Geltendmachung von übergegangenen Unterhaltsansprüchen durch den Träger der Grundsicherung
Gründe:
A. Der Kläger nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Unterhalt für die Zeit von Januar 2008 bis April 2009 in Anspruch.
Der Beklagte ist der Vater des am ....1.2008 geborenen Kindes D... G.... Mit der Mutter des Kindes, Frau I... G..., war der
Beklagte nicht verheiratet. Die Ehe des Beklagten mit Frau S... A... wurde durch Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 18.12.2007
(2 F 10/07) rechtskräftig geschieden. Aus dieser Ehe ist das Kind S... A..., geboren am ....5.2001, hervorgegangen.
Der Kläger erbrachte Frau I... G... und deren Tochter D... als Bedarfsgemeinschaft im Januar 2008 sowie in der Zeit von März
2008 bis April 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 26.3.2008 zeigte der
Kläger dem Beklagten die Gewährung der Leistungen an und verwies auf den Anspruchsübergang nach § 33 SGB II. Mit Schreiben
vom 8.12.2008 forderte der Kläger den Beklagten wegen übergegangener Unterhaltsansprüche für die Zeit von März bis Dezember
2008 zur Zahlung von insgesamt 4.929,06 € auf. Der seit Mitte 2006 als Dachdecker selbständig tätige Beklagte wies durch Anwaltsschreiben
vom 23.1.2009 auf fehlende Leistungsfähigkeit hin.
Mit der am 6.3.2009 eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst beantragt, den Beklagten zur Zahlung übergegangenen Kindesunterhalts
für die Zeit vom 16. bis zum 31.1.2008 sowie vom 1.3.2008 bis zum 31.3.2009 in Höhe von insgesamt 1.846,33 € sowie übergegangenen
Betreuungsunterhaltsanspruchs nach §
1615 l
BGB für denselben Zeitraum in Höhe von 4.658,05 € sowie beginnend ab April 2009 monatlichen Kindesunterhalt von 244 € monatlich
und Betreuungsunterhalt von 770 € zu verurteilen. Im weiteren Verfahren hat sich der Kläger darauf beschränkt, für die Zeit
vom 1./16.1.2008 bis 31.1.2008 sowie von März 2008 bis April 2009 übergegangenen Kindesunterhalt von insgesamt 1.686,33 €
sowie übergegangenen Betreuungsunterhalt von insgesamt 4.955,01 € zu verlangen.
Durch das angefochtene Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger für
das unterhaltsberechtigte Kind D... G..., geb. am .... 1.2008, Unterhalt für die Zeit vom ....1.2008 bis zum 30.4.2009 in
unterschiedlicher Höhe nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage, gerichtet auf Unterhaltszahlungen für Frau I... G...,
hat das Amtsgericht abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §
540 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er trägt vor:
Das Amtsgericht habe verkannt, das die Mutter während der ersten drei Lebensjahre des Kindes unterhaltsrechtlich nicht verpflichtet
sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ihr stehe jedenfalls ein Mindestbedarf von 770 € zu.
Der Beklagte sei unter Berücksichtigung seiner Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit hinreichend leistungsfähig. Soweit
Gewinn- und Verlustrechnungen vorgelegt seien, bedürften diese der Korrektur. Dies betreffe Privatanteile für die PKW-Nutzung
sowie für Porto, Telefon, Fax/Internet und Bürobedarf. Ein Verpflegungsmehraufwand sei unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen.
Die geltend gemachten Kosten für Berufsbekleidung seien mit Nichtwissen zu bestreiten. Gleiches gelte für die behaupteten
Aufwendungen für eine Kranken- und eine Rentenversicherung und vom Beklagten behauptete Steuerzahlungen, die über den vorgelegten
Steuerbescheid hinausgingen.
Die Abschreibungen seien dem Gewinn hinzuzurechnen, da der Beklagte nicht einmal vorgetragen habe, welche Gegenstände überhaupt
abgeschrieben worden seien. Auch werde mit Nichtwissen bestritten, dass die vom Beklagten in Ansatz gebrachten Abschreibungen
den steuerlichen Grundsätzen entsprächen.
Auf der Grundlage der Einkünfte in den Jahren 2006 bis 2008 ergebe sich ein monatliches Durchschnittseinkommen von 2.178,62
€. Damit sei der Beklagte hinreichend leistungsfähig. Rein aus anwaltlicher Vorsorge werde mit Nichtwissen bestritten, dass
der Beklagte einem weiteren Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet sei und tatsächlich Unterhalt zahle. Soweit eine Lebensgemeinschaft
mit der Mutter dieses Kindes bestehe, sei der Selbstbehalt wegen Haushaltsersparnis um 12,5 % zu reduzieren.
Zu Unrecht habe das Amtsgericht ihm, dem Kläger, die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Ein Fall des §
93 ZPO liege auch im Hinblick auf den anerkannten Kindesunterhalt nicht vor.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter (teilweiser) Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn aus übergegangenem Recht für
die unterhaltsberechtigte Mutter I... G... Unterhalt für die Zeit von Januar 2008 bis April 2009 in Höhe von insgesamt 4.955,01
€ zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.12.2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor:
Der Kläger stelle im Wesentlichen Behauptungen "ins Blaue hinein" auf. Die Klage sei weiterhin unschlüssig. Denn der Kläger
habe nicht erklärt, ob die Mutter im Unterhaltszeitraum gearbeitet habe oder nicht.
Er sei auch seiner geschiedenen Ehefrau S... A... und dem ehelichen Kind S... zum Unterhalt verpflichtet. Demgegenüber stehe
ein Unterhaltsanspruch nach §
1615 l
BGB erst im 4. Rang.
