Gründe
I.
Die Antragsteller begehren existenzsichernde Leistungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Im Beschwerdeverfahren wendet
sich die Beigeladene gegen ihre Verpflichtung, den Antragstellern einstweilen Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die am 00.00.1987 geborene Antragstellerin zu 1) ist italienische Staatsangehörige, der am 00.00.1982 geborene Antragsteller
zu 2) ist Nigerianer. Die Antragsteller zu 1) und 2) sind seit August 2014 miteinander verheiratet und haben vier Kinder,
die Antragsteller 3) bis 6), die italienische Staatsangehörige sind. Die Antragsteller zu 3) und 4) sind am 00.00.2010 und
00.00.2011 geboren. Die Antragstellerin zu 3) besucht seit Sommer 2016 die Grundschule. Die Antragsteller zu 5) und 6) sind
am 00.00.2015 und 00.00.2016 geboren. Die Antragstellerin zu 1) ist mit den Antragstellern zu 3) und 4) im September 2015
in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, der Antragsteller zu 2) im November 2015. Die Antragsteller wohnen in einer
Mietwohnung, die Miete beträgt 660,- EUR monatlich (388,- EUR Kaltmiete, 200,- EUR Betriebskosten und 72,- EUR Heizkosten).
Die Antragstellerin zu 1) arbeitete zunächst ab 09.01.2016 im Restaurant "Q" in X für 8,50 EUR/Stunde und maximal 450,- EUR
monatlich als geringfügig Beschäftigte (Arbeitsvertrag vom 09.01.2016). Nach der Einkommensbescheinigung vom 03.05.2016 bestand
das Arbeitsverhältnis vom 06.01.2016 bis zum 31.03.2016. Die Antragstellerin zu 1) verdiente im Januar 2016 263,50 EUR, im
Februar 2016 246,50 EUR und im März 2016 199,75 EUR. Sie verrichtete die Arbeit morgens ab 5.00 Uhr. Zusätzlich verlangte
der Arbeitgeber nach Angaben der Antragstellerin zu 1), dass sie von 20.00 - 24.00 als "Toilettenfrau" (4,- EUR/Stunde) in
einem anderen Café arbeiten und morgens wieder die ursprünglichen Tätigkeit verrichten solle. Die Antragstellerin, die schwanger
war, weigerte sich. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber zum 31.03.2016. Der Antragsgegner bewilligte den Antragstellern mit
Bescheid vom 24.05.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 01.03.2016 bis zum 30.06.2016.
Den Weiterbewilligungsantrag vom 11.05.2016 lehnte der Antragsgegner zunächst mit Bescheid vom 24.06.2016 ab, da die Antragstellerin
zu 1) ihre Tätigkeit im Restaurant "Q" nicht unfreiwillig verloren habe, sie sich deshalb nicht mehr auf die Arbeitnehmereigenschaft
berufen könne und sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 30.06.2016 Widerspruch. Die Klägerin erteilte hierzu dem Verein "Q A.C.L.I." Vollmacht.
Der Vereinszweck wird auf der Homepage (www.Q.acli.it) wie folgt auszugsweise beschreiben: "Einzelpersonen, Haushalten und
ganzen Gemeinschaften wirksame Unterstützung, ständige Beratung, stetigen Beistand und ausführliche Informationen anzubieten.
Q ACLI hat es sich auf die Fahne geschrieben, BürgerInnen zu unterstützen und aufzuklären und ihre Rechte als ArbeitnehmerInnen,
Erwerbslose, RentnerInnen, Behinderte, ItalienerInnen, EuropäerInnen und vielmehr zu verteidigen." Der Bevollmächtigte trug
zu den Gründen für die Beendigung der Beschäftigung bei "Q" vor und führte ergänzend aus, die Antragstellerin sei ab 01.06.2016
als Arbeitnehmerin anzusehen, da sie eine "neue Arbeit" habe, "wo sie am Wochenende 2 Stunden ein Büro reinigt". Die Unterlagen
hierüber lägen noch nicht vor, sobald diese vorliegen, würden sei eingereicht. Mit Schreiben vom 22.07.2016 übersandte der
Bevollmächtigte eine Lohnabrechnung "für die neue Arbeit". Der Bevollmächtigte erläuterte, die Antragstellerin zu 1) reinige
"ein Büro einmal wöchentlich" und habe am 01.06.2016 begonnen. Beigefügt waren eine Lohnabrechnung über einen Auszahlungsbetrag
von 59,27 EUR für Juni 2016 sowie eine Anmeldung der Antragstellerin zu 1) zur Sozialversicherung.
