Vertragsärztliches Abrechnungsrecht
Ansprüche für zahnärztliche Leistungen
Aufteilung einer Gemeinschaftspraxis in verschiedene Einzelpraxen
Tatbestand:
Im Streit steht die Höhe der Degressionsabzüge, die bei der Honorierung vertragszahnärztlicher Leistungen des Klägers im Jahr
1999 vorzunehmen sind.
Der Kläger ist als Zahnarzt in F. niedergelassen und nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Bis zum Ende des
ersten Quartals 1999 führte er seine Praxis in der G. 12 in Gemeinschaftspraxis (jetzt: Berufsausübungsgemeinschaft) - als
gleichberechtigte Partner - mit dem zu 7. beigeladenen Vertragszahnarzt H. I ... Die Praxis beschäftigte einen Assistenten
und rechnete im Quartal I/1999 insgesamt 141.144 (degressionswirksame) Punkte ab. Seit dem Quartal II/1999 führte der Kläger
die Praxis allein weiter, in der für drei Wochen im April 1999 ein Assistent beschäftigt wurde. Die Einzelpraxis rechnete
in den Quartalen II - IV/1999 413.768 (degressionswirksame) Punkte ab. Auch der Beigeladene zu 7. führte seit April 1999 wieder
eine Einzelpraxis.
Mit Bescheid über die Degressionsberechnung 1999 vom 19. Dezember 2003 setzte die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung
(KZÄV) dem Kläger gegenüber die für die Quartale I - IV/1999 zu degressierende Punktmenge fest. Dies waren in der Degressionsstufe
2 (ab 450.000 Punkte) 10.903 und in der Stufe 1 (ab 350.000 Punkte) weitere 105.208 Punkte. Der zu erstattende Degressionsbetrag
sollte 25.380,24 DM = 12.976,71 Euro betragen. Grundlage hierfür war die bis 2005 geltende "Vereinbarung über die Anwendung
der Degressionsbestimmungen gem. §
85 Abs.
4 b - f
SGB V" vom 1. Dezember 1993, die zwischen der Beklagten und den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen abgeschlossen
worden war.
Der Kläger legte hiergegen am 13. Januar 2004 Widerspruch ein.
Nachdem der zwischen der Beklagten und den Kassenverbänden abgeschlossene "Vertrag zur Degression 1999 bis 2003" (vom 23.
Juni 2005; im Folgenden: Degressionsvertrag) während des Widerspruchsverfahrens in Kraft getreten war, erließ die Beklagte
auf dessen Grundlage den Jahreshonorar- und Degressionsbescheid für 1999 vom 30. Juni 2006, mit dem ua der Degressionsbescheid
vom 19. Dezember 2003 aufgehoben wurde. Nunmehr nur unter Berücksichtigung der ab April 1999 abgerechneten Punktemenge errechnete
sie einen Degressionsfaktor von 8,66 % für die Quartale II-IV. Nach Abzug des Degressionsfaktors verblieb ein Abrechnungsbetrag
von 704.096,61 DM (359.998,88 Euro), von denen 547.169,28 DM (279.763,11 Euro) vergütet wurden. Seinen Widerspruch gegen den
ursprünglichen Degressionsbescheid begründete der Kläger daraufhin damit, dass bei der Degressionsberechnung die im Quartal
I/1999 von der Gemeinschaftspraxis abgerechneten Punkte unberücksichtigt geblieben seien.
Der aus dem Kläger und dem Beigeladenen zu 7. bestehenden Gemeinschaftspraxis erteilte die Beklagte unter dem 7. Juli 2006
einen Jahreshonorar- und Degressionsbescheid für 1999, bei dem der Degressionsfaktor - bezogen auf das Quartal I/1999 - auf
0 % festgesetzt wurde. Von den insgesamt abgerechneten 235.887,82 DM (120.607,52 Euro) wurden 203.610,94 DM (104.104,62 Euro)
vergütet. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2006 zurück. Bei einem Statuswechsel
von einer Gemeinschafts- in eine Einzelpraxis ändere sich die mit der Zulassung vergebene Abrechnungsnummer. Gem § 1 Abs 2
des Degressionsvertrags 1999 bis 2003 und § 2 Abs 1 des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) der Beklagten seien bei nicht ganzjähriger
Zulassung die Punktmengengrenzen zeitanteilig zu reduzieren.
