Gründe:
I. Die im Jahr 1988 geborene Beteiligte zu 1 ist die Tochter des Beteiligten zu 2 aus dessen im Jahr 1991 geschiedener Ehe.
Die Mutter des Kindes, die an Epilepsie litt, ist 1992 verstorben. Das Familiengericht hatte noch im Jahre 1988 den Eltern,
die sich vor der Geburt des Kindes getrennt hatten, für die Dauer des Getrenntlebens die elterliche Sorge entzogen. Mit Urteil
des Familiengerichts vom 19.5.1991 wurde die elterliche Sorge für das Kind endgültig auf einen Vormund (Beteiligter zu 3)
übertragen.
Das Kind wurde nach der Geburt zusammen mit der Mutter in den Haushalt der Großmutter mütterlicherseits (Beteiligte zu 4)
aufgenommen, wo es seitdem aufwächst. Diese ist im Jahr 1935 geboren und seit April 1995 Rentnerin. Das Kind besucht die Grundschule.
Der Beteiligte zu 2 wohnt im Hinterhaus des Anwesens, in dem die Beteiligte zu 4 mit dem Kind lebt. Er hat in einem an das
Amtsgericht München adressierten Schreiben vom 8.2.1994 den Antrag gestellt, das Kind "zur Adoption freizugeben". Daraufhin
hat die Beteiligte zu 4 gemäß notarieller Urkunde vom 24.3.1994 beim Vormundschaftsgericht beantragt, die Annahme des Kindes
durch sie auszusprechen. Der Vormund hat hierzu sein Einverständnis erklärt und mit Schreiben vom 12.7.1994 für das Kind die
Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2 beantragt.
Das Vormundschaftsgericht hat den Vater, den Vormund, die Großmutter sowie das Kind persönlich angehört und eine Stellungnahme
des Jugendamts eingeholt. Dieses hatte mit einem Schreiben vom 27.1.1995 den Beteiligten zu 2 zu einem Gespräch eingeladen;
das Schreiben gelangte jedoch an das Jugendamt zurück. Das Vormundschaftsgericht hat mit Beschluß vom 15.9.1995 die Einwilligung
des Vaters zur Annahme des Kindes durch die Großmutter ersetzt. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 2 sofortige
Beschwerde eingelegt.
Mit Beschluß vom 2.1.1996 hat das Landgericht das Rechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet
sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. Die Beteiligte zu 4 beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig; in der Sache hat sie keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Einwilligung des Beteiligten zu 2 sei wegen dessen Gleichgültigkeit zu ersetzen; dagegen seien die Voraussetzungen für
eine Ersetzung wegen anhaltend gröblicher Pflichtverletzung nicht gegeben. Wie sich aus der Stellungnahme des Jugendamts ergebe,
habe der Beteiligte zu 2 bisher keinen Unterhalt geleistet. Seine Gleichgültigkeit zeige sich insbesondere in dem Schreiben
vom 8.2.1994, mit welchem er den Antrag gestellt habe, das Kind zur Adoption freizugeben. Der Inhalt jenes Schreibens weise
eine über bloße Gleichgültigkeit hinausgehende Ablehnung des Kindes auf. Denn er habe darin ausgeführt, er fühle sich ab jetzt
für das Kind nicht mehr verantwortlich, es sei inzwischen gut, daß kein Umgang stattfinde, er bitte, künftig Briefe das Kind
betreffend zu unterlassen. Gleichgültigkeit gegenüber seiner Tochter zeige sich außerdem in dem Verhalten des Beteiligten
zu 2 gegenüber dem Vormundschaftsgericht sowie gegenüber dem Jugendamt.
Zudem habe er im Beschwerdeverfahren schriftlich mitgeteilt, er werde einer etwaigen Vorladung zu einer Gerichtsverhandlung
nicht nachkommen und möchte keine Angaben machen, er habe genug und wolle endlich seine Ruhe, das Kind sei nicht mehr seine
Tochter. Das gesamte Verhalten und die in seinen Äußerungen zum Ausdruck kommende Einstellung des Beschwerdeführers zeigten,
daß er gegenüber dem Kind und seiner Entwicklung gänzlich teilnahmslos sei.