Aufgrund der Ausführungen des Bevollmächtigten zu dem Gründen für die Beendigung der Beschäftigung bei "Q" erkannte der Antragsgegner
einen unfreiwilligen Arbeitsplatzverlust und damit die Arbeitnehmereigenschaft bis zum 30.09.2016 an. Er bewilligte Leistungen
bis zu diesem Zeitpunkt (Abhilfebescheid vom 16.08.2016).
Am 07.09.2016 beantragten die Antragsteller die Weiterbewilligung der Leistungen. Mit Bescheid vom 28.09.2016 lehnte der Antragsgegner
den Antrag gestützt auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens legten die Antragsteller einen "Arbeitsvertrag für geringfügig entlohne Beschäftigte"
zwischen der Antragstellerin zu 1) und dem Verein "Q A.C.L.I. Germania" vom 30.06.2016 vor, nach dem die Antragstellerin dort
ab 01.06.2016 als "Putzfrau" in einem Arbeitsverhältnis stehe und eine Bruttovergütung iHv 80,- EUR erhalte. Die Antragstellerin
bezog Mutterschaftsgeld vom 16.09.2016 bis zum 27.12.2016. Anschließend nahm sie nach ihren Angaben die Tätigkeit bei Q wieder
auf. Nach den Lohnabrechnungen für Mai 2017 bis Juli 2017 erzielt sie weiter einen monatlichen Lohn iHv 80,- EUR brutto und
59,27 EUR netto.
Der Antragsteller zu 2) nahm vom 17.05.2016 bis zum 16.11.2016 an der Maßnahme "Aktivierung Dialog" in der Zeit von 8.00 bis
14.30 teil. Seit dem 29.10.2016 arbeitet er bei der Firma "B Gebäudereinigung Ltd." und erzielt einen Lohn iHv 396,- EUR bis
450,- EUR monatlich.
Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens L 19 AS 2180/16 B ER bewilligte der Antragsgegner mit Bescheiden vom 13.01.2017 und 16.08.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
für die Zeit vom 29.10.2016 bis 30.04.2017.
Den Fortzahlungsantrag vom 08.03.2017 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 06.04.2017 unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab. Das Aufenthaltsrecht ergebe sich alleine aus dem Zweck der Arbeitsuche.
Die Antragsteller legten, vertreten durch eine Rechtsanwältin, die eine Vollmacht beifügte, am 26.04.2016 Widerspruch ein
und begründeten diesen. Mit Schreiben vom 17.05.2017 zeigte Rechtsanwalt S seine Bevollmächtigung durch Vorlage einer Vollmacht
an und führte ergänzend aus, das monatliche Einkommen des Antragstellers zu 2) iHv 450,- EUR begründe den Anspruch. Zudem
unterfalle die Antragstellerin zu 1) als "Kerneuropäerin" dem Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA). Da bereits in einem Verfahren
vor dem 19. Senat des LSG die Arbeitnehmereigenschaft des Antragstellers zu 2) anerkannt worden sei, werde um zeitnahe Bewilligung
und Übersendung des Bescheides an den Bevollmächtigten gebeten. Mit Schreiben vom 29.05.2017 fragte der Antragsgegner bei
Rechtsanwalt S nach, ob die Antragsteller der vormals Bevollmächtigten das Mandat entzogen hätten. Mit Schriftsatz vom 16.06.2017
teilte Rechtsanwalt S mit, das das Mandat gekündigt worden und jegliche Korrespondenz mit ihm zu führen sei. Der Antragsgegner
wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2017 zurück und stellte diesen an die zunächst bevollmächtigte Rechtsanwältin
zu. Hiergegen haben die Antragsteller keine Klage erhoben. Im Erörterungstermin vom 25.09.2017 hat der Antragsgegner zugesagt,
zeitnah über den Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu entscheiden. Über den Antrag hat der Antragsgegner bisher jedoch nicht entschieden.