Am 17. Oktober 2006 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, mit der er geltend gemacht hat, dass sich die Degressionsberechnung auf das gesamte Kalenderjahr 1999
zu erstrecken habe. Die gesetzlich festgesetzte degressionsfreie Gesamtpunktmenge von 350.000 Punkten je Vertragszahnarzt
beziehe sich demnach immer auf das volle Kalenderjahr. Bei nur zeitweiser Tätigkeit des gleichberechtigten Partners in einer
Gemeinschaftspraxis sei die degressionsfreie Punktmenge lediglich entsprechend der Dauer seiner Tätigkeit zuzuerkennen (Hinweis
auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 3. Dezember 1997 - 6 RKa 79/96). Die von der Beklagten vorgenommene getrennte Berechnung von Gemeinschafts- und Einzelpraxis wirke sich zum Nachteil des
Klägers aus. Denn die im 1. Quartal 1999 vorliegende Unterschreitung der degressionsfreien Punktmengengrenze (von 53.033 Punkten)
könne in Hinblick auf die in den Quartalen II - IV/1999 anfallende Degressionssumme nicht gutgeschrieben werden. Bei einer
Saldierung der Degressionspunkte würde sich der Degressionsfaktor dagegen auf 4,9 % reduzieren, woraus sich eine um rund 11.000
Euro niedrigere Degressionssumme ergäbe.
Mit Urteil vom 23. September 2009 hat das SG Hannover die Klage abgewiesen. Vorliegend seien durch die Zulassung der Gemeinschaftspraxis
und der Einzelpraxis zwei Rechtssubjekte zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen gewesen. Die Punktmengengrenzen
seien somit für jeden Vertragszahnarzt individuell zu errechnen. Die Punktmengengrenze der Gemeinschaftspraxis sei allein
auf diese bezogen, für die Einzelpraxis sei eine gesonderte Punktmengengrenze zu errechnen. Dementsprechend begegne die Degressionsberechnung
der Beklagten keinen rechtlichen Bedenken.
Gegen das ihm am 7. Oktober 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. November 2009 Berufung vor dem Landessozialgericht
(LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt, mit der er an seiner Rechtsauffassung festhält. Er sieht sich durch das zwischenzeitlich
ergangene BSG-Urteil vom 5. Mai 2010 (B 6 KA 21/09 R) bestätigt, in dem grundsätzlich an der Jahresbezogenheit der Degressionsberechnung festgehalten werde. Lediglich in Ausnahmefällen
seien demnach aus Sachgründen Abweichungen geboten, etwa in Fällen, in denen ein Vertragszahnarzt im Laufe eines Kalenderjahres
von einer Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis oder zwischen verschiedenen Gemeinschaftspraxen wechsele. Ein derartiger
Ausnahmefall sei hier jedoch nicht gegeben. Das BSG habe vielmehr ausdrücklich betont, es dürfe nicht außer Betracht bleiben, dass die Berücksichtigung eines Statuswechsels
auch Nachteile für Vertragszahnärzte mit sich bringen könne, weil ihnen die Möglichkeit genommen werde, nach einem Statuswechsel
etwaige Überschreitungen im 1. Quartal in nachfolgenden Quartalen auszugleichen. Nichts anderes gelte im (vorliegenden) umgekehrten
Fall.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 23. September 2009 aufzuheben und den Bescheid vom 30. Juni 2006 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2006 abzuändern,
2. die Beklagte zu verpflichten, über seinen Honoraranspruch im Jahr 1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats
erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine Neubescheidung in Hinblick auf die Durchführung der Degression unter Einbeziehung des ersten Quartals 1999 komme hier
schon deshalb nicht in Frage, weil die Bescheidung der Gemeinschaftspraxis hinsichtlich des ersten Quartals bestandskräftig
geworden sei. Im Übrigen führe das BSG eindeutig aus, dass im Fall des Wechsels von einer Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis oder umgekehrt zwingend eine
zeitanteilige sowie nach Praxen getrennte Degressionsberechnung durchgeführt werden müsse. Nichts anderes gelte im vorliegenden
Fall für den Kläger.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der
Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das SG Hannover hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