Seine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit habe er hinreichend belegt. Da er über einen eigenen PKW verfüge, den er privat
nutze, sei die Zurechnung von Privatanteilen für das betrieblich genutzte Kraftfahrzeug nicht angezeigt. Auch die übrigen
vom Kläger vorgenommenen Korrekturen seien nicht gerechtfertigt. Als Dachdecker benötige er Berufsbekleidung. Die Aufwendungen
für Renten- und Krankenversicherung sowie die gezahlten Steuern habe er hinreichend belegt.
Die Kostenentscheidung des Amtsgerichts sei nicht zu beanstanden, zumal im Rahmen des §
1615 l
BGB ein Titulierungsinteresse nicht bestehe.
Der Kläger sei als Inhaber lediglich des Zahlungsanspruchs ohnehin nicht umfassend aktivlegitimiert. Nicht das J..., sondern
die Bundesagentur für Arbeit und der Landkreis ... sowie Frau I... G... seien gemeinsam aktivlegitimiert. Soweit das J...
im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit und des Landkreises ... handele, liege eine gegen Verfassungsrecht verstoßende Mischverwaltung
vor.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat die Parteien angehört. Der Beklagte hat erklärt:
Ich beschäftige keine Mitarbeiter. Bei dem Firmenfahrzeug handelt es sich um einen VW-Bus T 5. Privat nutze ich einen PKW
Volvo.
B. Die zulässige Berufung, die sich mit Rücksicht auf Artikel 111 Abs. 1 FGG-RG nach dem bisherigen Verfahrensrecht richtet (vgl. BGH, Beschluss vom 1.3.2010 - II ZB 1/10 -, FGPrax 2010, 102, 103, Tz. 8 ff., BeckOK Hahne/Munzig/Gutjahr, FamFG § 58, Rz. 47), ist teilweise begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten
einen Unterhaltsanspruch aus übergegangenem Recht, § 33 SGB II, in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang.
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger als Träger der Leistungen nach SGB II prozessfähig. Daran ändert die
Entscheidung des BVerfG vom 20. 12. 2007 (NVwZ 2008, 183), wonach die Bildung von Arbeitsgemeinschaften gem. § 44b SGB II als Gemeinschaftseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit
und kommunaler Träger mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art.
28 II 1 und 2
GG i. V. m. Art.
83 GG unvereinbar und die diesbezügliche Norm nur bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis 31. 12. 2010 anwendbar ist,
nichts. Auf die Frage, wie der Kläger rechtlich organisiert ist, kommt es nicht an (Senat, Urteil vom 16.12.2008 - 10 UF 128/09 - NJW-RR, 1090; vgl. auch Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 8 Rz. 176 f.).
Die Vollmachtsrüge des Beklagten nach §
88 Abs.
1 ZPO mit Schriftsätzen vom 17.9. und 12.11.2010 ist unbeachtlich, da sie nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt ist und
dem Beklagten insoweit ein Schriftsatznachlass nicht eingeräumt worden ist.
II. Die Klage ist zum Teil begründet. Ein Unterhaltsanspruch der Frau I... G... gegen den Beklagten gemäß §
1615 l
BGB besteht nur in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang. In diesem Umfang ist der Anspruch vollständig auf den Kläger
übergegangen, § 33 SGB II.
1. Der Kläger kann Unterhalt dem Grunde nach für die Zeit ab Januar 2008 verlangen.
Gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB II kann der Leistungsträger für die Vergangenheit außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen
Rechts den Anspruch nur von der Zeit an geltend machen, zu welcher er dem Verpflichteten die Erbringung der Leistung schriftlich
mitgeteilt hat. Eine solche Leistungsanzeige ist zwar erst unter dem 26. 3.2008 ergangen und dem Beklagten am 27. 3.2008 zugegangen.
Dessen ungeachtet kann der Kläger Ansprüche aus übergegangenem Recht auch für Januar und März 2008 geltend machen. Denn unstreitig
hat der Beklagte die Vaterschaft für das Kind D..., die dem Grunde nach eine Unterhaltspflicht auch gegenüber der Mutter des
Kindes auslöst, erst am 28.3.2008 anerkannt. Insoweit liegt ein Fall des §
1613 Abs.
2 Nr.
2 a BGB vor, wonach der Berechtigte für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des §
1613 Abs.
1 BGB Erfüllung verlangen kann für den Zeitraum, in dem er aus rechtlichen Gründen an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs
gehindert war. Diese Vorschrift findet beim Betreuungsunterhalt entsprechende Anwendung, §
1615 l Abs.
3 Satz 3
BGB.
2. Die Mutter des Kindes D..., Frau I... G..., hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß §
1615 l
BGB in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang.
a) Ein Unterhaltsbedarf der Mutter besteht jedenfalls in Höhe des Mindestunterhalts von 770 € (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2009
- XII ZR 50/08 -, NJW 2010, 937). Daher kommt es entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auf die Frage, welches Einkommen die Mutter vor der Geburt des
Kindes erzielt hat, nicht an. Dies wäre nur dann von Bedeutung, wenn ein über den Mindestbedarf hinausgehender Unterhaltsbedarf
geltend gemacht würde (vgl. auch BGH, Urteil vom 16.7.2008 - XII ZR 109/05 -, FamRZ 2008, 1739).
