Qualitätssicherung der Erbringung bestimmter Leistungen in zugelassenen Krankenhäusern; Rechtmäßigkeit der Heraufsetzung der
Mindestmenge jährlich in Perinatalzentren der obersten Kategorie zu behandelnder Frühgeburten von 14 auf 30 ab 1.1.2011
Gründe:
I
Die klagende Krankenhausträgerin und der beklagte Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) streiten über die Erhöhung der Mindestmenge
jährlich in Perinatalzentren der obersten Kategorie zu behandelnder sehr geringgewichtiger Früh- und Neugeborener von 14 auf
30 ab 1.1.2011.
Der Gesetzgeber übertrug 2004 dem Beklagten die Kompetenz, für zugelassene Krankenhäuser einen Katalog planbarer Leistungen
zu beschließen, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen
abhängig ist, sowie Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Krankenhaus und Ausnahmetatbestände (§
137 SGB V idF durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz [GMG] vom 14.11.2003,
BGBl I 2190; geändert durch Art 1 Nr 110 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
[GKV-WSG] vom 26.3.2007, BGBl I 378; zuvor abweichende Zuständigkeit, vgl §
137 SGB V idF durch Art 1 Nr 5 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser [FPG] vom 23.4.2002, BGBl I
1412 mit Wirkung vom 30.4.2002). Die Spitzenverbände der Krankenkassen (KKn) beantragten deshalb (7.5.2004), eine Mindestmenge
von 40 Geburten für die Behandlung von Neugeborenen mit sehr niedrigem Geburtsgewicht festzusetzen (<1500 g; very-low-birth-weight
infants, im Folgenden: VLBW-Geburten). Sehr geringgewichtige Früh- und Neugeborene sind besonders gefährdet und bedürfen intensiver
Behandlung, um gesund zu überleben. Der Beklagte nahm sehr geringgewichtige Früh- und Neugeborene zunächst nicht in die Mindestmengenvereinbarung
(MMV) auf (vgl ua MMV vom 20.12.2005, geändert mit Beschluss vom 21.3.2006, BAnz Nr 143 S 5389 vom 2.8.2006; seit 1.1.2012:
"Regelungen des" GBA "gemäß §
137 Abs
3 Satz 1 N 2
SGB V für nach §
108 SGB V zugelassene Krankenhäuser" [Mindestmengenregelungen, Mm-R], Beschluss vom 24.11.2011, BAnz Nr 192 vom 21.12.2011 S 4509).
Er beschloss lediglich die "Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen"
([NICU-Vereinbarung] vom 20.9.2005, BAnz Nr 143 vom 28.10.2005 S 15684). Sie regelt ua ein vierstufiges Versorgungskonzept.
Danach versorgen Perinatalzentren der obersten Kategorie - Level 1 - Früh- und Neugeborene mit einem Gewicht <1250 g und/oder
<29+0 Schwangerschaftswoche (SSW; im Folgenden: Level-1-Geburten), Perinatalzentren Level 2 Frühgeborene mit einem Gewicht
von 1250 - 1499 g und/oder 29+0 bis 32+0 SSW (im Folgenden: Level-2-Geburten), Perinatale Schwerpunkte Kinder mit einem Geburtsgewicht
von mindestens 1500 g bei absehbarer postnataler Therapie und Geburtskliniken reife Neugeborene ohne bestehendes Risiko. Das
hiermit beauftragte Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kam in einem Literaturevidenzbericht
zum Ergebnis, es gebe Hinweise auf einen statistischen Zusammenhang, der sich bei steigender Leistungsmenge als Trend zur
Risikoreduktion darstelle (14.8.2008). Der Beklagte legte daraufhin fest, dass bei Perinatalzentren Level 1 das Zeitintervall
zwischen den Aufnahmen von Level-1-Geburten in den letzten zwölf Monaten durchschnittlich weniger als 30 Tage zu betragen
habe (Änderung der NICU-Vereinbarung, Beschluss vom 18.12.2008, BAnz Nr 65 vom 30.4.2009 S 1574). Der Beklagte ersetzte ab
1.1.2010 die Zeitintervallregelung durch eine Mindestmengenregelung (Änderung der NICU-Vereinbarung und der MMV, Beschluss
vom 20.8.2009, BAnz Nr 195 vom 24.12.2009 S 4450). Er bestimmte für Perinatalzentren Level 1 und 2 jeweils Mindestmengen von
14 Geburten. Der Beklagte erhöhte mit Wirkung zum 1.1.2011 die Mindestmenge der Level-1-Geburten auf 30 und hob die Mindestmengenregelung
für Perinatalzentren Level 2 ersatzlos auf (hier in seinem ersten Teil streitiger, insoweit vorläufig außer Vollzug gesetzter
Beschluss vom 17.6.2010, BAnz Nr 123 vom 18.8.2010 S 2840).
Das nach §
108 SGB V zugelassene Krankenhaus der Klägerin verfügt über eine neonatologische Intensivstation. Dort behandelt es Level-1-Geburten
(2006: 8; 2007: 14; 2008: 13; 2009: 16; 2010: 16; 2011: 12; bis einschließlich 11/2012: 19). Das LSG hat auf die unmittelbar
gegen die Erhöhung der Mindestmenge auf 30 Level-1-Geburten gerichtete Klage festgestellt, diese Regelung sei nichtig: Es
gebe keine durch kontrollierte Studien gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass die Qualität des Behandlungsergebnisses
in Form der Reduzierung der Mortalität in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen von Level-1-Geburten abhänge.
Eine besondere Kausalität könne dem IQWiG-Bericht nicht entnommen werden. Er beschreibe lediglich eine statistische Assoziation
zwischen Ergebnisqualität und Menge (Urteil vom 21.12.2011).
Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung des Art
19 Abs
4 GG, des §
55 SGG und des §
137 Abs 3 S 1 Nr
2 SGB V. Die Klage sei schon unzulässig, weil anderweitiger Rechtsschutz im Rahmen von Entscheidungen nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und nach §
109 Abs
1 S 5
SGB V zumutbar sei. Die Klage sei auch unbegründet. Die angegriffene Mindestmengenregelung sei als Maßnahme der vorsorglichen Risikominimierung
durch §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V gedeckt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Dezember 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Dezember 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
II
Die zulässige Revision des beklagten GBA ist unbegründet (§
170 Abs
1 S 1
SGG). Der erkennende, für Angelegenheiten der Krankenversicherung zuständige Senat ist zur Entscheidung in der Sache berufen,
die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt (dazu 1.). Das LSG hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Erhöhung
der Mindestmenge für Perinatalzentren der obersten Kategorie (Level 1) mit Wirkung vom 1.1.2011 von 14 auf 30 Fälle pro Jahr
und Einrichtung nichtig ist (dazu 2. - 7.).
1. a) Der erkennende 1. Senat des BSG ist geschäftsplanmäßig zuständig, den Rechtsstreit zu entscheiden. Die Sache betrifft eine Angelegenheit der Sozialversicherung
(§ 10 Abs 1, §
12 Abs
2 S 1, §
31 Abs
1 S 1, §
40 S 1
SGG), nämlich der Krankenversicherung, und nicht eine solche des Vertragsarztrechts (§
10 Abs
2, §
12 Abs
2, §
31 Abs
2, §
40 S 2
SGG). Entgegen der Auffassung des LSG erfasst §
10 Abs
1 SGG auch Klagen, die sich unmittelbar gegen Entscheidungen des Beklagten richten, wenn sie die Regelung von Mindestmengen nach
§
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V betreffen. Der Gesetzgeber hat die hier einschlägige Gruppe der Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien (RL) des GBA
lediglich in den Ausnahmefällen dem Vertragsarztrecht zugeordnet, in denen diese ausschließlich die vertragsärztliche Versorgung
betreffen, nicht aber zumindest auch die stationäre Versorgung (vgl §
10 Abs
2 S 2 Nr
1 SGG idF durch das Vierte Gesetz zur Änderung des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011, BGBl I 3057, und hierzu BT-Drucks 17/6764 S 26, entsprechend der bereits zuvor vertretenen
Rechtsauffassung des erkennenden 1. und des 3. Senats, BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 9 f, abweichend von der damaligen Rechtsauffassung des 6. Senats, vgl BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 19 ff; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 15 ff; zur inzwischen übereinstimmenden Auslegung vgl zusammenfassender Standpunkt des 1.,
3. und 6. Senats des BSG zu §
10 Abs
2 SGG unter B.II.1. Buchst b Nr
3, abgedruckt in SGb 2012, 495 ff).
b) Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die unmittelbar gegen
die Erhöhung der Mindestmenge (Beschluss des Beklagten vom 17.6.2010, BAnz Nr 123 vom 18.8.2010 S 2840) erhobene Normenfeststellungsklage
ist statthaft (dazu aa) und auch im Übrigen zulässig (dazu bb).
aa) Die Rechtsschutzgarantie des Art
19 Abs
4 GG gebietet es, die Feststellungsklage gegen untergesetzliche Rechtsnormen als statthaft zuzulassen, wenn die Normbetroffenen
ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können, etwa weil ihnen nicht zuzumuten ist, Vollzugsakte zur Umsetzung
der untergesetzlichen Norm abzuwarten oder die Wirkung der Norm ohne anfechtbare Vollzugsakte eintritt (stRspr zur Überprüfung
von Rechtsnormen des Beklagten und des Bundesausschusses der Ärzte und KKn: vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3 RdNr 14; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 22; BVerfGE 115, 81, 92 f und S 95 f = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 42 und 49 ff; vgl dazu BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 20 f).
