Wirksamkeit des ehevertraglichen Ausschlusses von nachehelichem Unterhalt und Versorgungsausgleich bei Erkrankung des anderen
Ehegatten
Tatbestand:
Die Parteien streiten über das Scheidungsbegehren des Antragstellers und über die Wirksamkeit des von ihnen geschlossenen
Ehevertrags.
Der 1950 geborene Antragsteller und die 1952 geborene Antragsgegnerin schlossen miteinander am 25. März 1997 einen Ehe- und
Erbvertrag und am 4. April 1997 die Ehe. Der Vertrag enthält zu Scheidungsfolgen im Wesentlichen folgende Regelungen:
"1. Wir schließen hiermit den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft für unsere Ehe aus und wollen im Güterstand
der Gütertrennung gemäß §
1414 BGB leben. ...
2. Für den Fall der rechtskräftigen Scheidung unserer Ehe schließen wir hiermit die Durchführung des Versorgungsausgleichs
aus. Auch bei wesentlicher Veränderung der Verhältnisse soll diese Vereinbarung nicht gerichtlich abänderbar sein.
3. Für den Fall der rechtskräftigen Scheidung unserer Ehe verzichten wir hiermit wechselseitig auf jeglichen nachehelichen
Unterhalt, auch für den Fall der Not, und nehmen diesen Verzicht hiermit wechselseitig an.
Sollte aus unserer Ehe ein Kind hervorgehen, verliert dieser Unterhaltsverzicht seine Wirkung. In diesem Falle verbleibt es
vielmehr bei den gesetzlichen Regelungen. Soweit der Erschienenen zu 2. [Antragsgegnerin] wegen der Betreuung eines gemeinsamen
- auch adoptierten - minderjährigen Kindes im Falle einer späteren rechtskräftigen Scheidung der Ehe ein Ehegattenunterhaltsanspruch
nach den gesetzlichen Vorschriften zusteht, vereinbaren wir, dass als nachehelicher Unterhalt ein absoluter Höchstbetrag in
Höhe von DM 1.500,--/monatlich gelten soll. Dieser Höchstbetrag soll wertbeständig sein. Dieser Betrag ist daher im Falle
einer rechtskräftigen Scheidung unserer Ehe entsprechend dem Lebenshaltungskostenindex eines Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalts
mit mittlerem Einkommen (Basisjahr 1986 = 100) anzupassen, wobei als Stichtag des Beginns der Anpassung der Tag der Eheschließung
gelten soll und als Stichtag für die Anpassung des Höchstbetrags der Tag der Rechtskraft einer Scheidung."
Die Antragsgegnerin hatte bis Ende 1994 bei der Firma R. (Schweiz) mit einem Jahreseinkommen von ca. 150.000 DM gearbeitet
und bei Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses eine Abfindung von 100.000 DM erhalten. Im Zeitpunkt des Ehevertragsschlusses
betrieb sie ein Hemden- und Blusengeschäft in W.. Knapp drei Monate nach der Eheschließung verkaufte sie dieses Geschäft,
nachdem sie zu hohe Verluste erwirtschaftet hatte. Anschließend wurde sie "formell" als Arbeitnehmerin in einer der Gesellschaften
des Antragstellers angestellt und sozialversichert.
Der Antragsteller war bereits zuvor zweimal - beide Male mit derselben Frau - verheiratet; er ist Vater zweier aus dieser
Beziehung hervorgegangener Kinder. Gegenüber der früheren Ehefrau und den Kindern bestehen erhebliche Unterhaltslasten. Im
Zeitpunkt des Ehevertragschlusses sowie in der Folgezeit war er als Steuerberater tätig und erzielte Einnahmen aus selbständiger
und unselbständiger Tätigkeit. Außerdem war er bereits bei Eheschließung Eigentümer mehrerer Immobilien; während der Ehe hat
er mehrere Immobilien hinzuerworben und mehrere Lebensversicherungsverträge abgeschlossen.
Die Parteien trennten sich im ersten Halbjahr 2002, wobei der genaue Zeitpunkt streitig ist; spätestens seit dem 15. Mai 2005
leben sie endgültig getrennt. Im November 2002 wurde bei der Antragsgegnerin eine Lymphknotenkrebserkrankung festgestellt;
am 21. September 2004 wurde ein weiterer Knoten am Hals entfernt. Die Antragsgegnerin bezieht seit April 2005 eine Erwerbsunfähigkeitsrente
in Höhe von 939,78 EUR; zu einem möglichen in der Schweiz begründeten Rentenversicherungsanspruch hat sie keine Angaben gemacht.