Am 28.07.2017 haben die Antragsteller bei dem Sozialgericht Düsseldorf beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen
Anordnung zu verpflichten, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab Antragstellung bei Gericht für sechs Monate nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Mit dem erzielten Verdienst
könne das Existenzminimum nicht gesichert werden. Es bestünden Verbindlichkeiten bei der Krankenversicherung. Zudem bestehe
ab dem 30.04.2017 kein Krankenversicherungsschutz mehr. Die Wohnung sei vom Vermieter am 21.11.2016 fristlos gekündigt worden.
Der Mietrückstand betrage ca 3.000,- EUR. Ggf komme eine Leistungsverpflichtung des SGB Xll-Trägers in Betracht.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, die von der Antragstellerin zu 1) ausgeübte Beschäftigung sei untergeordnet und unwesentlich.
Ein Arbeitnehmerstatus ergebe sich hieraus nicht, Ein anderes Aufenthaltsrecht als das zur Arbeitsuche könne die Antragstellerin
zu 1) nicht beanspruchen. Auch die Tätigkeit des Antragstellers zu 2) rechtfertige keine andere Beurteilung. Der drittstaatenangehörige
Ehemann leite sein materielles Aufenthaltsrecht ausschließlich als Familienangehöriger von dem Freizügigkeitsrecht seiner
Ehefrau ab. Insofern sei der Umfang seiner Tätigkeit unbeachtlich. Weil der Antragsteller zu 2) kein EU-Bürger sei, könne
die Antragstellerin als Familienangehörige von ihm auch kein Freizügigkeitsrecht nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ableiten.
Mit Beschluss vom 13.09.2017 hat das Sozialgericht die Stadt X als Sozialhilfeträger zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene
ist der Ansicht, der Antragsgegner sei der zuerst angegangener Träger und nach §
43 SGB I leistungsverpflichtet. Zu berücksichtigen sei, dass ein Vorlagebeschluss beim Bundesverfassungsgericht existiere, wonach
der Leistungsausschluss im SGB II verfassungswidrig sei. Solange hierüber noch nicht entschieden sei, komme eine Leistungsverpflichtung des SGB Il-Trägers
nach § 41a SGB II im Rahmen einer vorläufigen Leistungsbewilligung in Betracht.
Mit Beschluss vom 26.09.2017 hat das Sozialgericht die Beigeladene einstweilen verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit
vom 28.07.2017 bis zum 31.12.2017 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII unter Anrechnung des Einkommens nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Der Zulässigkeit des Antrags stehe
nicht entgegen, dass der Bescheid vom 06.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2017 nicht mit der Klage
angefochten worden sei. Es könne dahinstehen, ob der Widerspruchsbescheid vom 27.06.2017 wirksam zugestellt worden sei. Die
Antragsteller seien im Widerspruchsverfahren anwaltlich vertreten gewesen, die Zustellung des Widerspruchsbescheides sei nachweislich
nicht an den Bevollmächtigten, sondern an die Antragsteller persönlich erfolgt. Denn der Antrag vom 28.07.2017 im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren sei als erneuter Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beim Antragsgegner zu sehen. Eine Vorbefassung des Antragsgegners mit diesem Antrag sei entbehrlich, da die Leistungsablehnung
kurz zuvor mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2017 ergangen sei und somit davon ausgegangen werden könne, dass es bei der
Auffassung des Antragsgegners verbleibe. lm Übrigen hätten die Antragsteller einen Antrag nach § 44 SGB X gestellt. Die Antragsteller hätten keinen Anordnungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin
zu 1) könne ihr Aufenthaltsrecht allenfalls auf den Zweck der Arbeitsuche stützen oder aus Art. 10 VO (EU) 492/2011 ableiten.
Sie habe keine Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmerin gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU. Denn die Tätigkeit bei Q stelle sich als völlig untergeordnete oder unwesentliche Tätigkeit dar und begründet keinen Arbeitnehmerstatus.