Das Unterbleiben der Annahme würde dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen, wenngleich die Großmutter auch ohne
Adoption bereit wäre, das Kind zu behalten und zu versorgen. Die Adoption würde zum einen den bisherigen Konfliktstoff wegen
der ausbleibenden Unterhaltsleistungen entfallen lassen. Vor allem aber würde der Aufenthalt des Kindes bei der Großmutter
auf eine gesicherte rechtliche Grundlage gestellt. Das Kind bedürfe der rechtlich geschützten und emotionalen Sicherheit,
daß es auf die Dauer bei seiner Großmutter, die es als Mutter betrachtet, bleiben könne und der Bestätigung, daß sie dieser
erwünscht sei wie ein eigenes Kind. Ein unverhältnismäßiger Nachteil sei insbesondere darin zu sehen, daß ohne die rechtliche
Absicherung durch eine Adoption die ungestörte Entwicklung des Kindes dadurch gefährdet wäre, daß der dem Kind gleichgültig,
ja ablehnend und feindselig gegenüberstehende leibliche Vater bei den das Kindeswohl betreffenden Entscheidungen gehört werden
müsse und durch sein auch in Zukunft zu erwartendes Verhalten das Kind ängstigen und verunsichern würde. Letztlich würde es
einen Nachteil darstellen, wenn die das Kind betreffenden Entscheidungen, anders als bei anderen Kindern nicht von der Person
getroffen werden könnten, die es tatsächlich unterhält und umsorgt, sondern von einem Vormund, wodurch es immer wieder auf
seine besondere Situation und auf die fehlende familiäre Bindung an Eltern hingewiesen würde.
Nach dem Gesetzeswortlaut. dürfe die Einwilligung wegen Gleichgültigkeit nicht ersetzt werden, bevor der Elternteil vom Jugendamt
über die Möglichkeit ihrer Ersetzung belehrt sowie beraten worden sei. Im vorliegenden Fall sei zwar vom Jugendamt weder eine
Beratung noch eine Belehrung durchgeführt worden. Entgegen dem Gesetzeswortlaut handele es sich aber nicht um zwingende Voraussetzungen.
Vielmehr sei ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers anzunehmen.
2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1
FGG, §
550
ZPO) im Ergebnis stand.
a) Wurde die Annahme eines ehelichen Kindes - wie hier - wirksam beantragt (§
1752
BGB), so hat das Vormundschaftsgericht die gemäß §
1747 Abs.
1
BGB zur Annahme erforderliche Einwilligung eines Elternteils auf Antrag des Kindes zu ersetzen, wenn er durch sein Verhalten
gezeigt hat, daß ihm das Kind gleichgültig ist und wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil
gereichen würde (§
1748 Abs.
1 Satz 1
BGB). Die Einwilligung zur Kindesannahme ist auch dann erforderlich, wenn dem Elternteil die elterliche Sorge entzogen worden
ist (BayObLG FamRZ 1994, 1348, 1349 m.w.N.). Den Antrag für das Kind hat im vorliegenden Fall der Vormund als gesetzlicher Vertreter (§
1793
BGB) wirksam gestellt. Hiervon ist das Beschwerdegericht zutreffend ausgegangen.
b) Das Beschwerdegericht hat das Verhalten des Beteiligten zu 2 gewürdigt und rechtsfehlerfrei als Gleichgültigkeit gegenüber
seiner Tochter im Sinn von §
1748 Abs.
1 Satz 1
BGB bewertet. Hiergegen wendet sich der Rechtsbeschwerdeführer ohne Erfolg.