Entgegen der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 17.9.2010 geäußerten Auffassung kommt es, auch wenn der Unterhaltsanspruch
nicht vom ursprünglich Berechtigten, sondern infolge Anspruchsübergangs vom Leistungsträger geltend gemacht wird, auf den
Bedarf nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen an. Allein bei der Frage, in welcher Höhe ein tatsächlich bestehender Unterhaltsanspruch
auf den Leistungsträger übergegangen ist, kommt es auf den Umfang der vom Leistungsträger dem ursprünglich Berechtigten erbrachten
Leistungen an, wie noch weiter unten auszuführen ist.
b) Bedürftig ist die Mutter des Kindes D... insoweit, als ihr Unterhaltsbedarf nicht durch tatsächliche Einkünfte gedeckt
ist. Auf ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit muss sie sich nicht verweisen lassen.
(1) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann dahinstehen, ob die Mutter des Kindes D... G... an einer Erwerbstätigkeit
gehindert war. Da das Kind am ....1.2008 geboren worden ist, besteht eine Erwerbsobliegenheit der Mutter bis zum 15.1.2011,
dem Tag vor Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes, nicht. Vielmehr hat die Mutter insoweit, ohne dass es auf die Prüfung
ihrer Erwerbsmöglichkeiten ankommt, einen Anspruch auf sogenannten Basisunterhalt, vgl. §
1615 l Abs.
2 S. 3
BGB (vgl. BGH, Urteil vom 6.5.2009 - XII ZR 114/08 -, FamRZ 2009, 1124, Tz. 25).
(2) Mit dem Kläger anzurechnen sind die Einkünfte, die die Mutter des Kindes tatsächlich erzielt hat. Das Mutterschaftsgeld,
das die Mutter bis 12.3.2008 bezogen hat, hat Lohnersatzfunktion und ist deshalb als Einkommen zu berücksichtigen (Wendl/Dose,
aaO., § 1, Rz. 85 b). Gleiches gilt für den Zuschuss zum Muttergeld vom Arbeitgeber. Hingegen ist das Elterngeld, das die
Mutter ab 16.2.2008 erhalten hat, nur, soweit ein Betrag von 300 € überschritten wird, anzurechnen, § 11 S. 1 BEEG (vgl. auch
Nr. 2.5 der Unterhaltsleitlinie des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008). Bei dem für das Kind D... gezahlten
Kindergeld handelt es sich entgegen der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 17.9.2010 geäußerten Rechtsauffassung nicht um Einkommen
der Mutter (vgl. Nr. 3 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008).
(a) Für Februar 2008 ist der Kläger davon ausgegangen, dass aufgrund der Eigeneinkünfte der Mutter von 781,55 € (= 377 € Mutterschaftsgeld
+ 404,55 € Zuschuss vom Arbeitgeber) der Unterhaltsbedarf von 770 € vollständig gedeckt ist. Gleiches gilt entgegen der Auffassung
des Klägers für Januar 2008. In diesem Monat hat die Mutter sogar 835,45 € (= 403 € Mutterschaftsgeld + 432,45 € Zuschuss
vom Arbeitgeber) erhalten. Da das Mutterschaftsgeld 13 € pro Tag beträgt, errechnen sich für Januar 2008 insgesamt 403 € (=
13 € x 31 Tage). Darauf, ob dieser Betrag vollständig im Januar gezahlt worden ist, kommt es insoweit nicht an. Denn jedenfalls
ist die Leistung in der genannten Höhe dem Monat Januar 2008 zuzurechnen.
(b) Für die Zeit von 1. bis zum 15.3.2008 ist das für die ersten 12 Tage im März gewährte Mutterschaftsgeld von 156 € (13
€ x 12 Tage) sowie der Zuschuss vom Arbeitgeber, der sich ebenfalls auf die ersten 12 Tage des Monats bezieht und 167,40 €
beträgt, zu berücksichtigen, insgesamt also 323,40 €.
(c) Da die Mutter im Februar 2008 ohnehin nicht bedürftig ist, kommt es insoweit nicht darauf an, dass für den Zeitraum vom
16.2.2008 bis zum 15.3.2008 Elterngeld anteilig in Höhe von 58,44 € gezahlt worden ist. Für die Zeit ab März 2008 hingegen
ist das Elterngeld bei der Unterhaltsberechnung grundsätzlich zu beachten.
Allerdings ist das für den Zeitraum vom 16.2. bis 15.3.2008 gezahlte Elterngeld von 58,44 €, soweit es auf die Zeit vom 1.
bis zum 15.3.2008 entfällt, wegen Unterschreitens des Sockelbetrages von 300 € unberücksichtigt zu lassen. Anders verhält
es sich für die Zeit ab 16.3.2008. Von diesem Zeitpunkt an ist vom Landkreis ... jeweils vom 16. eines Monats bis zum 15.
des Folgemonats Elterngeld in Höhe von 564,96 € monatlich gewährt worden. Damit ist jeweils ein Betrag von 264,96 € (= 564,96
€ - 300 € Sockelbetrag) unterhaltsrechtlich anzurechnen. Dies geschieht bis zum letzten von der Bewilligung umfassten Zeitraum,
für die Zeit vom 16.12.2008 bis zum 15.1.2009.
(d) Seit 16.1.2009 ist die Mutter erwerbstätig und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen von 659,64 €.
