Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse bei ungewisser beruflicher Entwicklung des unterhaltsverpflichteten Ehegatten
Tatbestand:
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
Ihre am 6. Oktober 1970 geschlossene und kinderlos gebliebene Ehe wurde auf Antrag des Beklagten (Jahrgang 1946) durch ein
seit dem 4. Juli 1978 rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 22. Mai 1978 geschieden. Am gleichen
Tag regelten sie die Scheidungsfolgen durch einen Prozeßvergleich. Danach hatte der Beklagte als Unterhalt an die Klägerin
(Jahrgang 1947) monatlich 890 DM bis einschließlich September 1978 zu zahlen; falls die Klägerin aus von ihr nicht zu vertretenden
Gründen bis dahin keine Anstellung als Lehrerin gefunden haben sollte, wollten die Parteien eine neue Einigung anstreben.
Die Klägerin war nach Studium und Referendarzeit seit Bestehen des Staatsexamens als Lehramtsanwärterin ohne eigenes Einkommen;
seit der Trennung der Parteien Ende April 1977 lebte sie von Unterhaltszahlungen des Beklagten, der nach Abschluß eines Studiums
(Dipl.-Mathematiker) als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Hochschule Aachen tätig war und eine Vergütung nach
BAT II a erhielt.
Die Klägerin wurde am 14. August 1978 als
Realschullehrerin z.A. in den Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen
eingestellt, mußte jedoch nach zwei Tagen wegen einer
Nervenerkrankung den Dienst wieder aufgeben. Ohne den Dienst
wieder aufgenommen zu haben, wurde sie nach sachverständiger
Begutachtung wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des
31. Dezember 1980 aus dem Dienst entlassen. Ab Januar 1981
arbeitete die Klägerin, die inzwischen zu ihrer Mutter nach Münster gezogen war und weiterhin nervenfachärztlich behandelt
wurde, auf Empfehlung der Klinik für Psychiatrie der Universität Münster als Verkäuferin in einer Bäckerei; ihr wurde jedoch
wegen ungenügender Leistungen zum 30. Juni 1981 wieder gekündigt. Danach erhielt sie Arbeitslosenhilfe. Außerdem nahm die
Klägerin den Beklagten auf Unterhalt in Anspruch (Az. 8 F 219/81 Amtsgericht Paderborn). Dieser war nach Ablauf seiner bis Ende 1980 befristeten Assistententätigkeit, während der er promoviert
hatte, in die Dienste einer großen Computerfirma getreten. Ab September 1981 zahlte der Beklagte monatlich 950 DM Unterhalt
an die Klägerin und verpflichtete sich in einem am 17. Dezember 1981 geschlossenen Prozeßvergleich zu gleichhohen Unterhaltsleistungen
an sie für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 1982. Dabei gingen die Parteien von einer monatlichen Arbeitslosenunterstützung
von etwa 400 DM für die Klägerin und von einem fiktiven, nach BAT II a errechneten Nettomonatseinkommen des Beklagten von 2. 600 DM aus; das tatsächliche Einkommen des Beklagten lag, wie
beiden Parteien bewußt war, nicht unerheblich höher. Auch nach der im Vergleich vereinbarten Zeit zahlte der Beklagte auf
anwaltliche Aufforderung an die Klägerin noch bis einschließlich November 1982 einen monatlichen Unterhalt von 950 DM.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Unterhalt ab Dezember 1982 mit der Behauptung geltend gemacht, daß sie auch nach
einer Umschulung zur Bürogehilfin bisher trotz intensiver Bemühungen keine angemessene Erwerbstätigkeit gefunden habe. Sie
hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie ab 1. Dezember 1982 monatlich 950 DM zu zahlen und ihr Auskunft über sein
Einkommen während der letzten 12 Monate zu erteilen und hierüber eine Gehaltsbescheinigung des Arbeitgebers vorzulegen. Einen
in Form der Stufenklage außerdem angekündigten Antrag auf Zahlung eines weiteren, nach Auskunftserteilung zu beziffernden
Unterhaltsbetrages hat die Klägerin nicht verlesen, sondern den Erlaß eines Teilurteils begehrt.
Das Amtsgericht hat entsprechend den Klaganträgen durch Teilurteil erkannt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten
hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Abweisung
der Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat nur bezüglich der Verurteilung zur Auskunftserteilung Erfolg.
