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BAG, Urteil vom 26.11.2020 - 8 AZR 58/20
Materiell-rechtliche Reichweite pauschaler vertraglicher Ausschlussklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Keine Geltung einer Ausschlussklausel für Ansprüche aus abgetretenem Recht und für Ansprüche aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen Ausschlusswirkung des § 202 Abs. 1 BGB für Vereinbarungen über Verjährung und vorsätzliche Haftung des Schädigers Grundsatz der personalen Teilunwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
1. Eine Ausschlussklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder vorformulierten Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, nach der ausnahmslos alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, verfallen, wenn sie nicht binnen bestimmter Fristen geltend gemacht und eingeklagt werden, erfasst grundsätzlich alle wechselseitigen gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche, die die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben und damit auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung.
2. Eine solche Verfallklausel ist wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig.
3. Der Arbeitgeber als Verwender muss die Klausel unabhängig davon, ob in dem Verstoß gegen § 202 Abs. 1 BGB zudem eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt und ob die Klausel darüber hinaus ggf. aus anderen Gründen nach den §§ 307 ff. BGB unwirksam ist, nicht nach den Grundsätzen über die personale Teilunwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen sich gelten lassen.
Orientierungssätze:
1. Eine pauschale Ausschlussklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder vorformulierten Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, wonach ausnahmslos alle Ansprüche verfallen, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen vom Anspruchsinhaber geltend gemacht und eingeklagt werden, erfasst alle wechselseitigen gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche, die die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben. Es kommt nicht auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage, sondern auf den Entstehungsbereich des Anspruchs an (Rn. 59).
2. Von einer solchen Ausschlussklausel werden auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlung erfasst (Rn. 58 ff.).
3. Nicht erfasst werden allerdings Ansprüche aus abgetretenem Recht, da diese ihren Ursprung nicht im Arbeitsverhältnis der Arbeitsvertragsparteien haben (Rn. 52, 62 ff.).
4. § 202 Abs. 1 BGB, wonach die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann, verbietet nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen (Rn. 66).
5. Eine Ausschlussklausel, die auch Ansprüche wegen einer vorsätzlichen Vertragsverletzung oder einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung erfasst, ist wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig (Rn. 66).
6. Unabhängig davon, ob in dem Verstoß gegen § 202 Abs. 1 BGB zudem eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt oder die Klausel darüber hinaus ggf. aus anderen Gründen nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam ist, muss der der Arbeitgeber als Verwender eine solche Klausel nicht nach den Grundsätzen über die personale Teilunwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen sich gelten lassen (Rn. 68 ff.).
Fundstellen: AP BGB § 306 Nr. 7, AuR 2021, 282, AuR 2021, 335, AuR 2021, 470, BB 2021, 1011, EzA-SD 2021, 11, MDR 2021, 693, NJW 2021, 1975, NZA 2021, 702, NZA-RR 2021, 330
Normenkette:
BGB § 139
Vorinstanzen: LAG Rheinland-Pfalz 18.07.2019 5 Sa 169/18 , ArbG Trier 14.03.2018 4 Ca 1108/17
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Juli 2019 - 5 Sa 169/18 - aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!

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