(e) Danach ergibt sich für die Zeit ab 1.3.2008 folgender monatlicher ungedeckter Unterhaltsbedarf:
- 446,60 € (= 770 € - 323,40 € Mutterschaftsgeld/Arbeitgeberzuschuss in der Zeit vom 1. bis zum 15.3.2008,
- 505,04 € (= 770 € - 264,96 € Elterngeld) in der Zeit vom 16.3.2008 bis zum 15.1.2009,
- 110,36 € (= 770 € - 659,64 € Erwerbseinkommen) in der Zeit vom 16.1. bis zum 30.4.2009.
c) Der Beklagte ist hinsichtlich des soeben ermittelten ungedeckten Unterhaltsbedarfs nur eingeschränkt leistungsfähig.
Allerdings trifft den Beklagten entgegen der Auffassung des Amtsgerichts die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer
behaupteten Leistungsunfähigkeit (vgl. Wendl/Dose, aaO., § 6, Rz. 710 f.). Unter Berücksichtigung seiner Darlegungen im Berufungsverfahren
ist aber festzustellen, dass der Beklagte für die Zeit von März bis Dezember 2008 nur in Höhe von 92 €, und ab 1.1.2009 überhaupt
nicht mehr leistungsfähig ist.
aa) Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten ist sein Einkommen aus der am 2.5.2006 aufgenommenen selbstständigen
Tätigkeit heranzuziehen.
Wegen der meist stark schwankenden Einkünfte von Gewerbetreibenden und Freiberuflern ist zur Ermittlung des unterhaltsrechtlich
bedeutsamen Einkommens grundsätzlich ein möglichst zeitnaher Mehrjahresdurchschnitt zu bilden, wobei in der Regel auf einen
Zeitraum von drei Jahren abgestellt werden kann (vgl. Wendl/Kemper, aaO., § 1, Rz. 274). Hierzu hat der selbstständige Unterhaltsschuldner
die entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. Einnahmen-/Überschussrechnungen der betreffenden Jahre vorzulegen (vgl.
Wendl/Kemper, aaO., § 1, Rz. 216). Zu beachten ist, dass die Höhe des die Leistungsfähigkeit bestimmenden Einkommens nicht
notwendig identisch ist mit dem steuerrechtlichen Einkommen. Das Steuerrecht privilegiert einzelne Einkommensarten und erkennt
Aufwendungen als einkommensmindernd an, die keine Vermögenseinbuße zum Gegenstand haben. Der selbstständige Unterhaltsschuldner
muss daher seine Einnahmen und behaupteten Aufwendungen im Einzelnen so darstellen, dass die allein steuerlich beachtlichen
Aufwendungen von solchen, die unterhaltsrechtlich von Bedeutung sind, abgegrenzt werden können. Die allein ziffernmäßige Aneinanderreihung
einzelner Kostenarten genügt diesen Anforderungen vielfach nicht (BGH, FamRZ 1980, 770 f.). Vor diesem Hintergrund können die in den vom Beklagten vorgelegten Gewinnermittlungen ausgewiesenen Gewinne der Einkommensermittlung
nicht ohne Korrektur zugrunde gelegt werden. Dabei sind mangels Vorliegens einer Gewinnermittlung für das Jahr 2009 diejenigen
für die Jahre 2006 bis 2008 maßgebend, auch wenn sich die Gewinnermittlung für 2006 mit Rücksicht auf die Aufnahme der Selbständigkeit
am 2.5.2006 nicht auf das gesamte Kalenderjahr bezieht. Im Jahr 2006 ist ferner das für die Zeit vom 2.5. bis zum 1.11.2006
gewährte Überbrückungsgeld von 10.480,70 € als Einkommen zu berücksichtigen.
(1) Nach der Gewinnermittlung für 2006 beläuft sich der Gewinn, den der Beklagte in der Zeit vom 2.5. bis zum 31.12.2006 erzielt
hat, auf 3.960,83 €. Allerdings hat der Beklagte die dort enthaltenen Positionen nicht im Hinblick auf ihre etwaige unterhaltsrechtliche
Bedeutung dargelegt. Daher sind dem ausgewiesenen Gewinn jedenfalls diejenigen Betriebsausgaben hinzuzusetzen, die vom Kläger
bestritten und gemeinhin ohne weitere Erläuterungen und Vorlage weiterer Belege als allein steuerrechtlich bedeutsam anzusehen
sind. Dies betrifft die Privatanteile an den Kosten für Porto, Telefon und Bürobedarf sowie in vollem Umfang die Werbe- und
Reisekosten sowie die Kosten für Arbeitsbekleidung. Privatanteile an den Fahrzeugkosten sind hingegen nicht einkommenserhöhend
zu berücksichtigen. Auch im Hinblick auf die vorgenommenen Abschreibungen bedarf es keiner Korrektur.
(a) Mangels substanziierten Vorbringens des Beklagten kann angenommen werden, dass von den in der Gewinnermittlung ausgewiesenen
Kosten für Porto, Telefon und Bürobedarf auch Anteile auf den privaten Gebrauch entfallen. Die Privatanteile schätzt der Senat
im Einklang mit dem Vorbringen des Klägers entsprechend §
287 ZPO auf ein Drittel. Entsprechend sind dem Gewinn 200,33 € [= (12,95 € Portokosten + 447,69 € Telefonkosten + 140,35 € Kosten
für Bürobedarf) x 1/3] hinzuzusetzen.
(b) Ein Privatanteil im Hinblick auf die Fahrzeugkosten kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht angenommen werden.
Der Beklagte hat dazu vor dem Senat angegeben, dass es sich bei den Fahrzeugkosten in der Gewinnermittlung um solche handele,
die sich auf das Firmenfahrzeug, den VW-Bus T 5, bezögen, während er privat einen PKW Volvo nutze. Diesem Vorbringen ist der
Kläger nicht entgegengetreten, so dass der Ansatz eines Privatanteils für die Nutzung des Firmenfahrzeugs ausscheidet.