I. 1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Unterhaltsanspruch in der zunächst begehrten Höhe von monatlich 950 DM gemäß
§
1573 Abs.
1 i.V. mit Abs.
4
BGB zugebilligt. Es hat ausgeführt, die Klägerin habe mit ihrer Anstellung als Realschullehrerin zwar zunächst eine angemessene
Erwerbstätigkeit gefunden. Gleichwohl könne sie Unterhalt verlangen, weil die Einkünfte aus dieser Tätigkeit infolge ihrer
Entlassung weggefallen seien und sie trotz ausreichender Bemühungen keine neue angemessene Tätigkeit gefunden habe. An einer
nachhaltigen Sicherung des Unterhalts fehle es, wenn die zunächst aufgenommene Erwerbstätigkeit alsbald aufgrund einer Krankheit
wieder aufgegeben werden müsse; dabei komme es nicht darauf an, ob die Krankheit latent bereits zur Zeit der Scheidung oder
des Dienstantritts vorhanden gewesen sei. Für die Beurteilung, ob der Unterhalt nachhaltig gesichert sei, genüge nicht eine
auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützte Prognose im Zeitpunkt der Aufnahme der Erwerbstätigkeit; diese müsse vielmehr
über eine längere Zeit auch tatsächlich ausgeübt worden sein. Daran fehle es hier, weil die Klägerin bereits zwei Tage nach
Dienstantritt so ernsthaft erkrankt sei, daß die erst zwei Jahre später ausgesprochene Entlassung aus dem Dienst nur noch
eine Frage der Zeit gewesen sei.
Entgegen der Annahme der Revision hat das Berufungsgericht den zuerkannten Anspruch nicht auf §
1572
BGB gestützt, so daß auf die Voraussetzungen dieser Norm nicht eingegangen zu werden braucht. Daß das Berufungsgericht die Rechtsnormen
des §
1573
BGB nicht richtig angewendet habe, macht die Revision dagegen ohne Erfolg geltend.
a) Nach §
1573 Abs.
1
BGB kann ein geschiedener Ehegatte, dem grundsätzlich die Bestreitung seines Unterhalts durch Erwerbstätigkeit obliegt, gleichwohl
Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. Dieser
Anspruch findet mit der Aufnahme einer (ersten) angemessenen, zur Deckung des Unterhalts ausreichenden Erwerbstätigkeit nach
der Scheidung sein Ende. Er lebt nach §
1573 Abs.
4
BGB indessen wieder auf, wenn die Einkünfte aus der angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es dem Berechtigten trotz seiner
Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die aufgenommene Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern
(allgemeine Meinung, vgl. statt aller Rolland 1. EheRG, 2. Aufl., §
1573
BGB Rdn. 14).
b) Von welchem Zeitpunkt aus zu beurteilen ist, ob es dem Bedürftigen gelungen war, durch eine nach der Ehescheidung aufgenommene
Erwerbstätigkeit seinen Unterhalt "nachhaltig zu sichern", hatte der Senat bisher nicht zu entscheiden. Er hat lediglich in
Fällen vor der Scheidung bereits begonnener Erwerbstätigkeit als frühest möglichen Zeitpunkt für diese Beurteilung den der
Scheidung angesehen (Senatsurteil vom 10. Oktober 1984 - IVb ZR 12/83 - FamRZ 1985, 53, 55). Daran kann indessen in Fällen, in denen zur Zeit der Scheidung die erstrebte Erwerbstätigkeit noch nicht begonnen hatte
und der Zeitpunkt ihrer Aufnahme noch nicht sicher abzusehen war, nicht angeknüpft werden. Hier muß der Zeitpunkt notwendigerweise
später liegen.
