Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine darlehensweise Übernahme von Aufwendungen für eine Mietkaution und die monatliche Aufrechnung
des Anspruchs des Beklagten auf Rückzahlung des Mietkautionsdarlehens mit ihrem Anspruch nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auf den Regelbedarf i.H.v. monatlich 10 Prozent dieses Bedarfs.
Mit Bescheid vom 24. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2012 gewährte der Beklagte der Klägerin
ein Darlehen für eine Mietkaution i.H.v. insgesamt 1.110,00 Euro. Mit Aufrechnungs- und Änderungsbescheid vom 12. Juli 2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2012 erklärte der Beklagte die Aufrechnung des Anspruchs auf Rückzahlung
des Darlehens mit dem Anspruch der Kläger auf den Regelbedarf i.H.v. monatlich 10 Prozent dieses Bedarfs. Zur Begründung führte
der Beklagte aus, § 42a Abs. 2 SGB II gelte auch für Mietkautionsdarlehen. Ein atypischer Sachverhalt, der die Übernahme der Mietkaution als Beihilfe erforderlich
machen würde, sei von der Klägerin nicht vorgetragen worden und nach Aktenlage nicht zu erkennen. Von der Aufrechnung könne
nicht abgesehen werden.
Mit der vorliegenden Klage hat sich die Klägerin gegen die Widerspruchsbescheide vom 8. August 2012 und 10. August 2012 gewendet
und zur Begründung ausgeführt, die Verpflichtung zur Rückzahlung eines Darlehens über einen so langen Zeitraum – in ihrem
Fall 30 Monate – sei rechtswidrig.
Mit Beschluss vom 22. Oktober 2015 hat das Sozialgericht auf Antrag der Beteiligten im Hinblick auf das beim Bundessozialgericht
zu diesem Zeitpunkt noch anhängige Verfahren zum Az. B 4 AS 14/15 R das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Im Anschluss an das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. November 2018 zum Az.
B 14 AS 31/17 R hat der Beklagte die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Mit Änderungsbescheid vom 24. August 2020 zum Darlehensbescheid
vom 24. April 2012 hat der Beklagte diesen weiter begründet.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. Oktober 2021 – nach vorheriger Anhörung – hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Mietkaution
sei in ermessensfehlerfreier Weise darlehensweise bewilligt worden. Gem. § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II sollen Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile als Darlehen erbracht werden. Das sei sachgerecht,
da die Mietkaution in der Regel an den Mieter zurückfließe und eine Vermögensbildung durch SGB II-Leistungen nicht stattfinden solle. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend, dass der Klägerin hier
die begehrte Übernahme der Mietkaution ausnahmsweise zuschussweise zu bewilligen wäre, seien nicht ersichtlich. Der Beklagte
habe sein Ermessen im Rahmen der Entscheidung nach §
22 Abs.
6 Satz 3
SGG auch ordnungsgemäß ausgeübt. Zwar enthalte der streitige Darlehensbescheid vom 24. April 2012 keine hinreichenden Ermessenerwägungen
zu der Frage, ob der Klägerin dieser Betrag ausnahmsweise zuschussweise zu bewilligen gewesen wäre. Der Beklagte habe mit
Bescheid vom 24. August 2020 die erforderlichen Ermessenerwägungen allerdings nachgeholt und dabei die persönlichen Lebensumstände
der Klägerin berücksichtigt. Er habe insbesondere ausgeführt, dass die Klägerin von der Gewährung eines Kautionsdarlehens
finanziell nicht schwerer betroffen sei als andere Leistungsbezieher nach dem SGB II.
Rechtsgrundlage für die erklärte Aufrechnung sei § 42a Abs. 2 Satz 1 SGB II. Diese Regelung trage die Aufrechnung zur Tilgung von Mietkautionsdarlehen und ermächtige zum Erlass eines Grundlagenverwaltungsakts
(BSG, Urteil vom 28. November 2018 – B 14 AS 31/17 R). Der Grundlagenverwaltungsakt über die Aufrechnung sei ein Dauerverwaltungsakt, der als solcher vom Jobcenter unter Kontrolle
zu halten sei, um eine überhöhte Darlehensrückzahlung durch Aufrechnung zu vermeiden und um während der Aufrechnung auf rechtlich
relevante Änderungen reagieren zu können. Der Aufrechnung zur Tilgung von Mietkautionsdarlehen stünden durchgreifende verfassungsrechtliche
Bedenken wegen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aber nicht grundsätzlich entgegen
(BSG, a.a.O.). Die Aufrechnung dauere hier angesichts der Mietkaution von 1.110,00 Euro auch nur weniger als drei Jahre (vgl.
§ 43 Abs. 4 Satz 2 SGB II).
Die Klägerin hat am 26. Oktober 2021 Berufung eingelegt.
Sie hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 1. März 2022 hat der Senat die Berufung nach §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsprotokolle, die Prozessakte sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Berufung, über die das Gericht durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden kann, da
der Senat das Verfahren nach §
153 Abs.
5 SGG übertragen hat, bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Entscheidung konnte trotz Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Klägerin ordnungsgemäß
geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die darlehensweise Gewährung der Kaution und nachfolgende
Aufrechnung als rechtmäßig erachtet. Auch der Senat sieht dies nach den Regelungen der §§ 22 Abs. 6 Satz 3, 42a Abs. 2 Satz 1 SGB II als gerechtfertigt an. Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 28. November 2018 (a.a.O.) diese Rechtslage bestätigt;
für den Fall der Klägerin ergeben sich keine Besonderheiten. Wegen der weiteren Begründung wird auf den mit der Berufung angefochtenen
Gerichtsbescheides verwiesen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG vorliegt.