An dieser Beurteilung ändert das Vorbringen des Klägers mit Schriftsatz vom 12.10.2010 unabhängig davon, dass sich der Schriftsatznachlass
insoweit nur auf die Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich der vom Beklagten noch einzureichenden Belege bezüglich der
Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung bezog, nichts. Allein der Umstand, dass der mit Schriftsatz des Beklagten vom 7.6.2010
als Anlage B 1 vorgelegte Fahrzeugbrief den 25.1.2007 als Ausstellungsdatum erkennen lässt, rechtfertigt den vom Kläger gezogenen
Schluss, in der Zeit vom 2.5.2006 bis zum 24.1.2007 habe der Beklagte über keinen privaten PKW verfügt, nicht, zumal sich
in dem Fahrzeugbrief der Hinweis findet, dass dieser im Umtausch gegen einen anderen Fahrzeugbrief ausgegeben worden sei.
(c) Da der Beklagte die in der Gewinnermittlung ausgewiesen Werbe- und Reisekosten trotz des diesbezüglichen Bestreitens des
Klägers nicht näher erläutert und belegt hat, sind diese dem Gewinn in vollem Umfang, also in Höhe von 608,48 €, hinzuzusetzen.
(d) Ebenfalls dem Einkommen hinzuzusetzen sind die Kosten der Arbeitsbekleidung mit 229,79 €. Mit der Ladungsverfügung des
Senats vom 29.6.2010 ist der Beklagte bereits darauf hingewiesen worden, dass berufsbedingte Aufwendungen nur abzugsfähig
sind, wenn der geltend gemachte Aufwand notwendigerweise mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit verbunden ist und sich eindeutig
von den Kosten der privaten Lebenshaltung abgrenzen lässt, was auf den Erwerb von Kleidungsstücken, die auch privat genutzt
werden können, nicht zutrifft (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2006 - XII ZR 24/04 -, FamRZ 2007, 193). Auch nach diesem Hinweis ist hinreichend substanziierter Vortrag des Beklagten nicht erfolgt. Soweit er im Schriftsatz
vom 9.8.2010 auf die Anschaffung von Elektroisolierband, Handsägeblättern und einem Gerüstbauratschenschlüssel eingeht, ist
schon nicht nachvollziehbar, dass insoweit entstandene Kosten in den Aufwendungen für Arbeitsbekleidung in der Gewinnermittlung
enthalten sein sollen. Hinsichtlich der weiter angegebenen Anschaffung von Trekkinghemden, Sweatshirts, Halbschuhen, Arbeitsschuhen,
Cargohosen, Zunfthosen und einer Regenjacke ist die notwendige Abgrenzung von den Kosten der privaten Lebenshaltung nicht
vorgenommen worden. Allein der Hinweis, die Kleidung sei wegen ihres gewerblichen Gebrauchs und der damit einhergehenden Verschmutzung
privat praktisch nicht brauchbar, reicht nicht aus. Insoweit hätte es konkreten Vortrags hinsichtlich jeder einzelnen Anschaffung
bedurft.
(e) Als Betriebsausgaben unterhaltsrechtlich abzugsfähig sind die in den Gewinnermittlungen aufgeführten Abschreibungen für
den als Firmenfahrzeug genutzten LKW und die Büroeinrichtung. Dabei ist zu beachten, dass die zu linearen Abschreibungen von
der Finanzverwaltung herausgegebenen AfA-Tabellen regelmäßig den tatsächlichen Wertverzehr wiedergeben, so dass eine auf der
Grundlage dieser Tabellen vorgenommene lineare Abschreibung auch unterhaltsrechtlich Berücksichtigung findet (vgl. BGH, Urteil
vom 19.2.2003 - XII ZR 19/01 -, FamRZ 2003, 741). Davon ist mit Rücksicht auf die Anlagezeiträume von acht bzw. drei Jahren auch vorliegend auszugehen.
(f) Nach alledem ist unterhaltsrechtlich von folgendem Erwerbseinkommen des Beklagten in der Zeit vom 2.5. bis zum 31.12.2006
auszugehen:
Gewinn
|
3.960,83 €
|
Privatanteil für Porto, Telefon, Bürobedarf
|
+ 200,33 €
|
Werbe- und Reisekosten
|
+ 608,48 €
|
Kosten für Arbeitsbekleidung
|
+ 229,79 €
|
insgesamt
|
4.999,43 €.
|
(2) Auch im Jahr 2007 ist der in der Gewinnermittlung ausgewiesene Gewinn um die vollen Werbe- und Reisekosten und die Kosten
für Arbeitsbekleidung sowie um einen Privatanteil von einem Drittel für Porto, Telefon, Telefax, Bürobedarf zu erhöhen. Hinsichtlich
der Privatanteile ist von einem Betrag von 308,36 € [= (22,20 € Porto + 769,11 € Telefon + 16,80 € Telefax u. Internetkosten
+ 116,98 € Bürobedarf) x 1/3] auszugehen. Danach ergibt sich folgende Berechnung:
Gewinn
|
17.240,67 €
|
Privatanteile
|
+ 308,36 €
|
Werbe- und Reisekosten
|
+1.248,80 €
|
Kosten für Arbeitsbekleidung
|
+ 455,90 €
|
insgesamt
|
19.253,73 €.