Der Antragsteller hat den Widerruf des Erbvertrags erklärt. Die Antragsgegnerin hat den Ehevertrag wegen arglistiger Täuschung
angefochten. Sie wendet sich gegen die Scheidung ihrer Ehe; hilfsweise begehrt sie die Durchführung des Versorgungsausgleichs
und - im Wege der Stufenklage - nachehelichen Unterhalt.
Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden. Den von ihnen abgeschlossenen Ehevertrag hat es für wirksam angesehen.
Es hat festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht durchzuführen ist; die Unterhaltsklage hat es abgewiesen. Die hiergegen
gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Antragsgegnerin ihr
Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I. Das Oberlandesgericht ist - wie auch schon das Amtsgericht - zu Recht davon ausgegangen, dass die Ehe der Parteien gescheitert
und deshalb gemäß §
1565 Abs.
1 BGB zu scheiden ist.
Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe die Voraussetzungen der Härteklausel des §
1568 BGB nicht erörtert, obwohl die Antragsgegnerin im Hinblick auf ihre Krebserkrankung der Scheidung widersprochen habe. Damit dringt
sie nicht durch. Nach §
1568 BGB soll eine Ehe nicht geschieden werden, wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, aufgrund außergewöhnlicher
Umstände eine so schwere Härte bedeuten würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange
des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin hat
erklärt, dass sie der Scheidung zwar nicht zustimme, sich aber anderes für den Fall vorbehalte, dass ihre Unterhaltsansprüche
geregelt seien. Später hat sie vorgetragen, sie habe gegen den Scheidungsausspruch nur Berufung eingelegt, weil sie ohne gesicherten
Unterhalt nicht geschieden werden wolle. Damit hat die Antragsgegnerin aber unmissverständlich klargestellt, dass es ihr nicht
um die Aufrechterhaltung ihrer - von ihr selbst als "derzeit zerrüttet" bezeichneten - Ehe, sondern um ihre finanzielle Absicherung
im Scheidungsfall geht. Dem bloßen Interesse an der finanziellen Sicherstellung nach der Scheidung ist jedoch im Rahmen des
Scheidungsfolgenrechts - hier: bei der Inhaltskontrolle des Ehevertrags - Rechnung zu tragen; für sich allein kann dieses
Interesse die Aufrechterhaltung einer von beiden Ehegatten als gescheitert betrachteten Ehe nicht rechtfertigen.
II. Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin den Ehevertrag nicht wirksam nach §
123 BGB angefochten hat. Soweit der Antragsteller sie - nach ihrer Behauptung - zum Abschluss dieses Vertrages bewogen habe, um sie
hierdurch vor Ansprüchen seiner früheren Ehefrau zu schützen, sei nicht erkennbar, dass eine solche Erklärung die Antragsgegnerin
zu irgendeiner Rechtshandlung habe bewegen können.
Diese Auffassung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Auch wenn insoweit eine Täuschung vorgelegen haben sollte, fehlt es -
wie das Oberlandesgericht nicht verkennt - an deren Kausalität für den Abschluss des Ehevertrags. Der Antragsgegnerin muss
klar gewesen sein, dass sie mit dem Ehevertrag auf Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich und nachehelichen Unterhalt verzichtet.
Es ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, inwieweit sich dieser Verzicht in der Vorstellung der Antragsgegnerin
auf die vermeintliche Möglichkeit, von der früheren Ehefrau in Anspruch genommen zu werden, hätte auswirken können. Dies gilt
umso mehr, als der Versorgungsausgleich und der Unterhalt ausdrücklich "für den Fall der rechtskräftigen Scheidung" ausgeschlossen
worden sind. Dass die Antragsgegnerin von der Möglichkeit ausgegangen ist, auch noch nach einer Scheidung ihrer Ehe mit dem
Antragsteller Ansprüchen von dessen früherer Ehefrau ausgesetzt zu sein, erscheint fernliegend und wird auch von der Antragsgegnerin
nicht behauptet.
III. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der von den Parteien geschlossene Ehevertrag nicht sittenwidrig. Zwar hätten
die Parteien weitgehend nacheheliche Ansprüche, die teilweise auch den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts beträfen, ausgeschlossen.
Dennoch ergebe sich aus einer umfassenden Abwägung der besonderen Verhältnisse bei Abschluss des Vertrages kein Verstoß gegen
§
138 BGB.
Der Antragsteller habe bereits damals gegenüber seiner (ersten) Ehefrau und seinen Kindern erhebliche Unterhaltsschulden gehabt.
Die Antragsgegnerin sei bis Ende 1994 beruflich sehr erfolgreich gewesen. Der Umstand, dass das von ihr später - auch noch
bei Abschluss des Ehevertrages - betriebene Hemden- und Blusengeschäft wirtschaftlich nicht erfolgreich gewesen sei, falle
in ihre Risikosphäre und habe es für den Antragsteller nicht geboten, indirekt die Risiken dieses Geschäfts mit zu übernehmen.
Zudem seien beide Ehegatten bei Vertragsschluss 45 und 47 Jahre alt gewesen; damit sei bereits ein erheblicher Teil ihres
Berufslebens verstrichen gewesen, für dessen Ausgestaltung der eine Partner dem anderen nicht die Verantwortung aufbürden
könne. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin bei Vertragsschluss bereits über eigene Rentenanwartschaften, eine Lebensversicherung,
möglicherweise über einen Rentenanspruch gegenüber einem Schweizer Versorgungsträger sowie über den Vermögenswert verfügt
habe, den ihr - später immer noch mit einem Gewinn von 70.000 DM veräußerter - Geschäftsbetrieb verkörpert habe.
2. Auch diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Wie der Senat dargelegt hat (grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 ff. = FamRZ 2004, 601), darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen
durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige
und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die
hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines
Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die
Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung
bedürfen, je unmittelbarer die Vereinbarung der Ehegatten über die Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich
des Scheidungsfolgenrechts eingreift.
Dabei hat der Tatrichter zunächst - im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt
ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und
zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten
Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen
Regelungen treten (§
138 Abs.
1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere
also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf
die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf eventuelle Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten
Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen
Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen.
b) Diese Gesamtwürdigung hat das Oberlandesgericht in tatrichterlicher Verantwortung und ohne revisionsrechtlich bedeutsame
Fehler vorgenommen.
Umstände, die eine Zwangslage der Antragsgegnerin begründet oder diese aus anderen Gründen gehindert hätten, auf Abschluss
und Inhalt des Ehevertrags Einfluss zu nehmen, sind nicht festgestellt. Insbesondere war die Antragsgegnerin nicht, wie die
Revision geltend macht, bei Vertragsschluss erwerbslos. Vielmehr unterhielt sie zu diesem Zeitpunkt einen Gewerbebetrieb und
konnte, wie das Oberlandesgericht mit Recht hervorhebt, auf eine durchaus erfolgreiche Berufstätigkeit in der Schweiz zurückblicken.
Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin alsbald nach der Eheschließung ihren verlustreich gewordenen Gewerbebetrieb - immer
noch mit Gewinn - veräußerte, sagt über ihre künftigen Berufschancen im Zeitpunkt des Ehevertragsschlusses verlässlich nichts
aus. Über die mangelnde Rentabilität dieses Gewerbebetriebs musste sich die Antragsgegnerin, wie das Oberlandesgericht annimmt,
zwar schon damals im Klaren gewesen sein; die damaligen Vorstellungen der Antragsgegnerin über ihre berufliche Zukunft sind
jedoch, wie das Oberlandesgericht weiter ausführt, nicht bekannt. Insgesamt rechtfertigt der festgestellte Sachverhalt mithin
nicht den Schluss auf eine bereits bei Vertragsschluss bestehende und derart ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit
der Antragsgegnerin vom Antragsteller, dass von einer gravierenden Störung der Vertragsparität ausgegangen und dem Ehevertrag
der Parteien schon deshalb gemäß §
138 Abs.
1 BGB die Anerkennung der Rechtsordnung versagt werden müsste.
Auch der Inhalt der von den Parteien getroffenen Vereinbarung vermag den Vorwurf eines Verstoßes gegen die guten Sitten nicht
zu begründen. Wie der Senat dargelegt hat (BGHZ 158, 81, 97), ist bei der gebotenen Ausrichtung am Kernbereich der Scheidungsfolgen für deren Disponibilität eine Rangabstufung zu
beachten, die sich vorrangig danach bemisst, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten
in seiner jeweiligen Lage haben.
aa) Zum Kernbereich der Scheidungsfolgen gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§
1570 BGB). Dessen vertragliche Limitierung kann hier jedoch unberücksichtigt bleiben, da für eine Absicht der Ehegatten, eine Familie
mit gemeinsamen Kindern zu begründen, nichts ersichtlich ist und eine solche Absicht im Hinblick auf das Alter der Parteien
im - maßgebenden - Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch nicht naheliegend erscheint. Zwar wird im Ehevertrag ein etwaiger
Betreuungsunterhalt der Antragsgegnerin - auch für den Fall der Adoption eines Kindes - erörtert und der Höhe nach limitiert.