aa) Gleichgültig im Sinn von §
1748 Abs.
1 Satz 1
BGB verhält sich ein Elternteil, wenn er gegenüber dem Kind und seiner Entwicklung gänzlich teilnahmslos ist. Dies ist insbesondere
dann anzunehmen, wenn er zu dem Kind über einen längeren Zeitraum hinweg keinen Kontakt pflegt, wenn ihn das Kind und dessen
Schicksal nicht interessieren (BayObLG FamRZ 1994, 1348, 1349 m.w.N.) oder wenn er es an einer persönlichen Zuwendung völlig fehlen läßt (vgl. Staudinger/Frank
BGB 12. Aufl. Rn. 25, MünchKomm/Lüderitz
BGB 3. Aufl. Rn. 9, jeweils zu §
1748).
bb) Soweit der Rechtsbeschwerdeführer vorträgt, er mache sich wegen des hohen Lebensalters der Beteiligten zu 4 Sorgen um
die Zukunft des Kindes, steht dies im Widerspruch zu seinem tatsächliche gezeigten Verhalten, insbesondere zu seinen schriftlichen
und mündlichen Äußerungen gegenüber dem Jugendamt, dem Vormundschafts- und dem Beschwerdegericht. Sie lassen Desinteresse
und fehlende Zuwendung, ja Zuwendung von dem Kind erkennen.
Der von ihm geäußerte Wunsch, jüngere Adoptiveltern für seine Tochter zu finden, ist angesichts der konkreten Situation des
Kindes nicht nur unrealistisch, zumal einem Herausnahmeverlangen eine Verbleibensanordnung gemäß §
1632 Abs.
4
BGB entgegenstehen würde, sondern zeigt auch fehlendes Verständnis für die gewachsenen Bindungen des Kindes und dessen Bedürfnis
nach Kontinuität und Sicherheit. Soweit der Beteiligte zu 2 einseitig. das Lebensalter der Beteiligten zu 4 betont, übersieht
er, daß diese für das inzwischen 8jährige Kind seit dessen frühester Kindheit die Mutterstelle einnimmt. Die mit der weiteren
Beschwerde erstmals vorgetragenen Tatsachenbehauptungen können in der dritten Instanz nicht mehr berücksichtigt werden (§
27 Abs. 1 Satz 1 FGG).
c) Das Beschwerdegericht hat wie schon das Vormundschaftsgericht einen unverhältnismäßigen Nachteil für das Kind im Sinn von
§
1748 Abs.
1 Satz 1
BGB bejaht, falls die angestrebte Adoption unterbleiben würde. Diese Beurteilung hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung
stand.
aa) Bei der Frage, ob ein unverhältnismäßiger Nachteil vorliegt, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff (BayObLG
FamRZ 1994, 1348, 1350 m.w.N.), der im Verfahren der weiteren Beschwerde auch dahin nachzuprüfen ist, ob die festgestellten tatsächlichen
Umstände richtig bewertet worden sind. Erforderlich ist eine umfassende Abwägung der Eltern- und Kindesinteressen, wobei -
unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - der Nachteil, den das Unterbleiben der Adoption bedeuten würde,
zur Schwere des Eingriffs in das Elternrecht in Beziehung zu setzen ist. Maßgebend ist einerseits das Ausmaß des Versagens
des Elternteils sowie andererseits, welche Maßnahme im Interesse des Kindes geboten ist (vgl. BGH FamRZ 1986, 460, 462 m.w.N.; BayObLG FamRZ 1994, 1348, 1350; Staudinger/Frank Rn. 39, MünchKomm/Lüderitz Rn. 13, jeweils zu § 1748, jeweils m.w.N.). Die Einwilligung eines Elternteils
zur Annahme als Kind darf nach den Grundsätzen, die das Bundesverfassungsgericht (FamRZ 1988, 807) für einen derart weitreichenden Eingriff in das Elternrecht aufgestellt hat, nur unter strengen Voraussetzungen ersetzt
werden (vgl. BayObLG MDR 1990, 631, 632).
