Anspruch auf Elterngeld; doppelter Anspruchsverbrauch bei gleichzeitig teilzeitbeschäftigten Elternteilen; Verfassungsmäßigkeit
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über mehr Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Die Klägerin und deren Ehemann (Kläger im Rechtsstreit B 10 EG 1/11 R) sind die Eltern des am 29.3.2007 geborenen M. A.. Bis zur Geburt ihres Sohnes waren beide Elternteile als Beamte voll erwerbstätig.
Ab dem 1.6.2007, also nach Ablauf der Mutterschutzfrist, reduzierten beide Elternteile den Umfang ihrer beruflichen Tätigkeit
um jeweils die Hälfte.
Am 7.5.2007 beantragten beide Elternteile Elterngeld jeweils für den dritten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes. Nachdem
die Beklagte darauf hingewiesen hatte, dass ein gleichzeitiger Bezug von Elterngeld für den dritten bis vierzehnten Lebensmonat
des Kindes nicht möglich sei, änderten die Klägerin und ihr Ehemann die erste Seite des Antragsformulars ab: Sie bestimmten
die Klägerin für den dritten bis achten Lebensmonat des Kindes zur Bezugsberechtigten, der Ehemann sollte für den neunten
bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes Elterngeld erhalten.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin für den dritten bis achten Lebensmonat des Kindes unter Anrechnung des aus
der Teilzeittätigkeit erzielten Einkommens Elterngeld in Höhe von 687,47 Euro monatlich (vorläufiger Bescheid vom 24.8.2007;
endgültiger Bescheid vom 28.3.2008). Ihrem Ehemann wurde Elterngeld für den neunten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes
gewährt; zunächst in vorläufiger Höhe von 751,87 Euro monatlich (Bescheid vom 24.8.2007), dann in endgültiger Höhe von 693,37
Euro monatlich (Änderungsbescheid vom 3.4.2009).
Mit dem gemeinsam erhobenen Widerspruch vom 28.8.2007 beanstandeten die Eltern sowohl den Bezugszeitraum als auch die Höhe
des Elterngeldes. Nach ihren Berechnungen erhielten sie nur halb so viel Elterngeld wie ein Elternpaar, das nacheinander bei
völligem Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit für jeweils sechs Monate Elterngeld beziehe. Dies sei ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Sie forderten daher eine Neuberechnung des Elterngeldes und zwar - wie von ihnen am 3.5.2007 beantragt - Elterngeld für beide
Bezugsberechtigte für den dritten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes in der festgestellten Höhe.
Die Beklagte wies den Widerspruch der beiden Elternteile jeweils gesondert zurück (Widerspruchsbescheide vom 23.4.2008). Zur
Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Klägerin und ihr Ehemann könnten nach den gesetzlichen Bestimmungen nur für
insgesamt vierzehn Lebensmonate des Kindes Elterngeld erhalten. Da die Dienstbezüge der Klägerin während der Mutterschutzfrist
in den ersten beiden Lebensmonaten des Kindes fortbezahlt worden seien, seien diese Monate auf den Bezugszeitraum anzurechnen;
sie gälten als von der Mutter verbraucht, auch wenn diese für diese Lebensmonate kein Elterngeld beantragt habe. Es könne
deshalb nur noch für weitere zwölf Lebensmonate Elterngeld gewährt werden, nämlich - wie beantragt - vom dritten bis achten
Lebensmonat an die Klägerin und vom neunten bis vierzehnten Lebensmonat an deren Ehemann. Soweit geltend gemacht werde, ihnen
sei gegenüber Eltern, die ihre Beschäftigung während der Inanspruchnahme von Elterngeld nacheinander vorübergehend ganz einstellten,
ein erheblicher Nachteil entstanden, rechtfertige dies keine andere Beurteilung. Der Gesetzgeber habe die mögliche Inanspruchnahme
des Elterngeldes und die Aufteilung der Zeiträume unter den Eltern eindeutig geregelt. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit
stünde ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu.