|
(3) Schließlich sind auch im Jahr 2008 dem Gewinn von 28.585,98 € die gleichen Positionen wie im Vorjahr hinzuzusetzen. Die
Privatanteile belaufen sich, nachdem der Beklagte unter dem 3.9.2010 ergänzend das Blatt 5 des Kontonachweises zur Gewinnermittlung
vorgelegt hat, hier auf 408,02 € [= (0 € Porto + 1.102,67 € Telefon + 25,20 Telefax und Internetkosten + 96,19 € Bürobedarf)
x 1/3]. Danach ergibt sich folgende Berechnung:
Gewinn
|
28.585,98 €
|
Privatanteile
|
+ 408,02 €
|
Werbe- und Reisekosten
|
+1.279,10 €
|
Kosten für Arbeitsbekleidung
|
+ 300,52 €
|
insgesamt
|
30.573,62 €.
|
(4) Für die Zeit vom 2.5.2006 bis zum 31.12.2008 errechnet sich nach alledem folgendes Gesamteinkommen:
Einkommen aus selbständiger Tätigkeit 2006
|
4.999,43 €
|
Einkommen aus selbständiger Tätigkeit 2007
|
+ 19.253,73 €
|
Einkommen aus selbständiger Tätigkeit 2008
|
+ 30.573,62 €
|
Überbrückungsgeld 2006
|
+ 10.480,70 €
|
insgesamt
|
65.307,48 €.
|
bb) Vom Einkommen abzusetzen sind die vom Beklagten in der Zeit vom 2.5.2006 bis zum 31.12.2008 geleisteten Steuern. Insoweit
kann die Aufstellung im Schriftsatz des Beklagten vom 9.8.2010 herangezogen werden, da die dort aufgeführten Zahlungen auch
in dem vorgelegten Kontoauszug des Finanzamtes ... vom 16.7.2010 ausgewiesen sind. Zusätzlich zu berücksichtigen sind noch
eine Steuererstattung in Höhe von 116 € in 2008 für 2006 sowie eine weitere Zahlung von 89,59 €. Auf die diesbezüglichen Buchungen
in dem vorgelegten Kontoauszug des Finanzamtes hat der Senat mit Verfügung vom 31.8.2010 hingewiesen. Unter Berücksichtigung
des Vorbringens des Beklagten im Schriftsatz vom 3.9.2010 und der Steuerbescheide für 2005 in 2006 und für 2006 in 2008, die
entsprechende Beträge ausweisen, kann eine Berücksichtigung erfolgen. Darauf, dass der Beklagte - insoweit nicht nachgelassen
- auch im Schriftsatz vom 17.9.2010 auf die Zahlung von 89,59 € eingegangen ist, kommt es nicht an.
Danach sind folgende Steuerzahlungen im Zeitraum vom 2.5.2006 bis zum 31.12.2008 zu berücksichtigen:
1.12.2006
|
2.005 €
|
10.9.2007
|
1.260 €
|
10.12.2007
|
1.260 €
|
10.3.2008
|
630 €
|
10.6.2008
|
630 €
|
27.6.2008
|
630 €
|
10.9.2008
|
630 €
|
10.12.2008
|
630 €
|
insgesamt
|
7.675 €.
|
Ferner sind zu berücksichtigen folgende Zahlungen auf den Solidaritätszuschlag:
1.12.2006
|
89,59 €
|
10.9.2007
|
48,00 €
|
10.12.2007
|
48,00 €
|
10.3.2008
|
24,00 €
|
10.6.2008
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24,00 €
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27.6.2008
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24,00 €
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10.9.2008
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24,00 €
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10.12.2008
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24,00 €
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insgesamt
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305,59 €.
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Rechnet man die am 1.2.2008 erfolgte Steuererstattung von 116 € gegen, ergeben sich insgesamt Zahlungen auf Steuern und Solidaritätszuschlag
von 7.864,59 (= 7.675 € + 305,59 € - 116 €).
Eine abweichende Berechnung der geleisteten Steuern ist entgegen der vom Kläger mit Schriftsatz vom 12.10.2010 - insoweit
nicht nachgelassen - vertretenen Auffassung nicht geboten. Nach dem sogenannten In-Prinzip kommt es auf die im maßgeblichen
Zeitraum geleisteten Zahlungen an. Dabei sind nicht allein die Steuern, wie sie in den jeweiligen Steuerbescheiden als Nachzahlungsbetrag
aufgeführt sind, maßgebend. Vielmehr sind auch die Steuervorauszahlungen, soweit sie vom selbständigen Unterhaltsschuldner
geleistet worden sind, zu berücksichtigen. Der Steuerbescheid für 2007, der eine Steuererstattung ausweist, ist bei der hier
anzustellenden Berechnung unbeachtlich. Denn er stammt vom 16.4.2009, also aus einer Zeit nach Ablauf des maßgeblichen Dreijahreszeitraums.
Eine Korrektur der Steuerberechnung ist auch nicht etwa deshalb geboten, weil das Einkommen des Beklagten unterhaltsrechtlich
in einem größeren Umfang herangezogen wird als es sich steuerrechtlich darstellt. Insoweit ist von Bedeutung, dass ein abgeschlossener
Unterhaltszeitraum vorliegt, so dass eine Prognoseentscheidung nicht zu treffen ist. Darüber hinaus scheidet die Nacherhebung
von Steuern aufgrund ungünstiger unterhaltsrechtlicher Beurteilung aus.
