Ermittlung der Einnahmen und des notwendigen behinderungsbedingten Mehrbedarfs eines in einer eigenen Wohnung lebenden volljährigen
behinderten Kindes
Gründe:
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist der Vater einer im Jahre 1975 geborenen Tochter D, die zu 100 v.H. schwerbehindert
ist und in deren Schwerbehindertenausweis die Merkmale "G", "aG" und "H" eingetragen sind. Die Tochter ist auf einen Rollstuhl
angewiesen. Sie wohnt seit August 1999 in einer behindertengerecht ausgestatteten Eigentumswohnung des Klägers, für die sie
Miete zahlt. Sie wird dabei von einem mobilen Pflegedienst betreut.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Beklagter) hob den Bescheid über die Kindergeldfestsetzung für die Tochter D ab dem 1.
Juli 1999 mit der Begründung auf, die Tochter verfüge über ausreichende eigene Mittel, um sich i.S. des §
32 Abs.
4 Satz 1 Nr.
3 des Einkommensteuergesetzes (
EStG) selbst zu unterhalten.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt und entschied, dass dem Kläger für die Tochter D bei gleich bleibenden
Verhältnissen ab Januar 2000 kein Kindergeld mehr zustehe, weil die Tochter ab diesem Zeitpunkt zum Selbstunterhalt in der
Lage sei, da ihre eigenen Mittel ihren gesamten Lebensbedarf überstiegen. Die erforderliche Gegenüberstellung des Gesamtbedarfs
einerseits und der zur Verfügung stehenden Mittel andererseits sei auf das gesamte Kalenderjahr und nicht auf den Kalendermonat
zu beziehen.
Der gesamte Lebensbedarf betrage:
Der Grundbedarf betrage für das Jahr 2000 13 500 DM
Pflegekosten (§ 69b des Bundessozialhilfegesetzes --BSHG--) 64 800 DM
Für die Grundpflege fielen gemäß dem Pflegeplan der Sozialstation 5 400 DM x 12 an.
Pauschale Fahrtkosten (H 186 bis 189 --Fahrtkosten Behinderter--
des Amtlichen Einkommensteuer-Handbuchs --EStH-- 2000) 7 800 DM
Kosten für 6 Fahrten zu Ärzten/Kliniken 1 560 DM
Begleitkosten für Arztbesuche 1 440 DM
Mitgliedsbeiträge, Geldtransportkosten etc. 1 059 DM
Mehrkosten für Miete wegen Rollstuhlfläche 1 386 DM
Stellplatz für Rollstuhl 1 200 DM
Kosten für Hausmeister und Aufzug 688 DM
Mehrkosten der Nebenkosten der Wohnung 900 DM
Hausnotruf 300 DM
94 633 DM
Die eigenen Mittel der Tochter beliefen sich auf:
Erwerbsunfähigkeitsrente 36 917,88 DM abzgl. 560 DM Pauschalen 36 357,88 DM
Pflegegeld nach § 69b BSHG 12 X 5 400 DM =
64 800 DM ./. 371 DM (Eigenanteil) 64 429,00 DM
100 786,88 DM
aufgerundet: 100 787,00 DM
Da die Differenz zwischen Bedarf und eigenen Mitteln so groß sei, könne offen bleiben, ob Kosten für eine Begleitperson während
des Urlaubs mit jährlich 3 000 DM angesetzt werden könnten und ob die Kosten für die Telefongrundgebühren als Mehrbedarf anzusehen
seien.
Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend:
1. Die Auffassung des FG, die Fahrtkosten für insgesamt 15 000 km könnten nur mit dem Pauschbetrag von 0,52 DM abgerechnet
werden, sei rechtsfehlerhaft. Wegen der Notwendigkeit, einen Rollstuhl mitzuführen, sei ein größeres Fahrzeug erforderlich.
Außerdem sei zu berücksichtigen, dass er, der Kläger, zwei gehbehinderte Töchter habe und deshalb ein größeres Fahrzeug für
die gemeinsamen Familienfahrten erforderlich sei. Es sei deshalb ein erhöhter Kilometersatz von 0,90 DM zugrunde zu legen.
Deshalb sei anstelle des Betrages von 7 800 DM ein Betrag von 13 500 DM anzusetzen. Für die vom FG angesetzten Fahrtkosten
zu den Ärzten sei anstelle des Betrages von 1 560 DM ein Betrag von 2 700 DM zu berücksichtigen, so dass sich gegenüber den
Berechnungen des FG insoweit ein Mehrbedarf von 6 840 DM ergebe.
2. Entgegen der Auffassung des FG stelle die zeitweise Übernahme der Pflege durch ihn, den Kläger, keinen Verzicht auf Einkünfte
und Bezüge i.S. des §
32 Abs.
4 Satz 8
EStG dar. Für die Zeit, für die er die Pflege übernehme, bestehe überhaupt kein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen.
Der durchschnittlich zusätzlich von ihm, dem Kläger, erbrachte Pflegeaufwand beziffere sich auf 4 Tage à 6 Stunden pro Monat,
also 288 Stunden jährlich. Dies ergebe bei einem Stundensatz von 15 DM 4 320 DM; richtigerweise sei jedoch ein Stundensatz
von 30 DM anzusetzen, so dass sich der Mehrbedarf auf 8 640 DM jährlich belaufe.
Ein weiterer Pflegebedarf ergebe sich dadurch, dass für die Tochter für die PKW-Fahrten eine Begleitperson erforderlich sei.
Setze man für die Fahrleistung von 15 000 km 250 Stunden an, ergebe sich ein Mehrbedarf von 3 750 DM bei einem Stundensatz
von 15 DM und von 7 500 DM bei einem Stundensatz von 30 DM.
3. Das Pflegegeld nach § 69b BSHG gehöre nicht zu den eigenen Mitteln des Kindes, da es sich nicht um Bezüge handele, die zur Bestreitung des üblichen Unterhalts
bestimmt seien.
4. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien nicht als Einnahmen der Tochter zu erfassen, so dass sich deren
eigene Mittel um 2 861,28 DM reduzierten.
5. Die Kosten für eine Begleitperson während des Urlaubs seien ebenfalls zu berücksichtigen. Tatsächlich habe die Tochter
für ihre Reise nach ... für die Begleitperson Kosten von mehr als 3 000 DM aufgewendet.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG Rheinland-Pfalz aufzuheben und den Bescheid vom 28. Juni 1999 über die Aufhebung der
Kindergeldfestsetzung und Rückforderung von Kindergeld in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2000 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache
an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), soweit die Klage abgewiesen worden ist.
1. Der Senat hat nach Ergehen der Vorentscheidung mit Urteil vom 16. Dezember 2002 VIII R 65/99 (BFHE 201, 195, BStBl II 2003, 593) entschieden, dass bei der Prüfung, ob die gebotene steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums
eines Kindes durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt wurde und deswegen bei der Veranlagung zur Einkommensteuer
der Kinderfreibetrag unter Verrechnung des Kindesgeldes anzusetzen ist, auf den Kalendermonat abzustellen ist. Wegen der Einzelheiten
der Begründung wird auf den Inhalt dieses Urteils Bezug genommen. Aus diesem Urteil folgt, dass die Frage, ob ein Anspruch
auf Kindergeld besteht, entgegen der Auffassung der Vorinstanz grundsätzlich für jeden Monat gesondert zu prüfen ist.
Das ändert aber nichts daran, dass eine Jahresberechnung bei gleich bleibenden monatlichen Einnahmen und einem monatlich gleich
bleibenden behinderungsbedingten Mehraufwand während des gesamten Kalenderjahres zu demselben Ergebnis führt wie eine Monatsberechnung.
Auch ist ein behinderungsbedingter Mehrbedarf, der --wie im Streitfall beispielsweise die geschätzten Fahrtkosten für insgesamt
6 Arztbesuche-- nicht in jedem Monat anfällt, nicht ausschließlich dem Monat zuzuordnen, in dem die Kosten angefallen sind.
Denn die Fähigkeit zum Selbstunterhalt bleibt auch dann bestehen, wenn die monatlichen Einnahmen eines längeren vorausgegangenen
Zeitraums so hoch gewesen sind, dass sie den nicht monatlich anfallenden behinderungsbedingten Mehrbedarf abdecken können.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bei der Prüfung, ob ein Sonderbedarf i.S. des §
1613 Abs.
2 Nr.
1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (
BGB) oder ein durch die monatliche Unterhaltszahlung abgegoltener Mehrbedarf des Unterhaltsberechtigten besteht, darauf abgestellt,
ob bei einer vorausschauenden Bedarfsplanung unter Zugrundelegung einer monatlichen Durchschnittsbelastung der Mehrbedarf
aufgefangen werden kann (vgl. BGH-Urteile vom 11. November 1981 IVb ZR 608/80, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1982, 328; vom 8. Februar 1984 IVb ZR 52/82, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 1984, 470; vgl. auch Oberlandesgericht --OLG-- Hamm, Urteil vom 1. März 1994 13 UF 435/93, FamRZ 1994, 1281).
Überträgt man den dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Gedanken auf §
32 Abs.
4 Satz 1 Nr.
3 EStG, dann bleibt ein behindertes Kind bei einem nicht monatlich anfallenden notwendigen behinderungsbedingten Mehrbedarf zum
Selbstunterhalt imstande, wenn es diesen Mehrbedarf bei seiner Aufteilung auf einen angemessenen vorangegangenen Zeitraum
unter Zugrundelegung einer monatlichen Durchschnittsbelastung auffangen kann.
Das FG wird im Streitfall im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob die von ihm vorgenommene Jahresberechnung zu einer angemessenen
monatlichen Zuordnung solcher Aufwendungen führt, die nicht monatlich angefallen sind.
2. Das FG ist bei der Prüfung, ob die eigenen Mittel der Tochter zum Selbstunterhalt i.S. des §
32 Abs.
4 Satz 1 Nr.
3 EStG ausreichen, teilweise von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein behindertes Kind erst dann imstande, sich selbst zu unterhalten,
wenn es über eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung seines gesamten notwendigen Lebensbedarfs
ausreicht. Erst wenn die finanziellen Mittel des Kindes ausreichen, um seinen gesamten notwendigen Lebensbedarf abzudecken,
kann davon ausgegangen werden, dass den Eltern kein zusätzlicher Aufwand für das Kind entsteht, der ihre steuerrechtliche
Leistungsfähigkeit mindert (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1999 VI R 183/97, BFHE 189, 442, BStBl II 2000, 72, unter 1.c der Gründe).
a) Bei der Prüfung, ob das behinderte Kind zum Selbstunterhalt i.S. des §
32 Abs.
4 Satz 1 Nr.
3 EStG imstande ist, gehören zu den eigenen finanziellen Mitteln des behinderten Kindes auch die Zahlungen der Sozialleistungsträger
für die Pflege gemäß § 69b BSHG. Dies gilt unabhängig davon, ob das Geld an das Kind oder an den Pflegedienst unmittelbar ausgezahlt wird. Entgegen der Auffassung
des FG kann das Pflegegeld nach § 69b BSHG aber nur in der Höhe als Einnahme des behinderten Kindes erfasst werden, in der es tatsächlich ausgezahlt worden ist. Der
Senat versteht die Ausführungen der Vorinstanz zu dieser Frage dahin, dass es sich bei dem Betrag von 5 400 DM monatlich nicht
um eine auf jeden Fall geschuldete Pauschale, sondern um einen Höchstbetrag für die Pflege der Tochter handelt, der sich verringert,
wenn die Tochter die Pflegeleistungen tatsächlich in einem geringerem als dem ihr zustehenden Umfang in Anspruch nimmt. Das
bedeutet, dass die Tochter keinen Zahlungsanspruch gegenüber dem Träger der Sozialhilfe erlangt hat, soweit sie den Pflegedienst
nicht in Anspruch genommen hat. Sie hat dann aber nicht auf einen bereits entstandenen Zahlungsanspruch verzichtet, sondern
lediglich eine Pflegeleistung nicht in Anspruch genommen, die ihr rechtlich zugestanden hätte. Dieser Sachverhalt könnte dem
tatsächlichen Zufluss von Mitteln nur dann gleichgesetzt werden, wenn das Verhalten als rechtsmissbräuchlich i.S. des §
42 der
Abgabenordnung (
AO 1977) anzusehen wäre. Dies ist aber nicht der Fall.