Mit ihren am 23.5.2008 zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhobenen Klagen (S 11 EG 2280/08 und S 11 EG 2281/08) haben die Klägerin und ihr Ehemann vor allem weiterhin geltend gemacht, die gesetzliche Konstruktion des Elterngeldes benachteilige
sie gegenüber Eltern, die ihr Kind jeweils alleine erzögen und nacheinander Elternzeit und Elterngeld in Anspruch nähmen,
in verfassungswidriger Weise.
Das SG hat die Klage, mit der die Klägerin begehrt hat, die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu verurteilen,
ihr (auch) Elterngeld für den neunten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes in gesetzlicher Höhe zu gewähren, abgewiesen
(Urteil vom 27.10.2009).
Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung, mit der die Klägerin hilfsweise die Gewährung höheren Elterngeldes
für den dritten bis achten Lebensmonat des Kindes ohne Anrechnung des in diesem Zeitraum erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit
begehrt hat, zurückgewiesen (Urteil vom 14.12.2010). Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
Die Klägerin sei klagebefugt. Die Eltern hätten in ihrem Widerspruch hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass die Abänderung
des Antrags nur aufgrund des Hinweises der Beklagten erfolgt sei.
Die Beklagte habe das der Klägerin zustehende Elterngeld zutreffend festgesetzt. Diese habe nach den gesetzlichen Bestimmungen
weder einen Anspruch auf höheres Elterngeld noch einen Anspruch für einen längeren Zeitraum. Das von der Klägerin (und ihrem
Ehemann) mit den Hauptanträgen verfolgte Ziel könne auf dem Boden des geltenden Rechts nicht erreicht werden, denn insgesamt
würden bei gleichzeitigem Bezug wegen des doppelten Anspruchsverbrauchs vierundzwanzig Monatsbeträge in Anspruch genommen.
Ebenso wenig komme nach der geltenden Gesetzeslage die Gewährung höheren Elterngeldes ohne Anrechnung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit
in Betracht. Denn das Elterngeld sei als Individualanspruch mit Einkommensersatzfunktion ausgestaltet.
Die Nichtaufnahme einer besonderen Regelung zum doppelten Anspruchsverbrauch bei gleichzeitig teilzeitbeschäftigten Elternteilen
sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der sachliche Grund hierfür ergebe sich aus der gesetzlichen Konzeption des
Elterngeldes als individueller Anspruch des einzelnen Elternteils ohne Berücksichtigung des Einkommens des anderen Elternteils.
Bei einer als Einkommensersatz ausgestalteten Leistung bedürfe die von der Einkommenserzielung des anderen Elternteils unabhängige
Gleichbehandlung aller Berechtigten keiner besonderen Rechtfertigung. Insoweit werde auf die zutreffenden Gründe des Urteils
des SG Bezug genommen. Erklärtes Ziel des Elterngeldes sei es, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen.
Durch die Regelung des doppelten Anspruchsverbrauchs werde auch kein durch Art
6 Abs
1 GG verbotener Zwang auf Eltern ausgeübt.
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von Art
3 Abs
1 GG und Art
6 Abs
1 GG. Dazu trägt sie vor: Sie (und ihr Ehemann) stünden bei dem von ihnen gewählten Erziehungs- und Arbeitsplatzmodell finanziell
schlechter als Ehepaare, die gleichzeitig ihre Erwerbstätigkeit voll einstellten oder zeitlich hintereinander jeweils einzeln
ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend voll aufgäben. Für diese Ungleichbehandlung gebe es keine Rechtfertigung.