bb) Im vorliegenden Fall ist bei der Frage, in welchem Maße ein Eingriff in das Elternrecht gerechtfertigt ist, zu berücksichtigen,
daß der Vater seit der Geburt des Kindes die elterliche Sorge nicht innehatte und keine tragfähige Vater-Kind-Beziehung aufgebaut
werden konnte. Hinzu kommt, daß der Beteiligte zu 2 selbst durch seinen an das Vormundschaftsgericht gerichteten "Antrag"
vom 8.2.1994 zum Ausdruck gebracht hat, daß er eine Adoption wünscht und grundsätzlich bereit ist, den damit verbundenen Verlust
seines Elternrechts zu akzeptieren.
cc) Bei der weiteren Frage, welche Maßnahme im Interesse des Kindes geboten ist, hat das Beschwerdegericht nicht alle wesentlichen
Umstände erörtert; gleichwohl ist das Ergebnis seiner Abwägung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
(1) Wie das Beschwerdegericht festgestellt hat, will die Beteiligte zu 4 das Kind auch ohne Adoption bei sich behalten und
versorgen. Soweit das Beschwerdegericht hierzu allgemein darauf abstellt, daß die Erklärung von Pflegeeltern, das Kind auch
ohne Adoption in Dauerpflege zu behalten, den Aufenthalt des Kindes nicht mit Sicherheit gewährleistet (vgl. BGH FamRZ 1986,
460, 462; BayObLG NJW-RR 1991, 1219, 1220), hat es sich nicht näher damit befaßt, daß die Pflegemutter die nächste Verwandte mütterlicherseits des Kindes ist
und bei der hier angestrebten Großmutter-Enkel-Adoption bereits eine Verwandtschaft besteht (§
1589 Satz 1
BGB), die durch eine künstliche Verwandtschaft ersetzt werden soll (§
1754 Abs.
2, §
1755 Abs.
1 Satz 1
BGB). Das Gesetz schließt eine Verwandtenadoption nicht aus, wie dem Wortlaut und Sinn des §
1756 Abs.
1
BGB zu entnehmen ist (vgl. OLG Oldenburg FamRZ 1996, 895 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat sich zwischen der Beteiligten zu 4 und dem Kind über das Verwandtschaftsverhältnis hinaus
ein echtes Mutter-Kind-Verhältnis entwickelt, weil das Kind von Geburt an in deren Haushalt aufgewachsen ist.
(2) Das Beschwerdegericht hat nicht in Erwägung gezogen, daß im Hinblick auf die für das Kind bestehende Vormundschaft (§§
1773,
1800
BGB) die Beteiligte zu 4 zum Vormund des Kindes bestellt werden könnte (§
1779
BGB). Gleichwohl durfte es unter den besonderen Gegebenheiten des vorliegenden Falles annehmen, daß eine weniger weitreichende
Maßnahme als die Adoption für das Kind einen unverhältnismäßigen Nachteil bedeuten würde. Denn zum einen ist das gespannte
Verhältnis zwischen dem Vater des Kindes auf der einen Seite und der Großmutter mütterlicherseits auf der anderen Seite eine
erhebliche Belastung für das Kind. Zum anderen hat das Beschwerdegericht das gesamte Verhalten dahin gewürdigt, daß der Beteiligte
zu 2 ohne die von der Beteiligten zu 4 beantragte Adoption das Kind ängstigen und verunsichern würde. Wenn es auf dieser Grundlage
angenommen hat, daß das Unterbleiben der mit der Adoption bezweckten rechtlichen Stabilisierung trotz der schon bestehenden
persönlichen und verwandtschaftlichen Bindungen für das Kind einen unverhältnismäßigen Nachteil bedeuten würde, so ist dies
aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
d) Das Beschwerdegericht hat §
1748 Abs.
2 Satz 1
BGB angewendet. Allerdings wäre diese Regelung hier ohne Bedeutung, wenn die Gleichgültigkeit zugleich als anhaltend gröbliche
Pflichtverletzung (§
1748 Abs.
1 Satz 1
BGB) anzusehen wäre. Diese Voraussetzung hat das Beschwerdegericht jedoch ausdrücklich und ohne Rechtsfehler verneint. Bei der
Anwendung des §
1748 Abs.
2 Satz 1
BGB ist ihm jedoch ein Rechtsfehler unterlaufen.
aa) Diese Vorschrift enthält zwei zusätzliche (formelle) Voraussetzungen für den Fall, daß die Einwilligung des Elternteils
- wie hier - wegen Gleichgültigkeit, die nicht zugleich eine anhaltende gröbliche Pflichtverletzung ist, ersetzt werden soll.
