Erstattung der Kosten für in der Schule erstellte Kopien von Arbeitsblättern durch die Eltern
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für Kopien von Arbeitsblättern.
Die Klägerin, die Gemeinde ............, ist Trägerin der Grund- und Mittelschule ............. Diese Schulen wurden im Schuljahr
2006/2007 von drei Kindern und im Schuljahr 2007/2008 von zwei Kindern der Beklagten besucht.
Mit von der Klägerin angeschafften Kopiergeräten wurden von Lehrern beider Schulen zu Unterrichtszwecken in verschiedenen
Unterrichtsfächern Kopien von Arbeitsblättern angefertigt und an die Schüler ausgegeben. Die Anzahl der Kopien wurde für jeden
einzelnen Schüler gesondert nach Fach und Datum in einer Liste erfasst und die Kosten den Erziehungsberechtigten am Ende des
Schuljahrs in Rechnung gestellt. Gegenüber der Beklagten rechnete die Klägerin mit Schreiben vom 7. Mai 2008 für das Schuljahr
2006/2007 einen Betrag von 24,90 € und mit Schreiben vom 26. August 2008 für das Schuljahr 2007/2008 einen Betrag von 10,05
€, insgesamt 34,95 €, ab.
Nachdem die Beklagte den Zahlungsaufforderungen und daraufhin erfolgten Mahnungen keine Folge leistete, erhob die Klägerin
am 30. Oktober 2008 Klage zum Verwaltungsgericht Dresden. Dieses wies die Klage mit Urteil vom 30. Juni 2011 - 5 K 1790/08 - ab. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Kopierkosten. Da eine ausdrückliche
Rechtsgrundlage fehle, komme nur ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch oder die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung
ohne Auftrag in Betracht. Deren Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor, da die Leistung der Klägerin nicht ohne Rechtsgrund
erfolgt sei und kein fremdes Geschäft darstelle. Die Klägerin sei verpflichtet, die Kopien als notwendige Lernmittel den Schülern
unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
Nach Art. 102 Abs. 4 Satz 1 SächsVerf seien Unterricht und Lernmittel an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft unentgeltlich;
nach § 38 Abs. 2 SchulG habe der Schulträger in den öffentlichen Schulen den Schülern alle notwendigen Schulbücher leihweise zu überlassen, ausnahmsweise
zum Verbrauch, wenn Art und Zweckbestimmung des Schulbuchs eine Leihe ausschlössen. Lernmittel im herkömmlichen Sinne seien
die vom Lernenden zum Lernen verwendeten Gegenstände, die für den Unterricht notwendig und zur Nutzung durch den einzelnen
Schüler bestimmt seien. Lernmittel seien von solchen Gegenständen abzugrenzen, deren Verwendung die Schule dem Schüler freistelle,
sowie solchen, die der Schüler typischerweise ohnehin besitze. Lernmittel könnten folglich nicht nur Schulbücher, sondern
auch Kopien aus Schul-, Arbeits- und Übungsbüchern sein. Die an die Kinder der Beklagten ausgeteilten Kopien von Arbeitsblättern
seien folglich vom Begriff "Lernmittel" erfasst.
Der in der Sächsischen Verfassung verwendete Begriff "Lernmittel" sei am herkömmlichen Begriff der Lernmittelfreiheit orientiert
und deshalb weit zu verstehen. Soweit § 38 Abs. 2 SchulG die Unentgeltlichkeit begrifflich auf "notwendige Schulbücher" beschränke, sei dieser Begriff verfassungskonform dahin auszulegen,
dass innerhalb der Grenzen der Verhältnismäßigkeit und der Leistungsfähigkeit des Staates auch Lernmittel wie notwendige Arbeits-
und Übungshefte und daraus gefertigte Kopien umfasst würden. Der eindeutige Wortlaut der Sächsischen Verfassung lasse eine
Beschränkung der Unentgeltlichkeit und eine damit verbundene Differenzierung zwischen verschiedenen Lernmitteln nicht zu.
Auch habe die Sächsische Verfassung Regelungen des Schulgesetzes nicht aufgreifen wollen. Dass die Verfassung später in Kraft
getreten sei, gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass bei ihrer Erarbeitung das bereits geltende Schulgesetz konkret in den Blick
genommen worden sei.
