Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren; Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung in verbundenen
Verfahren
Gründe:
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für verbundene
Rechtsstreitigkeiten beim Sozialgericht Chemnitz (SG), in denen sie mit der Arbeitsgemeinschaft SGB II Freiberg als Beklagte (im Folgenden: Beklagte) um Leistungen für einen
Mehrbedarf beim Lebensunterhalt streitet.
Die Antragstellerin ist im November 2007 geboren. Seit ihrer Geburt erbringt die Beklagte ihr als Angehörige ihrer Mutter,
L., Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Frau L. ist nach eigenen Angaben ledig.
Am 14. Februar 2008 beantragte die Mutter der Antragstellerin bei der Beklagten die Leistung eines Mehrbedarfes für ihre Tochter.
Die Entscheidung über das Vorliegen einer Behinderung habe sie beim Amt für Familie und Soziales Chemnitz - Versorgungsamt
beantragt.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2008 (W 406/08) lehnte die Beklagte den Antrag ab. Ein Mehrbedarf nach § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) scheide
wegen des Alters der Antragstellerin aus. Für einen Mehrbedarf nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II sei ein Schwerbehindertenausweis
erforderlich. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt.
Dagegen hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin am 11. April 2008 beim SG Klage erhoben sowie PKH für die Antragstellerin und ihre Mutter beantragt. Das Verfahren wird beim SG unter dem Aktenzeichen S 24 AS 1983/08 geführt. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin und ihrer Mutter hat
ihr Bevollmächtigter nicht eingereicht.
Am 16. April 2008 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin bei der Beklagten die Gewährung des Mehrbedarfszuschlages
ab dem 13. Dezember 2007. Mit Bescheid vom 9. April 2008 habe das Versorgungsamt eine Behinderung der Antragstellerin festgestellt.
Die Antragstellung erfolge vorsorglich und fristwahrend, falls der Bescheid vom 22. Februar 2008 in Bestandskraft erwachse.
Nach dem vorgenannten Bescheid vom 9. April 2008 liegt bei der Antragstellerin ein Adrenogenitales Syndrom mit Salzverlust
vor. Der Grad der Behinderung (GdB) beträgt ab dem 13. Dezember 2007 60 und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens
H liegen vor.
Mit Bescheid vom 17. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2008 (W 765/08) lehnte die Beklagte den Antrag vom 16. April 2008 ab. Ergänzend zum Widerspruchsbescheid vom 5. März 2008 führte sie aus,
der Antragstellerin sei nur das Merkzeichen H zuerkannt worden, welches nicht zugleich die Merkzeichen G oder aG erfasse.
Im Übrigen gelte § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II nur für erwerbsunfähige Hilfebedürftige, die das 15. Lebensjahr vollendet
haben.
Dagegen hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin am 12. Juni 2008 beim SG Klage erhoben sowie PKH für die Antragstellerin beantragt. Das Verfahren wurde beim SG unter dem Aktenzeichen S 24 AS 3214/08 geführt. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin nebst Belegen hierzu ging
beim SG am 13. Juni 2008 ein.
Mit Beschluss vom 16. Dezember 2008 hat das SG die Verfahren S 24 AS 1983/08 und S 24 AS 3214/08 verbunden und unter dem Aktenzeichen S 24 AS 1983/08 fortgeführt.
Mit Beschluss vom 17. Dezember 2008 hat das SG die Bewilligung von PKH abgelehnt. Die Klage habe keine Aussicht auf Erfolg. Dies gelte auch für das verbundene Verfahren.
Denn der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II sei nur erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen zu gewähren. Die Antragstellerin
gehöre aufgrund ihres Alters nicht zu den Erwerbsfähigen. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält der Beschluss nicht.
Der Beschluss wurde den Bevollmächtigten der Antragstellerin am 9. Januar 2009 zugestellt. Am 23. Januar 2009 haben sie beim
SG Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt.
Die Antragstellerin meint, die von ihr erhobene Klage habe Aussicht auf Erfolg. Denn sie habe insbesondere die Verfassungswidrigkeit
der angegriffenen gesetzlichen Regelung gerügt. Hierzu seien mehrere Verfahren beim Bundessozialgericht (BSG) anhängig und
von mehreren Landessozialgerichten (LSG) verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den Beschluss des SG Chemnitz vom 17. Dezember 2008 aufzuheben, ihr für das verbundene
Verfahren S 24 AS 1983/08 beim SG Chemnitz ab Antragstellung PKH zu bewilligen und ihren Bevollmächtigten beizuordnen.