Die Mindestmengenbestimmungen des Beklagten sind untergesetzliche Rechtsnormen im genannten Sinne. Der Beklagte regelt hierdurch
nach abstrakt-generellem Maßstab, welche zugelassenen Krankenhäuser gegenüber den KKn welche planbaren Leistungen erbringen
dürfen. Denn der Beklagte bestimmt für zugelassene Krankenhäuser grundsätzlich einheitlich für alle Patienten einen Katalog
planbarer Leistungen nach den §§ 17 und 17b KHG, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist
sowie Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Krankenhaus und Ausnahmetatbestände (§
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V).
Die Regelungen über die planbaren Leistungen und die ihnen zugeordneten Mindestmengen sind auch außenwirksam. Sie ergehen
als Beschluss (§
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V idF durch Art 3 Nr
7a Buchst b Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 - Krankenhausfinanzierungsreformgesetz
- [KHRG] vom 17.3.2009, BGBl I 534). Die Beschlüsse des Beklagten sind für seine Träger, deren Mitglieder und Mitgliedskassen
sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich (vgl §
91 Abs
6 SGB V idF durch Art 2 Nr 14 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378 mit Wirkung vom 1.7.2008; zur Anwendbarkeit vgl Roters, KasselerKomm, Stand 1.10.2012, §
137 SGB V RdNr 27; vgl dementsprechend zur Rechtsnormqualität der RL des Beklagten als untergesetzliche Rechtsnormen zB BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 33; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 21; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 32; vgl auch Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Entwurf eines GKV-WSG - BT-Drucks 16/3100 S 180 zu Nr 14 [§ 91 SGB V] Abs 6).
§
137 Abs
3 S 6
SGB V (idF durch Art 1 Nr 110 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; bis 30.6.2008: §
137 Abs
2 S 1
SGB V idF durch Art 1 Nr
54 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000, BGBl I 1999, 2626) schließt die umfassende Bindungswirkung iS von §
91 Abs
6 SGB V nicht aus, indem er die unmittelbare Verbindlichkeit der Mindestmengenbeschlüsse des Beklagten ausdrücklich nur für Krankenhäuser
anordnet. Die Regelung galt - mit dem Ziel umfassender Bindungswirkung der genannten Beschlüsse - in der Sache bereits vor
Einführung der allgemeinen Vorschrift über die Verbindlichkeit von Beschlüssen des Beklagten in das
SGB V (vgl bis 30.6.2008 §
91 Abs
9 SGB V idF durch Art 1 Nr 70 GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190, anknüpfend an bereits zuvor ergangene Rechtsprechung des BSG, zB BSGE 78, 70, 75 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 30; BSGE 81, 73, 81 ff = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 56 ff; BSGE 85, 36, 44 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 11 S 45; BSGE 87, 105, 110 = SozR 3-2500 § 139 Nr 1 S 7). Der Gesetzgeber sah lediglich von einer redaktionellen Klarstellung des §
137 Abs
3 S 6
SGB V ab.
bb) Die Klägerin ist klagebefugt für die begehrte Feststellung, dass die Erhöhung der Mindestmenge auf 30 Level-1-Geburten
nichtig ist (§
55 Abs
1 Halbs 1 Nr
1 iVm §
54 Abs
1 S 2
SGG; dazu (1)). Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an dieser baldigen Feststellung (§
55 Abs
1 Halbs 2
SGG; dazu (2)).
(1) Zur Vermeidung einer Popularklage ist auch bei der Feststellungsklage der Rechtsgedanke des §
54 Abs
1 S 2
SGG heranzuziehen, nach dem bei einer zulässigen Rechtsverfolgung "eigene" Rechte betroffen sein müssen (vgl BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 14 mwN; siehe auch BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 25). Hierfür genügt es, dass eine Rechtsverletzung der Klägerin möglich ist (vgl BSGE 105,
1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 14 mwN). Die Klägerin ist in diesem Sinne klagebefugt, weil nicht ausgeschlossen ist, dass
die Mindestmengenregelung eigene Rechte der Klägerin verletzt. Die begehrte Feststellung ist auf ein Rechtsverhältnis gerichtet
(§
55 Abs
1 Halbs 1 Nr
1 SGG), in dem die Klägerin eigene, grundrechtlich (Art
3 Abs
1, Art
12 Abs
1 GG) und einfachrechtlich (§
108 iVm §
137 Abs 3 S 1 Nr
2 SGB V) geschützte Belange geltend machen kann. Die Klägerin kann als nach §
108 SGB V zugelassenes Krankenhaus durch die Erhöhung der Mindestmenge beschwert sein. Die Prognose ist aufgrund ihrer bislang erbrachten
Leistungen negativ, dass sie voraussichtlich die Mindestmenge von 30 Level-1-Geburten erreichen bzw überschreiten wird. Nach
§
137 Abs
3 S 2
SGB V darf sie dann - unabweisbare Notfälle ausgenommen - weder zulasten der KKn noch gegenüber sonstigen Kostenträgern und Selbstzahlern
bei Level-1-Geburten Leistungen erbringen (vgl zum Grund für die Anknüpfung an den "Patienten" die Begründung zu Art 1 Nr
5 Buchst a im Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser, BT-Drucks
14/6893 S 30, und die Begründung zu Art 3 Nr 7a der Beschlussempfehlung zum Entwurf eines Gesetzes zum ordnungspolitischen
Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009, BT-Drucks 16/11429 S 47).
Die Beschwer entfällt auch nicht deswegen, weil der Beklagte die Erhöhung der Mindestmenge bis zu einer weiteren Entscheidung
außer Vollzug gesetzt hat. Insoweit handelt es sich nur um eine vorläufige Außervollzugsetzung, weil der Beklagte sich zugleich
vorbehalten hat, nach der Entscheidung des BSG erneut zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine Mindestmenge festgelegt bleibt. Hieraus erwächst der Klägerin weder eine
gesicherte Rechtsposition noch ist damit geklärt, ob der Beklagte eine höhere Mindestmenge als 14 Level-1-Geburten festsetzen
darf.
Auch sind ansonsten keine Gründe ersichtlich, die das Feststellungsinteresse der Klägerin entfallen lassen. Entgegen der Auffassung
des Beklagten steht dem Feststellungsinteresse nicht entgegen, dass das LSG offengelassen hat, dass die Klägerin die Voraussetzungen
der Anlage 1 der NICU-Vereinbarung (idF des Beschlusses vom 20.8.2009 BAnz Nr 195 vom 24.12.2009 S 4450) erfüllt. Insoweit
genügt es, dass die Klägerin tatsächlich Level-1-Geburten versorgt, die KKn bislang die Leistungen vergüten und es jedenfalls
nicht ausgeschlossen ist, dass die Klägerin die Qualitätssicherungsanforderungen erfüllt. Die Klägerin ist schließlich auch
nicht aufgrund eines Bescheides der zuständigen Landesbehörde nach §
137 Abs
3 S 3
SGB V zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung berechtigt, trotz (voraussichtlichen) Nichterreichens
der Mindestmenge gleichwohl Level-1-Geburten zu behandeln.
(2) Die Klägerin kann - entgegen der Auffassung des Beklagten - nur durch eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der
Erhöhung der Mindestmenge effektiven Rechtsschutz erlangen. Hieraus erwächst ihr berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung.
Die Erhöhung der Mindestmenge auf der Grundlage des §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V, die grundsätzlich einheitlich für alle Patienten gilt (vgl dazu BT-Drucks 14/6893 S 30 und BT-Drucks 16/11429 S 47), ist
für die Klägerin nach §
137 Abs
3 S 6
SGB V in der oben dargelegten Weise "unmittelbar verbindlich". Das normativ angeordnete Verbot, bei Level-1-Geburten keine Leistungen
zu erbringen (§
137 Abs
3 S 1 Nr
2, S 2 und S 6
SGB V iVm dem Erhöhungsbeschluss), bedarf keines Vollzugsaktes. Dies folgt schon aus der klaren Binnensystematik des §
137 Abs
3 SGB V. Einem Krankenhaus kann aber nicht zugemutet werden, vorzuleisten und erst im Rahmen eines Abrechnungsstreits die Nichtigkeit
der erhöhten Mindestmengenregelung einzuwenden. Dies gilt namentlich bei einem Krankenhaus, das - wie hier der Klägerin -
deutlich unterhalb der Mindestmenge von 30 Level-1-Geburten liegt.
2. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Nichtigkeit der Erhöhung der Mindestmenge festgestellt. Die Rechtmäßigkeit der Heraufsetzung
der jährlichen Mindestmenge für Level-1-Geburten von 14 auf 30 Behandlungsfälle je Krankenhaus mit ausgewiesenem Level 1 ist
nicht isoliert, sondern - als deren untrennbarer Teil - zusammen mit der vollständigen Mindestmengenregelung für Level-1-Geburten
zwecks Vermeidung einer unzulässigen Elementenfeststellungsklage zu überprüfen (zu den Grenzen vgl BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 35 f; zutreffend deshalb das Vorgehen des LSG). Der Prüfmaßstab des Gerichts hat der Funktion
des Beklagten als untergesetzlicher Normgeber Rechnung zu tragen (dazu 3.). Der Beklagte entschied formal korrekt über die
streitige Mindestmengenregelung (dazu 4.). Er machte rechtmäßig zunächst 14 Level-1-Geburten pro Krankenhauseinheit und nicht
pro Arzt zum Gegenstand des mindestmengenabhängigen Katalogtatbestands (dazu 5.). Dies verletzt die Klägerin nicht in ihren
Grundrechten (dazu 6.). Hingegen ist die Heraufsetzung der jährlichen Mindestmenge für Level-1-Geburten auf 30 Behandlungsfälle
nichtig, weil der Beklagte seinen Gestaltungsspielraum überschritt. Denn die Studienlage rechtfertigt nicht uneingeschränkt
die Einschätzung, dass die Güte der Versorgung Frühgeborener durch eine Erhöhung der Mindestmenge in relevanter Weise zusätzlich
gefördert werden kann (dazu 7.).
3. Die Rechtmäßigkeit der Erhöhung der Mindestmenge ist unter Berücksichtigung der Funktion des Beklagten als Normgeber an
der Mindestmengenregelung des §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V iVm mit dem vorgreiflichen, rechtmäßig gesetzten untergesetzlichen Recht zu messen. Die im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts
stehenden Beschlüsse des Beklagten sind hierbei gerichtlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige
Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 - LITT; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 26; Schlegel, MedR 2008, 30, 32; Hauck, NZS 2010, 600, 611 f). §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V gibt dem Beklagten ein rechtlich voll überprüfbares Programm vor: In tatsächlicher Hinsicht ist die Ermittlung planbarer
Leistungen, die Feststellung, dass die Qualität des Behandlungsergebnisses einer planbaren Leistung in besonderem Maße von
der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist und die konkrete Eignung von festgesetzten Mindestmengen zur Verbesserung
der Qualität der Behandlungsergebnisse sowie in rechtlicher Hinsicht die zutreffende Erfassung der Tatbestandsmerkmale durch
den Beklagten vom Gericht uneingeschränkt zu überprüfen. Der Gesetzgeber belässt dem Beklagten bei der Auslegung dieser Regelungselemente
des §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V keinen Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom Beklagten zu berücksichtigenden Studienlage. Erst
bei Erfüllung dieser Voraussetzungen ist er befugt, als Normgeber zu entscheiden. Soweit diese letztere Kompetenz reicht,
darf allerdings die sozialgerichtliche Kontrolle ständiger Rechtsprechung des BSG zufolge ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom Beklagten getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich
die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen
Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (stRspr, vgl
zB BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38; BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25, beide mwN). Die Entscheidungen über die Auswahl und den Zuschnitt der Leistungen für den
Katalog planbarer Leistungen sowie die genaue Festlegung der Mindestmenge innerhalb der Bandbreite geeigneter Mengen unterliegen
in diesem Sinne dem normativen Gestaltungsspielraum des Beklagten. Der Beklagte kann dabei in einem zeitlich gestreckten Verfahren
vorgehen, um den Katalog planbarer Leistungen allmählich zu entwickeln, um insbesondere weitere Erkenntnisse zu sammeln und
zu bewerten und um Mindestmengen je nach Erkenntnisfortschritt neu zu justieren.
Der Beklagte ist zur Konkretisierung des sich aus §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V ergebenden Regelungsprogramms ermächtigt, außenwirksame Normen im Range untergesetzlichen Rechts zu erlassen. Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel (dazu und insbesondere zur hinreichenden
demokratischen Legitimation des Bundesausschusses vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 57 ff mit ausführlicher Darstellung der Rspr des BVerfG; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 33; Neumann, NZS 2010, 593 ff; Hauck, NZS 2010, 600 ff; aA Vießmann, Die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Entscheidungen nach §
135 Abs
1 S 1
SGB V, 2009, S 127 ff).
4. Der Beklagte beachtete die formellen Voraussetzungen für den Erlass der untergesetzlichen Normen. Wie auch das LSG nicht
in Zweifel zieht, wahrte er die im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Betroffenenpartizipation durch
Gesetz und seine eigenen Verfahrensvorgaben ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte. Dieses Vorgehen stellt sicher,
dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten
hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 34 mwN; Hauck, NZS 2010, 600, 604). Der dokumentierte Ablauf der Beratungen, die Einbeziehung des IQWiG, die Diskussion der Auswirkungen unterschiedlicher
Mindestmengen-Schwellenwerte für die Versorgung sowie die Einholung von Stellungnahmen bei betroffenen Fachverbänden belegen
anschaulich das formal korrekte Vorgehen. Es bedurfte verfahrensrechtlich - über das Dokumentierte und die tatsächlich erfolgte
Veröffentlichung der tragenden Gründe entsprechend § 7 Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (VerfO idF vom
18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009 [Beilage], in Kraft getreten am 1.4.2009, geändert am 17.12.2009, BAnz Nr 38 vom 10.3.2010
S 968, in Kraft getreten am 12.2.2010) hinaus - keiner gesonderten Begründung. Für Normgeber besteht grundsätzlich keine Begründungspflicht
(stRspr, vgl zB BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 44; BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 29 mwN).
Eine Ausnahme im Sinne einer materiell-rechtlichen Begründungspflicht besteht nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats
(vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 82) insofern, als der Gesetzgeber darauf abzielt, durch Einbindung des IQWiG in die Zuarbeit
für den GBA den dynamischen Prozess der Fortentwicklung der medizinischen und pflegerischen Leistungen zu sichern und die
kontinuierliche Einbeziehung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in eine qualitativ gesicherte Leistungserbringung zu gewährleisten
(BT-Drucks 15/1525 S 127). Das IQWiG leitet deshalb seine Arbeitsergebnisse dem GBA als Empfehlungen zu (vgl §
139b Abs
4 S 1
SGB V). Dieser hat die Empfehlungen im Rahmen seiner Aufgabenstellung "zu berücksichtigen", wird also nur mit besonderer Begründung
davon abweichen (vgl Hauck, NZS 2007, 461, 464). Insbesondere hat er zu prüfen, ob das IQWiG seine Feststellungen ausgehend von einem zutreffenden Rechtsverständnis
der zugrunde gelegten Begriffe auf der Basis einer umfassenden Einbeziehung der relevanten Studien nachvollziehbar und widerspruchsfrei
getroffen hat. Für die Umsetzung von Handlungsempfehlungen des IQWiG - hier etwa die Durchführung einer Begleitevaluation
- verbleibt ihm indes grundsätzlich sein gesetzgeberisches Ermessen.
Es hielt sich auch im Rahmen des - wie aufgezeigt - grundsätzlich zulässigen schrittweisen Vorgehens, dass der Beklagte zunächst
die "NICU-Vereinbarung" ohne Mindestmengen beschloss (20.9.2005) und später - nach Einführung einer "Regelmäßigkeitszahl"
(vgl II.3 Buchst k des Beschlusses über eine Änderung der NICU-Vereinbarung vom 18.12.2008, BAnz Nr 65 vom 30.4.2009 S 1574,
in Kraft getreten am 1.4.2009) - diese durch eine Mindestmenge ersetzte (vgl II. des Beschlusses zur Versorgung von Früh-
und Neugeborenen vom 20.8.2009, BAnz Nr 195 vom 24.12.2009 S 4450).
Unerheblich ist schließlich, dass in der streitigen Mindestmengenregelung keine Angabe von OPS-Ziffern enthalten ist. Denn
die Regelung ist einerseits inhaltlich klar. Der OPS-Katalog umfasst andererseits keine spezifischen, eindeutigen Ziffern
für diese Behandlung. Für eine Verletzung formeller Voraussetzungen (vgl dazu auch § 3 MMV; zur materiellen Reichweite s sogleich,
unter 5.b), die die Nichtigkeit der zu prüfenden Mindestmengenregelung (s - wie dargelegt - Beschluss über eine Änderung der
Anlage 1 der MMV: Mindestmengen bei Früh- und Neugeborenen, vom 17.6.2010, BAnz Nr 123 vom 18.8.2010 S 2840, und Beschluss
vom 20.8.2009, BAnz Nr 195 vom 24.12.2009 S 4450) begründen könnte, ist insgesamt nichts ersichtlich.