Nach Art. 102 Abs. 5 SächsVerf dürfe der Gesetzgeber die Lernmittelfreiheit nur konkretisieren, nicht aber erheblich einschränken.
Die in der Verhältnismäßigkeit und Leistungsfähigkeit des Staates liegende Grenze des verfassungsrechtlich gewährten Rechtsanspruchs
auf unentgeltliche Unterrichtsteilnahme und kostenfreie Bereitstellung von Lernmitteln an öffentlichen Schulen werde durch
die Bereitstellung der kopierten Arbeitsblätter nicht tangiert. Selbst wenn man die Verfassung im Sinne der Klägerin eng auslegen
und die Lernmittelfreiheit auf notwendige Schulbücher begrenzen würde, stehe der Beklagten gemäß § 38 Abs. 2 SchulG zumindest ein Anspruch auf Unentgeltlichkeit der notwendigen Schulbücher zu; Gleiches müsse für Kopien aus solchen Schulbüchern
gelten. Es obliege der Klägerin darzulegen und nachzuweisen, ob es sich bei den streitigen Kopien um solche aus Lehrbüchern
oder aus anderen, davon zu unterscheidenden Lern- und Übungsmaterialien gehandelt habe.
Gegen das ihr am 8. Juli 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. August 2011 die vom Verwaltungsgericht zugelassene
Berufung eingelegt. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus: Der
Entscheidung des Verwaltungsgerichts liege ein unrichtiges Verständnis der Aufgaben des "einfachen" Gesetzgebers in Bezug
auf Art. 102 Abs. 5 SächsVerf zugrunde. Art. 102 Abs. 5 SächsVerf gebe dem Gesetzgeber eine Regelungsbefugnis. Vorliegend
gehe es darum, ob § 38 Abs. 2 SchulG von dieser Regelungsbefugnis gedeckt sei, mithin um die Frage, ob der Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Regelung des Art.
102 Abs. 4 SächsVerf die Kompetenz gehabt habe, die Lernmittelfreiheit über § 38 Abs. 2 SchulG auf Schulbücher zu begrenzen. In diesem Zusammenhang spiele eine besondere Rolle, dass das Schulgesetz zeitlich vor der Sächsischen
Verfassung in Kraft getreten sei. Angesichts der zeitlichen Parallelität in der parlamentarischen Erarbeitung der Verfassung
einerseits und des Schulgesetzes andererseits sei davon auszugehen, dass die Landtagsabgeordneten beide Regelungen im Blick
gehabt hätten. Daraus ergebe sich, dass der Verfassungsgesetzgeber dem "einfachen" Gesetzgeber die Auslegungsbefugnis habe
geben wollen, die dieser zeitlich zuvor im Schulgesetz wahrgenommen habe. Der Wille des historischen Gesetzgebers sei mithin
darauf gerichtet gewesen, § 38 Abs. 2 SchulG aus der Regelungsbefugnis des Art. 102 Abs. 5 SächsVerf abzuleiten. § 38 Abs. 2 SchulG bestimme daher abschließend, in welchem Umfang und auf welche Art die Lernmittelfreiheit gewährt werde. Zu einer dahingehenden
Auslegung und Gestaltung des Art. 102 Abs. 4 SächsVerf sei der Gesetzgeber nach Art. 102 Abs. 5 SächsVerf befugt gewesen.
Folge man dagegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts, sei § 38 Abs. 2 SchulG verfassungswidrig. Hierüber habe der Sächsische Verfassungsgerichtshof zu entscheiden, dem das Verfahren dann vorzulegen
sei.