Diese Regelung mag auf der besonderen Vorsicht des beurkundenden Notars beruhen oder gängigen Vertragsmustern entnommen sein.
Jedenfalls ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass die Parteien die Adoption eines Kindes in ihre künftige Lebensplanung
einbezogen oder auch nur erwogen hätten. Auf die Frage, ob die hier vorgesehene höhenmäßige Begrenzung eines etwaigen Betreuungsunterhaltsanspruchs
mit §
138 Abs.
1 BGB vereinbar ist, kommt es deshalb nicht an (vgl. im übrigen Senatsurteil vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1447: Sittenwidrigkeit einer summenmäßigen Limitierung des Betreuungsunterhalts "allenfalls dann, wenn die vertraglich vorgesehene
Unterhaltshöhe nicht annähernd geeignet ist, die ehebedingten Nachteile ... [des Kinder betreuenden Ehegatten] auszugleichen";
dazu auch Senatsurteil vom 5. Juli 2006 - XII ZR 25/04 - FamRZ 2006, 1359, 1362).
bb) Dem Unterhalt wegen Alters oder Krankheit (§§
1571,
1572 BGB), den die Parteien hier ebenfalls ausgeschlossen haben, misst das Gesetz zwar als Ausdruck nachehelicher Solidarität besondere
Bedeutung bei. Das schließt, wie der Senat ausgeführt hat (BGHZ 158, 85, 97), eine vertragliche Disposition über diese Unterhaltsansprüche jedoch nicht schlechthin aus. Auch im vorliegenden Fall
bestehen gegen den Ausschluss dieser Unterhaltsansprüche - unter dem Gesichtspunkt des §
138 Abs.
1 BGB - keine Bedenken. Das ergibt sich bereits daraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Parteien noch gar nicht
absehbar war, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten die Antragsgegnerin wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig
werden könnte (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 238/03 - FamRZ 2005, 691, 692). Hinsichtlich des Altersunterhalts ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses
bereits 45 und 47 Jahre alt, mithin in einem Lebensabschnitt waren, in dem ein nicht unwesentlicher Teil der Altersversorgung
üblicherweise bereits erworben ist (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 238/03 - FamRZ 2005, 691, 692). Außerdem war die Antragsgegnerin bei Ehevertragsschluss erwerbstätig und damit in der Lage, für ihr Alter Vorsorge
zu treffen. Dass bereits bei Ehevertragschluss in Aussicht genommen war, das Erwerbsgeschäft der Antragsgegnerin zu veräußern,
ist nicht festgestellt und im Hinblick auf deren sich daran anschließende Anstellung in einer Gesellschaft des Antragstellers,
die ihr den Eintritt in die Sozialversicherung verschaffte, auch ohne Belang.
cc) Auch gegen den Ausschluss des Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit sind unter dem Gesichtspunkt des §
138 Abs.
1 BGB Bedenken nicht zu erheben. Zum einen erscheint, wie der Senat (BGHZ 158, 81, 97) ausgeführt hat, dieser Unterhaltstatbestand nachrangig, weil das Gesetz das Arbeitsplatzrisiko ohnehin auf den Berechtigten
verlagert, sobald dieser einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz gefunden hat (§
1573 Abs.
4, vgl. auch §
1573 Abs.
5 BGB). Zum andern dient dieser Unterhaltsanspruch dem Ausgleich beruflicher Nachteile, die ein Ehegatte um der Ehe willen in Kauf
genommen hat und die deshalb im Scheidungsfall auf beide Ehegatten verteilt werden sollen. Aus dem Vortrag der Antragsgegnerin
ist nicht ersichtlich, dass sie - nach den maßgebenden Vorstellungen der Parteien bei Vertragsschluss - solche ehebedingten
Nachteile auf sich nehmen sollte.
dd) Der von den Parteien vereinbarte Verzicht auf Aufstockungsunterhalt und auf Billigkeitsunterhalt (§§
1573 Abs.
2,
1576 BGB) rechtfertigt, wie der Senat dargelegt hat, schon nach der Bedeutung dieser Unterhaltstatbestände im System des Scheidungsfolgenrechts
das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 98).
ee) Für die Vereinbarung des Wahlgüterstands der Gütertrennung gilt nichts anderes (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 98 f.), und zwar auch dann, wenn ein Ehegatte - entsprechend den gemeinsamen Vorstellungen der Parteien bei Vertragsschluss
- in der Ehe einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und deshalb kein im Versorgungsausgleich auszugleichendes
Versorgungsvermögen erworben hat (Senatsurteil vom 17. Oktober 2007 - XII ZR 96/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).
ff) Der Versorgungsausgleich ist - als gleichberechtigte Teilhabe beider Ehegatten am beiderseits erworbenen Versorgungsvermögen
- einerseits dem Zugewinnausgleich verwandt und wie dieser ehevertraglicher Disposition grundsätzlich zugänglich (§
1408 Abs.
2, §
1587 o
BGB). Er ist jedoch andererseits als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen; von daher steht er einer vertraglichen Abbedingung
nicht schrankenlos offen. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden
wie ein Verzicht auf Altersunterhalt (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 98; Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 110/99 - FamRZ 2005, 26, 27 und - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 187). Der vereinbarte Ausschluss des Unterhalts wegen Alters lässt den Ehevertrag der Parteien aber - wie bereits ausgeführt
- nicht als sittenwidrig erscheinen; die dort dargelegten Gründe (Alter der Ehegatten bei Vertragsschluss; möglicher Ausbau
einer eigenen Altersversorgung der Antragsgegnerin durch deren eigene Erwerbstätigkeit und deren sozialversicherungsrechtliche
Absicherung durch die Anstellung in einer Gesellschaft des Antragstellers) gelten für den vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleichs
entsprechend.
gg) Auch aus dem Zusammenwirken der ehevertraglichen Regelungen (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 238/03 - FamRZ 2005, 691, 693) lässt sich deren Sittenwidrigkeit nicht herleiten. Ehebedingte Nachteile, die die Antragsgegnerin belasten und von
daher einen Ausgleich erfordern würden, waren hier im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht zu erwarten. Der Gedanke nachehelicher
Solidarität wird durch die Abbedingung der einzelnen Scheidungsfolgen, wie ausgeführt, nicht verletzt. Auch in ihrer Gesamtheit
geben die vertraglichen Regelungen - angesichts des Alters und der Lebensstellung der Parteien bei Vertragsschluss - für eine
solche Verletzung nachehelicher Solidarität nichts her.
IV. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die Berufung des Antragstellers auf den vertraglichen Ausschluss von nachehelichem
Unterhalt und Versorgungsausgleich auch nicht rechtsmissbräuchlich (§
242 BGB). Denn die Antragsgegnerin habe nicht dargetan, dass die einvernehmliche Ausgestaltung des Ehelebens von den gemeinsamen
Vorstellungen bei Vertragsschluss erheblich abgewichen sei.
Das Vorbringen der Antragsgegnerin, sie sei nach der Aufgabe ihres Gewerbebetriebs nicht weiter erwerbstätig gewesen, um den
gemeinsamen Haushalt der Parteien führen und den Sohn des Antragstellers betreuen zu können, sei nicht überzeugend. Ihr Geschäft
habe sie aus wirtschaftlichen Gründen verkaufen müssen. Der Sohn des Antragstellers sei damals bereits 14 Jahre alt gewesen,
habe ein Internat besucht und sei - insbesondere während der Woche - nicht betreuungsbedürftig gewesen; zudem sei er wegen
erheblicher Differenzen mit der Antragsgegnerin immer weniger nach Hause gekommen. Auch der eheliche Haushalt habe - im Hinblick
auf die intensive Berufstätigkeit des Antragstellers und die Beschäftigung einer Haushaltshilfe - eine weitere eigene Berufstätigkeit
der Antragsgegnerin nicht ausgeschlossen.
Die durch die schlechte Ertragslage bedingte Aufgabe des Geschäftsbetriebs der Antragsgegnerin habe sich bereits bei Abschluss
des Ehevertrags abgezeichnet. Auch die Einschränkung von Arbeitsmarktchancen, wie sie sich üblicherweise aus zunehmendem Alter
ergeben könne, habe bereits damals vorgelegen. Zudem könnten derartige Nachteile, die sich aus der bereits vor der Eheschließung
bestehenden Lebenssituation eines Ehegatten ergäben, durch Vereinbarung - ohne Verstoß gegen Treu und Glauben - von der nachehelichen
Verantwortung der Ehegatten füreinander ausgenommen werden.