Gegenstand des Streits ist zunächst der gesonderte Degressionsbescheid vom 19. Dezember 2003 gewesen. Dieser ist im Verlauf
des Widerspruchsverfahrens durch den Honorar- und Degressionsbescheid vom 30. Juni 2006 ersetzt worden, der damit gem §
86 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zum Gegenstand des Vorverfahrens geworden ist (vgl Senatsurteil vom 9. April 2008 - L 3 KA 472/03 - juris). Die gegen diesen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2006 (§
95 SGG) gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Bescheidungsklage (§§
54 Abs
1,
131 Abs
3 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Beklagte hat den Honoraranspruch des Klägers für die
Quartale II - IV/1999 rechtswidrig festgesetzt, weil sie die Degression nicht zutreffend berechnet hat.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide ist der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten für das Jahr 1999 (Beschlüsse
der Vertreterversammlung vom 6. März 1998, vom 27./28. November 1998, vom 19. Februar 1999, vom 17. April 1999 sowie Änderungsbeschluss
vom 23. August 2003), der auf der Grundlage des §
85 Abs
4 S 3 ff Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) ergangen ist. Der HVM wird durch den Degressionsvertrag ergänzt und modifiziert, um die vom BSG (SozR 4-2500 § 85 Nr 2) vorgegebene Verzahnung zwischen Degressionsabzug und HVM-Budgetierung zu erreichen. Sowohl der HVM 1999 als auch der
- mit Rückwirkung in Kraft getretene - Degressionsvertrag stehen mit höherrangigem Recht in Übereinstimmung (Senatsurteil
vom 9. April 2008 - L 3 KA 156/04 - juris - NZS 2009, 343 ff).
Zutreffend hat die Beklagte für die aus dem Kläger und dem Beigeladenen zu 7. im Quartal I/1999 bestehende Gemeinschaftspraxis
einerseits und für den Kläger für die Quartale II - IV/1999 andererseits gesonderte Honorarbescheide erlassen. Damit hat sie
dem Umstand Rechnung getragen, dass Inhaber von Vergütungsansprüchen einer Gemeinschaftspraxis nicht deren Einzelmitglieder,
sondern die sie tragende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist (BSG SozR 4-5520 33 Nr 1; SozR 4-2500 § 106 Nr 6; Senatsurteil vom 12. Mai 2010 - L 3 KA 70/07 - juris). Die unterschiedliche Anspruchsinhaberschaft (GbR bzw Kläger als Einzelzahnarzt) erfordern es, gesonderte Honorarbescheide
zu erlassen.
Bei der Berechnung des Honoraranspruchs des Klägers in den angefochtenen Bescheiden ist die Beklagte jedoch von einem unzutreffenden
Degressionsfaktor ausgegangen.
Gem § 2 des Degressionsvertrags wird die "zahnarztseitige Degression" für jeden Vertragszahnarzt in der Weise berechnet, dass
die sich nach Berücksichtigung der Degressionsstufen (gem §
85 Abs
4b S 1
SGB V idF des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes (GKV-SolG) vom 19. Dezember 1998, BGBl I 3853) ergebende zu degressierende Punktmenge
(nach § 1 Abs 3 des Degressionsvertrags) ins Verhältnis zu der von ihm abgerechneten Gesamtpunktmenge gesetzt wird. Um den
sich hieraus ergebenden (prozentualen) Degressionsfaktor wird die Ist-Abrechnung jeden Leistungsbereichs vermindert (§ 2 Abs
2 Degressionsvertrag), die sodann der HVM-Budgetierung unterliegt.
Bei der Berechnung der zu degressierenden Punktmenge (nach Maßgabe des § 1 Abs 2 und 3 Degressionsvertrag) hat die Beklagte
allein die vom Kläger in den drei Quartalen II - IV/1999 erbrachten Leistungen berücksichtigt und dabei die Punktmengengrenzen
des §
85 Abs
4b S 1
SGB V - in entspr Anwendung des §
85 Abs
4b S 8
SGB V (vgl hierzu BSG, Urteil vom 3. Dezember 1997 - 6 RKA 79/96 - juris) - zeitanteilig vermindert (unter Berücksichtigung eines zeitweise beschäftigten
Assistenten auf 268.733 Punkte bis zur Degressionsstufe 1 und auf 345.514 Punkte bis zur Degressionsstufe 2). Mit der Zugrundelegung
nur der Quartale II - IV/1999 hat sie jedoch die gesetzlichen Vorgaben des §
85 Abs
4b S 1
SGB V missachtet, wonach die Degression "je Kalenderjahr" zu berechnen ist. Hiervon ist vorliegend nicht deshalb abzuweichen, weil
der Kläger in einem Quartal des Kalenderjahres 1999 in Gemeinschafts- und in den weiteren Quartalen in Einzelpraxis gearbeitet
hat.