5. Der Beklagte machte rechtmäßig zunächst 14 Level-1-Geburten pro Krankenhauseinheit und nicht pro Arzt zum Gegenstand des
mindestmengenabhängigen Katalogtatbestands. Er bejahte ausgehend von einem zutreffenden Verständnis der gesetzlichen Vorgaben
einer planbaren Leistung (dazu a), deren Ergebnisqualität in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig
ist (dazu b), rechtmäßig für die Gruppe der Level-1-Geburten die tatbestandlichen Voraussetzungen des §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V (dazu c). Der Beklagte durfte auch eine Mindestmenge von jährlich 14 Level-1-Geburten in Krankenhäusern mit ausgewiesenem
Level 1 festsetzen, ohne Ausnahmen hiervon vorzusehen (dazu d).
a) Eine "planbare" Krankenhausleistung iS von §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V ist eine Leistung, welche die dafür vorgesehenen Krankenhaus-Zentren in der Regel medizinisch sinnvoll und für die Patienten
zumutbar erbringen können. Erforderlich ist, dass die Aufnahme und Durchführung gebotener stationärer Behandlung in einem
Zentrum - trotz ggf längerer Anfahrt - unter Berücksichtigung zu überwindender räumlicher und zeitlicher Distanzen ohne unzumutbares
Risiko für die Patienten erfolgen kann. Dies folgt aus Regelungssystem und Normzweck in Einklang mit der Entstehungsgeschichte,
ohne dass der Wortlaut entgegensteht.
Der Wortlaut "planbare Leistungen" lässt es zu, den Begriff im aufgezeigten Sinne im Interesse der angestrebten Versorgungsqualität
zu verstehen. Entstehungsgeschichtlich harmoniert hiermit, dass der Gesetzgeber die Fixierung von zu erbringenden "Mindestfallmengen"
als Teil einer Vielzahl von Qualitätssicherungsinstrumenten vorsah, um ein Gegengewicht gegen Fehlanreize eines festen Preissystems
bei Einführung von Fallpauschalen zu schaffen, etwa gegen den Anreiz der Versorgungsqualitätsminderung in Form von medizinisch
nicht indizierter "Fallvermehrung" sowie der verfrühten Entlassung (vgl Bericht des Ausschusses für Gesundheit [14. Ausschuss]
zu dem Gesetzentwurf eines FPG, BT-Drucks 14/7862 S 3). Diese Zielrichtung gilt erst recht für eine Tätigkeitsausdehnung der
Krankenhäuser auf Felder unzureichender Qualitätskompetenz.
Nach dem Regelungssystem ergänzt die Festlegung von Mindestmengen die anderen, weiteren Maßnahmen des Gesetzgebers zur Qualitätssicherung
wie verpflichtende durch die Kliniken vorzulegende Qualitätsberichte, bundeseinheitliche Kriterien für die Prüfdienste, sowie
eine stetige Begleitforschung. Vor allem entspricht das Auslegungsergebnis dem Normzweck, die Ergebnisqualität zu verbessern
(vgl dazu Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines FPG, BT-Drucks 14/6893 S 31 zu Nr 5 Buchst b).
Der Regelungsgehalt des Begriffs der Planbarkeit erschließt sich insbesondere auch aus den von den Mindestmengen ausgelösten
Verteilungswirkungen. Die Einführung von Mindestmengen hat die Umverteilung von Behandlungsfällen und in Abhängigkeit von
den absoluten Fallzahlen eine damit einhergehende Regionalisierung oder gar Zentralisierung der für die planbaren Leistungen
noch zur Verfügung stehenden Krankenhäuser zur Folge. Dies bewirkt jedoch nur insoweit eine Verbesserung der Ergebnisqualität
im stationären Bereich, als die Patienten den Zugewinn an Qualität im stationären Bereich nicht durch Transport- und Verlegungsrisiken
wieder einbüßen. Zur Verbesserung der Ergebnisqualität ist es vor diesem Hintergrund erforderlich, die Transport- und Zentralisierungsrisiken
zu ermitteln. Wollte man dagegen unter "planbare" "vorhersehbare" Krankenhausleistungen verstehen, wäre der Begriff sinnentleert.
Ähnlich zweckwidrig wäre es, ihn auf elektive Leistungen zu reduzieren.
b) Die Qualität des Behandlungsergebnisses der planbaren Leistungen ist jedenfalls bereits dann in besonderem Maße von der
Menge der erbrachten Leistungen abhängig, wenn eine Studienlage besteht, die nach wissenschaftlichen Maßstäben einen Zusammenhang
zwischen Behandlungsmenge und -qualität wahrscheinlich macht. Hierbei ist nicht die Struktur- oder Prozessqualität, sondern
allein die Qualität des Behandlungsergebnisses maßgeblich. Regelmäßig wird es um hochkomplexe medizinische Leistungen gehen,
bei denen die mit wissenschaftlichen Belegen untermauerte Erwartung berechtigt ist, dass die Güte der Leistungserbringung
in besonderem Maße auch von der Erfahrung und Routine des mit der jeweiligen Versorgung betrauten Behandlers - Krankenhauseinheit
und/oder Arzt - beeinflusst ist.
Schon der Wortlaut des §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V verdeutlicht, dass die vom Beklagten zu treffende Mindestmengenregelung nicht darauf ausgerichtet ist, umfassend sektorenübergreifend
für alle vertragsärztlichen und stationären Leistungen zusätzliche Qualitätsanforderungen aufzustellen. Vielmehr fasst der
Beklagte danach lediglich für einen Teilbereich, für zugelassene Krankenhäuser - grundsätzlich einheitlich für alle Patienten
- auch Beschlüsse über einen "Katalog" planbarer Leistungen nach §§ 17 und 17b KHG. Das Gesetz schränkt diesen Teilausschnitt aus dem Gesamtbereich der Leistungen nach §§ 17 und 17b KHG weiter spezifisch ein: Es muss um planbare Leistungen nach den §§ 17 und 17b KHG gehen, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig
ist.
Der erkennende Senat vermag dem LSG allerdings nicht zu folgen, soweit es hierfür den wissenschaftlichen Beleg einer "besonderen"
Kausalität zwischen Leistungsmenge und Ergebnisqualität fordert. Vielmehr genügt ein nach wissenschaftlichen Maßstäben wahrscheinlicher
Zusammenhang zwischen Behandlungsmenge und -qualität. Dafür spricht nicht nur der aufgezeigte Wortlaut. Auch die Entstehungsgeschichte
belegt, dass es um einen durch Studien untermauerten wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit durchgeführter
Leistungen und der Qualität des Behandlungsergebnisses geht (vgl dazu Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN eines FPG, BT-Drucks 14/6893 S 31 zu Nr 5 Buchst b). Die in den Gesetzesmaterialien angesprochenen "Studien" sind in
aller Regel nicht im naturwissenschaftlichen Sinne für einen Kausalzusammenhang zwischen Behandlungsmenge und -qualität voll
beweisend, sondern darauf hinweisend. Andernfalls könnte die Regelung kaum ihren Zweck erfüllen, der "herausgehobene(n) Bedeutung"
einer "gute(n) Ergebnisqualität" Rechnung zu tragen, wie es im Rahmen der "bisher eingeführten Qualitätssicherungsmaßnahmen"
... "noch zu wenig" erfolgte (vgl ebenda, BT-Drucks 14/6893 S 31 zu Nr 5 Buchst b). Hierfür genügt nicht schon die landläufige
Erfahrung, dass routinierte Praxis im Allgemeinen eine bessere Ergebnisqualität sichert als deren Fehlen.
Das Auslegungsergebnis entspricht auch dem Regelungssystem. Die in §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V angesprochenen "Leistungen nach den §§ 17 und 17b KHG" müssen nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats grundsätzlich bereits dem Qualitätsgebot (§
2 Abs
1 S 3
SGB V) genügen, um überhaupt zulasten der GKV abrechenbar zu sein (vgl grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 52 f unter Aufgabe von BSGE 90, 289 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1, auch zur Berücksichtigung grundrechtskonformer Auslegung; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23; aA Felix, SGb 2009, 367 und öfter, zB NZS 2012, 1, 7 mwN in Fn 91). Die Anforderungen integrieren in wesentlichem Maße das Krankenhausplanungs- und das ärztliche Weiterbildungsrecht.