Gehe man davon aus, dass § 38 Abs. 2 SchulG im Lichte der Verfassung ohne Vorlage an den Verfassungsgerichtshof dahingehend auszulegen sei, dass Schulbücher im Sinne
dieser gesetzlichen Regelung alle Lernmittel seien, stelle sich die Frage nach dem verfassungsrechtlich geltenden allgemeinen
Vorbehalt der Finanzierbarkeit. Die zusätzlichen Kosten in Höhe von rund 43 Mio. € seien weder im kommunalen Finanzausgleich
berücksichtigt noch in den Staatshaushalt eingestellt worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 30. Juni 2011 - 5 K 1790/08 - zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Kopierkosten für das Schuljahr 2006/2007 in Höhe von 24,90 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. August 2008 und Kopierkosten für das Schuljahr 2007/2008
in Höhe von 10,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. September 2008 zu zahlen,
hilfsweise,
das Verfahren gemäß § 7 Nr. 3 i. V. m. § 25 Abs. 1 SächsVerfGHG dem Verfassungsgerichtshof mit der Frage vorzulegen, ob § 38 Abs. 2 SchulG gegen Art. 102 Abs. 4 SächsVerf verstößt und damit verfassungswidrig ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung
der mit der Klage geltend gemachten Kosten für die für die Kinder der Beklagten zur Verwendung im Unterricht in den Schuljahren
2006/2007 und 2007/2008 hergestellten Kopien von Arbeitsblättern in Höhe von insgesamt 34,95 €.
1. Ein Anspruch scheidet allerdings nicht schon deshalb aus, weil die Kopien nicht für die Beklagte selbst, sondern für ihre
in den verfahrensgegenständlichen Schuljahren die Grund- und Mittelschule ............ besuchenden minderjährigen Kinder hergestellt
und diesen zu Unterrichtszwecken überlassen wurden.
Gemäß §
1626 Abs.
1, §
1631 Abs.
1 und §
1631a BGB obliegt der Beklagten die elterliche Sorge über ihre minderjährigen Kinder. Diese umfasst die Sorge für die Person des Kindes
(Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). Zur Personensorge gehört insbesondere die Pflicht und das Recht
der Eltern, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. In Angelegenheiten der
Ausbildung und des Berufs nehmen die Eltern Rücksicht auf die Eignung und Neigung des Kindes. In diesem Rahmen sind die Eltern
zur Mitwirkung im schulischen Bereich verpflichtet (vgl. Diederichsen, in: Palandt,
BGB, 71. Aufl., §
1626 Rn. 9, 12; §
1631 Rn. 2). Sie haben grundsätzlich alle für die schulische Ausbildung ihres minderjährigen Kindes erforderlichen Gegenstände
bereitzustellen und - gegebenenfalls auf eigene Kosten - anzuschaffen. Unter diesen Umständen ist nicht von vornherein ausgeschlossen,
dass die Beklagte die Erstattung der Kosten für die von der Klägerin hergestellten Kopien von Arbeitsblättern für den Unterricht
schuldet. Dies begründet ihre Passivlegitimation.
2. Die Klägerin kann den geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht auf eine gesetzliche Rechtsgrundlage stützten. Eine solche
findet sich insbesondere nicht im Schulgesetz für den Freistaat Sachsen.
Zwar verpflichtet § 31 Abs. 1 SchulG die Eltern, für die Erfüllung der Schulpflicht ihrer schulpflichtigen Kinder Sorge zu tragen. Sie haben ihre Kinder anzumelden
und für die Teilnahme an den Schulveranstaltungen zweckentsprechend auszustatten. Die Vorschrift richtet sich indes allein
an die Eltern. Sie enthält die diesen im Rahmen der Vollzeitschulpflicht ihres Kindes nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 1. Halbsatz SchulG obliegenden Pflichten. Dazu gehört neben der Pflicht, dafür zu sorgen, dass das Kind am Unterricht und den verbindlichen
Schulveranstaltungen teilnimmt, die Pflicht zu dessen zweckentsprechender Ausstattung. Darunter ist etwa zu verstehen, dass
das Kind über angemessene Turnkleidung für den Sportunterricht verfügt oder Schreibmaterial und Hefte zum Unterricht mitbringt
(vgl. Niebes/Becher/Pollmann, Schulgesetz im Freistaat Sachsen, 4. Aufl., § 31 SchulG Rn. 1 ff.). Eine Anspruchsgrundlage enthält § 31 Abs. 1 SchulG jedoch nicht. Würde die Schule oder der Schulträger eine den Eltern obliegende Ausstattungspflicht an deren Stelle erfüllen,
könnten eventuell hierfür angefallene Aufwendungen daher nicht von den Eltern verlangt werden. Der Senat kann an dieser Stelle
deshalb offen lassen, ob die vorstehend in Rede stehenden Kopien von Arbeitsblättern, wie die Klägerin meint, überhaupt vom
Ausstattungsbegriff des § 31 Abs. 1 SchulG umfasst werden.
3. Einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der für die Kinder der Beklagten von der Klägerin zu Unterrichtszwecken hergestellten
Kopien kann die Klägerin weder aus einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag (nachfolgend Buchst. a) noch
aus einem öffentlichen-rechtlichen Erstattungsanspruch (nachfolgend Buchst. b) herleiten.
a) Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag analog §§
677 ff.
BGB kann grundsätzlich auch im öffentlichen Recht erhoben werden. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen öffentlich-rechtlicher
Rechtsbeziehungen, die Merkmale der bürgerlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag aufweisen. Danach liegt eine Geschäftsführung
ohne Auftrag dann vor, wenn jemand (der Geschäftsführer) ein Geschäft für einen anderen (den Geschäftsherrn) besorgt, ohne
von diesem dazu beauftragt worden oder sonst berechtigt zu sein. Wird - wie hier - eine Behörde für einen Bürger tätig, kann
ein Anspruch der Behörde als Geschäftsführer auf Aufwendungsersatz in entsprechender Anwendung von §
683 BGB bestehen, wenn die Geschäftsführung ohne Auftrag zulässig ist, das heißt, wenn die Geschäftsbesorgung dem tatsächlichen oder
mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (vgl. §
677 BGB entsprechend).
Ausgehend davon handelt es sich bei der Geschäftsbesorgung der Klägerin, der Herstellung der Kopien von Arbeitsblättern für
die Kinder der Beklagten zur Verwendung im Unterricht, nicht um ein objektiv fremdes Geschäft, sondern vielmehr um eine der
Klägerin obliegende Aufgabe. Diese war daher auch nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig. Dem steht nicht entgegen,
dass die Klägerin, wie vorstehend (zu 1.) dargelegt, mit der Herstellung der Kopien mit Blick auf die der Beklagten obliegende
elterliche Sorge zugleich deren Interessen wahrgenommen hat. Die Vorschriften über eine Geschäftsführung ohne Auftrag sind
auch in diesem Fall grundsätzlich entsprechend anwendbar. Allerdings bestehen Aufwendungsersatzansprüche des Geschäftsführers
in entsprechender Anwendung von §§
683,
670 BGB nur dann, wenn sie nicht durch anderweitige, das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherr regelnde Bestimmungen
ausgeschlossen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 6. September 1988, BVerwGE 80, 170, 172; BGH, Urt. v. 13. November 2003, NJW 2004, 513, 514; Sprau, in: Palandt a. a. O., Einf v § 677 Rn. 8/9, 13, 15). So liegt es aber hier.
Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§
677 ff.
BGB kommt im öffentlichen Recht nur subsidiär in Betracht, nämlich dann, wenn das öffentliche Recht insoweit eine "planwidrige
Lücke" aufweist. Das ist dann nicht anzunehmen, wenn die einschlägigen Bestimmungen des öffentlichen Rechts die Frage, wer
ein bestimmtes Geschäft vorzunehmen hat, abschließend beantworten. In einem solchen Fall fehlt es an einer der Regelungsabsicht
des Gesetzgebers zuwiderlaufenden Lücke, die durch eine Analogie zu den bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über die Geschäftsführung
ohne Auftrag geschlossen werden müsste (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28. März 2003 - 6 B 22.03 - und Beschl. v. 18. Januar 2008 - 8 B 89.07 -, beide [...] Rn. 4).
Gemessen daran hat die Klägerin mit den von den Lehrern der Grund- und Mittelschule oder nach deren Weisung angefertigten
Kopien von Arbeitsblättern für den Unterricht eine zu ihrem Aufgabenbereich als Schulträgerin gehörende Angelegenheit erledigt.
Nach § 21 Abs. 1 SchulG hat der Schulträger, dies sind nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SchulG für - wie hier - allgemeinbildende Schulen die Gemeinden, die sächlichen Kosten der Schule zu tragen. Hierunter fallen nicht
nur die Kosten der Errichtung und Unterhaltung der Schulgebäude, Schulräume, Schulsportanlagen und sonstiger für schulische
Zwecke genutzten Baulichkeiten sowie die Lehrmittel der Schule, sondern auch die Lernmittel (vgl. Niebes/Becher/Pollmann a.
a. O., § 21 Rn. 2). Aus § 38 SchulG, der mit "Schulgeld- und Lernmittelfreiheit," überschrieben ist, ergibt sich, dass der Unterricht an den öffentlichen Schulen
unentgeltlich ist (Abs. 1); nach Absatz 2 Satz 1 hat der Schulträger den Schülern in den öffentlichen Schulen die Schulbücher
leihweise zu überlassen, sofern sie nicht von den Eltern oder Schülern selbst beschafft werden; ausnahmsweise werden sie zum
Verbrauch überlassen, wenn eine Leihe nach Art und Zweckbestimmung des Schulbuchs ausgeschlossen ist.