Der Gesetzgeber hat bewußt darauf verzichtet, näher zu bestimmen, was unter nachhaltiger Sicherung des Unterhalts zu verstehen
sei. Im Gesetzgebungsverfahren sind die Versuche, den dem Wiedergutmachungsrecht (§ 75 BEG) entnommenen Begriff zu konkretisieren,
mit der Begründung aufgegeben worden, daß dieses in gesetzestechnisch einwandfreier Weise nicht möglich sei (vgl. Stellungnahme
des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/4361, S. 30). In der zur Heranziehung empfohlenen Rechtsprechung zum Entschädigungsrecht
(vgl. Amtl. Begründung des RegE zum 1. EheRG, BT-Drucks. 7/650, S. 127) hat der Bundesgerichtshof die Frage, ob eine Erwerbstätigkeit
nachhaltig eine Lebensgrundlage gewähren, danach beurteilt, ob sie vom Standpunkt eines optimalen Betrachters im Zeitpunkt
der Aufnahme der Tätigkeit nach objektiven Maßstäben und allgemeiner Lebenserfahrung mit einer gewissen Sicherheit als dauerhaft
angesehen werden könne (BGH RzW 1958, 267; zu weiteren Entscheidungen vgl. die Zusammenstellung bei Vogt FamRZ 1977, 105). Die Nachhaltigkeit der Unterhaltssicherung aus einer vorausschauenden Betrachtung im Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit
zu beurteilen ("ex ante"), wird demgemäß auch von einem Teil des Schrifttums vertreten (Dieckmann FamRZ 1977, 81, 89 f., Rolland aaO. § 1573 Rdn. 18, Gernhuber Familienrecht 3. Aufl. § 30 V 5 S. 394, 395; Köhler Handbuch des Unterhaltsrechts
6. Aufl. Rdn. 294; Erman/Ronke
BGB 7. Auflage §
1573 Rdn. 24; Palandt/Diederichsen
BGB 44. Aufl. §
1573 Anm. 4 a cc). Demgegenüber halten andere Autoren die Heranziehung der Rechtsprechung zu § 75 BEG nicht für geeignet, um unterhaltsrechtlich
vertretbare Ergebnisse zu erreichen; sie befürworten eine nachträgliche Sicht ("ex post"), weil von Nachhaltigkeit erst gesprochen
werden könne, wenn die Sicherung des Unterhalts auf eine angemessene Zeitdauer gelungen sei, so daß sich der andere Ehegatte
auf eine Inanspruchnahme auf Unterhalt nicht mehr einzustellen brauchte (Schwab Handbuch des Scheidungsrechts Rdn. 262, 263;
Vogt aaO.; Soergel/Häberle 11. Aufl. §
1573
BGB Rdn. 26; MünchKomm/Richter, Ergänzung zu §
1573
BGB Rdn. 19; Göppinger/Wenz Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdn. 270; Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch 1. EheRG §
1573
BGB Rdn. 19).
Der vorliegende Fall nötigt nicht zu einer abschließenden Entscheidung der Streitfrage, denn hier führt die vorausschauende
Betrachtung nicht zu einem von der nachträglichen Sicht abweichenden Ergebnis. Auch die Vertreter einer ex-ante-Betrachtung
gehen davon aus, daß die nachhaltige Sicherung des Unterhalts nicht aufgrund einer subjektiven Vorausschau nach dem Erkenntnisstand
des Unterhaltsberechtigten oder des Unterhaltsverpflichteten zur Zeit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit zu beurteilen ist,
sondern daß eine objektive Betrachtung unter Einschluß aller Umstände geboten ist, die schon bei Beginn der Erwerbstätigkeit
bestanden, auch wenn sie erst später zutage getreten sind (treffend als "nachträgliche Prognose" bezeichnet bei Massfeller/Böhmer/Coester
Familienrecht §
1573
BGB Anm. 4). Dazu gehörte hier neben der fachlichen auch die gesundheitliche Eignung der Klägerin für die dauerhafte Ausübung
der beabsichtigten Lehrtätigkeit. Wenn - wie das Berufungsgericht feststellt - eine ca. 30 Jahre alte Lehrerin zwei Tage nach
ihrem ersten Dienstantritt wegen einer Nervenerkrankung dienstunfähig wird und ihre Dienstfähigkeit auch im Laufe zweier Jahre
nicht einmal vorübergehend wiederhergestellt werden kann, rechtfertigt das selbst dann die Beurteilung, daß ihr für diesen
Beruf schon bei Aufnahme des Dienstes die erforderliche gesundheitliche Eignung fehlte, wenn sich Krankheitssymptome vorher
nicht gezeigt haben sollten. Danach wäre die Beurteilung des Berufungsgerichts selbst dann nicht rechtsfehlerhaft, wenn die
Frage, ob der Unter halt der Klägerin nachhaltig gesichert war, nach einer Prognose im Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit
zu entscheiden wäre.
2. Daß das Berufungsgericht aus der zeitlichen Beschränkung der in den Prozeßvergleichen vom 22. Mai 1978 und 17. Dezember
1981 zwischen den Parteien vereinbarten Unterhaltsleistungen keinen Verzicht auf Unterhalt (§
1585 c
BGB) für die Zeiträume hergeleitet hat, die den geregelten Leistungszeiten nachfolgten, läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Das
macht auch die Revision nicht geltend.
3. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Klägerin nach ihrer Gesundung ihrer Obliegenheit, sich um eine angemessene
Erwerbstätigkeit zu bemühen, genügt hat. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die dagegen erhobenen Angriffe der
Revision greifen nicht durch.
4. Ein Unterhaltsbedarf der Klägerin in Höhe von mindestens 950 DM im Monat ist zwischen den Parteien ebensowenig im Streit
wie die Leistungsfähigkeit des Beklagten.
II. 1. Die Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung über sein gegenwärtiges Einkommen und auf Vorlage einer Gehaltsbescheinigung
des Arbeitgebers hat das Berufungsgericht wie folgt begründet: Zu den für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnissen
gehöre nicht lediglich das zur Zeit der Scheidung vom Beklagten erzielte Einkommen nach BAT II a, sondern auch die bereits voraussehbare Einkommenssteigerung. Der Beklagte habe schon während der Ehe mit seiner Promotion
begonnen. Es habe bereits damals der Lebenserfahrung entsprochen, daß er nicht auf Dauer wissenschaftlicher Mitarbeiter bleiben
würde und daß seine Einkünfte sich nach der Promotion erheblich steigern würden.
Demgegenüber vertritt die Revision den Standpunkt, daß die berufliche Entwicklung des Beklagten nach der Scheidung nicht vorhersehbar
gewesen und deshalb auch nicht unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen sei: Im Sommer 1978 habe lediglich festgestanden, daß
der Arbeitsvertrag des Beklagten als wissenschaftliche Hilfskraft - nicht etwa als promovierter Hochschulassistent im Sinne
des Hochschulrahmengesetzes - zum Ende des Jahres 1980 auslaufen werde und eine Weiterbeschäftigung an der Hochschule unwahrscheinlich
sein würde. Die Promotion sei erst nach der Scheidung erfolgt. Die vom Beklagten 1981 angenommene Stelle als Systemprogrammierer
habe seiner ursprünglichen Ausbildung nicht entsprochen. Das bei der Einstellung vereinbarte Gehalt sei nur möglich gewesen,
weil die Thematik der Dissertation für die Computerfirma als Berufserfahrung habe gewertet werden können. Das heutige Einkommen
des Beklagten beruhe dagegen darauf, daß er bei den jährlichen Leistungsbeurteilungen seiner Firma stets überdurchschnittlich
abgeschnitten habe.
2. In diesem Punkt hat die Revision Erfolg; das Auskunftsverlangen der Klägerin ist unbegründet.
a) Gemäß §
1580 Satz 1
BGB sind geschiedene Ehegatten verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. Nach dem
gemäß §
1580 Satz 2
BGB entsprechend anwendbaren §
1605 Abs.
1 Satz 1
BGB ist die Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich
ist. Der Senat hat daraus gefolgert, daß die Auskunft nach §
1580
BGB nur verlangt werden kann, wenn sie für den Unterhaltsanspruch relevant ist, also für die Bemessung des Unterhalts von Bedeutung
sein kann; dagegen besteht eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht, wenn feststeht, daß die begehrte Auskunft den
Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann (Urteil vom 7. Juli 1982 - IVb ZR 738/80 - FamRZ 1982, 996 m.w.N.).
b) Für die Feststellung der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten bzw. des Unterhaltsanspruchs der Klägerin ist nach den Ausführungen
zu §
1573
BGB (oben unter I.) die Auskunft nicht erforderlich. Sie könnte sich nur noch auf die Höhe des zu gewährenden Unterhalts (die
Unterhaltsbemessung) auswirken. Das Berufungsgericht ist insoweit zutreffend davon ausgegangen, daß das Maß des Unterhaltsbedarfs
der Klägerin sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien (§
1578 Abs.
1
BGB) im Zeitpunkt der Scheidung bestimmt (std. Rspr. des Senats, vgl. Urteil vom 31. März 1982 - IVb ZR 661/80 - FamRZ 1982, 576, 577 m.w.N.).
Die ehelichen Lebensverhältnisse werden im allgemeinen durch das Einkommen bestimmt (std. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 7.