Der Beschwerdegegner teilte zuletzt mit, die Antragstellerin sei bedürftig im Sinne der PKH-Vorschriften.
Auf Nachfrage des Senats hat die Beklagte mitgeteilt, sie habe den Widerspruchsbescheid vom 5. März 2008 zur Bekanntgabe an
die Antragstellerin am 6. März 2008 zur Post aufgegeben.
Dem Senat liegen die Leistungsakte der Beklagten (Blatt 1 bis 360) und die Gerichtsakten beider Rechtszüge vor. Sie waren
Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Nicht entscheidungserheblich ist, ob in der Hauptsache die Berufung zulässig
wäre. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats seit dem Beschluss vom 18. März 2009 - L 7 B 446/08 AS-PKH ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH nur nach §
172 Abs.
3 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen
Voraussetzungen verneint hat. Daran hat der Senat auch nach den später ergangenen abweichenden Entscheidungen hierzu - insbesondere
des 2. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts (Sächs. LSG; vgl. Beschlüsse vom 18. August 2009 - L 2 AS 321/09 B PKH und L 2 AS 352/09 B PKH) festgehalten (vgl. ausführlich Beschluss vom 1. Oktober 2009 - L 7 AS 294/09 B PKH und zuletzt Beschluss vom 15. Dezember 2009 - L 7 AS 443/09 B PKH). Denn nach Auffassung des Senats bestehen insbesondere weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein Wertungswiderspruch
und §
127 Abs.
2 Satz 2
Zivilprozessordnung (
ZPO) ist nicht entsprechend anzuwenden (vgl. ausführlicher hierzu die o.g. Beschlüsse vom 18. März und 1. Oktober 2009). Somit
ist nicht entscheidend, ob ein Ausschluss der Beschwerde mit dem
Grundgesetz (
GG) vereinbar wäre (vgl. hierzu z.B. Bundesverfassungsgericht - BVerfG, Beschluss vom 25. November 2009 - 1 BvR 2515/09, Rn 4). Das SG hat die Ablehnung der PKH ausschließlich auf die fehlende Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung gestützt.
Die Beschwerde ist begründet, soweit das SG die PKH für die Klage vom 12. Juni 2008 gegen den Bescheid vom 17. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
8. Mai 2008 (ursprüngliches Aktenzeichen beim SG: S 24 AS 3214/08) abgelehnt hat. Soweit die Antragstellerin PKH für die Klage vom 11. April 2008 gegen den Bescheid vom 22. Februar 2008 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2008 begehrt, ist die Beschwerde unbegründet. Aufgrund der Verbindung beider
Verfahren kann die PKH auf eines der beiden Klageverfahren beschränkt werden.
Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Satz 1
ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG (vgl. z.B. Beschlüsse vom 5. Dezember 2008 - 1 BvR 746/08, Rn 63 und 18. November 2009 - 1 BvR 2455/08, Rn 9) gebietet Art.
3 Abs.
1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung
des Rechtsschutzes. Verfassungsrechtlich ist es danach zwar nicht zu beanstanden, wenn die Gewährung von PKH davon abhängig
gemacht wird, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht
mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung
selbst in das Nebenverfahren der PKH vorzuverlagern und dieses gleichsam an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu
lassen. Dies bedeutet zugleich, dass PKH nur verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin
ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist.
Zudem dürfen nach der ebenso ständigen Rechtsprechung des BVerfG (vgl. z.B. Beschluss vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 und 2 BvR 656/06, Rn 12 sowie Beschluss vom 19. Februar 2008 - 1 BvR 1807/07, Rn 23) schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im PKH-Verfahren entschieden werden, sondern müssen auch
von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können. Zwar muss PKH nicht immer schon dann gewährt werden,
wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet
des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen
Regelung oder im Hinblick auf Auslegungshilfen, die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten
beantwortet werden kann. Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit
dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen fehlender Erfolgsaussichten ihres
Begehrens PKH vorzuenthalten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist nach ständiger Rechtsprechung
des Senats der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags. Nach einem ordnungsgemäßen Antrag auf PKH tritt die Entscheidungsreife
regelmäßig nach Vorlage der vollständigen PKH-Unterlagen (Belege im Sinne des §
117 Abs.
2 Satz 1
ZPO) sowie nach Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (§
118 Abs.
1 Satz 1
ZPO) ein (vgl. z.B. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12. September 2007 - 10 C 39/07 u.a., Rn 1 m.w.N.). Somit ist die Erfolgsaussicht im Regelfall zu Beginn des Verfahrens zu bewerten (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss
vom 5. Dezember 2008, aaO., Rn 65).