§ 38 SchulG knüpft an den in Art. 102 Abs. 4 Satz 1 SächsVerf festgelegten Grundsatz an, dass Unterricht und Lernmittel an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft unentgeltlich
sind. Die Bestimmung vermittelt ein subjektiv-öffentliches Recht, das heißt einen Rechtsanspruch des einzelnen Schülers gegen
den Staat, das ist gemäß § 21 Abs. 1, § 22 SchulG der Schulträger, auf die kostenfreie Bereitstellung von Unterricht und Lernmitteln (vgl. Baumann-Hasske, in: Baumann-Hasske/Kunzmann,
Die Verfassung des Freistaates Sachsen, 3. Aufl., Art. 102 Rn. 12). Daraus folgt, dass der Schulträger gegenüber den Eltern
oder Schülern die ihm für die Anschaffung und Überlassung von Lernmitteln entstehende Kosten nicht geltend machen kann.
Zu den Lernmitteln gehören nach dem Wortlaut des § 38 Abs. 2 Satz 1 SchulG in erster Linie die notwendigen Schulbücher. Was Schulbücher in diesem Sinne sind, ergibt sich aus § 38 Abs. 2 SchulG allerdings nicht; von der der Staatsregierung in § 38 Abs. 2 Satz 2 SchulG eingeräumten Ermächtigung, die Einzelheiten durch eine Rechtsverordnung zu regeln, hat diese keinen Gebrauch gemacht.
Der Begriff des Schulbuchs wird jedoch in § 2 der auf Grundlage von § 60 Abs. 1 SchulG, wonach das Staatsministerium für Kultus die im Freistaat Sachsen verwendeten Lehr- und Lernmittel von einer Zulassung abhängig
machen und das Zulassungsverfahren regeln kann, ergangenen Verordnung über die Zulassung von Schulbüchern (Schulbuchzulassungsverordnung
- SchulbuchzulassungsVO) vom 7. Oktober 1997 (SächsGVBl. S. 595) definiert: Schulbücher sind danach Druckwerke für die Hand
des Schülers, die dazu dienen, den Lehrplan eines Faches schulartbezogen in Zielen und Inhalten zu erfüllen; Schulbücher müssen
in der Regel gebunden sein (Abs. 1). Den Schulbüchern gleichgestellt sind folgende Druckwerke: Atlanten; Arbeitshefte für
die Hand des Schülers, die Schulbücher begleiten, ergänzen oder ersetzen; Ganzschriften und für den Schulgebrauch aufbereitete
Textsammlungen; Wörterbücher, fremdsprachliche Grammatiken und Nachlagewerke sowie Aufgaben-, Gesetzes-, Formularsammlungen
und Tafelwerke.
Ausgehend davon fallen Kopien von Arbeitsblättern zunächst nicht unter den Begriff der Schulbücher in diesem Sinne, weil es
sich nicht um gebundene oder diesen gleichgestellte Druckwerke gemäß § 2 SchulbuchzulassungsVO handelt. Sie sind indes nach
der Wertung in § 38 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SchulG den Schulbüchern gleichgestellt. Danach werden Schulbücher "ausnahmsweise ... zum Verbrauch überlassen, wenn Art und Zweckbestimmung
des Schulbuches eine Leihe ausschließen". Der Gesetzgeber geht sonach davon aus, dass zu den Schulbüchern nicht nur solche
Bücher zählen, die von mehreren Schülerjahrgängen genutzt werden, sondern auch schriftliche Vorlagen, die ihrer Art nach nur
eine einmalige Verwendung zulassen. Vor diesem Hintergrund gehören nicht nur schulbuchbegleitende, -ergänzende oder -ersetzende
Arbeitshefte (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 SchulbuchzulassungsVO), sondern ebenso Kopien von Arbeitsblättern für den Unterricht,
unabhängig davon, ob es sich um Kopien aus Schulbüchern, anderen Büchern oder von sonstigen zur Verwendung im Unterricht hergestellten
Arbeitsblättern handelt, zu den vom Schulträger zu stellenden Lernmitteln. Dafür sprechen nicht zuletzt die von den Schulleiterinnen
der Grund- und Mittelschule ............ erstinstanzlich abgegebenen Stellungnahmen vom 9. und 10. Dezember 2008. Danach sind
Kopien "im Rahmen der pädagogischen Freiheit" im Unterricht notwendig. Nicht alle Lehrbücher entsprächen dem aktuellen Lehrplan;
sie würden den differenzierten Aufgabenstellungen teilweise nur unzureichend gerecht. Kopien brächten "methodische Vielfalt
und Arbeitserleichterungen für die Schüler", würden zur "Visualisierung" eingesetzt und könnten Themen "lebensnaher machen
als umfangreiche Lehrbuchtexte". Der Einsatz von Kopien als Lernmittel sei an den Schulen "notwendige Praxis". Mithin ordnen
auch die Leiterinnen der betroffenen Schulen Kopien für den Unterricht den notwendigen Lernmitteln zu. Ihre an pädagogischen
und methodisch-didaktischen Notwendigkeiten orientierte Auswahl obliegt dem Schulleiter und den Fachlehrern bzw. Fachkonferenzen
(vgl. §§ 42 bis 44 SchulG). Diese legen fest, welche Lernmittel nach Maßgabe der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Unterricht zum
Einsatz kommen sollen. Insofern rechnen Kopien ebenso wie Schulbücher zum schulischen Bereich und sind den Schülern vom Schulträger
gemäß § 38 Abs. 2 SchulG unentgeltlich zu überlassen.
Soweit die Klägerin dem entgegenhält, § 38 Abs. 2 SchulG bestimme Art und Umfang der Lernmittelfreiheit abschließend, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Gegen ein derart eingeschränktes
Verständnis der Vorschrift spricht bereits ihr Wortlaut. § 38 Abs. 2 SchulG regelt die Modalitäten der Lernmittelfreiheit für Schulbücher, schließt jedoch nicht zwingend aus, dass auch andere Lernmittel,
wie Kopien, für Eltern und Schüler frei sind. Für ihre Auffassung kann die Klägerin ferner nichts aus der Entstehungsgeschichte
des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen vom 3. Juli 1991 herleiten. Soweit der Sächsische Landtag das Schulgesetz am 20.
Juni 1991, die Verfassung des Freistaates Sachsen vom 27. Mai 1992 hingegen am 26. Mai 1992 beschlossen hat, folgt aus diesem
zeitlichen Ablauf nicht, dass der Verfassungsgeber die Bestimmungen des Schulgesetzes, insbesondere zur Lernmittelfreiheit
in § 38 Abs. 2 SchulG, dergestalt in seinen Willen aufgenommen hätte, dass er die in Art. 102 Abs. 4 Satz 1 SächsVerf garantierte Lernmittelfreiheit über die dem Landesgesetzgeber in Art. 102 Abs. 5 SächsVerf erteilte
Ermächtigung, die nötigen Bestimmungen zur Umsetzung und näheren Ausgestaltung u. a. auch der Lernmittelfreiheit zu treffen,
auf den Regelungsgehalt des § 38 Abs. 2 SchulG und damit auf die dort ausdrücklich genannten notwendigen Schulbücher beschränken wollte. Hierfür bestehen keine greifbaren
Anhaltspunkte.
Wie die Protokolle des Verfassungs- und Rechtsausschusses des Sächsischen Landtags zur Verfassung des Freistaates Sachsen
(abgedruckt bei: Schimpff/Rühmann, Die Protokolle des Verfassungs- und Rechtsausschusses zur Entstehung der Verfassung des
Freistaates Sachsen, Band I) belegen, wurde die Frage der finanziellen Auswirkungen der Lernmittelfreiheit, wie sie bereits
in Art. 103 Abs. 4 Satz 1 des sog. Gohrischer Entwurfs (GE) vorgesehen war (vgl. Schimpff/Rühmann a. a. O., S. 285 ff., 347),
im Ausschuss mehrfach erörtert. In der 2. Klausurtagung vom 31. Januar bis 2. Februar 1991 äußerte der damalige Staatsminister
der Justiz Heitmann auf entsprechende Bedenken, "bei einer modernen Verfassung sei die Lernmittelfreiheit zu belassen" (vgl.
Schimpff/Rühmann a. a. O., S. 48 ff., 59). Dem Ausschuss lag der Entwurf des Ausschusses für Schule, Jugend und Sport des
Sächsischen Landtags vom 30. Januar 1991 vor, der einen eigenen Art. 105 unter der Überschrift "Schulgeldfreiheit" vorsah.
Danach sollte der Unterricht an öffentlichen Schulen unentgeltlich sein; über eine Lernmittelfreiheit sollte durch Landesgesetz
entschieden werden (vgl. Schimpff/Rühmann a. a. O., S. 208, 209). Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen des Sächsischen
Landtags schlug im Schreiben vom 5. März 1991 an den Verfassungs- und Rechtsausschuss vor, keine verfassungsmäßig garantierte
Lernmittelfreiheit in die Sächsische Verfassung aufzunehmen, sondern lediglich die Unentgeltlichkeit des Unterrichts an Schulen
in öffentlicher Trägerschaft (vgl. Schimpff/Rühmann a. a. O., S. 200, 201). Auch dieser Empfehlung ist der Verfassungs- und
Rechtsausschuss nicht gefolgt. In seiner 4. Klausurtagung am 16. und 17. März 1991 lehnte er die vom Ausschuss für Haushalt
und Finanzen vorgeschlagene Änderung "aus bildungspolitischen Gründen" ab (vgl. Schimpff/Rühmann a. a. O., S. 148 ff., 182,
183; s. auch Schreiben an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen vom 19. März 1991 a. a. O., S. 212, 213) und einigte sich
auf die Fassung von Art. 103 Abs. 4 Satz 1 GE. Art. 103 GE wurde sodann in der 8. Klausurtagung am 17. Februar 1992 unverändert
angenommen (vgl. Schimpff/Rühmann a. a. O., S. 550) und in dieser Fassung vom Sächsischen Landtag als verfassungsgebender
Versammlung als Art. 102 SächsVerf verabschiedet. Der Verlauf des verfassunggebenden Verfahrens wie die von den Beteiligten
im Verfahren abgegebenen Stellungnahmen sprechen somit dafür, dass der Verfassungsgeber die Garantie der Lernmittelfreiheit,
ungeachtet bereits bestehender einfachgesetzlicher Regelungen im Schulgesetz, in einem umfassenden Sinne verstanden hat. Eine
Beschränkung der Lernmittelfreiheit auf (notwendige) Schulbücher war gerade nicht gewollt.
Unabhängig davon wäre eine abweichende Beurteilung auch dann nicht veranlasst, wenn davon auszugehen wäre, dass § 38 Abs. 2 SchulG die Lernmittelfreiheit lediglich für Schulbücher regelt. Art. 102 Abs. 4 Satz 1 SächsVerf gewährleistet allen Schülern die kostenlose Unterrichtsteilnahme und kostenfreie Bereitstellung der Lernmittel
an Schulen in öffentlicher Trägerschaft (vgl. Baumann-Hasske a. a. O., Art. 102 Rn. 10). Auch wenn die Schulgeld- und Lernmittelfreiheit
unmittelbar geltendes Recht ist (so zur inhaltsgleichen Bestimmung des Art. 14 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg:
Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 14 Rn. 10), bedarf es nach Art. 102 Abs. 5 SächsVerf näherer
Regelungen durch Gesetz. Insbesondere kann und darf der einfache Gesetzgeber den Begriff des Lernmittels konkretisieren. Dies
ist durch § 38 Abs. 2 SchulG insofern geschehen, als der Schulträger verpflichtet wird, Schülern öffentlicher Schulen die notwendigen Schulbücher vorübergehend
(für die Dauer des Schuljahres) zum unentgeltlichen Gebrauch zu überlassen. Werden, wie hier gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SchulG, auch zum Verbrauch bestimmte Druckwerke, wie Arbeitshefte, von der Lernmittelfreiheit erfasst, gilt gleiches für Kopien
von Arbeitsblättern für den Unterricht. Auch hierbei handelt es sich um zum Verbrauch bestimmtes Lernmaterial; die Kopien
sind den Schülern vom Schulträger daher ebenfalls unentgeltlich zu überlassen.