Gerade der Umstand, dass bei beiden Elternteilen das verbleibende Einkommen jeweils berücksichtigt werde, führe beim jeweils
anderen zu einem zumindest mittelbaren Nachteil. Zudem werde bei der hier vorliegenden Konstellation die Wahlfreiheit zwischen
den verschiedenen Lebensentwürfen mit Kindern konterkariert. Der von ihr und ihrem Ehemann gewählte Lebensentwurf stelle sich
wirtschaftlich deutlich ungünstiger dar als der Lebensentwurf eines Paares, das nacheinander jeweils vollumfänglich in Elternzeit
gehe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des LSG vom 14.12.2010 und des SG vom 27.10.2009 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 24.8.2007 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 28.3.2008
und des Widerspruchsbescheides vom 23.4.2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Elterngeld auch für den neunten
bis vierzehnten Lebensmonat ihres Kindes in gesetzlicher Höhe zu gewähren,
hilfsweise,
ihr Elterngeld für den dritten bis achten Lebensmonat ihres Kindes ohne Anrechnung ihres Einkommens aus Erwerbstätigkeit zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Reduzierung des Elterngeldes Folge der
Anrechnung von Erwerbseinkommen aufgrund der Teilzeittätigkeit sei. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet gewesen, die von
der Klägerin gewollte Regelung zu treffen. Diesem stehe insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum zu.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§
124 Abs
2 SGG).
II
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin gegen das die Klage
abweisende Urteil des SG zurückgewiesen.
1. Einer Sachentscheidung des erkennenden Senats stehen keine prozessualen Hindernisse entgegen. Die Klägerin verfolgt im
Revisionsverfahren ihr Begehren auf Elterngeld für einen längeren Zeitraum (auch für den neunten bis vierzehnten Lebensmonat
des Kindes) bzw hilfsweise auf höheres Elterngeld (ohne Anrechnung ihres im dritten bis achten Lebensmonat des Kindes erzielten
Einkommens aus Erwerbstätigkeit) im Wege einer kombinierten Anfechtungsund Leistungsklage (§
54 Abs
1 Satz 1 und Abs
4 SGG) weiter.
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig. Das hiermit verfolgte Begehren (§
123 SGG) ist unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin und der Würdigung der gesamten Umstände des vorliegenden
Falles, insbesondere der recht verstandenen Interessenlage der Klägerin, dahingehend zu verstehen, dass diese ein Grundurteil
nach §
130 SGG erstrebt, mit dem ihr vom Gericht unter Aufhebung der entgegenstehenden ablehnenden Verwaltungsentscheidung mehr Elterngeld
zugesprochen wird, entweder zusätzliche oder höhere Monatsbeträge (zur Zulässigkeit eines Grundurteils, wenn nur über die
Höhe gestritten wird: vgl etwa BSG SozR 3-3800 § 1 Nr 20 S 90; BSG SozR 4-4220 § 3 Nr 1 RdNr 5). Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des Elterngeldes hat sie hingegen nicht angegriffen.
Eine den Klageanspruch betreffende Verwaltungsentscheidung liegt vor. Bereits in ihrem gemeinsamen Antrag vom 7.5.2007 haben
die Klägerin und ihr Ehemann begehrt, ihnen jeweils Elterngeld für den dritten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes zu gewähren.
Nach dem Hinweis der Beklagten und der Änderung auf der ersten Seite des Antragsformulars haben die Eltern jedenfalls hilfsweise
das ursprüngliche Begehren aufrechterhalten. Dies ergibt sich vor allem aus dem gemeinsamen Widerspruch vom 28.8.2007. Die
Beklagte konnte diesen nach seinem objektiven Erklärungswert und der recht verstandenen Interessenlage der Eltern nur so verstehen,
dass sich die Klägerin und ihr Ehemann gegen eine ihrer Auffassung nach in den Bescheiden vom 24.8.2007 enthaltene verfassungswidrige
Benachteiligung wenden und als Ausgleich dafür die Gewährung von mehr Elterngeld verlangen. Dieses Begehren hat die Beklagte,
nachdem sie zunächst gegenüber der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 28.3.2008 den Vorbehalt der Vorläufigkeit aufgehoben
hatte, mit Widerspruchsbescheiden vom 23.4.2008 unter Hinweis auf das geltende Recht abgelehnt.