Um den Arbeitnehmerstatus zu bejahen, sei ein die Freibetragsgrenze des § 11b Abs. 2 SGB II iHv 100,- EUR übersteigender Verdienst notwendig. Diese werde bei 59,- EUR monatlich deutlich unterschritten. Ob die Antragsteller
zu 3 und 4) und im Zuge dessen auch deren Eltern ein Aufenthaltsrecht auf Art. 10 VO (EU) 492/2011 stützten könnten, könne
offen bleiben. Auch müsse nicht entschieden werden, ob der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II normierte Leistungsausschluss als europarechtskonform sei. Denn die Antragsteller hätten einen Anordnungsanspruch gegenüber
dem Beigeladenen zur Zahlung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt und Kosten der Unterkunft glaubhaft machen. Der
Anspruch ergebe sich aus § 23 SGB XII i.V.m. Art. 1 EFA. Der Anspruch beinhalte den Regelbedarf gem § 27a SGB XII und den Bedarf für die Unterkunft und Heizung gem. § 35 SGB XII seit 28.07.2017. Die Notwendigkeit einer darüber hinausgehenden Verpflichtung des Beigeladenen zur Übernahme von Mietschulden
sei angesichts des Ausspruchs über die Zahlung der laufenden Kosten der Unterkunft und Heizung und rückwirkenden Bewilligung
der Regelleistung für die Zeit ab 28.07.2017 nicht gegeben. Mit der Bewilligung der Leistungen ab 28.07.2017 dürften die Antragsteller
im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in der Lage sein, die rückständige Miete in Höhe von 3.000,- EUR zu begleichen.
Einen weitergehenden Anspruch nach § 36 Abs. 1 SGB XII hätten die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
Die Beigeladene hat gegen den am 29.09.2017 zugestellten Beschluss am 12.10.2017 Beschwerde eingelegt. Nach §
43 SGB I sei der Antragsgegner als der zuerst angegangene Leistungsträger zu verpflichten. Zu beachten sei, dass sich die Antragstellerin
zu 1) auf ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht wegen ihrer schulpflichtigen Kinder berufen könne. Zudem könne sich die Antragstellerin
ggf doch auf ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin berufen. Es scheine sich um eine regelmäßig ausgeübte Tätigkeit zu handeln,
die schon einen längeren Zeitraum verrichtet werde. Zudem sei unter Hinweis auf § 41a Abs. 7 SGB II und das Verfahren BVerfG - 1 BvL 4/16 eine vorläufige Leistungserbringung zu erwägen. Zu bedenken sei schließlich, dass der Sozialhilfeträger keine Eingliederungsleistungen
- zB Deutschkurs etc - an den Antragsteller zu 2) erbringen könne.
Die Beigeladene beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.09.2017 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
abzulehnen, soweit das Sozialgericht die Beigeladene zur Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt verpflichtet hat.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Eine Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu erkennen. Eine Verpflichtung nach §
43 SGB I scheide aus, da die Sach- und Rechtslage eindeutig und damit nicht streitig sei. Die Antragstellerin zu 1) könne sich nicht
auf den Status eines Arbeitnehmers berufen. Aus der Neukonzeption des § 3 Abs. 4 FreizügG/EU folge, dass der Schulbesuch der Antragsteller zu 3) und 4) zu keinem Anspruch führen könne. Ergänzend sei darauf hinzuweisen,
dass der Widerspruchsbescheid an die damalig zuständige Bevollmächtigte und nicht an die Antragsteller zugestellt worden sei.
Die Antragsteller weisen darauf hin, dass der Widerspruchsbescheid vom 27.06.2017 bis heute nicht ordnungsgemäß zugestellt
worden sei. Eine Erhebung der Klage innerhalb der Frist ausgehend von der Zustellung an die ursprünglich Bevollmächtigte sei
daher nicht möglich gewesen. Das Widerspruchsverfahren sei daher noch nicht abgeschlossen. Der Antragsgegner sei materiell
verpflichtet, vorläufig Leistungen zu erbringen. Der Einschätzung der Beigeladenen werde zugestimmt. Das Mietenkonto des Vermieters
weise ein Soll iHv 4.050,- EUR aus. Es sei alsbald mit einer Räumungsklage zu rechnen.
Der Senat hat die Akten S 18 AS 3834/16 ER und S 37 AS 3049/17 beigezogen.
II.
Die Beschwerde der Beigeladenen ist zulässig und begründet. Die Antragsteller haben im tenorierten Umfang Anspruch auf Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gegenüber dem Antragsgegner.
Gegenstand des Verfahrens ist die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners bzw. der Beigeladenen zur Zahlung von existenzsichernden
laufenden Leistungen einschließlich Unterkunftskosten. Nicht Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist die Übernahme
von evtl Mietschulden iSd § 22 Abs. 8 SGB II, da diese gesondert beantragt und ggf gerichtlich geltend gemacht werden müssen.