Die Kopien gehören schließlich nicht zur zweckentsprechenden Ausstattung des Schülers für den Unterricht. Diese obliegt gemäß
§ 31 Abs. 1 Satz 2 SchulG den Eltern. Zur Ausstattung gehören dabei grundsätzlich all die Gegenstände, mit denen die Eltern ihr Kind für die Schule
ausstatten, d. h. die das Kind von zu Hause zum Unterricht in die Schule mitbringt. Die Kopien werden den Schülern hingegen
von der Schule als Lernmittel zur Verfügung gestellt und sind deshalb der Sphäre der Schule und damit dem Schulträger zuzuordnen.
Nach alledem fallen Kopien von Arbeitsblättern für den Unterricht in den Anwendungsbereich von § 38 Abs. 2 SchulG, wonach zum Verbrauch bestimmte Lernmittel wie Kopien den Schülern öffentlicher Schulen zu überlassen sind. Damit weisen
die maßgeblichen schulrechtlichen Bestimmungen keine "Lücke" auf, so dass ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der für
die Anfertigung der Kopien entstandenen Kosten unter entsprechender Heranziehung der Grundsätze der Geschäftsführung ohne
Auftrag nach §§
677 ff.
BGB ausscheidet.
b) Ein Erstattungsanspruch der Klägerin folgt ferner nicht aus den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs,
der den Ausgleich einer mit der Rechtslage nicht (mehr) übereinstimmenden Vermögenslage fordert, die ohne rechtfertigenden
Grund eingetreten ist. Eine Vermögensverschiebung zugunsten der Beklagten hat im Verhältnis zur Klägerin nach den vorstehenden
Ausführungen (zu 2. a) bereits nicht stattgefunden, wäre jedenfalls aber nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Der eingetretene
Vermögenszustand entspricht vielmehr der Gesetzeslage, nach der die Klägerin als Schulträger zur Gewährleistung der Lernmittelfreiheit
verpflichtet ist.
3. Die Verpflichtung der Klägerin aus § 38 Abs. 2 SchulG, Kopien von Arbeitsblättern den Schülern zu überlassen, wird, anders als die Klägerin meint, nicht durch einen allgemeinen
verfassungsunmittelbaren Finanzierungsvorbehalt eingeschränkt. Zwar hat der Anspruch auf Unentgeltlichkeit der Lernmittel
seine Grenze in der Verhältnismäßigkeit und der Leistungsfähigkeit des Staates; diese Begrenzung kann aber nicht dazu führen,
dass reguläre im Unterricht übliche Lernmittel, wie die hier in Rede stehenden Kopien, nicht unentgeltlich zur Verfügung gestellt
werden (vgl. Baumann-Hasske a. a. O., Art. 102 Rn. 12). Zudem hat die Klägerin nicht dargelegt und ist für den Senat auch
sonst nicht ersichtlich, dass ihre finanzielle Leistungsfähigkeit oder die der kommunalen Schulträger im allgemeinen bei Aufrechterhaltung
des Grundsatzes der Unentgeltlichkeit der Lernmittel auch für Kopien von Arbeitsblättern evident gefährdet wäre. Der Hinweis
der Klägerin darauf, die zusätzlichen Kosten beliefen sich auf rund 43 Mio. € und könnten aus den öffentlichen Haushalten
nicht gedeckt werden, genügt insoweit nicht.
4. Die Klage hat auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg. Das Verfahren ist nicht nach Art.
81 Abs.
1 Nr.
3 SächsVerf i. V. m. Art.
100 Abs.
1 GG auszusetzen und dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen vorzulegen. § 38 Abs. 2 SchulG ist, wie ausgeführt (zu 2.), mit Art. 102 Abs. 4 Satz 1 SächsVerf vereinbar. Die Vorschrift enthält keine vorliegend entscheidungserhebliche Einschränkung der Lernmittelfreiheit.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
154 Abs.
2 VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des §
132 Abs.
2 VwGO vorliegt.
Beschluss:
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 34,95 € festgesetzt.
Gründe
1.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG.
2.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).