Gegen diese ablehnenden Entscheidungen haben die Klägerin und ihr Ehemann beim SG jeweils gesondert Anfechtungsklage erhoben, kombiniert mit einer Leistungsklage, die zunächst - wie bereits der Widerspruch
- auf Gewährung von Elterngeld an beide Elternteile für den dritten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes - also bei der
Klägerin auch für den neunten bis vierzehnten Lebensmonat - gerichtet war. Ihr Aufhebungsbegehren haben sie dabei - wie schon
im Vorverfahren - ausschließlich auf eine gleichheitswidrige Benachteiligung gestützt. Mit ihrem Leistungsbegehren haben sie
dementsprechend mehr Elterngeld gefordert, zunächst nur weitere Monatsbeträge, im Berufungsverfahren dann hilfsweise höheres
Elterngeld für die von der Bewilligung erfassten Lebensmonate ohne Anrechnung des ab dem 1.6.2007 erzielten Einkommens aus
Erwerbstätigkeit. Da sich insoweit der Klagegrund, also der dem Klageantrag zugrunde liegende Lebenssachverhalt, nicht geändert
hat, liegt hierin keine Klageänderung (vgl §
99 Abs
3 SGG).
2. Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass diese nach
den Bestimmungen des BEEG keinen Anspruch auf mehr Elterngeld hat, weder einen Anspruch auf weitere Monatsbeträge noch einen Anspruch auf höheres monatliches
Elterngeld.
a) Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 1.1.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). § 1 Abs 1 BEEG sieht vor, dass Anspruch auf Elterngeld hat, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr
1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle
Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Eine Person ist ua dann nicht voll erwerbstätig, wenn ihre wöchentliche Arbeitszeit 30 Wochenstunden
im Durchschnitt des Monats nicht übersteigt (§ 1 Abs 6 1. Alt BEEG). Ob die Klägerin in tatsächlicher Hinsicht diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, hat das LSG in seinem Urteil nicht ausdrücklich
festgestellt. Dies ist hier jedoch unschädlich, weil sie nach den Bestimmungen des BEEG jedenfalls nicht mehr Elterngeld verlangen kann.
b) Der Hauptantrag der Klägerin, ihr weitere Monatsbeträge auch für den neunten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes zu
gewähren, hat schon deshalb keinen Erfolg, weil nach den Regelungen des BEEG beide Elternteile Anspruch auf maximal vierzehn Monatsbeträge haben, die durch die erfolgten Bewilligungen bereits ausgeschöpft
sind.
Regelungen zum Bezugszeitraum enthält § 4 BEEG. Nach dessen Abs 1 Satz 1 kann Elterngeld in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensmonats des Kindes bezogen
werden. Nach § 4 Abs 2 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt (sog Lebensmonatsprinzip - hierzu BSG Teil-Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2, RdNr 38; BSG Urteile vom 26.5.2011 - B 10 EG 11/10 R - RdNr 14 und B 10 EG 12/10 R - RdNr 20, letzteres zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 4 Nr 2 vorgesehen). Nach § 4 Abs 2 Satz 2 BEEG haben Eltern (also beide Elternteile zusammen) insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere
Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt (§ 4 Abs 2 Satz 3 BEEG; dazu BT-Drucks 16/1889 S 23 zu § 4 Abs 2). Waren beide Elternteile vor der Geburt erwerbstätig und unterbricht mindestens ein Elternteil nach der Geburt seine Erwerbstätigkeit
für zwei Monate oder schränkt sie in relevantem Umfang ein, haben die Eltern demnach insgesamt Anspruch auf vierzehn Monatsbeträge.
Diesen Gesamtanspruch können die Eltern im Rahmen der gesetzlichen Regelung untereinander aufteilen. Nach § 4 Abs 2 Satz 4 BEEG können die Eltern dabei die zwölf oder vierzehn Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen. Erfüllen beide Elternteile
die Anspruchsvoraussetzungen, bestimmen sie nach § 5 Abs 1 BEEG grundsätzlich, wer von ihnen welche Monatsbeträge in Anspruch nimmt. Diese Bestimmung ist im Antrag vorzunehmen (§ 7 Abs 1 Satz 1, Abs 2 BEEG idF vom 5.12.2006).