Nach der Rspr des BSG (SozR 4-2500 § 85 Nr 57) ist eine Abweichung von der jahresbezogenen Degressionsberechnung nur ausnahmsweise zulässig. Dies gilt zum einen
dann, wenn ein volles Abrechnungsjahr von vornherein nicht zur Verfügung steht, weil die Degressionsvorschriften - wie im
Jahr 1997 - nur für einen Teil des Jahres gegolten haben oder wenn der Vertragszahnarzt nicht im gesamten Jahr tätig gewesen
ist. Bei Gemeinschaftspraxen, in denen ein Zahnarzt nur unterjährig tätig ist, kann dessen degressionsfreier Betrag bei der
Degressionsberechnung für die Gemeinschaftspraxis ebenfalls nur zeitanteilig berücksichtigt werden (BSG aaO., mwN). Einer zeitanteiligen und nach Praxen getrennten Degressionsberechnung bedarf es schließlich dann, wenn ein Vertragszahnarzt
im Laufe eines Kalenderjahres die Praxis wechselt, etwa von einer Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis oder zwischen verschiedenen
Gemeinschaftspraxen. Eine Berücksichtigung aller im Laufe des Jahres in der Praxis tätigen Zahnärzte wäre für diesen Fall
von vornherein nicht durchführbar, wenn auch nur einer der Zahnärzte innerhalb desselben Jahres verschiedenen Gemeinschaftspraxen
angehörte; wäre er bei beiden Gemeinschaftspraxen mit seinen Jahreswerten zu berücksichtigen, würde die Degressionsberechnung
durch die Mehrfachberücksichtigung insgesamt verfälscht. Außerdem kann die Gemeinschaftspraxis keine Haftung für solche Altschulden
übernehmen, die eines ihrer Mitglieder in der Zeit ihrer Tätigkeit als Einzelzahnarzt aus Degressionsüberschreitungen erworben
hat (BSG aaO., mwN).
Keiner der genannten Fälle liegt hier jedoch vor, wie der Kläger im Berufungsverfahren zutreffend dargelegt hat. Insbesondere
hat der Kläger die Praxis nicht gewechselt, sondern ist nach wie vor in seinen Praxisräumen in F. tätig. Er hat dort im Jahr
1999 auch keine Gemeinschaftspraxis gegründet, sondern ist aus einer solchen ausgeschieden, ohne dass er oder sein früherer
Partner in eine andere Berufsausübungsgemeinschaft gewechselt wären.
Ob auch andere Änderungen des Praxisstatus eine Abweichung von der Jahresbezogenheit der Degressionsberechnungen rechtfertigen,
ist vom BSG (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 57; SozR 4-2500 § 85 Nr 65) bislang offen gelassen worden. Dabei hat es darauf hingewiesen, dass eine Berücksichtigung von Statuswechseln bei
der Degressionsberechnung auch Nachteile für Vertragszahnärzte mit sich bringen könnte, weil ihnen die Möglichkeit genommen
würde, nach einem Statuswechsel etwaige Überschreitungen im 1. Quartal in nachfolgenden Quartalen auszugleichen. So verhält
es sich auch hier, weil die Degressions-"Einsparungen" des Klägers im 1. Quartal nicht mit den Degressionsbeträgen in den
Quartalen II-IV/1999 verrechnet werden können.