Diese Regelungskomplexe erfordern bereits ein ausreichendes Maß an Erfahrung und Routine als Voraussetzung von Facharztqualifikationen,
an die wiederum die Strukturvorgaben in der stationären Versorgung anknüpfen (vgl zutreffend Bohle, GesR 2010, 587). Der Mindestmengenkatalog
(§
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V) stellt demgegenüber zusätzliche Qualitätsanforderungen auf im Interesse einer weiteren Risikominimierung.
Die Rechtsordnung begnügt sich auch in vergleichbaren Regelungsbereichen mit einer durch wissenschaftliche Belege untermauerten
Annahme eines Zusammenhangs. So ist für die Aufnahme in die Liste der Berufskrankheiten ([BK] §
9 Abs
1 S 2
SGB VII) ein ursächlicher Zusammenhang zwischen besonderen Einwirkungen, denen bestimmte Personengruppen in erheblich höherem Grade
als die übrige Bevölkerung bei versicherter Tätigkeit ausgesetzt sind, und der Erkrankung erforderlich. Der generelle Ursachenzusammenhang
zwischen den Einwirkungen und der Krankheit bei der Prüfung der Voraussetzungen einer BK-Bezeichnung unterscheidet sich aufgrund
der allgemeinen und abstrakten Prüfungsebene von dem Ursachenzusammenhang bei der Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität
beim einzelnen Arbeitsunfall oder der Listen-BK im Einzelfall. Dennoch gilt auch insofern die Theorie der wesentlichen Bedingung
(vgl BSG SozR 4-2700 § 9 Nr 18 RdNr 29). Jedenfalls für den Parallelbereich einer Entschädigung wie eine Berufskrankheit (§
9 Abs
2 SGB VII) kann die erforderliche gruppenspezifische Risikoerhöhung im Ausnahmefall eines seltenen Leidens ohne - wie üblich - gesicherte
epidemiologische Erkenntnisse auf der Grundlage der im Allgemeinen notwendigen langfristigen zeitlichen Überwachung betroffener
Krankheitsbilder zum Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen bejaht werden, wenn infolge der Seltenheit
des Leidens medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse durch statistisch abgesicherte Zahlen nicht erbracht werden können.
In einem solchen Ausnahmefall kann die "generelle Geeignetheit" der Einwirkungen für die Entstehung der betroffenen Krankheit
aus Einzelfallstudien, Erkenntnissen und Anerkennungen in ausländischen Prüfverfahren und Ähnlichem abgeleitet werden (vgl
BSGE 79, 250, 252 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 S 21). Es würde die Anforderungen regelmäßig überspannen, den wissenschaftlich geführten Vollbeweis
eines ursächlichen Zusammenhangs auf der Grundlage epidemiologischer Studien zu fordern.
Das Auslegungsergebnis trägt insbesondere auch dem Regelungszweck und -anlass für die Einführung von Mindestmengen Rechnung:
Es fehlt teilweise an einer ausreichenden Menge zu erbringender Leistungen für die betroffenen Behandler, um eine Routine
und Erfahrung zu erlangen und aufrechtzuerhalten, die zu dem rechtlich geforderten Standard der Ergebnisqualität führt. Nur
der Umstand, dass zu geringe Fallzahlen keine qualitativ hinreichende Behandlungspraxis für bestimmte Leistungen in allen
Krankenhäusern gewährleisten, die nach ihrer personellen und sächlichen Ausstattung zur Leistungserbringung grundsätzlich
in der Lage sind, rechtfertigt die Festsetzung von Mindestmengen. Denn gäbe es hinsichtlich sämtlicher planbarer Leistungen
jeweils ausreichende Fallmengen, könnten Mindestmengen keine Anhebung der Ergebnisqualität erreichen. Die Regelung soll in
ihrem Kern im Interesse gebotener Ergebnisqualität einen Fallzahlenmangel steuern.
Der Regelungszweck steht ebenfalls - wie das -system - einem Normverständnis entgegen, das Mindestmengen auf bloße (fach-)ärztliche
Grundfertigkeiten oder eine Grundversorgung im Krankenhausbereich erstreckt. Festsetzungen von Mindestmengen sind ebenfalls
kein Instrument, um Behandler von der Versorgung auszuschließen, die trotz ausreichender Fallzahl nur eine durchschnittliche
oder gar eine unterdurchschnittliche Ergebnisqualität oberhalb einer berufs-, gewerbe- oder schadensersatzrechtlichen Interventionsschwelle
erreichen. Die Regelung betrifft dagegen - unter Berücksichtigung des aufgezeigten Auslegungsergebnisses - insbesondere Krankheitsbilder,
deren Behandlung mehr als bloße (fach-)ärztliche Grundfertigkeiten erfordert. Hierbei wird es regelmäßig um hoch komplexe
Leistungen gehen, die standardisierbar und unter Berücksichtigung des Verhältnisses von erforderlicher Fallzahl zu Ergebnisqualität
relativ selten sind.
Regelungszweck und -system sprechen schließlich dafür, eine bloße, nach wissenschaftlichen Maßstäben belegte Wahrscheinlichkeit
für den Zusammenhang zwischen Ergebnisqualität und Leistungsmenge genügen zu lassen. Dies entspricht dem mit §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V verfolgten Zweck der Risikominimierung in einem nennenswerten Bereich. Anforderungen nach Art eines statistisch sauber geführten
vollständigen Kausalitätsbeweises würden den Anwendungsbereich der Norm auf ein vernachlässigbares Minimum reduzieren. Der
erforderliche Zusammenhang zwischen Steigerung der Ergebnisqualität und Festsetzung einer Mindestmenge besteht zwar unproblematisch,
wenn er statistisch bewiesen ist. Das wird aber nur in höchst seltenen Ausnahmefällen möglich sein. Vergleichende Studien
mit unterschiedlichen Mengenansätzen sind regelmäßig aus praktischen oder ethischen Gründen schon im Ansatz undurchführbar,
ganz abgesehen davon, dass etwa unter Berücksichtigung der international unterschiedlichen Versorgungssituationen kaum eine
statistisch hinreichende Fallzahl zur Verfügung stehen wird. Die Probleme potenzieren sich, wenn ein Beleg für die Mengenabhängigkeit
der Ergebnisqualität bei Kombination mehrerer ergebnisqualitätsbezogener Parameter zu erbringen ist, wie das Gutachten des
IQWiG zeigt. Es würde die Anforderungen überspitzen, für den Nachweis des genannten Zusammenhangs mehr zu verlangen, als dass
auf der Grundlage einer umfassend ermittelten, mittels statistisch anerkannter Methoden metaanalytisch überprüften und zutreffend
ausgewerteten Studienlage mehr für eine Verbesserung der Behandlungsergebnisse durch Einführung einer Mindestmenge spricht
als dagegen.
Ist der genannte Zusammenhang allerdings - wie regelmäßig der Fall - nicht statistisch bewiesen, ist er anhand medizinischer
Erfahrungssätze ergänzend zu untermauern. Mit statistischen Methoden ermittelte und risikoadjustiert bewertete Korrelationen
allein reichen nämlich beim Fehlen eines statistischen Kausalitätsbeweises nicht aus, um einen Fallzahlenmangel als Ursache
schlechterer Behandlungsergebnisse zu identifizieren (vgl rechtsähnlich stRspr zur Wirtschaftlichkeitsprüfung im Vertragsarztrecht,
zB BSG Urteil vom 9.3.1994 - 6 RKa 16/92 - Juris RdNr 22 = USK 94131; BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 18/11 R - Juris RdNr 23 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 106 Nr 34 vorgesehen).
Entgegen der Auffassung des LSG ist der Maßstab dagegen nicht sinngemäß nach einem "Goldstandard" der evidenzbasierten Medizin
abzuleiten. Dies widerspräche dem mit §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V verfolgten Zweck der Risikominimierung. Ist eine Verschlechterung der Ergebnisqualität durch die Einführung einer Mindestmenge
nicht zu erwarten, sondern besteht die Wahrscheinlichkeit einer Ergebnisqualitätsverbesserung, könnte das Erfordernis der
Beachtung eines evidenzbasierten "Goldstandards" für den Nachweis des Zusammenhangs zwischen der Steigerung der Ergebnisqualität
und einer Mindestmenge den Patienten möglicherweise dauerhaft Versorgungsstandards vorenthalten, die - jeweils nach dem Stand
der aktuellen Erkenntnis - geeignet sind, zu einer relevanten Reduzierung von Versorgungsrisiken beizutragen. In diesem Sinne
fordert auch § 3 Abs 2 Nr 1 MMV mit einem "evidenzbasierten Verfahren" nur eine praktisch verfügbare, den dargelegten Maßstäben
genügende Evidenz.
c) Der Beklagte bejahte - ausgehend von der dargelegten Auslegung - rechtmäßig für die Gruppe der Level-1-Geburten (dazu aa)
die tatbestandlichen Voraussetzungen des §
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V (dazu bb - cc).