Das von der Klägerin und ihrem Ehemann mit ihren Hauptanträgen verfolgte Begehren, ihnen insgesamt jeweils für den dritten
bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes (also insgesamt 24 Monatsbeträge) Elterngeld zu gewähren, geht über den nach den vorgenannten
gesetzlichen Bestimmungen maximal möglichen Bezug von vierzehn Monatsbeträgen hinaus, wobei weiter zu berücksichtigen ist,
dass die Klägerin während des Beschäftigungsverbots in den ersten beiden Lebensmonaten des Kindes nach § 3 Abs 1 Satz 3 BEEG anrechenbare Dienstbezüge erhalten hat. Diese Lebensmonate gelten nach § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG als Bezugszeiten der Klägerin (vgl hierzu BSG Urteile vom 26.5.2011 - B 10 EG 11/10 R und B 10 EG 12/10 R - letzteres zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 4 Nr 2 vorgesehen) mit der Folge, dass die Klägerin und ihr Ehemann insgesamt
nur weitere zwölf Monatsbeträge Elterngeld beziehen können. Dementsprechend hat die Beklagte den Eltern jeweils sechs Monatsbeträge
Elterngeld bewilligt, und zwar so wie diese es nach entsprechendem Hinweis im Antrag bestimmt haben: der Klägerin für den
dritten bis achten Lebensmonat und ihrem Ehemann für den neunten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes.
c) Die Klägerin kann nach den Bestimmungen des BEEG idF vom 5.12.2006 auch nicht verlangen, dass ihr im dritten bis achten Lebensmonat des Kindes aus ihrer Teilzeittätigkeit
erzieltes Einkommen nicht bei der Bemessung des Elterngeldes berücksichtigt wird.
Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen
aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich. Für Monate nach
der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer
ist als das nach Abs 1 berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird gemäß
§ 2 Abs 3 Satz 1 BEEG Elterngeld in Höhe des nach Abs 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit
gezahlt. Bei erziehungsbedingter Reduzierung des Einkommens aus einer Erwerbstätigkeit nach der Geburt - etwa wie hier durch
eine Teilzeittätigkeit - beträgt das Elterngeld demnach grundsätzlich 67 % des Differenzbetrages (vgl dazu Becker in Buchner/Becker,
MuSchG/BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 21 ff; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 191 ff). Ergibt sich ein Differenzbetrag von unter 300 Euro
besteht nach § 2 Abs 5 BEEG Anspruch auf das Mindestelterngeld in Höhe von 300 Euro. Eine Regelung, die es ermöglicht, nach der Geburt des Kindes erzieltes
Einkommen aus Erwerbstätigkeit unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu berücksichtigen, enthält das BEEG nicht.
Eine Erweiterung des Gesetzesinhalts lässt sich auch nicht durch Auslegung oder durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere
mittels eines Analogieschlusses erreichen (vgl hierzu etwa BSG Urteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 22 f und - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 20 f; BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 10/10 R - RdNr 20 ff, zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 2 Nr 9 vorgesehen). Der Wortlaut des BEEG ist insoweit klar und eindeutig und damit auch Grenze jeder Auslegung (vgl BVerfGE 54, 277, 299 f; 59, 330, 334; 93, 37, 81). Für einen Analogieschluss fehlt es an einer erkennbaren Unvollständigkeit des Gesetzes.
Das LSG ist demnach zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin auch mit ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg hat.
3. Wie das LSG ist auch der erkennende Senat nicht davon überzeugt, dass die hier einschlägigen Bestimmungen des BEEG gegen das
GG verstoßen. Der Gesetzgeber war insbesondere von Verfassungs wegen nicht gehalten, eine besondere Regelung zum doppelten Anspruchsverbrauch
bei gleichzeitig teilzeitbeschäftigten Elternteilen in das BEEG aufzunehmen. Der Senat vermag die insoweit in der Literatur geäußerte verfassungsrechtliche Kritik (vgl Fuchsloch/Scheiwe,
Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 356 ff, 369 ff; Dau, SGb 2009, 261, 266; dazu auch die im Klageverfahren vorgelegte Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes vom 14.3.2008 zum Referentenentwurf
zur Änderung des BEEG, S 3 f) nicht zu teilen. Diese wird auf das in Art
3 Abs
2 GG verankerte Gleichberechtigungsgebot, das von Art
6 Abs
2 GG geschützte Erziehungsrecht der Eltern und den in Art
3 Abs
1 GG geregelten allgemeinen Gleichheitssatz gestützt. Aufgrund der Regelungen des BEEG bestehe ein erheblicher finanzieller Anreiz, ein Kind in Vollzeit durch einen Elternteil erziehen zu lassen. Demgegenüber
werde die gleichzeitige Ausübung einer Teilzeittätigkeit durch beide Elternteile zum Zwecke der gemeinsamen Kinderbetreuung
wirtschaftlich unattraktiv gemacht. Damit bewirkten die Regelungen des BEEG eine mit Art
3 Abs
2 GG unvereinbare Verfestigung des traditionellen Rollenverständnisses. Die ungleiche Leistungshöhe des Elterngeldes dieser Personengruppen
verstoße zudem gegen Art
3 Abs
1 GG, denn sie sei nicht durch gewichtige Gründe gerechtfertigt.
Nach Auffassung des erkennenden Senats wird dadurch, dass bei gleichzeitiger Inanspruchnahme des Elterngeldes durch in Teilzeit
tätige Eltern, die gemeinsam ihr Kind betreuen und erziehen, in jedem Lebensmonat des Kindes nach § 4 Abs 2 BEEG zwei Monatsbeträge verbraucht werden (sog doppelter Anspruchsverbrauch), Verfassungsrecht nicht verletzt. Dies gilt auch
für die in § 2 Abs 1 und 3 BEEG geregelte Berücksichtigung von vor und nach der Geburt erzieltem Einkommen.
a) Art
3 Abs
1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen
über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§
6, §
25 Abs
2 Satz 2, §
68 Nr
15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt
wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche
Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f).
Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der
Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen
seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er
dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit seine Präzisierung
jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab
an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche
die Ehe und Familie betreffen, insbesondere den Schutz beachten, den er dieser nach Art
6 Abs
1 und
2 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Allerdings kommt dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung des begünstigten
Personenkreises grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl BVerfGE 99, 165, 178; 106, 166, 175 f und jüngst BVerfG Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11).
Der erkennende Senat hat bereits wiederholt entschieden, dass der Gesetzgeber nicht gehindert war, bei der Bemessung des Elterngeldes
an das in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielte monatliche Erwerbseinkommen
anzuknüpfen (vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - RdNr 29 ff; zur Vereinbarkeit der Gestaltung des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung mit Art
3 Abs
1 GG jüngst auch BVerfG Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11). Ebenso wenig ist es unter dem Gesichtspunkt des Art
3 Abs
1 GG verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass der Gesetzgeber das nach der Geburt erzielte Einkommen bei der Höhe des Elterngeldes
mindernd berücksichtigt, denn das Elterngeld ist über den Basisbetrag von 300 Euro und den Basisgeschwisterbonus hinaus als
Einkommensersatz ausgestaltet.
Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern
vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil,
der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich
für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454
S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl BT-Drucks
16/10770 S 5 f). Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern
an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in der Erwerbsbiografie ausgesetzt sind bzw Einkommenseinbußen
hinzunehmen haben.