Danach hat das SG für die Klage der Antragstellerin vom 11. April 2008 gegen den Bescheid vom 22. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 5. März 2008 (W 406/08) im Ergebnis zu Recht die Bewilligung von PKH abgelehnt. Denn diese Rechtsverfolgung bot zum o.g. maßgeblichen Zeitpunkt
keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klage ist unzulässig. Denn die am 11. April 2008 eingegangene Klage war verfristet.
Am 11. April 2008 war die einmonatige Klagefrist (§
87 Abs.
1 Satz 1
SGG) abgelaufen. Die Frist begann mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2008 (vgl. §
87 Abs.
2 SGG) am 9. März 2008 und endete mit Ablauf des 9. April 2008, einem Mittwoch (vgl. zur Berechnung §
64 Abs.
2f SGG). Eine Zustellung (§
85 Abs.
3 Satz 2
SGG) nahm die Beklagte nicht vor. Die Bekanntgabe (§
85 Abs.
3 Satz 1
SGG) erfolgte mittels Übermittlung durch die Post. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X (in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) gilt der Widerspruchsbescheid als am dritten Tag nach der Aufgabe zur
Post als bekannt gegeben. Tatsachen für eine Ausnahme hiervon (§ 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der o.g. Fassung) oder für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§
67 Abs.
1 SGG) sind weder vorgetragen noch erkennbar. Dem entsprechend ergibt der "vorsorglich und fristwahrend" gestellte Zweitantrag
vom 16. April 2008 Sinn. Die Rechtsbehelfsbelehrung erfolgte dem Gesetz entsprechend (§§
66 Abs.
1,
85 Abs.
3 Satz 4
SGG), so dass auch eine Verlängerung der Frist ausscheidet.
Unter Würdigung der oben dargestellten Grundsätze hat aber die Klage vom 12. Juni 2008 im Verfahren mit dem ursprünglichen
Aktenzeichen S 24 AS 3214/08 hinreichende Aussicht auf Erfolg im prozesskostenhilferechtlichen Sinne. Denn seit Beginn des Verfahrens ist die entscheidungserhebliche
Rechtsfrage weder höchstrichterlich geklärt noch lässt sie sich ohne Schwierigkeiten beantworten.
Gegenstand dieses Verfahrens (§
95 SGG) ist der Bescheid vom 17. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2008 (W 765/08). Damit lehnte die Beklagte mit einem sog. Zweitbescheid als einen weiteren Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl. zum Zweitbescheid z.B. Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 6. Auflage 2008, § 31 Rn 31 und Schütze, aaO., Vor § 44 Rn 3) einen Anspruch der schwerbehinderten Antragstellerin auf Leistungen für einen Mehrbedarf
beim Lebensunterhalt ab. Keiner Entscheidung bedarf im PKH-Verfahren, ob diese Ablehnung mit dem geltenden Gesetz, insbesondere
mit § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II (vgl. hierzu z.B. Urteil des erkennenden Senats vom 8. Dezember 2008 - L 7 AS 7/08 sowie Urteile des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2008 - L 9 AS 13/08 - Revision unter dem Aktenzeichen B 14 AS 3/09 R anhängig - und L 9 AS 34/08), vereinbar ist. Denn selbst wenn das SGB II keinen Mehrbedarf für die Antragstellerin als schwerbehindertes Kind vorschreibt
oder zulässt (§ 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch), ist bisher nicht höchstrichterlich entschieden, ob die fehlende gesetzliche
Möglichkeit für Kinder, nach dem SGB II (weitere) abweichende Bedarfe geltend zu machen, mit dem
Grundgesetz vereinbar ist, obwohl Kinder von Sozialhilfeempfängern nach § 28 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch abweichende Bedarfe geltend machen können (vgl. hierzu z.B. BSG, Beschlüsse vom 27.