Nach Auffassung des Senats ist eine Aufteilung der Degressionsberechnung nach Zeitanteilen (Gemeinschaftspraxis/Einzelpraxis)
im vorliegenden Fall nicht rechtmäßig, sondern an der jahresbezogenen Berechnung festzuhalten. Dabei steht weder die Frage
nach der Günstigkeit des Ergebnisses für den Zahnarzt noch das Abweichen von einem "Grundsatz" im Vordergrund. Entscheidend
ist vielmehr, dass die Berechnung je Kalenderjahr eindeutig im Gesetz vorgesehen ist und Gerichte und Behörden hieran gebunden
sind (Art
20 Abs
3 Grundgesetz (
GG)). Etwas anderes kann deshalb nur gelten, wenn - wie in den beschriebenen Fällen - die jahresbezogene Berechnung aus rechtlichen
oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder mit vom Gesetzgeber nicht gewollten sachwidrigen Ergebnissen verbunden wäre,
die eine Verletzung des Art
3 Abs
1 GG bedeuten würden. Hieran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall.
Dass der bloße Wechsel der Rechtsform, in der ein Vertragszahnarzt tätig ist, nichts an der Jahresbezogenheit der Degressionsberechnung
ändert, ergibt sich auch aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung. Durch die Degression sollen die Krankenkassen an den Kostenvorteilen
und Rationalisierungsmöglichkeiten in umsatzstarken Zahnarztpraxen teilhaben, die sich daraus ergeben, dass bei größeren Leistungsmengen
die Fixkosten einer Praxis einen degressiven Verlauf haben und die Mitarbeiter produktiver eingesetzt werden können (grundlegend
BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 22). Derartige Rationalisierungseffekte zeigen sich verlässlich aber nur aufs Jahr bezogen, zumal sich viele geplante
zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen über längere Zeiträume erstrecken und die Abrechnungen der einzelnen Quartale starken Schwankungen
unterliegen können (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 57). Dass der Gesetzgeber der Organisationsform der zahnärztlichen Praxis dabei kein entscheidendes Gewicht beimessen
wollte, ergibt sich schließlich daraus, dass die Gesamtpunktmenge und die Degressionsschwellen nach §
85 Abs
4b S 1
SGB V nicht nur "je Kalenderjahr", sondern auch "je Vertragszahnarzt" festzusetzen sind. Ob der Zahnarzt in Einzelpraxis, in Praxisgemeinschaft
oder in Gemeinschaftspraxis tätig ist, ist - mit näheren Modifikationen für Gemeinschaftspraxen in §
85 Abs
4b S 3 ff
SGB V - deshalb unerheblich (Muschallik in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Aufl, S 676, Rdnr 44).
Der Notwendigkeit für die Degressionsberechnung im strittigen Honorarbescheid das gesamte Kalenderjahr 1999 zugrunde zu legen,
kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, dass die Degression im 1. Quartal 1999 bereits Gegenstand des bestandskräftigen
Jahreshonorar- und Degressionsbescheids vom 7. Juli 2006 zugunsten der früheren Gemeinschaftspraxis Dr. J./I. gewesen ist.
Denn dort ist der Degressionsfaktor 0,00 % festgesetzt worden, sodass es im Ergebnis nicht zu einer mehrfachen degressionsbegründenden
Berücksichtigung derselben Leistungen kommt. Eine Verbindlichkeit für den Kläger dergestalt, dass Leistungen des 1. Quartals
für seine Degressionsberechnung unberücksichtigt bleiben müssen, kommt dem Bescheid vom 7. Juli 2006 schließlich schon deshalb
nicht zu, weil dieser nur der Gemeinschaftspraxis und damit einem anderen Rechtssubjekt gegenüber ergangen ist.
Nach alledem muss die Beklagte den für den Kläger geltenden Degressionsfaktor als Berechnungselement seines Honoraranspruchs
neu bestimmen. Dabei muss sie die gesamte Tätigkeit der Zahnärzte bzw des Zahnarztes in der Praxis K. 12 in F. im Jahr 1999
berücksichtigen und diese den Degressionsschwellen gegenüber stellen, die sich zeitanteilig unter Anwendung des §
85 Abs
4b S 1, S 3 und S 8 (analog)
SGB V ergeben. Dies führt beispielsweise zu einer degressionsfreien Punktmengengrenze von 462.910 Punkten, wie es der Kläger in
seiner Klagebegründung vom 17. Oktober 2006 dargelegt hat.
Der Senat hat gem §
160 Abs
2 Nr
1 SGG die Revision zugelassen.
Die Streitwerthöhe ergibt sich aus §
197a Abs
1 S 1 Halbs 1
SGG iVm §§ 47 Abs 1 S 1 und 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG).