Zur Frage der Mutwilligkeit i.S.d. Rechtes der Prozeßkostenhilfe bei Geltendmachung des Unterhaltsanspruches durch einen Unterhaltsberechtigten,
der fortlaufend Sozialhilfe bezieht - § 91 Abs. 3 S. 2 BSHG (neue Fassung)
Gründe:
I.
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Aus ihrer Ehe ist die bei Antragstellerin lebende einjährige Tochter N. hervorgegangen.
Die - für sich und das Kind Sozialhilfe beziehende - Antragstellerin hatte um Prozeßkostenhilfe für eine am 03.07.93 eingereichte
Klage gegen den Antragsgegner auf Zahlung von mtl. 285 DM Kindesunterhalt ab 01.07.93 gebeten.
Das Familiengericht hat die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Geltendmachung des Kindesunterhalts durch die Antragstellerin sei rechtsmißbräuchlich.
Aufgrund der Änderung des § 91
BSHG sei der Unterhaltsanspruch für das Kind in Höhe der insoweit erbrachten Sozialhilfeaufwendungen auf den Sozialhilfeträger
übergegangen, womit der ursprüngliche Forderungsinhaber seine Aktivlegitimation verloren habe. Die Rückabtretung des Unterhaltsanspruchs
habe ausschließlich den Zweck, Prozeßkostenhilfe beanspruchen zu können. Der Sozialhilfeträger wolle dadurch die anfallenden
Kosten, die er selbst zu tragen hätte, über den Umweg der Rückabtretung im Rahmen der Prozeßkostenhilfe geltend machen, auf
die er sonst keinen Anspruch hätte.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, welche die Ansicht vertritt, aus der Neufassung des § 91
BSHG ergebe sich nicht, daß eine Rückübertragung des in Rede stehenden Unterhaltsanspruchs ausgeschlossen wäre. Eine Rückübertragung
sei vielmehr weiterhin aus näher dargelegten prozeßökonomischen Gründen sinnvoll und notwendig.
II.
Die gemäß §
127 Abs.
2
ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Im Ergebnis zutreffend hat das Familiengericht die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert.
Es kann dahinstehen, ob die beabsichtigte Klageerhebung durch die Antragstellerin selbst - wie von dem Familiengericht angenommen
- "rechtsmißbräuchlich" ist. Bei der hier gegebenen Fallgestaltung steht der begehrten Bewilligung der Prozeßkostenhilfe nämlich
entgegen, daß die von der Antragstellerin im eigenen Namen beabsichtigte Klageerhebung unbeschadet der in ihrer Person vorliegenden
Kostenarmut mutwillig ist (§
114
ZPO).
Mutwillig - und damit nicht prozeßkostenhilfefähig - ist eine Rechtsverfolgung immer dann, wenn eine verständige, nicht hilfebedürftige
Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde oder die Partei den verfolgten Zweck auf einem billigerem Weg erreichen
könnte (Senatsbeschluß vom 27.11.1989, 6 WF 155/89; Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, Rz. 481 m.w.N.).
Hiervon ist vorliegend unter Berücksichtigung der Änderungen auszugehen, die § 91
BSHG durch das Gesetz über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit
Deutschlands, zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs
und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Gesetz zur Umsetzung der Föderalen Konsolidierungsprogramms -FKPG-) vom 23.
Juni 1993 (BGBl 1993 Teil I, Seite 944) erfahren hat:
Setzte bislang der Übergang des Unterhaltsanspruchs des Sozialhilfeempfängers auf den Sozialhilfeträger den Erlaß eines den
Anspruch überleitenden Verwaltungsaktes des Sozialhilfeträgers voraus, geht nunmehr der Unterhaltsanspruch des Sozialhilfeempfängers
mit der Erbringung der Sozialhilfe - und begrenzt durch deren Höhe - kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger über. Nach §
91 Abs. 3 S. 2 BSHG kann der Träger der Sozialhilfe nunmehr aufgrund gesetzlicher Ermächtigung (vgl. zum früheren Recht; BGH, FamRZ 92, 797,799)
bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen, wenn die Hilfe voraussichtlich auf
längere Zeit gewährt werden muß (zusammenfassende Darstellungen der Neuregelung des § 91
BSHG: Schellhorn/Schellhorn, FuR 93, 261 ff; Strohal, DAVorm 93, 104).