aa) Der Beklagte durfte rechtmäßig für die Mindestmengenbestimmung von der Gruppe der Level-1-Geburten ausgehen. Er knüpfte
hierbei an die rechtswirksamen Bestimmungen der NICU-Vereinbarung über ein vierstufiges Versorgungskonzept an. Das
SGB V gibt dem Beklagten auf, ua Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität für zugelassene Krankenhäuser
grundsätzlich einheitlich für alle Patienten festzulegen (vgl §
137 Abs
1 S 1 Nr
2 SGB V). Der Beklagte ist dieser Pflicht durch den Beschluss der NICU-Vereinbarung nachgekommen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz
war es nicht willkürlich, sondern im Gegenteil sachgerecht, die Mindestmengenbestimmung mit Blick auf das vierstufige Versorgungskonzept
der NICU-Vereinbarung zu treffen. Die Verwendung gegriffener metrischer Größen bei internationalen Vergleichsstudien, die
teilweise fehlende und zum Teil von der NICU-Vereinbarung abweichende nationale Versorgungskonzepte zu berücksichtigen haben,
steht dem nicht entgegen.
bb) Der Beklagte durfte die erfasste Gruppe der Level-1-Geburten als - im dargelegten Rechtssinne - "planbare Leistungen"
ansehen. Die dafür vorgesehenen Perinatalzentren der obersten Kategorie können Level-1-Geburten nach den allgemein anerkannten
medizinischen Erkenntnissen in der Regel medizinisch sinnvoll und zumutbar versorgen. Die gebotene stationäre Behandlung in
einem Zentrum kann trotz ggf längerer Anfahrt ohne unzumutbares Risiko für die Patienten erfolgen. Das belegen sowohl die
internationalen Studien etwa über Australien und Neuseeland (vgl Cust et al, Outcomes for high risk New Zealand newborn infants
in 1998-1999, Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 2003 [88[1]], F15-F22; Lui et al, Improved Outcomes of Extremly Premature Outborn
Infants, Pediatrics 2006 [118[5]], 2076-2083) als auch nationale Publikationen (vgl zB Heller, Krankenhaus-Report 2008/2009,
S 183 ff; Pohlandt et al, Regionalisierung bei Frühgeburtsbestrebungen im ländlichen Raum? Yes we can!, Zeitschrift für Geburtshilfe
und Neonatologie 2009 [213], 135-137). In diesem Sinne äußert sich auch der Bericht des IQWiG (Abschlussbericht des IQWiG
"Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Ergebnis bei der Versorgung von Früh- und Neugeborenen mit sehr geringem Geburtsgewicht",
Stand 14.8.2008; im Folgenden: Abschlussbericht). Frühgeborene werden danach in der Regel nicht notfallmäßig, sondern erst
nach abgeschlossener, medikamentös bewirkter Lungenreife geboren (vgl Abschlussbericht S 2 f). Die Versorgung Frühgeborener
- die schon im pränatalen Stadium beginnt - scheint umso weniger risikobehaftet zu sein, je eher die werdende Mutter sich
bei nahendem Geburtstermin in ein Perinatalzentrum Level 1 begibt (vgl Abschlussbericht S 53 zum in-utero-Transfer; zu Portugal
vgl auch Abschlussbericht S 52). Diese Schlussfolgerung ist plausibel, weil auftretende Komplikationen dort besser und schneller
behandelt werden können, als dies während eines Transports oder bei Aufnahme in eine Einrichtung niedrigerer Versorgungsstufe
der Fall sein dürfte. Der ambulante und der stationäre Sektor müssen und können hierzu effektiv miteinander verzahnt sein,
um Fehlplatzierungen zu vermeiden und das relativ enge antenatale Zeitfenster zum Transport in ein Perinatalzentrum Level
1 zu nutzen. Die genannte Literatur zeigt, dass dies in Deutschland ebenso wie in vielen ausländischen Staaten möglich ist.
Der Senat sieht keine Gründe, die gegen die Verwertbarkeit des Abschlussberichts des IQWiG sprechen. Denn das IQWiG ist als
fachlich unabhängiges, rechtsfähiges wissenschaftliches Institut, dessen Träger der Beklagte ist (§
139a Abs
1 S 1
SGB V), nach §
139a Abs
3 Nr
1 SGB V von Gesetzes wegen ausdrücklich zur Recherche, Darstellung und Bewertung des aktuellen medizinischen Wissensstandes zu diagnostischen
und therapeutischen Verfahren bei ausgewählten Krankheiten berufen. Es stellt ein Expertengremium dar, das in seiner persönlichen
und fachlichen Integrität und Qualität durch Transparenz und Unabhängigkeit gesetzlich und institutionell abgesichert ist
(vgl zum Ganzen BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 76 ff; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 74 ff). Es gibt keine Hinweise darauf, dass das IQWiG nicht alle zum damaligen Zeitpunkt verfügbaren
relevanten Studien ausgewertet haben könnte. Die Auswertung selbst ist sorgfältig. Die darauf gestützten Folgerungen sind
in ihren vorsichtig formulierten Aussagen wohlabgewogen.
cc) Der Beklagte konnte auch rechtmäßig davon ausgehen, dass die Qualität des Behandlungsergebnisses der Level-1-Geburten,
hier insbesondere mit Blick auf die Mortalität, in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist. Denn
es besteht - im dargelegten Sinne - eine Studienlage, die nach wissenschaftlichen Maßstäben einen Zusammenhang zwischen Behandlungsmenge
und Qualität des Behandlungsergebnisses wahrscheinlich macht.
Der Beklagte durfte - ausgehend von der Studienlage (vgl dazu Abschlussbericht S V) - die Qualität des Behandlungsergebnisses
als Ausgangspunkt an der zu erwartenden Reduzierung des Mortalitätsrisikos messen. Er musste nicht alle Morbiditätsvariablen
einbeziehen, zumal die hierfür verfügbaren Daten spärlich sind (vgl dazu Abschlussbericht S V). Das Vorgehen ist vertretbar,
da die Zusammenhänge zwischen Leistungsmenge und Mortalitätsrisiko am besten untersucht sind und andererseits eine gleiche
Tendenz wie beim Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Morbiditätsrisiko aufweisen.
Ein Zusammenhang zwischen der Erhöhung der Leistungsmenge und der Reduzierung des Mortalitätsrisikos ist auch wahrscheinlich.
Davon ist der Senat - der dies als generelle Tatsache selbst zu bewerten hat (vgl nur BSG SozR 4-2500 §
27 Nr 8 RdNr 31; s ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl 2012, §
163 RdNr 7 mwN) - aufgrund der zur Beurteilung vorliegenden wissenschaftlichen Studien und Aussagen überzeugt. Er folgt den Erkenntnissen
des IQWiG, das in nicht zu beanstandender Weise zu folgender Einschätzung gelangt ist: "Die Ergebnisse der eingeschlossenen
Publikationen weisen bezüglich eines statistischen Zusammenhangs zwischen der Leistungsmenge und der Ergebnisqualität bei
der Versorgung von Frühgeborenen mit sehr geringem Geburtsgewicht kein völlig einheitliches und eindeutiges Bild auf. Allerdings
geben die Daten der Gesamtschau bezüglich der primären Zielgröße "Mortalität" unter Berücksichtigung der Studien- und Publikationsqualität
sowie ihres Populationsbezugs deutliche Hinweise auf einen statistischen Zusammenhang, der sich als Trend einer Risikoreduktion
mit steigender Leistungsmenge darstellt" (Abschlussbericht S 59).
Dem steht nicht entgegen, dass das IQWiG aus den zwölf Beobachtungsstudien, insbesondere auch aus den vier Studien mit einem
geringen Verzerrungspotential, zwei davon zur Behandlungssituation in Deutschland, keine expliziten Schwellenwerte für Mindestmengen
ableiten konnte (vgl Abschlussbericht S 59). Eine Ergebnisverbesserung ist durch Festsetzung einer Mindestmenge wahrscheinlich,
die typischerweise Behandlungskontinuität ermöglicht. Hierfür streitet maßgeblich der Erfahrungssatz, dass eine laufende Befassung
eines Level-1-Zentrums mit der Behandlung sehr geringgewichtiger Früh- und Neugeborener durch das ganze Jahr hindurch notwendig
ist, um eine Festigung der Behandlungsabläufe als Teamleistung zu gewährleisten. Es ist hingegen nicht plausibel, dass bloß
zeitweilige Behandlungsepisoden das Qualitätsniveau der Versorgung in gleicher Weise zu sichern vermögen.
d) Der Beklagte überschritt nicht den ihm eingeräumten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum, indem er vertretbar eine Mindestmenge
von jährlich 14 Level-1-Geburten für Krankenhäuser festsetzte, ohne weitere Ausnahmen vorzusehen. Diese festgesetzte Mindestmenge
ist regelmäßig geeignet, die Behandlungskontinuität als eine (Mindest-)Voraussetzung für ein gutes Behandlungsergebnis zu
gewährleisten.