Juli 1982 aaO.); in einer Ehe, in der nur einer der Ehegatten einer Erwerbstätigkeit nachgeht und keine sonstigen Einkünfte
erzielt werden, prägt allein dessen Einkommen den Lebensstandard. Im vorliegenden Fall kommt es daher auf das Gehalt an, das
der Beklagte im Zeitpunkt der Scheidung im Sommer 1978 aufgrund seiner damaligen Stellung als wissenschaftlicher Angestellter
nach BAT II a bezogen hat. Zu dessen Feststellung - einschließlich der seither zum Ausgleich von Kaufkraftverlusten und zur Anpassung
an allgemeine Einkommenssteigerungen etwa eingetretenen Erhöhungen - bedarf die Klägerin nicht einer Auskunft über die gegenwärtigen,
auf anderer Basis dem Beklagten von seinem jetzigen Arbeitgeber gewährten Vergütungen.
c) Allerdings können nach der Rechtsprechung des Senats erst nach der Scheidung eintretende Einkommensverbesserungen in Ausnahmefällen
noch die Höhe des nachehelichen Unterhalts beeinflussen, wenn ihnen eine Entwicklung zugrundeliegt, die aus der Sicht des
Zeitpunkts der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, und die Ehegatten daher ihren Lebenszuschnitt im Hinblick
auf die künftige Entwicklung gestalten konnten. Diese Voraussetzungen hat der Senat für eine wegen der Beförderungspraxis
sich verwirklichende Laufbahnerwartung eines kriegsgedienten Offiziers der Bundeswehr bejaht (Urteil vom 21. April 1982 -
IVb ZR 741/80 - FamRZ 1982, 684, 686). Ebensowenig hat der Senat beanstandet, daß eine erst nach der Scheidung realisierte Anstellung als Kraftfahrzeugmeister
in einem Fall bereits den ehelichen Lebensverhältnissen zugerechnet worden ist, in dem der Ehegatte die Meisterprüfung schon
während der Ehe abgelegt hatte, seine Mitprüflinge auch bereits eine Meisterstelle erreicht hatten und sich dies bei dem Betroffenen
nur deshalb verzögert hatte, weil bei seinem Arbeitgeber eine entsprechende Stellung erst frei werden mußte (Urteil vom 27.
Juni 1984 - IVb ZR 23/83 - nicht veröffentlicht). Auf der anderen Seite hat der Senat es gebilligt, daß der Tatrichter aus der Sicht einer im Jahre
1946 erfolgten Scheidung die Entwicklung einer gerade erst eröffneten Arztpraxis unter den besonderen Verhältnissen der Nachkriegszeit
als ungewiß beurteilt und den später tatsächlich eingetretenen Einkommenssteigerungen keinen Einfluß auf die ehelichen Lebensverhältnisse
beigemessen hatte (Urteil vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 724/80 - FamRZ 1982, 895, 896).
Die Revision beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht einer danach nur ausnahmsweise zu berücksichtigenden nachehelichen
beruflichen Entwicklung des erwerbstätigen Ehegatten im vorliegenden Fall Bedeutung beigemessen hat. Ob es der Lebenserfahrung
entsprach, daß der Beklagte nicht auf Dauer wissenschaftlicher Mitarbeiter bleiben, vielmehr nach Abschluß seiner Promotion
eine höher dotierte Stellung erreichen werde, ist nicht der ausschlaggebende Gesichtspunkt. Es kommt darauf an, ob die Erwartung
einer künftigen konkreten Einkommenssteigerung schon die ehelichen Lebensverhältnisse zur Zeit der Scheidung geprägt hat.
Dafür liefert der festgestellte Sachverhalt jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte. Zur Zeit der Scheidung bestand lediglich
eine nach BAT II a vergütete Anstellung des Beklagten im Hochschuldienst, die noch etwa zwei und ein halbes Jahr - bis Ende 1980 - weiterlief.
Welche Tätigkeit der Beklagte nach Auslaufen dieses Anstellungsvertrages ausüben würde, lag noch im Ungewissen. Es war weder
vorgegeben noch hinreichend wahrscheinlich, daß die Tätigkeit des Beklagten als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Hochschuldienst
nach der Promotion in eine besser bezahlte Stellung in der Computerindustrie einmünden werde. Von einer vorhersehbaren, schon
zur Zeit der Scheidung sich abzeichnenden Laufbahn kann dabei keine Rede sein. Die bloße Möglichkeit einer solchen beruflichen
Entwicklung reicht nicht aus, ihr einen bereits die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einfluß zuzuerkennen.