Nach Abzug der geleisteten Steuern verbleibt für den Zeitraum vom 2.5. 2006 bis zum 31.12.2008 ein Betrag von 57.442,89 €
(= 65.307,48 € Erwerbseinkommen - 7.864,59 € Steuern). Dies ergibt einen monatlichen Durchschnittsbetrag von rd. 1.795 € (=
57.442,89 €
: 32 Monate).
cc) Grundsätzlich abzugsfähig sind auf Seiten des selbständigen Beklagten die Vorsorgeaufwendungen, das sind die Beiträge
zur Kranken- und Pflegeversicherung, zur privaten Rentenversicherung und zur Unfallversicherung (vgl. Wendl/Gerhardt, aaO.,
§ 1, Rz. 598).
(1) Bereits durch die Anlagen B 25 und B 26 des Schriftsatzes des Beklagten vom 9.8.2010 sind die Beiträge für die private
Rentenversicherung mit insgesamt 150 € belegt. Dieser Betrag hält sich im Rahmen der zulässigen Gesamtaltersvorsorge von 24
% des Bruttoerwerbseinkommens (vgl. Wendl/Gerhardt, aaO., § 1., Rz. 598 a).
(2) Durch den nachgelassenen Schriftsatz vom 17.9.2010 hat der Beklagte nun, vom Kläger im Schriftsatz vom 12.10.2010 insoweit
unbeanstandet, folgende monatliche Zahlungen auf die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Unfallversicherung belegt:
- 281 € (= 3.374,31 € : 12 Monate) für die Kranken- und Pflegeversicherung im Jahr 2008,
- 287 € (= 3.446,47 € : 12 Monate) für die Kranken- und Pflegeversicherung im Jahr 2009,
- 14 € (= 171,96 € : 12 Monate) für die Unfallversicherung in den Jahren 2008 und 2009.
(3) Nicht abzugsfähig ist die für die eheliche Tochter S... abgeschlossene Lebensversicherung, da es sich insoweit nicht um
eine Vorsorgeaufwendung für den Beklagten selbst handelt.
(4) Nach alledem sind folgende Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen:
- 295 € (= 281 € + 14 €) im Jahr 2008,
- 451 € (= 287 € + 14 € + 150 €) im Jahr 2009.
dd) Somit ist von folgendem bereinigten Einkommen des Beklagten auszugehen:
- 1.500 € (= 1.795 € Erwerbseinkommen nach Steuern - 295 € Vorsorgeaufwendungen) im Jahr 2008,
- 1.344 € (= 1.795 € Erwerbseinkommen nach Steuern - 451 € Vorsorgeaufwendungen) im Jahr 2009.
ee) Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Beklagten ist zu beachten, dass gegen ihn gerichtete Unterhaltsansprüche seiner
minderjährigen Kinder dem Anspruch der Frau I... G... gemäß §
1609 BGB vorgehen. Das betrifft nicht nur das gemeinsame Kind D..., sondern auch das eheliche Kind S... des Beklagten. Dagegen ist
ein Anspruch der früheren Ehefrau des Beklagten, der entgegen der vom Beklagten geäußerten Auffassung nicht notwendig vorrangig
gegenüber demjenigen der Frau I... G... gemäß §
1615 l
BGB wäre, nicht zu berücksichtigen. Denn unstreitig hat die Ehefrau einen solchen Anspruch nicht geltend gemacht, und der Beklagte
hat eine sich insoweit ergebende Unterhaltsverpflichtung auch nicht dargelegt.
(1) Soweit es den Unterhalt für das Kind D... betrifft, ist von den Beträgen auszugehen, die dem angefochtenen Urteil zugrunde
liegen. Denn der Kläger hat seine Berufung nicht auch - etwa im Wege der Klageerweiterung - auf den Kindesunterhalt erstreckt,
und der Beklagte hat insoweit keine Anschlussberufung eingelegt. Allerdings sind nicht allein die Beträge, wie sie sich im
Tenor des angefochtenen Urteils finden, maßgebend. Denn diese beruhen, wie sich aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz des
Klägers vom 16.7.2009 ergibt, auf einer Berücksichtigung teilweiser Unterhaltszahlungen durch den Beklagten. Entscheidend
ist der geltend gemachte Kindesunterhalt abzüglich hälftigen Kindergeldes von 230 € bzw. 228 €, im Monat Januar 2008 allerdings
nur anteilig berücksichtigt. Folgende Beträge sind daher abzusetzen:
- 115 € für die Zeit vom 16. bis 31.1.2008,
- 230 € für die Monate März bis Dezember 2008,
- 228 € für die Monate Januar bis April 2009.
(2) Die eheliche Tochter S... lebt bei ihrer Mutter, der geschiedenen Ehefrau des Beklagten. Die Mutter erfüllt ihre Unterhaltspflicht
daher gemäß §
1606 Abs.
3 S. 2
BGB durch Betreuung des Kindes. Allein barunterhaltspflichtig ist der Beklagte. Maßgebend ist insoweit der vom Beklagten durchgehend
belegte Zahlbetrag von 178 €. Darauf, dass der Beklagte durch Schreiben der Anwältin der Mutter des Kindes unter dem 6.6.2007
Zahlung von 228 € verlangt hat, kommt es nicht an. Wenn der Beklagte danach den Zahlbetrag nicht erhöht hat und nicht erneut
angemahnt worden ist, muss von Verwirkung des höheren Unterhalts gemäß §
242 BGB ausgegangen werden (vgl. Wendl/Gerhardt, aaO., § 6, Rz. 135 ff.). Dass der Beklagte hernach noch einmal auf höheren Unterhalt in Anspruch genommen worden ist, hat er nicht
geltend gemacht.