In einem solchen Fall "darf" die Einwilligung nicht ersetzt werden, bevor der Elternteil vom Jugendamt über die Möglichkeit
ihrer Ersetzung "belehrt" und nach Maßgabe von § 51 Abs. 2 des Achten Buches des Sozialgesetzbuches "beraten" worden ist und
seit der Belehrung wenigstens drei Monate verstrichen sind. Im vorliegenden Fall hat das Jugendamt weder eine Belehrung noch
eine Beratung gemäß §
1748 Abs.
2 Satz 1
BGB durchgeführt.
bb) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, daß die gemäß §
1748 Abs.
2 Satz 1
BGB vorausgesetzte Beratung keine zwingende Voraussetzung für die gerichtliche Ersetzung ist (vgl. OLG Hamm FamRZ 1991, 1103, 1105; Palandt/Diederichsen
BGB 55. Aufl. §
1748 Rn. 8; Erman/Holzhauer
BGB 9. Aufl. § 1748 Rn. 14; Wiesner/Kaufmann/Mörsberger/Oberloskamp/Struck SGB VIII § 51 Rn. 26; wohl auch Staudinger/Frank §
1748 Rn. 35). Die gegenteilige Ansicht (vgl.
BGB-RGRK/Dickescheid 12. Aufl. §
1748 Rn. 15; MünchKomm/Lüderitz §
1748 Rn. 11 a.E.; Krug/Gruner/Dalichau Kinder- und Jugendhilfe § 51 SGB Anm. III S. 9) überzeugt nicht. Denn die Beratung hat
gemäß §
1748 Abs.
2 Satz 1
BGB (in der am 1.4.1993 in Kraft getretenen Neufassung durch Art. 4 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch v. 16.2.1993, BGBl I 239) nach Maßgabe von § 51 Abs. 2
SGB VIII zu erfolgen. Bei dieser seit 1.1.1991 geltenden, an das Jugendamt gerichteten Norm handelt es sich - im Gegensatz zu dem
für die Belehrung maßgebenden § 51 Abs. 1
SGB VIII - nicht um eine zwingende, sondern um eine Sollvorschrift. Das bedeutet, daß das Jugendamt nach seinem pflichtgemäßen Ermessen
von einer Beratung absehen darf. Einer Beratung bedarf es gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII insbesondere dann nicht, wenn sich das Kind wie hier - seit längerem in Familienpflege der Annehmenden befindet und sein
Wohl durch eine Situationsänderung gefährdet würde.
cc) Anders als bei der Beratung ergibt sich bei der Belehrung keine einschränkende Verweisung auf das Achte Buch des Sozialgesetzbuchs.
Während §
1748 Abs.
2 Satz 2
BGB die Belehrung durch das Jugendamt als Voraussetzung der vormundschaftsgerichtlichen Ersetzungsentscheidung festlegt, bestimmt
der an das Jugendamt gerichtete § 51 Abs. 1
SGB VIII, daß das Jugendamt verpflichtet ist, den Elternteil über die Möglichkeit der Ersetzung der Einwilligung zu belehren ("hat").
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist somit nach dem Wortlaut des §
1748 Abs.
2 Satz 1
BGB in der am 1.4.1993 in Kraft getretenen Neufassung (Art. 4 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 16.2.1993, BGBl I 239) die vormundschaftsgerichtliche
Ersetzungsentscheidung wegen Gleichgültigkeit - wie schon vor Inkrafttreten des KJHG (vgl. BayObLG FamRZ 1982, 1129, 1130 und FamRZ 1984, 935/936 m.w.N.; OLG Köln FamRZ 1987, 203, 204; OLG Hamm FamRZ 1977, 415, 418;
BGB-RGRK/Dickescheid §
1748 Rn. 15) zwingend abhängig von einer vorausgegangenen Belehrung durch das Jugendamt (ebenso Staudinger/Frank § 1748 Rn. 32, Krug-Grüner/Dalichau § 51 Anm. II S. 7; Wiesner/Kaufmann/Mörsberger/Oberloskamp/Struck SGB VIII §
51 Rn. 14), soweit nicht die gesetzliche Ausnahme des §
1748 Abs.
2 Satz 2
BGB eingreift.