Unterschiedliche Erwerbseinkommen vor und nach der Geburt des Kindes führen demnach zwangsläufig zu unterschiedlicher Höhe
des Elterngeldes, je nach der erforderlichen Kompensation des durch die Betreuung und Erziehung des Kindes ausfallenden Erwerbseinkommens.
Die von der Klägerin geltend gemachte, mit der einkommensbezogenen Differenzierung der Höhe des Elterngeldes einhergehende
Ungleichbehandlung von in Teilzeit tätigen Eltern, die gemeinsam ihr Kind betreuen und erziehen, gegenüber Eltern, die nacheinander
eine Vollzeittätigkeit ausüben und jeweils unter vorübergehender Aufgabe der bisherigen Vollzeit-Erwerbstätigkeit ihr Kind
allein betreuen und erziehen, ist demnach verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt,
dass diese Verschiedenbehandlung durch die Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatz sachlich gerechtfertigt ist.
b) Ein Differenzierungsverbot ergibt sich auch nicht aus dem grundrechtlichen Schutz von Ehe und Familie (Art
3 Abs
1 GG iVm Art
6 Abs
1 und
2 GG).
Art
6 Abs
1 und
2 GG garantiert eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (vgl BVerfGE 21, 329, 353; vgl auch BVerfGE 61, 319, 346 f mwN; 99, 216, 231; 107, 27, 53). Der Gesetzgeber muss, wenn er dem Gebot des Art
6 Abs
1 und
2 GG gerecht werden will, Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenteilung
in der Ehe einzugreifen (vgl BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). In diesen Bereich fällt auch die Entscheidung darüber, ob ein Ehegatte sich ausschließlich
dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will (vgl BVerfGE 6, 55, 81 f; 21, 329, 353; 107, 27, 53). Der staatliche Schutz von Ehe und Familie erstreckt sich auf die "Alleinverdienerehe"
ebenso wie auf die "Doppelverdienerehe" (vgl zB BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). Im Bereich familienfördernder Leistungen verfügt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich über
einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl jüngst BVerfG Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11). Wegen des Freiheitsprinzips des
GG hat er jedoch auf die Vielfalt der Lebensstile Rücksicht zu nehmen; traditionelle Formen des Familienlebens muss er pflegen,
neue Formen ermöglichen; hierbei genießen altbewährte Formen sozialer Gemeinschaft Vorrang vor dem Neuen, das erst zur Bewährung
ansteht (vgl etwa BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - RdNr 35 unter Bezugnahme auf di Fabio, NJW 2003, 993, 997).
Der erkennende Senat ist in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Förderung durch das Elterngeld in
seiner einkommensersetzenden Funktion nicht die Intensität hat, dass dadurch in den Schutzbereich des Art
3 Abs
1 GG iVm Art
6 Abs
1 GG eingegriffen wird (vgl etwa BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62; BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 62 f und B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 43 f; BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 3/10 R - RdNr 20 f, zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 4 Nr 1 vorgesehen; BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - RdNr 36, 50; BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 10/10 R - RdNr 33 f, ebenfalls zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 2 Nr 9 vorgesehen). Daran hält er nach erneuter Prüfung auch
für den vorliegenden Fall fest, in dem es um die unterschiedliche wirtschaftliche Attraktivität von Modellen geht, die die
Eltern frei gewählt haben, um mit Hilfe von Elterngeld und Elternzeit Familie und Beruf in Einklang bringen zu können. Dabei
sieht er seine Rechtsprechung durch die jüngsten Entscheidungen des BVerfG bestätigt (vgl vor allem BVerfG Beschluss der 2.
Kammer des Ersten Senats vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11).