b) Zu den eigenen Mitteln der Tochter zählen auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, da ihr diese Beträge zustehen
und ihr mit der Abführung an die Sozialversicherung auch zugeflossen sind. Diese Beträge sind mit dem Ansatz des Grundfreibetrages
abgegolten (vgl. Senatsurteil vom 4. November 2003 VIII R 59/03, BFHE 204, 126, BStBl II 2004, 584).
3. Die Vorentscheidung ist hinsichtlich der Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs auf der Grundlage der bisherigen
tatsächlichen Feststellungen des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der gesamte notwendige Lebensbedarf setzt sich
aus dem Grundbedarf und dem behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen. Zum behinderungsbedingten Mehrbedarf gehören alle mit
einer Behinderung unmittelbar zusammenhängenden außergewöhnlichen Belastungen, z.B. Wäsche, Hilfeleistungen, Erholung, typische
Erschwernisaufwendungen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 189, 442, BStBl II 2000, 72, unter 1.d der Gründe).
Bei der Ermittlung, welche Aufwendungen zur Deckung des Mehrbedarfs notwendig sind, müssen die Hilfeleistungen der Eltern
außer Betracht bleiben. Denn wenn die tatsächlich von den Eltern erbrachten Hilfeleistungen als bedarfsmindernd berücksichtigt
würden, könnten genau die Unterhaltsbeiträge der Eltern zum Ausschluss des Kindergeldanspruchs oder Kinderfreibetrags führen,
die das Kindergeld abgelten soll.
a) Danach ändert der Umstand, dass die Tochter die Leistungen des Pflegedienstes wegen der Hilfeleistungen des Klägers teilweise
nicht in Anspruch genommen hat, nichts daran, dass insoweit ein behinderungsbedingter Mehrbedarf bestehen geblieben ist. Dieser
Mehrbedarf ist mit dem Betrag zu bewerten, der im Fall der Inanspruchnahme des Pflegedienstes entstanden wäre. Der gesamte
häusliche Pflegebedarf belief sich deshalb im Streitfall --wie vom FG angenommen-- auf 5 400 DM monatlich.
b) Soweit der Kläger für die Fahrten seiner Tochter mit dem Kfz als behinderungsbedingten Mehraufwand den Ansatz von Fahrtkosten
von mehr als dem vom Beklagten und vom FG anerkannten Betrag von pauschal 7 800 DM (15 000 km x 0,52 DM; vgl. dazu H 186 bis
189 --Fahrtkosten Behinderter-- EStH 2000) erstrebt, ist sein Begehren auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des
FG nicht gerechtfertigt. Denn die Kosten für Kfz-Fahrten, die der allgemeinen Lebensführung einschließlich Freizeit- und Erholungszwecken
dienen und nicht wie beispielsweise die Fahrtkosten zum Arzt zu den Krankheitskosten gehören (vgl. dazu BFH-Urteil vom 3.