Der Senat ist zu einer Verpflichtung des Antragsgegners befugt. Wird ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen
den Antragsgegner abgelehnt und die Beigeladene verpflichtet und legt nur diese Beschwerde ein, muss das Beschwerdegericht
über alle in Frage kommenden Ansprüche, also auch über den Anspruch entscheiden, der gegen den Antragsgegner gerichtet war
(LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 07.12.2016 - L 15 SO 293/16 B ER; Leitherer in Meyer-Ladewig,
SGG, 12. Aufl., §
75 Rn. 18b).
Der Verpflichtung des Antragsgegners steht nicht entgegen, dass der Bescheid vom 06.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 27.06.2017 nicht mit der Klage angefochten worden ist. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde vom Sozialgericht
zutreffend als Antrag auf Zahlung von Leistungen nach dem SGB II gewertet. Das Rechtsschutzinteresse war - obwohl die Antragsteller zuvor keinen Weiterbewilligungsantrag gestellt hatten
- nicht zu verneinen. Denn der Antragsgegner hat am 27.06.2017 im Widerspruchsbescheid den Leistungsanspruch der Antragsteller
verneint. Somit war ein erneutes Verwaltungsverfahren bei zu erwartender abschlägiger Bescheidung auch unter Berücksichtigung
der Mittellosigkeit der Antragsteller entbehrlich. Inwieweit das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 06.04.2017 noch
nicht abgeschlossen ist und der Widerspruchsbescheid nochmals zuzustellen ist, bedarf daher keiner Entscheidung.
Einstweilige Anordnungen sind nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt
grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung.
Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung
(Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz
jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist
eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller
umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 05.09.2017 - L 7 AS 1419/17 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER).
Die Antragstellerin zu 1) hat - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze
nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (Nr. 1), ist erwerbsfähig (Nr. 2), hilfebedürftig (Nr. 3) und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland (Nr. 4). Die Antragsteller zu 2) bis 6) sind als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin
zu 1) nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II leistungsberechtigt.
Der Leistungsanspruch der Antragsteller entfällt nicht aufgrund des seit dem 29.12.2016 geltenden Leistungsausschlusses des
§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II, wonach Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen
keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben.
Allerdings hat die Antragstellerin bislang nicht glaubhaft gemacht, dass sie derzeit über ein Freizügigkeitsrecht als Arbeitnehmerin
iSd § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU verfügt.
Der Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des europäischen Gemeinschaftsrechts ist weit auszulegen. Der EuGH (Urteile vom 04.09.2009
- C-22/08 und C-23/08 - Vatsouras/Koupatanze und vom 04.02.2010 - C-14/09 - Genc) betont in ständiger Rechtsprechung, dass als Arbeitnehmer jeder anzusehen ist, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit
ausübt, wobei nur Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet
und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach dieser Rechtsprechung darin, dass
jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung
eine Vergütung erhält. Dass die Bezahlung einer unselbständigen Tätigkeit unter dem Existenzminimum liegt, hindert nicht,
die Person, die diese Tätigkeit ausübt, als Arbeitnehmer anzusehen, selbst wenn der Betroffene die Vergütung durch andere
Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts, wie eine aus öffentlichen Mitteln des Wohnortmitgliedstaats gezahlte finanzielle
Unterstützung, zu ergänzen sucht. Zudem führt hinsichtlich der Dauer der ausgeübten Tätigkeit der bloße Umstand, dass eine
unselbständige Tätigkeit von kurzer Dauer ist, als solcher nicht dazu, dass diese Tätigkeit vom Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit
(Art. 39 EG) ausgeschlossen ist. Folglich lässt sich nach der Rechtsprechung des EuGH unabhängig von der begrenzten Höhe der
Vergütung und der kurzen Dauer der Berufstätigkeit nicht ausschließen, dass diese aufgrund einer Gesamtbewertung des betreffenden
Arbeitsverhältnisses von den nationalen Stellen als tatsächlich und echt angesehen werden kann.
Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass das von der Antragstellerin zu 1) vorgetragene Beschäftigungsverhältnis
bei dem "Q A.C.L.I. Germania eV" ein echtes und gelebtes Arbeitsverhältnis ist, mit dem die Antragstellerin zu 1) einen Leistungsanspruch
begründen kann.
Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Arbeitgeberin um eine Institution
handelt, deren ausdrückliches Ziel es ist, italienischen Staatsangehörigen zur Verwirklichung sozialrechtlicher Ansprüche
zu verhelfen und die die Antragstellerin im Widerspruchsverfahren gegen die Leistungsablehnung ab Juli 2016 u.a. mit der Begründung
vertreten hat, die Antragstellerin zu 1) stehe nunmehr wieder in einem Arbeitsverhältnis. Wird eine Arbeitnehmertätigkeit
bei dem Bevollmächtigten behauptet, der den Betroffenen im Verfahren gegen die Leistungsablehnung vertritt, sind die Anforderungen
an die Echtheit und das Gelebtwerden der Arbeitnehmereigenschaft besonders kritisch zu prüfen. Denn es ist naheliegend, dass
die Arbeitnehmereigenschaft nur begründet worden ist oder auch nur behauptet wird, um der Durchsetzung von Leistungsansprüchen
zu dienen. Für eine derartige Zielrichtung, die die Anerkennung als Arbeitnehmerin ausschließt (EuGH Urteil vom 21.06.1988
- C-39/86), spricht, dass der bevollmächtigte Verein zunächst nicht offengelegt hat, dass er selbst als Arbeitgeber fungieren wird,
sondern in dem Widerspruchsschreiben in unbestimmter Weise auf "eine neue Arbeit" hingewiesen hat. Erläuterungsbedürftig ist,
weshalb der Arbeitsvertrag nicht sofort vorgelegt werden konnte. Zu hinterfragen ist auch, weshalb der Bedarf an der Arbeitskraft
der Antragstellerin zu 1) exakt in dem Monat entstanden sein soll, in dem der Leistungsanspruch gegen den Antragsgegner zunächst
endete und weshalb nicht sofort zu Arbeitsbeginn der Arbeitsvertrag geschlossen wurde, sondern dieser am 30.06.2016 auf den
01.06.2016 zurückdatiert wurde. In einem Hauptsacheverfahren werden die Ermittlungen deshalb auch darauf zu erstrecken sein,
ob die Arbeitstätigkeit tatsächlich ausgeübt wird, weshalb es für den Arbeitgeber ausreichend ist, dass die Reinigungstätigkeit
nur einmal wöchentlich am Wochenende ausgeübt wird, ob es noch andere Arbeitsverhältnisse in ähnlichen Fallgestaltungen gibt
und wer die Reinigungsarbeiten während des Mutterschutzes des Antragstellerin zu 1) ausgeübt hat.
Ungeachtet dessen dürfte es - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - auch unter Zugrundelegung großzügiger Maßstäbe
zweifelhaft sein, dass es sich bei einer Tätigkeit mit einer Wochenarbeitszeit von zwei Stunden und einem Brutto- sowie Nettolohn
deutlich unterhalb der Grenze des § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II um eine Arbeitnehmertätigkeit iSd europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit handelt. Eine solche Tätigkeit dürfte sich regelmäßig
als "völlig untergeordnet und unwesentlich" (EuGH Urteil vom 23.03.1982 - Rs. 53/81 Levin) darstellen.
Dennoch sind den Antragstellern im Wege der Folgenabwägung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einstweilen zuzusprechen.
Die Antragstellerin zu 3) verfügt über ein Aufenthaltsrecht aus Art. 10 VO (EU) 492/11. Danach können die Kinder eines Staatsangehörigen
eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn
sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats
am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Art. 10 VO (EU) 492/11 verleiht den Kindern
eines Arbeitnehmers ein eigenes Recht auf Zugang zum Unterricht an einer allgemeinbildenden Schule und damit ein autonomes,
dh nicht vom Aufenthaltsrecht ihrer Eltern abhängiges, eigenständiges Aufenthaltsrecht. Dieses Recht gilt für Kinder von Arbeitnehmern
wie auch für die Kinder ehemaliger Arbeitnehmer. Art. 10 VO (EU) 492/11 verlangt nur, dass das Kind mit seinen Eltern oder
einem Elternteil in der Zeit in einem Mitgliedstaat lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte (vgl.