Die auf maximal vierzehn Monatsbeträge für die ersten vierzehn Lebensmonate des Kindes begrenzte Förderleistung beeinflusst
zwar mittelbar die Entscheidung der Eltern, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil
allein, von beiden Elternteilen in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl BVerfGE 99, 216, 231). Sie berührt jedoch nicht in erheblicher Weise die Entscheidungsfreiheit der Eltern hinsichtlich ihrer innerfamiliären
Aufgabenverteilung. Durch die Gewährung von Elterngeld wird weder ein mittelbarer Zwang zur Aufnahme oder Fortführung einer
Erwerbstätigkeit ausgeübt, noch wird dadurch auf die Rollenverteilung von Mann und Frau innerhalb der Ehe derart Einfluss
genommen, dass von einer Eingriffsqualität gesprochen werden kann. Vielmehr bietet die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes
vielen Eltern erst die Möglichkeit, eine Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes
zu wagen (vgl auch Becker, Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 79; in diesem Sinne auch jüngst BVerfG Beschluss der
2. Kammer des Ersten Senats vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11). Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des BEEG können Eltern frei das Modell wählen, von dem sie meinen, unter Abwägung aller Umstände am besten Familie und Beruf vereinbaren
zu können. Die wirtschaftliche Attraktivität eines Modells durch die Zahlung von Elterngeld als Ausgleich für den mit der
Kindererziehung verbundenen Einkommensverlust ist hierbei nur ein Gesichtspunkt.
Durch die hier einschlägigen Regelungen des § 2 Abs 1 und 3, § 4 Abs 2 BEEG wird Art
6 Abs
1 und
2 GG auch nicht in verfassungswidriger Weise in seiner Schutz- und Förderdimension verletzt. Aus Art
6 Abs
1 GG folgt die allgemeine Verpflichtung des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren
tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (vgl BVerfGE 99, 216, 234). Mit der Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von Kindern in beachtlichem
Umfang gefördert (vgl jüngst auch BVerfG Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870).
Die Differenzierung der Förderungshöhe des Elterngeldes nach dem individuellen Einkommensverlust bedarf allerdings der Rechtfertigung.
Insoweit liegen jedoch hinreichend gewichtige Gründe vor, um die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen (vgl dazu jüngst BVerfG
Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11). Diese ergeben sich vor allem aus dem Verfassungsauftrag des Art
3 Abs
2 GG. Dessen Satz 2 verpflichtet den Gesetzgeber, die Gleichberechtigung der Geschlechter in der gesellschaftlichen Wirklichkeit
durchzusetzen und überkommene Rollenverteilungen zu überwinden (vgl BVerGE 92, 91, 112 f). Daraus ergibt sich auch die Pflicht,
einer Verfestigung überkommener Rollenverteilung zwischen Mutter und Vater in der Familie zu begegnen, nach der das Kind einseitig
und dauerhaft dem "Zuständigkeitsbereich" der Mutter zugeordnet würde (vgl BVerfGE 114, 357, 370 f).
Dieser Förderungspflicht ist der Gesetzgeber im Rahmen des BEEG nicht nur mit der Einführung von sog Partner- und Vätermonaten nachgekommen (vgl BVerfG Beschluss der 2. Kammer des Ersten
Senats vom 26.10.2011 - 1 BvR 2075/11; BVerfG Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19.8.2011 - 1 BvL 15/11; dazu auch BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 3/10 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 4 Nr 1 vorgesehen), sondern auch mit der Gestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatz
beabsichtigte der Gesetzgeber, die partnerschaftliche Teilhabe beider Eltern an Erziehungs- und Betreuungsaufgaben zu stärken.
Auch dem Elternteil - meist dem Vater - der das höhere Einkommen erzielt, sollte die Übernahme der Betreuung und Erziehung
des Kindes ermöglicht werden (vgl BVerfG Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - unter Hinweis auf BT-Drucks 16/1889, S 1, 2, 14, 15, 16, 19 f). Die Annahme des Gesetzgebers, die Ausgestaltung des Elterngeldes
als Einkommensersatzleistung könne auch Väter zur Wahrnehmung von Erziehungsverantwortung ermutigen, ist durch die tatsächliche
Inanspruchnahme des Elterngeldes bestätigt worden, und deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl BVerfG Beschluss
der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - unter Hinweis auf BT-Drucks 16/10770, S 12).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.