Dezember 1998 III R 5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227), können bei außergewöhnlich gehbehinderten und hilflosen Steuerpflichtigen nur insoweit als außergewöhnliche Belastung nach
§
33 EStG abgezogen werden, als sie angemessen sind (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 2003 III R 31/03, BFHE 205, 74, BStBl II 2004, 453). Nach der Rechtsauffassung des III. Senats des BFH sind derartige Kosten i.S. des §
33 Abs.
2 Satz 1
EStG nur angemessen, soweit sie die in den Einkommensteuer-Richtlinien und Lohnsteuer-Richtlinien für die Berücksichtigung von Kfz-Kosten als Werbungskosten und Betriebsausgaben festgesetzten Pauschbeträge nicht übersteigen;
decken die Pauschbeträge die tatsächlichen Aufwendungen nicht, kann der Behinderte an Stelle der Pauschbeträge die Kosten,
die ihm für Fahrten mit einem --behindertengerechten-- öffentlichen Verkehrsmittel, ggf. auch mit einem Taxi, entstanden sind,
als außergewöhnliche Belastung geltend machen (BFH-Urteil in BFHE 205, 74, BStBl II 2004, 453).
Die pauschale Berechnung der Kosten, die für die tatsächliche Fahrleistung des Behinderten mit dem Kfz bis höchstens 15 000
km als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, dient der Verwaltungsvereinfachung. Damit sind sämtliche Mehraufwendungen
des Behinderten für Fahrten, die nicht zu den Krankheitskosten gehören, abgegolten, wenn der Behinderte nicht nachweist, dass
er für öffentliche Verkehrsmittel einen höheren Betrag aufgewendet hat. Da die Tochter tatsächlich keine öffentlichen Verkehrsmittel
benutzt hat, könnte ein den Betrag von 7 800 DM übersteigender Mehrbedarf im Rahmen der Vergleichsberechnung nach §
32 Abs.
4 Satz 1 Nr.
3 EStG nur dann anerkannt werden, wenn jemand, der mittellos und ebenso behindert ist wie die Tochter des Klägers, für seine entsprechenden
Fahrten von einem Sozialleistungsträger insgesamt höhere Kosten erstattet bekäme. Denn nur dann, wenn einem mittellosen und
auf fremde Hilfe angewiesenen Behinderten als Sozialleistung insgesamt höhere Beträge für derartige Fahrten erstattet würden,
wäre der notwendige Lebensbedarf nicht mit dem pauschal berechneten Betrag abgedeckt.
c) Die Höhe der vom FG geschätzten Fahrtkosten einschließlich der Kosten einer Begleitperson für 6 Fahrten zu Ärzten bzw.
Kliniken ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden. Für derartige Fahrten könnte ein höherer behinderungsbedingter
Mehrbedarf als der bisher anerkannte nur dann berücksichtigt werden, wenn der Kläger nachweist, dass seiner Tochter dafür
ohne seine Hilfe höhere Kosten entstanden wären. Das erfordert einen Nachweis der einzelnen Arztbesuche und die Darlegung,
welche Kosten entstanden wären, wenn die Tochter dafür die Dienstleistungen Dritter, z.B. eines Pflegedienstes oder eines
Behindertentaxis, in Anspruch genommen hätte. Die Höhe dieses Mehrbedarfs kann sich dabei an den Beträgen orientieren, die
von der Krankenkasse oder dem Träger der Sozialleistung anerkannt worden wären, wenn die Tochter für ihre Arztbesuche auf
fremde Hilfe angewiesen gewesen wäre.
d) Wegen der vom FG offen gelassenen Frage, ob der Aufwand für eine Begleitperson für Urlaubsreisen als behinderungsbedingter
Mehraufwand zu berücksichtigen ist, wird auf das BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 III R 58/98 (BFHE 199, 400, BStBl II 2002, 765) verwiesen.
4. Da die Vorentscheidung teilweise von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist sie aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif
und daher an das FG zurückzuverweisen. Dieses wird im zweiten Rechtsgang unter Mitwirkung des Klägers festzustellen haben,
in welcher Höhe der Sozialleistungsträger Zahlungen an die Tochter oder für die Tochter an den Pflegedienst geleistet hat.
Der Kläger wird ggf. die tatsächlichen Arztbesuche seiner Tochter mit der Folge nachzuweisen haben, dass insoweit ein behinderungsbedingter
Mehrbedarf in Höhe der Kosten zu berücksichtigen ist, die ohne die Hilfe des Klägers entstanden wären.