Die ausgewählte Versorgung von Level-1-Geburten in Krankenhäusern mit ausgewiesenem Level 1 betrifft kategorial eine Versorgung,
die einen hoch komplexen, relativ seltenen Behandlungsaufwand auslöst. Die Versorgung von Level-1-Geburten stellt ganz erheblich
über dem Durchschnitt liegende Anforderungen an Können und Erfahrung des behandelnden ärztlichen und nichtärztlichen Personals,
um als Team über einen längeren Zeitraum je Behandlungsfall eine bestmögliche Versorgung zu erbringen. Dies folgt aus dem
in der Unreife dieser Kinder begründeten, ausgeprägten multifaktoriellen Mortalitätsrisiko (vgl Abschlussbericht S 1 f) und
der Notwendigkeit intensivmedizinischer Maßnahmen über einen längeren Zeitraum unter Einsatz eines ständig verfügbaren, in
herausgehobener Weise spezialisierten Behandlungsteams. Letzteres belegt schon die in der Anlage 1 der NICU-Vereinbarung an
ein Perinatalzentrum Level 1 gestellten Anforderungen. Bei diesen Vorgaben verbietet es sich von selbst, eine Mindestmenge
an die Behandlungstätigkeit eines einzelnen Arztes anzuknüpfen.
Die Mindestmenge von 14 Level-1-Geburten gefährdet nach der vertretbaren Einschätzung des Beklagten nicht die Sicherstellung
einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung. Nach den ermittelten Daten verblieben bei einer Mindestmenge von 14 Level-1-Geburten
in den Jahren 2005 und 2006 bundesweit zwischen rund 130 und 150 Krankenhäuser, die zur Versorgung zur Verfügung standen (Krankenhäuser
mit 20 und mehr VLBW-Geburten, 2005: 151; 2006: 153, wobei Level-1-Geburten etwa 2/3 aller VLBW-Geburten ausmachen). Dies
deckt sich mit den Angaben des Spitzenverbandes Bund der KKn, wonach ab 2010 mehr als 128 Krankenhäuser die Mindestmenge für
Level-1-Geburten erreichen dürften (Präsentation am 17.6.2010 in der Plenumssitzung des Beklagten mit Übersichtskarte zur
räumlichen Verteilung). Im Übrigen kann jeweils die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde, um einer danach etwa
noch verbleibenden regionalen Unterversorgung zu begegnen, Ausnahmegenehmigungen erteilen (§
137 Abs
3 S 3
SGB V).
Der Beklagte musste unter Berücksichtigung der Datenlage auch keine weiteren sachlichen Ausnahmebestimmungen von der Mindestmenge
14 vorsehen, um Sonderfällen Rechnung zu tragen. Anlage 2 Nr 3 und 4 MMV räumen beim Aufbau neuer Leistungsbereiche Übergangszeiträume
von 36 Monaten und bei personeller Neuausrichtung bestehender Leistungsbereiche Übergangszeiträume von maximal 24 Monaten
ein. Konflikte, die aus dem Leistungsverbot erwachsen, wenn die erforderliche Mindestmenge voraussichtlich nicht erreicht
wird (§
137 Abs
3 S 2
SGB V), bedürfen keiner weiteren Regelung in der MMV. Die Regelung verbietet nicht bei punktuellen Unterschreitungen der erforderlichen
Mindestmenge, dass die Betroffenen künftig Leistungen erbringen. Die geforderte Prognose, dass die erforderliche Mindestmenge
voraussichtlich nicht erreicht wird, greift erst ein, wenn eine valide Einschätzung auf der Grundlage eines hinreichend langen
Zeitraums möglich ist.
6. Sowohl die gesetzliche Regelung des §
137 Abs
3 S 2 iVm §
137 Abs
3 S 1
SGB V als auch die untergesetzliche Bestimmung der Nr
8 Anlage 1 MMV (idF des Beschlusses des Beklagten vom 20.8.2009) verletzen die Klägerin nicht in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit
aus Art
12 Abs
1 GG. Die Klägerin ist Trägerin dieses Grundrechts. Es erstreckt sich nach Art
19 Abs
3 GG auch auf juristische inländische Personen, zu denen die Klägerin zählt (vgl nur Jarass in Jarass/Pieroth,
GG, 12. Aufl 2012, Art
12 RdNr 13 mwN).
Art
12 Abs
1 S 1
GG schützt - neben der Freiheit der Berufswahl - die Freiheit der Berufsausübung. Zu den Rahmenbedingungen der Berufsausübung
gehört für Krankenhäuser auch, dass sie bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen müssen, um einzelne Operationen und Prozeduren,
aber auch um eine aus einer Vielheit von Einzelmaßnahmen bestehende Behandlung eines bestimmten Krankheitsbildes erbringen
zu dürfen. Von einer bloßen Berufsausübungsregelung ist dann auszugehen, wenn sie nur einen Ausschnitt aus einer fachärztlichen
Tätigkeit betrifft (vgl zu §
135 SGB V iVm untergesetzlichen Vorschriften als Berufsausübungsregelungen: BVerfG [Kammer] SozR 4-2500 §
135 Nr 2 RdNr 22; BVerfGK 17, 381, 385 f = SozR 4-2500 § 135 Nr 16 RdNr 13 f; vgl auch BVerfGE 33, 125, 161, das offen lässt, ob der Facharzt iS von Art
12 Abs
1 GG ein eigener Beruf oder nur eine Form der Berufsausübung ist). Die Geburtshilfe durch Gynäkologen und die Behandlung von Level-1-Geburten
durch Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Neonatologie stellt jeweils nur einen kleineren Teil der
jeweiligen gesamten fachärztlichen Tätigkeit dar. Nichts anders gilt für die Schwerpunktbezeichnungen Kinderchirurgie, Kinderkardiologie,
Kinderradiologie und Neuropädiatrie sowie auf nichtärztlicher Seite für die Hebammen, Kinderschwestern und Kinderkrankenpfleger.
Insoweit macht es keinen Unterschied, wenn ein einer Qualitätssicherungsregelung unterworfener Teil einer fachärztlichen Tätigkeit
nicht ambulant erbracht wird, sondern der zentrale Teil einer umfassenderen Versorgungsleistung eines Krankenhauses ist. Dies
gilt umso mehr, als die Ermächtigungsgrundlage für die Qualitätssicherungsregelung (§
137 Abs
3 S 1 Nr
2 SGB V) erlaubt, an die Versorgung entweder vom Krankenhaus oder vom Arzt anzuknüpfen. Sie ist letztlich aber auch bei der Anknüpfung
an das Krankenhaus darauf ausgerichtet, bloß einen begrenzten Teil der gesamten Tätigkeit der ärztlichen, aber auch der nichtärztlichen
Therapeuten in ihrem Verbund als Gemeinschaftsleistung zu regeln.
§
137 Abs
3 S 1
SGB V und Nr
8 Anlage 1 Mindestmengenvereinbarung greifen in die Berufsausübung ein. Werden ihre Voraussetzungen nicht erfüllt, darf die
Leistung gegenüber keinem Patienten erbracht werden. Die Regelung erfüllt das Erfordernis, dass ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit
nach Art
12 Abs
1 S 2
GG einer gesetzlichen Grundlage bedarf, die ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen an grundrechtseinschränkende
Gesetze genügen muss (stRspr, vgl BVerfGE 94, 372, 389 f; BVerfGE 111, 366, 373). Gesetzliche Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung sind nur dann mit Art
12 Abs
1 GG vereinbar, wenn sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind (vgl nur BVerfGE 106, 181, 192 = SozR 3-2500 § 95 Nr 35 S 172). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Beschränkungen des Grundrechts stehen
unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (vgl BVerfGE 19, 330, 336 f; 54, 301, 313). Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen deshalb nicht weitergehen, als es die sie rechtfertigenden
Gemeinwohlbelange erfordern (vgl BVerfGE 101, 331, 347). Eine sowohl den Freiheitsanspruch des Berufstätigen wie die Schutzbedürftigkeit der Gemeinschaft berücksichtigende
Lösung kann nur in Abwägung der Bedeutung der einander gegenüberstehenden und möglicherweise einander widerstreitenden Interessen
gefunden werden (vgl BVerfGE 7, 377, 404 f).
