung um einzusetzendes Vermögen handelt. Demgegenüber verneinen das Landesarbeitsgericht
Bremen (vgl. LAG Bremen, EzA Nr. 5 zu §
115
ZPO) und das Landesarbeitsgericht Berlin in einer anderen Entscheidung (vgl. LAG Berlin, Beschluß vom 18. August 1981 - 12 Sa 63/81 -) dies. Das Landesarbeitsgericht Frankfurt vertritt zu dieser Frage eine differenzierende Meinung, wonach zwar eine Abfindung
in namhafter Höhe bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht völlig unbeachtet bleiben dürfe, aber der Einsatz des Vermögens
zumutbar sein müsse (vgl. LAG Frankfurt/M., Beschluß vom 3. August 1987 - 13 Ta 212/87 -; LAG Frankfurt/M., Beschluß vom 15. Januar 1988 - 13 Ta 28/88 -). Gem. §
115 Abs.
2
ZPO hat die Partei nämlich ihr Vermögen nur dann einzusetzen, soweit dies zumutbar ist.
Die erkennende Kammer vertritt die Auffassung, daß die von einem Arbeitnehmer gem. den §§ 9, l0 KSchG i.V.m. §
3 Nr. 9
EStG bezogene Abfindung weder im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens zu berücksichtigendes Einkommen noch Vermögen darstellt.
Dies ergibt sich aus §
115 Abs.
2
ZPO i.V.m. § 88 Abs. 3
BSHG.
Bei der gem. den §§ 9, l0 KSchG gewährten Abfindung handelt es sich um eine Zahlung, die - ähnlich wie das Schmerzensgeld - zweckgebunden ist; sie wird deshalb
teilweise auch als "soziales Schmerzensgeld" bezeichnet (vgl. Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Aufl., § 51 IX 6 ; Auffarth,
Betrieb 1969, 528).
Die Abfindung ist kein unmittelbares Arbeitsentgelt, kein Ersatz für Arbeitsentgelt und auch kein sonstiger Schadensersatz,
sondern wird lediglich wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von dem Arbeitgeber gezahlt (vgl. BAG, Betrieb 1980,
858). Die Abfindung ist eine Entschädigung dafür, daß der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verliert, obwohl ein sozial zu
billigender Kündigungsgrund nicht vorliegt. Sie soll dem Arbeitnehmer einen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und
die damit verbundenen sozialen Einbußen gewähren. Dem Arbeitnehmer soll ermöglicht werden, die mit dem Arbeitsplatzwechsel
zusammenhängenden Ausgaben zu überbrücken und Nachteile auszugleichen, die der Verlust eines länger währenden Arbeitsverhältnisses
mit sich bringen kann (vgl. Neumann, AR-Blattei, D, KSch VI "Kündigungsabfindung" H II 1.). Der Arbeitnehmer verliert durch
die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Umständen einen durch langjährige Tätigkeit verstärkten Kündigungsschutz, den
er in einem neuen Arbeitsverhältnis erst durch eine längere Beschäftigungszeit wieder aufbauen muß. Er hat in den ersten Monaten
des Arbeitsverhältnisses bei einem neuen Arbeitgeber überhaupt keinen Kündigungsschutz. Er verliert ferner das Arbeitsumfeld,
wie Arbeitskollegen und Vorgesetzte. Darüber hinaus sind weitere geänderte Umstände möglich, wie z.B. neue Arbeitszeiten,
geringerer Verdienst, längere Anfahrten, möglicherweise sogar ein Wohnungswechsel (vgl. LAG Hamburg, BB 1980, 1801). Gerade letzteres ist im vorliegenden Fall auch gegeben.
Aufgrund dieser besonderen Natur der Abfindung hat das Bundesverfassungsgericht einige Bestimmungen des § 117
AFG in einer Entscheidung für verfassungswidrig gehalten (vgl. BVerfG, BB 1976, 1678). Bei fristgemäßer Auflösung des Arbeitsverhältnisses und Abfindungszahlungen ist deshalb grundsätzlich davon auszugehen,
daß in den gezahlten Summen kein Arbeitsentgelt enthalten ist (vgl. § 117
AFG; BVerfG, aaO.). Die Besonderheiten einer Abfindungszahlung werden auch im Einkommenssteuergesetz anerkannt, so ist gem. §
3 Nr. 9
EStG z.B. eine Abfindung bis zur Höhe von DM 24.000,-- steuerfrei.
Die aufgezeigten Besonderheiten einer Abfindung wegen Verlust des Arbeitsplatzes führen dazu, daß es der Partei nicht gem.
§
115 Abs.
2
ZPO zumutbar ist, eine solche Abfindung als Vermögen im Rahmen der Prozeßkostenhilfe einzusetzen. Dies gilt jedenfalls, soweit
es sich um eine Abfindung handelt, die sich in den Grenzen der §§ 9,l0 KSchG und des §
3 Nr. 9
EStG hält. Denn eine solche Abfindung bewegt sich genau in dem Rahmen, den der Gesetzgeber bei Verlust des Arbeitsplatzes zum
Ausgleich der zu erwartenden Nachteile für angemessen hält. Im vorliegenden Fall hält die gezahlte Abfindung diesen Rahmen
ein. Diejenigen Entscheidungen, die eine Abfindung als gem. §
115 Abs.
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ZPO einsetzbaren Vermögenswert ansetzen, verweisen insoweit auf die in §
115 Abs.
2
ZPO statuierte entsprechende Anwendung des § 88
BSHG. Diese entsprechende Anwendbarkeit führt jedoch nicht dazu, daß jegliches Vermögen einzusetzen ist. § 88 Abs. 2
BSHG normiert ausdrücklich, welche Vermögensgegenstände von der Verwertung ausgenommen werden. Darüber hinaus enthält § 88
BSHG in seinem dritten Absatz eine Härteklausel; so darf die Gewährung von Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung
eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten
Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Diese Härtefallklausel eröffnet die Möglichkeit, über § 88 Abs. 2
BSHG hinaus auch Barbeträge von dem Einsatz und von der Verwertung auszunehmen. Diese Ausnahme vom Einsatz und von der Verwertung
ist wegen der vorstehend aufgezeigten besonderen Zweckgebundenheit einer wegen Verlust des Arbeitsplatzes gewährten Abfindung
zu bejahen. Hält die Abfindungszahlung die Grenzen der §§ 9, l0 KSchG und
3 Ziff. 9
EStG ein, so ist davon auszugehen, daß die Abfindung in voller Höhe zweckgebunden ist und damit auch keine Teilbeträge als einzusetzendes
Vermögen in Betracht kommen.
§
120 Abs.
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ZPO ist in diesem Zusammenhang ohne Belang, da diese gesetzliche Regelung nur etwas darüber aussagt, inwieweit das Gericht die
Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern kann, wenn sich die für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden persönlichen
oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. §
120 Abs.
4
ZPO ändert aber nicht die Maßstäbe für die Prüfung des einzusetzenden Einkommens oder Vermögens ab, so daß es auch für eine später
gezahlte Abfindung im Rahmen der §§ 9, l0 KSchG i.V.m. §
3 Ziff. 9
EStG dabei verbleibt, daß sie nicht zu berücksichtigen ist.
Da von dem Kläger im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens einzusetzendes Vermögen nicht an zunehmen ist und die sonstigen
Voraussetzungen einer Beiordnung gem. § 11 a
ArbGG vorliegen, war der angefochtene Beschluß wie geschehen abzuändern.
Der Beschwerdewert ergibt sich aus der Höhe der sonst entstehenden Wahlanwaltsgebühren. Bei Zugrundelegung des festgesetzten
Streitwertes von DM 15.350,-- und des Vergleichswertes von DM 36.484,40 ergibt sich folgende Berechnung:
Prozeßgebühr: 725,-- DM
Erörterung/Verhandlungsgebühr: 725,-- DM
Vergleichsgebühr: 1.109,-- DM
1/2 Prozeßgebühr wegen des überschießenden
Vergleichswertes in Höhe von 21.134,40 DM 384,-- DM (Höchstbegrenzung)
Auslagenpauschale: 40,-- DM
14 % MWSt. 417,62 DM
3.400,62 DM
Dieser Betrag war als Beschwerdewert festzusetzen.
Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu erfolgen (vgl. Thomas/Putzo,
ZPO, 15. Aufl., Anm. 4 zu §
127
ZPO m.w.N.).
Gegen diesen Beschluß ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Abs. 2
ArbGG).