dd) Zu Unrecht beruft sich das Beschwerdegericht auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (FamRZ 1991, 1101, 1103). Diese betrifft nicht die Belehrung, sondern nur die Beratung und ist im übrigen teilweise überholt. Der Gesetzgeber
hat das vom Oberlandesgericht Hamm (a.a.O.) aufgezeigte Redaktionsversehen inzwischen behoben. Der Wortlaut des §
1748 Abs.
2 Satz 1
BGB wurde gemäß Art. 4 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 16.2.1993 (BGBl I 239) in der Weise geändert, daß
anstelle der Verweisung auf das außer Kraft getretene Jugendwohlfahrtsgesetz nunmehr die Beratung "nach Maßgabe des § 51 Abs.
2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch" zu erfolgen hat.
e) Das Unterbleiben der Belehrung zwingt unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht zur Aufhebung der Entscheidung
des Beschwerdegerichts, weil sie sich aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §
563
ZPO).
Das Jugendamt hat mit Schreiben vom 27.1.1995 den Beteiligten zu 2 zu einem Gespräch eingeladen. Wie die Akten ausweisen,
gelangte das Einladungsschreiben jedoch an das Jugendamt zurück mit folgendem handschriftlichen Vermerk: "Stecken Sie sich
Ihren Gesprächsvorschlag sonst wo hin Ende".
Im Hinblick auf diese Reaktion des zu Belehrenden durfte das Beschwerdegericht die Belehrungsbemühungen des Jugendamtes hier
als genügend ansehen. Zwar kann die bloße Einladung, zu einem Belehrungs- und Beratungsgespräch beim Jugendamt zu erscheinen,
einer durchgeführten Belehrung nicht gleichgesetzt werden. Hat aber der zu belehrende Elternteil das schriftliche Angebot
des Jugendamtes für eine Belehrung und Beratung gemäß §
1748 Abs.
2 Satz 2
BGB erhalten, und es mit einem Vermerk beleidigenden Inhalts zurückgesandt, dem eindeutig und abschließend zu entnehmen ist,
daß er eine Belehrung auf keinen Fall wünscht, so ist es dem Jugendamt nicht zumutbar, gegen den erklärten Willen die weiter
nicht gewünschte Belehrung aufzudrängen. Hinzu kommt, daß die Belehrung durch das Jugendamt (§
1748 Abs.
2 Satz 1
BGB i.V.m. § 51 Abs. 1
SGB VIII) den Zweck hat, dem Elternteil in angemessener Weise die rechtliche Bedeutung und Tragweite der Ersetzung vor Augen zu führen.
Sie erschöpft sich nicht in einer Information über die Rechtslage, sondern soll dem Elternteil die Möglichkeit eröffnen, seine
Einstellung und sein Verhalten gegenüber dem Kind innerhalb des Zeitraums von drei Monaten zu ändern (vgl. Soergel/Liermann
Nachträge § 1748 Rn. 21; Wiesner/Kaufmann/Oberloskamp/Mörsberger/Struck § 51 Rn. 13). Hier hat der Vater eindeutig zum Ausdruck
gebracht, daß er seine Einstellung gegenüber dem Kind nicht überdenken will. Auf die Möglichkeit der Ersetzung war er durch
den Vormundschaftsrichter hingewiesen worden; auch die Dreimonatsfrist (§
1748 Abs.
2 Satz 1 Halbsatz 2
BGB) ist gewahrt.
3. Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 3
KostO). Die Erstattungsanordnung beruht auf der zwingenden Vorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2 und § 30 Abs. 3 Satz 2 KostO.