Die Abwägung der Bedeutung des Interesses der Kinderkliniken, uneingeschränkt Kinder von Level-1-Geburten zu versorgen, mit
dem Interesse an einer besseren Versorgungsqualität für Frühgeborene ergibt einen Vorrang der Qualitätssicherung zugunsten
der hiervon betroffenen Individual- und Gemeinwohlbelange. Die Mindestmenge von jährlich 14 Level-1-Geburten sichert eine
(Mindest-)Erfahrung des Behandlungsteams, die mit Wahrscheinlichkeit nach der aufgezeigten Studienlage die besonders hohe
Mortalität bei Level-1-Geburten reduzieren kann. Die Studienlage belegt, wie dringlich solche Qualitätssicherung ist. So betrug
zB im Jahr 2011 in Deutschland der Anteil der VLBW-Geburten an allen Lebendgeburten 1,233 %, ihr Anteil an den Todesfällen
der lebend geborenen Kinder im ersten Lebensjahr dagegen 41,32 % (Quelle: Statistisches Bundesamt). Die Mortalität von Level-1-Geburten
war bezogen auf die Jahre 2004 bis 2008 im Vergleich zu Level-2-Geburten sogar um den Faktor 10,12 höher (Angabe nach Ausführungen
der Deutschen Krankenhausgesellschaft in der Plenumssitzung am 17.6.2010 unter Auswertung von aufgrund der NICU-Vereinbarung
erhobenen Ergebnisdaten).
7. Die Heraufsetzung der jährlichen Mindestmenge für Level-1-Geburten von 14 auf 30 Behandlungsfälle je Krankenhaus mit ausgewiesenem
Level 1 (Beschluss vom 17.6.2010) ist indes nichtig. Der Beklagte ermittelte den zugrunde liegenden Sachverhalt unzureichend,
als er die jährliche Mindestmenge für Level-1-Geburten erhöhte. Er gelangte dadurch fehlerhaft zur Überzeugung, dass die neue
höhere Mindestmenge die Mortalität bei der Behandlung von Level-1-Geburten bundesweit einheitlich stärker reduzieren könne.
Der Beklagte ist - wie dargelegt - grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen eines gestuften Verfahrens eine zunächst niedriger
festgesetzte Mindestmenge anzuheben, wenn die Studienlage eine Bandbreite von gleichermaßen geeigneten Mindestmengen aufzeigt.
Der Beklagte konnte von einer solchen Datenlage für die Erhöhung der Mindestmenge nicht ohne Weiteres ausgehen. So sah sich
das IQWiG in seinem Abschlussbericht nachvollziehbar außerstande, Schwellenwerte, eine bestimmte Mindestmenge oder auch nur
einen Mindestmengenkorridor vorzuschlagen. Während für die Mindestmenge von jährlich 14 Level-1-Geburten wie dargelegt ergänzend
zu den statistischen Grundlagen der Erfahrungssatz streitet, dass eine kontinuierliche Befassung eines Level-1-Zentrums mit
der Behandlung sehr geringgewichtiger Früh- und Neugeborener durch das ganze Jahr hindurch notwendig ist, konnte der Beklagte
hierauf für die Erhöhung der Mindestmenge auf 30 Level-1-Geburten nicht zurückgreifen.
Der Rechtsgedanke einer Beweiserleichterung (vgl dazu allgemein zB BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5 RdNr 15; BSG SozR 3-1750 § 444 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-1500 §
128 Nr 11 S 17 ff mwN; Hauck in Hennig,
SGG, Stand Dezember 2012, §
103 RdNr 75 ff) kommt schon im Ansatz zu Gunsten des Beklagten nicht (mehr) in Betracht. Er verfügt nämlich zur Beschaffung und
Auswertung der hierfür erforderlichen Daten inzwischen über ein umfassendes Rechtsinstrumentarium (§§ 137a, 299
SGB V, § 21 Abs 3a Krankenhausentgeltgesetz). Er muss das ihm verfügbare Instrumentarium indes auch nutzen, um sich nach Einführung von Mindestmengen bei einer Datenlage
wie der vorliegenden bessere Erkenntnisse zu verschaffen (vgl zur Beobachtungspflicht bei RL BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 74 ff mwN). Der Beklagte strebt zu Recht in diesem Sinne grundsätzlich selbst eine wissenschaftliche
Begleitung der Auswirkungen von Mindestmengen an (vgl § 3 Abs 3 Mm-R). In diesem Sinne empfahl auch das IQWiG, im Falle der
Festsetzung einer Mindestmenge deren Auswirkungen anhand einer differenzierten Begleitevaluation auszuwerten (vgl Abschlussbericht
S 56 ff).
Der Beklagte setzte eine solche Begleitevaluation seit Festsetzung einer Mindestmenge von jährlich 14 Level-1-Geburten nicht
ins Werk. Auch sonst konnte sich der Beklagte nicht auf neuere Studien stützen, die geeignet gewesen wären, die Anhebung der
letztlich auf Plausibilitätserwägungen gestützten Mindestmenge auf jährlich 30 Level-1-Geburten in der erforderlichen Qualität
zu begründen. Die im Abschlussbericht des IQWiG als "Trend zur Risikoreduktion" bezeichnete statistische Korrelation zwischen
Mengenzunahme und Mortalitätsabnahme, welchen auch zwischenzeitlich erschienene Studien belegen, genügt allein hierfür nicht.
Sie müsste ergänzend durch weitere medizinische Erfahrungssätze untermauert sein, an denen es aber fehlt. Im Gegenteil kommt
bei der umstrittenen Erhöhung der Mindestmenge in Betracht, dass in einzelnen Regionen Deutschlands durch den Ausschluss von
Abteilungen mit überdurchschnittlicher Qualität die Behandlungsqualität insgesamt mit der Folge sinkt, dass den in einer Region
zusätzlich überlebenden Kindern, solche in nennenswerter Zahl gegenüberstehen, die in einer anderen Region zusätzlich sterben.
Bereits der mit Daten unterlegte Vortrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (17.6.2010) deutete an, dass sich jenseits
der Mindestmenge 14 eine mengenunabhängige erhebliche Variabilität der Behandlungsergebnisse ergibt. Dies deckt sich mit der
auch im Abschlussbericht des IQWiG als valide angesehenen Studie von Rogowski et al (JAMA 2004 [291], 202, 208) und der dort
dargestellten Auffassung, dass eine Steuerung über die beobachtete Mortalität deutlich effektiver sein kann als eine Steuerung
über die Menge. Die inzwischen veröffentlichte Studie von Kutschmann et al (DÄBl 2012 [109], 519) bestätigt den Befund eines
hohen Prozentsatzes falschpositiver Ergebnisse bei Krankenhäuser mit Fallzahlen von 30 Level-1-Geburten und falschnegativer
Ergebnisse bei Krankenhäusern mit Fallzahlen von 14 bis 29 Level-1-Geburten. Die Autoren der Studie werteten den vollständigen
Datensatz der Neonatalerhebungen 2007 bis 2009 der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen
aus. Sie kamen wie auch schon andere Studien, die zum Teil im Abschlussbericht des IQWiG ausgewertet sind, zum Teil aber auch
neueren Datums sind (Trotter/Pohlandt, Zeitschrift für Geburtshilfe und Neonatologie 2010 [214], 55; Chung et al, Med Care
2010 [48], 635), zwar zum Ergebnis, dass die risikoadjustierte Mortalität in der Gruppe der Abteilungen mit höheren Fallzahlen
(hier von mindestens 30) signifikant niedriger ist als in der Gruppe kleinerer Abteilungen (Kutschmann et al, aaO, S 525).
Zugleich konstatierten sie aber, dass die Mortalitätsrate bei Level-1-Geburten nicht linear mit steigender Zahl behandelter
Kinder sank. Vielmehr behandelten mit überdurchschnittlicher Qualität unter Berücksichtigung risikoadjustierter Mortalität
56 % der Abteilungen mit einer Fallzahl von jährlich mindestens 30 Frühgeborenen, aber auch immerhin 44 % der Abteilungen
mit einer Fallzahl von 14 bis 29 Frühgeborenen (Kutschmann et al, aaO, S 525). Auch Trotter/Pohlandt (aaO S 58) kommen zu
vergleichbaren Schlüssen.
Der Beklagte schuf anlässlich der angegriffenen Erhöhung der Mindestmenge auch keine Ausnahmetatbestände, die die drohenden
Folgen einer regionalen Qualitätsminderung bei einer Erhöhung der Mindestmenge auf 30 verhindern. Ein solches Vorgehen auf
der Basis einer validen Begleitevaluation könnte eine Erhöhung der Mindestmenge rechtmäßig machen. Der Beklagte kann auf der
Grundlage spezifischerer Erkenntnisse eine Veränderung der Mindestmengenregelung beschließen, die eine Qualitätsverbesserung
ohne Gefahr regionaler Qualitätsminderung erwarten lässt. Hierbei muss er auch berücksichtigen, dass eine Regelung, die ein
überdurchschnittlich leistungsfähiges Krankenhaus von der Leistungserbringung durch eine Mindestmenge ausschließt, als erheblicher
Eingriff in die durch Art
12 Abs
1 S 1
GG geschützte Berufsausübungsfreiheit nur dann - wie dargelegt - gerechtfertigt ist, wenn dieser Eingriff in die Berufsfreiheit
nicht weiter geht, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern.
8. Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm §
63 Abs
2 S 1 und Abs
3 S 1, § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 und Abs 2 S 1 GKG.