(3) Demnach verbleiben dem Beklagten nach Abzug des Kindesunterhaltes folgende Beträge:
- 1.207 € (= 1.500 € - 115 € Kindesunterhalt D... - 178 € Kindesunterhalt S...) vom 16. - 31.1.2008,
- 1.092 € (= 1.500 € - 230 € Kindesunterhalt D... - 178 € Kindesunterhalt S...) von März bis Dezember 2008,
- 938 € (= 1.344 € - 228 € Kindesunterhalt D... - 178 € Kindesunterhalt S...) von Januar bis April 2009.
ff) Angesichts eines billigen Selbstbehaltes von 1.000 € (Nr. 21.4 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts,
Stand 1.1.2008), der nicht etwa mit Rücksicht auf eine Haushaltsersparnis herabzusetzen ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9.1.2008
- XII ZR 170/05 -, FamRZ 2008, 594 ff.; Senat, Urteil vom 19.5.2009 - 10 UF 2/09 -, BeckRS 2009, 15945; Verfahrenshandbuch Familiensachen -FamVerf-/Schael, 2. Aufl., § 1, Rz. 239), da der Beklagte mit seiner
geschiedenen Ehefrau nicht mehr zusammenlebt, ist der Beklagte in den Monaten Januar bis April 2009 überhaupt nicht mehr leistungsfähig.
Für die Zeit davor stehen für den Unterhaltsanspruch der Frau I... G... gemäß §
1615 l
BGB folgende Beträge zur Verfügung:
- 207 € in der Zeit vom 16. bis zum 31.1.2008,
- 92 € in den Monaten März bis Dezember 2008.
Im Januar 2008 besteht allerdings, wie ausgeführt, kein ungedeckter Unterhaltsbedarf, so dass eine Unterhaltspflicht des Beklagten
trotz Leistungsfähigkeit in Höhe von 207 € nicht gegeben ist.
3. In Höhe von 92 € für die Monate März bis Dezember 2008 ist der Unterhaltsanspruch der Frau I... G... in vollem Umfang auf
den Kläger übergegangen, § 33 SGB II. Jedenfalls in dieser Höhe hat der Kläger ausweislich der vorgelegten Bescheide Leistungen
gerade für Frau I... G... erbracht. Mit Rücksicht darauf, dass die Leistungen tatsächlich deutlich höher liegen, kommt es
auf die Streitfrage, ob hinsichtlich der Kosten für Unterkunft der Anspruchsübergang nur in Höhe von 44 % erfolgen kann, weil
die Vorschriften der §§ 94 Abs. 1 S. 6, 105 Abs. 2 SGB XII, 40 Abs. 2 SGB II entsprechend anzuwenden seien (vgl. hierzu Senat,
Urteil vom 16.12.2008, aaO., m.w.N.) nicht an.
4. Der Zinsanspruch, bezogen auf den Betrag von 920 € (= 92 € x 10 Monate), folgt aus §§
286 Abs.
1,
288 Abs.
1 ZPO.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
92 Abs.
1 ZPO.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liegen in Bezug auf den Kindesunterhalt die Voraussetzungen des §
93 ZPO nicht vor. Denn der Beklagte hat auch insoweit Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Mit Anwaltsschreiben vom 13.2.2009
hat er zwar gegenüber dem Kläger erklärt, er beabsichtige, den Kindesunterhalt anzuerkennen, jedoch gleichzeitig mitgeteilt,
etwaige Rückzahlungsansprüche könnten nur ratenweise beglichen werden, weshalb um Rückmeldung gebeten werde. Darauf brauchte
sich der Kläger nicht einzulassen (vgl. Zöller/Herget,
ZPO, 28. Aufl., §
93, Rz. 6 "Geldschulden").
Ebenfalls nicht anwendbar ist die vom Kläger im Schriftsatz vom 12.10.2010 herangezogene Vorschrift des §
97 Abs.
2 ZPO. Von einem Fall des Obsiegens allein aufgrund neuen Vorbringens kann nicht ausgegangen werden. Zu Recht weist der Beklagte
mit Schriftsatz vom 17.9.2010 darauf hin, dass der Kläger in erster Instanz im Schriftsatz vom 16.7.2009 seinen Vortrag bezüglich
der Höhe seiner Vorsorgeaufwendungen nicht beanstandet, sondern diese in einer Höhe von 4.824,84 € jährlich seiner Berechnung
zugrunde gelegt hat. Erst in der Berufungsbegründung hat der Kläger die Vorsorgeaufwendungen mit Nichtwissen bestritten. Allein
der Umstand, dass sich nun die mit Schriftsatz vom 17.9.2010 belegten Vorsorgeaufwendungen nicht völlig mit denjenigen aufgrund
der Belege, wie sie mit Schriftsatz vom 9.8.2010 vorgelegt wurden, decken, rechtfertigt keine abweichende Kostenentscheidung.
Im Rahmen des §
92 Abs.
1 ZPO zu berücksichtigen ist allerdings der Umstand, dass der Kläger zunächst mit der Klageschrift vom 5.3.2009 auch zukünftigen
Unterhalt geltend gemacht, den Antrag insoweit aber mit seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 16.7.2009 nicht aufrechterhalten
hat. Im Hinblick auf diese teilweise Klagerücknahme ist die Mehrkostenmethode anzuwenden (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom
7.7.2008 - 10 WF 125/08 -, BeckRS 2009, 00936; Senat, Urteil vom 15.1.2007 - 10 UF 169/06 -, BeckRS 2007, 15640).
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§
708 Nr. 10,
713 ZPO.
7. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Beklagten vom 17.9.2010, soweit er über die Vorlage von Unterlagen hinausgeht,
und vom 2.11.2010 geben zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.