Unbeschadet der dem Sozialhilfeträger jetzt eingeräumten Klagebefugnis ist jedoch - abweichend von der im angefochtenen Beschluß
angedeuteten Rechtsauffassung - im vorliegenden Fall die Befugnis der getrennt lebenden Antragstellerin unberührt geblieben,
künftig fällig werdenden Unterhalt des sich in ihrer Obhut befindenden minderjährigen Kindes gemäß §
1629 Abs.
3
BGB im eigenen Namen gelten zu machen (vgl. hierzu: Strohal, a.a.O., S. 1036; Schellhorn/ Schellhorn a.a.O., S. 269; so auch
für das frühere (Überleitungs-)Recht: BGH, NJW 82,232; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 2. Aufl., Teil V, Rz.
169 m.w.N.; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 2. Aufl., S. 1043). Ginge in diesem Fall
der hier in Rede stehende Anspruch auf künftig fällig werdenden Unterhalt nach Rechtshängigkeit wegen erbrachter, den Anspruch
übersteigender Sozialhilfeleistungen kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger über, könnte der Rechtsstreit gemäß §
265
ZPO zwischen den ursprünglichen Parteien fortgesetzt werden, obwohl der Anspruch dann der Antragstellerin nicht mehr zustünde.
Diese wäre indes gehalten, dem Anspruchsübergang durch entsprechende Umstellung des Antrags Rechnung zu tragen (vgl. hierzu:
9. Senat des hiesigen Oberlandesgerichts, Urteil vom 10.11.93, 9 UF 85/ 93; Göppinger/Wax a.a.O., Rz. 3033). Insoweit bedürfte
es daher zur klageweisen Verfolgung des hier in Rede stehenden Anspruchs durch die Antragstellerin selbst weder der in dem
angefochtenen Beschluß angesprochenen (treuhänderischen) Rückübertragung des Anspruchs von dem Sozialhilfeträger auf die Antragstellerin
noch einer in ihrer rechtlichen Zulässigkeit höchst umstrittenen Ermächtigung der Antragstellerin zur Geltendmachung des Anspruchs,
der sog. "gewillkürten Prozeßstandschaft" (gegen die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozeßstandschaft in Überleitungs/-Übergangsfällen
etwa: Seetzen , NJW 78, 1350, 1353; Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., Rz. 3033, 3043; OLG Hamburg, 1. FamS., FamRZ
88, 843; OLG Hamburg, 7. FamS., FamRZ 90, 417; Schellhorn/Schellhorn, FuR 93, 269 f; wohl auch: Strohal, DAVorm 93, 1038;
a. A.: OLG Hamm, NJW RR 91, 776: KG FamRZ 88, 300; Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, Rz. 38 jeweils
m.w.N.).
Ob daher im hier gegebenen Fall ein "rückübertragener" Anspruch geltend gemacht werden soll oder ob die Antragstellerin die
Klage aufgrund gewillkürter Prozeßstandschaft im eigenen Namen erheben will, kann für die im Rahmen des Verfahrens auf Bewilligung
von Prozeßkostenhilfe vorab zu beantwortenden Frage nach der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung offenbleiben.
Es kann auch dahinstehen und bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob in den von der Beschwerde aufgezeigten Fallgestaltungen
(Geltendmachung eines die Sozialhilfe übersteigenden Anspruchs, Geltendmachung im Wege der einstweiligen Anordnung oder als
Folgesache zur Scheidung, ferner > im Hinblick auf BGH NJW 86, 1688 < im Fall einer Stufenklage) Prozeßkostenhilfe gewährt
werden könnte.
Angesichts der nunmehr gemäß § 91 Abs. 3 S. 2 BSHG für den Träger der Sozialhilfe ausdrücklich eröffneten Möglichkeit, den hier in Rede stehenden künftigen Unterhalt unter
Inanspruchnahme der Gerichtskosten - Vorschußfreiheit (§ 2 Abs. S.1 GKG, vgl. OLG Hamburg, FamRZ 90, 417, 418) im eigenen Namen einzuklagen, erscheint - jedenfalls in dem hier gegebenen Fall fortlaufenden
Sozialhilfebezugs in einer den beanspruchten (künftigen) Unterhalt übersteigenden Höhe - die Rechtsverfolgung durch die Antragstellerin
selbst mutwillig im Sinne von §
114
ZPO.
Eine verständige, nicht der Prozeßkostenhilfe bedürftige Partei würde nämlich unter diesen Umständen - insbesondere in Anbetracht
des ohne zeitliche Begrenzung gewährten, den in Rede stehenden Unterhaltsbedarf deckenden Sozialhilfebezugs - davon absehen,
den entsprechenden Anspruch auf künftigen Unterhalt in gleicher Weise, d.h. durch Erhebung einer Klage im eigenen Namen und
auf eigenes Kostenrisiko, zu verfolgen.
Daß das Familiengericht der Antragstellerin vorliegend keine Prozeßkostenhilfe bewilligt hat, ist daher im Ergebnis nicht
zu beanstanden.