Februar 2009 - B 14/11b AS 9/07 R und B 14 AS 5/08 R, beim BVerfG unter den Aktenzeichen 1 BvR 3/09 und 1 BvR 4/09 anhängig). Da diese Rechtsfrage zu Beginn des Verfahrens weder erkennbar Gegenstand eines Revisionsverfahrens noch eines
Verfahrens beim BVerfG gewesen ist, war der Antragstellerin das Abwarten der Entscheidung des BSG oder BVerfG nicht zuzumuten
(vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 18. November 2009 - 1 BvR 2455/08, Rn 10f). Über die ordnungsgemäße Vertretung der Antragstellerin wird das SG im weiteren Verlauf des Verfahrens zu entscheiden haben (vgl. ausführlich hierzu z.B. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 54/08 R, Rn 19ff). Denn nach dem Inhalt der Akten üben die Eltern der Antragstellerin die elterliche Sorge gemeinsam aus (Erklärung
vom 29. Oktober 2007) und die Voraussetzungen für eine Alleinvertretungsbefugnis der Mutter der Antragstellerin sind bisher
wohl nicht gegeben. Die Antragstellerin war auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des erkennenden Gerichts noch bedürftig im
Sinne des §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
115 ZPO. Denn sie konnte die Kosten der Prozessführung beim SG nicht aufbringen.
Die Bewilligung der PKH konnte erst ab Vorlage der Erklärung der Antragstellerin und der entsprechenden Belege am 13. Juni
2008 beim SG erfolgen. Denn davor war der Antrag auf PKH unvollständig (vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 2. Juli 2009 - L 7 AS 87/09 B PKH, m.w.N.).
Die Beiordnung von Rechtsanwalt X beruht auf §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
121 Abs.
2 Alt. 1
ZPO.
Aufgrund der Verbindung beider Klageverfahren (§
113 Abs.
1 SGG) konnte die PKH-Gewährung auf eine der beiden Klagen beschränkt werden. Denn die Verbindung bewirkt nicht, dass aus mehreren
Rechtsstreitigkeiten eine einzige Streitigkeit wird (vgl. Kolmetz in: Jansen,
SGG, 3. Auflage 2009, §
113 Rn 9). Vielmehr bleiben die verbundenen Verfahren selbständig (vgl. z.B. Breitkreuz in: ders./Fichte,
SGG, 1. Auflage 2009, §
113 Rn 8). Somit sind die Sachentscheidungsvoraussetzungen und die Begründetheit des Klagebegehrens für jedes der verbundenen
Verfahren gesondert zu prüfen (vgl. z.B. Breitkreuz, aaO.; Peters/Sautter/Wollf,
SGG, 4. Auflage, Stand: Januar 2009, §
113 Rn 39 und Roller in: Lüdtke,
SGG, 3. Auflage 2009, §
113 Rn 8). Dem entsprechend sind nach Auffassung des erkennenden Senats in verbundenen Rechtsstreitigkeiten auch die Voraussetzungen
für die Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung oder -verteidigung im Sinne des §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Satz 1
ZPO gesondert zu prüfen. Denn die Verbindung kann wieder aufgehoben werden (§
113 Abs.
2 SGG). Des Weiteren bestimmt sich der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts (§
121 Abs.
2 ZPO und § 45 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltungsvergütungsgesetz - RVG) nach den Beschlüssen, durch die die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet wurde (§ 48 Abs. 1 RVG). Ohne die vorgenommene Beschränkung der PKH auf die Klage vom 12. Juni 2008 (S 24 AS 3214/08) könnten beide verbundene Verfahren als eigene Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG gelten. Dann könnte der beigeordnete Bevollmächtigte der Antragstellerin jeweils Gebühren für beide Verfahren fordern (vgl.
hierzu z.B. Sächs. LSG, Beschluss vom 24. August 2009 - L 6 AS 394/09 B KO). Für eine derartige Bevorzugung der Antragstellerin bzw. ihres Bevollmächtigten durch die Verbindung der Rechtsstreitigkeiten
besteht nach Auffassung des erkennenden Senats kein sachlicher Grund. Ob bei nicht verbundenen Rechtsstreitigkeiten und nur
teilweiser Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung PKH auch in sozialgerichtlichen Verfahren, bei denen sich die Vergütung
des beigeordneten Rechtsanwalts nach Betragsrahmengebühren (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG) bestimmt, unbeschränkt zu bewilligen ist oder beschränkt werden kann, hat der Senat in diesem Verfahren nicht zu entscheiden,
weil hier kein solcher Fall vorliegt (vgl. hierzu z.B. Bayerisches LSG, Beschluss vom 26. August 2009 - L 11 AS 362/09 B PKH; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Mai 2008 - L 23 B 103/08 SO PKH; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. März 2007 - L 5 B 118/06 ER AS; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. August 2007 - L 7 B 232/05 AS und LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21. Februar 2007 - L 7 B 189/06).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).