EuGH Urteile vom 30.06.2016 - C-115/15, vom 13.06.2013 - C-45/12 Hadj Ahmed, vom 08.05.2013 - C-529/11 Alarape und Tijani, vom 14.06.2012 - C-542/09, vom 06.09.2012 - C-147/11/148/11 Czop und Punakova und vom 23.02.2010 - C-310/08; 480/08 Ibrahim und Teixeira). Der Antragstellerin zu 3) steht dieses Aufenthaltsrecht zu. Im Gegensatz zu der behaupteten
Tätigkeit der Antragstellerin zu 1) bei Q ist deren Tätigkeit bei dem Restaurant "Q" als gelebte und echte Arbeitnehmertätigkeit
anzusehen. Zwar war diese Tätigkeit beendet, bevor die Schulausbildung der Antragstellerin zu 3) im Sommer 2016 begann. Jedoch
ist - mit dem Antragsgegner - bei summarischer Prüfung nach dem Vorbringen der Antragstellerin zu 1) anzunehmen, dass sie
diese Tätigkeit durch eine Kündigung des Arbeitgebers unfreiwillig iSd § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU verloren hat und damit die Arbeitnehmereigenschaft für sechs Monate, dh bis September 2016, als fortbestehend anzusehen ist.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Antragstellerin zu 3) seine Schulausbildung begonnen.
Hieraus leitet sich ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1) als sorgeberechtigte Mutter der Antragstellerin
zu 3) ab. Soweit und solange die minderjährigen Kinder eines Arbeitnehmers oder ehemaligen Arbeitnehmers für die Wahrnehmung
ihrer Ausbildungsrechte aus Art. 10 VO (EU) 492/11 weiterhin der Anwesenheit und der Fürsorge des Elternteils bedürfen, um
ihre Ausbildung fortsetzen und abschließen zu können, besteht in gleicher Weise für die Eltern bzw. den Elternteil, die bzw.
der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein abgeleitetes Recht auf Aufenthalt aus Art 10 VO (EU) 492/11.
Dies hat der EuGH damit begründet, dass die Versagung der Möglichkeit für die Eltern, während der Ausbildung ihrer Kinder
im Aufnahmemitgliedstaat zu bleiben, geeignet sein könnte, den Kindern ein - ihnen vom Unionsgesetzgeber zuerkanntes - Recht
zu nehmen. Ohne Belang ist, ob der die elterliche Sorge tatsächlich wahrnehmende Elternteil - wie hier die Antragstellerin
zu 1) - nicht mehr Arbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat ist (vgl. EuGH Urteile vom 30.06.2016 - C-115/15 und vom 08.05.2013 - C-529/11 Alarape und Tijani). Das Aufenthaltsrecht für den tatsächlich die elterliche Sorge ausübenden Elternteil, dessen Kind sich
auf Art. 10 VO (EU) 492/11 berufen kann, besteht auch dann, wenn dieser Elternteil nicht über ausreichende Existenzmittel
oder einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügt (EuGH Urteile vom 23.02.2010 - C-310/08; C-480/08 Ibrahim und Teixeira). Zusammen mit dem in Ausbildung befindlichen Kind hat der sorgeberechtigte Elternteil daher ein von
diesem abgeleitetes Aufenthaltsrecht (so auch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 21.08.2017 - L 19 AS 1577/17 B ER).
Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c) SGB II steht einer zusprechenden Entscheidung im Wege der Folgenabwägung nicht entgegen. Zwar sind vorliegend die Voraussetzungen
dieser Ausschlussnorm ihrem Wortlaut nach gegeben. Danach sind Ausländer und Ausländerinnen vom Leistungsbezug ausgeschlossen,
die ihr Aufenthaltsrecht (wie hier) allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung
(EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb
der Union (Abl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (Abl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert
worden ist, ableiten.
Allerdings wird mit gewichtiger Argumentation geltend gemacht, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c) SGB II gegen das europäische Gemeinschaftsrecht verstößt (LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 21.08.2017 - L 19 AS 1577/17 B ER, vom 12.07.2017 - L 12 AS 596/17 B ER und vom 01.08.2017 - L 6 AS 860/17 B ER; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.02.2017 - L 6 AS 11/17 B ER; Derksen, info also 2016, 257; Devetzi/Janda, ZESAR 2017, 197). Greift der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c) SGB II gegenüber der Antragstellerin zu 1) nicht, ist sie als erwerbsfähige Leistungsberechtigte iSd § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzusehen und folgt der Leistungsanspruch der übrigen Antragsteller als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr.3 a, 4 SGB II) - wie ausgeführt - aus § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II.
Da die Rechtsfrage, ob § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 c) SGB II mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, im Hauptsacheverfahren eine Vorlage an den EuGH erfordert, ist unter Beachtung
des Gebots der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art.
19 Abs.
4 S. 1
GG eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerfG Beschluss vom 17.01.2017 - 2 BvR 2013/16 mwN), in die insbesondere die grundrechtlich relevanten Belange der Antragsteller einzustellen sind. Aus dem Gebot effektiven
Rechtschutzes kann sich die Verpflichtung ergeben, entgegen einer gesetzlichen Norm vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren,
also eine Gesetzesvorschrift nicht anwenden (so im Ergebnis auch LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 14.09.2017 - L 21 AS 782/17 B ER, vom 21.08.2017 - L 19 AS 1577/17 B ER, vom 16.08.2017 - L 19 AS 1429/17 B ER und vom 12.07.2017 - L 12 AS 596/17 B ER). Hier überwiegt das Interesse der Antragsteller am Erhalt von existenzsichernden Leistungen. Den Antragstellern droht
eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung ihres Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums
(Art.
1 Abs.
1 GG i.V.m. Art.
20 Abs.
1 GG), die durch ein Urteil in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Denn es besteht ein aktueller Bedarf an existenzsichernden
Leistungen für eine sechsköpfige Familie mit vier minderjährigen Kindern. Deren Bedarfsunterdeckung kann nicht, auch nicht
vorübergehend, hingenommen werden.
Bei der Folgenabwägung war ergänzend zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass sich im Hauptsacheverfahren herausstellen
sollte, dass ein Leistungsanspruch gegen den Antragsgegner nicht besteht, der vom Sozialgericht zugesprochene Anspruch auf
Hilfe zum Lebensunterhalt aus § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. Art. 1 EFA wahrscheinlich ist. Bezogen auf diese Leistungen hat die Bundesregierung keinen Vorbehalt zum EFA erklärt und die Ausschlussregelung
des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII findet keine Anwendung (BSG Urteil vom 17.03.2016 - B 4 AS 32/15 R). Für den Fall eines alternativ streitigen Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einerseits oder eines Anspruchs auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII (§ 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) andererseits ist der Antragsgegner als erstangegangener Leistungsträger nach §
43 SGB I verpflichtet und steht ihm ein Erstattungsanspruch nach § 102 Abs. 2 SGB X zu (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl Beschlüsse vom 27.10.2016 - L 7 AS 920/16 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER; ebenso Grube in JurisPK § 102 SGB X Rn. 30).
Schließlich hat die Beigeladene zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Zuordnung der Antragsteller zum SGB XII diese von den Eingliederungsleistungen des SGB II abschneidet, deren Erbringung indes dringend geboten erscheint.
Der Anordnungsgrund hinsichtlich des Regelbedarfs und der Kosten für Unterkunft und Heizung (Beschluss des Senats vom 06.12.2017
- L 7 AS 2132/17 B ER) ist ebenfalls glaubhaft gemacht. Die Antragsteller können ihren Lebensunterhalt weder aus eigenem Einkommen noch aus
Vermögen sicherstellen. Dem Anspruch auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung steht nicht entgegen, dass die Zahlung der
Miete im tenorierten Umfang wegen Höhe der Mietrückstände die Unterkunft evtl. noch nicht zu sichern vermag. Denn die Antragsteller
können auf Bescheidung des (nach Aktenlage wohl noch offenen) Antrags vom 30.11.2017 auf Übernahme von Mietschulden hinwirken
oder ggf einen neuen Antrag nach § 22 Abs. 8 SGB II stellen, der erfolgreich sein dürfte.
Die Verpflichtung des Antragsgegners lediglich dem Grunde nach folgt aus einer entsprechenden Anwendung von §
130 SGG. Der Antragsgegner wird bei der Berechnung des Anspruchs das Einkommen aus den Beschäftigungsverhältnissen, das Kindergeld
und das Elterngeld anspruchsmindernd berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).