Auch die Erkrankung der Antragsgegnerin hindere den Antragsteller nicht, sich auf den vereinbarten Unterhaltsausschluss wegen
Krankheit zu berufen. Denn die Antragsgegnerin habe keine ehebedingten wirtschaftlichen Nachteile erlitten; auch verfüge sie
über - wirkliche oder doch erzielbare - Einkünfte in Höhe des angemessenen Selbstbehalts. Mangels ehebedingter wirtschaftlicher
Nachteile der Antragsgegnerin sei auch die Berufung auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht treuwidrig. Die Antragsgegnerin
sei nach Aufgabe ihres Geschäfts "pro forma" in einer Gesellschaft des Antragstellers versicherungspflichtig beschäftigt gewesen;
dass sie ohne die Heirat höhere Beiträge zur Rentenversicherung hätte einzahlen können, habe sie nicht vorgetragen. Hinzu
komme, dass der Antragsteller während der Ehe ausschließlich Beiträge zu Kapitallebensversicherungen geleistet habe, so dass
die Antragsgegnerin bei Durchführung des Versorgungsausgleichs ausgleichspflichtig wäre.
2. Auch diese Ausführungen sind im Ergebnis frei von Rechtsirrtum.
a) Wie der Senat wiederholt dargelegt hat, muss der Tatrichter, wenn ein Ehevertrag - wie hier - Bestand hat, im Rahmen der
Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn
er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass
diese durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (§
242 BGB; grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81, 100 f.). Für diese Prüfung sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist
vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge
eine unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche
Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend
abweicht.
b) Eine solche Abweichung liegt hier nicht in der Aufgabe des von der Antragsgegnerin zum Beginn der Ehe geführten Gewerbebetriebs,
dessen mangelnde Rentabilität nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts schon bei Abschluss des Ehevertrags erkennbar
war. Sie kann auch nicht in der von der Antragsgegnerin behaupteten Betreuung des Sohnes des Antragstellers gefunden werden.
Das Oberlandesgericht hat das Vorbringen der Antragsgegnerin insoweit für nicht überzeugend erachtet und auf das Alter des
Sohnes, dessen Unterbringung in einem Internat und die zwischen dem Sohn und der Antragsgegnerin bestehenden Spannungen hingewiesen.
Diese tatrichterliche Würdigung lässt revisionsrechtlich bedeutsame Fehler nicht erkennen; auch die Revision erinnert hiergegen
nichts. Auch die von der Antragsgegnerin wahrgenommene Führung des gemeinsamen Haushalts begründet keinen Umstand, der die
Berufung des Antragstellers auf den vereinbarten Ausschluss von nachehelichem Unterhalt und Versorgungsausgleich als rechtsmissbräuchlich
erscheinen ließe. Dabei kann dahinstehen, ob - wie das Oberlandesgericht meint - die Übernahme von Haushaltsführungsaufgaben
im Hinblick auf die Beschäftigung einer Haushaltshilfe und die intensive Berufstätigkeit des Antragstellers unnötig war, jedenfalls
aber eine gleichzeitige Berufstätigkeit der Antragsgegnerin nicht ausschloss. Entscheidend ist, ob die Parteien sich in Abweichung
von ihren Vorstellungen bei Abschluss des Ehevertrags zumindest konkludent darauf verständigt haben, dass die Ehefrau künftig
auf eine ihr tatsächlich mögliche Erwerbstätigkeit verzichten und sich statt dessen nur dem gemeinsamen Haushalt widmen solle.
Dies ist indes weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
c) Eine grundlegende Abweichung der tatsächlichen Lebenssituation von den beim Vertragschluss zugrunde gelegten Lebensumständen
hat das Oberlandesgericht dagegen zu Recht in der Erkrankung der Antragsgegnerin gesehen.
Dem lässt sich nicht schon mit der Erwägung begegnen, dass die Berufung auf den Ausschluss von Unterhalt und Versorgungsausgleich
hier schon deshalb nicht rechtsmissbräuchlich sein könne, weil sich mit der Erkrankung der Antragsgegnerin (nur) ein Risiko
verwirklicht habe, das die Parteien durch ihre - rechtswirksame - Vereinbarung gerade aus der gemeinsamen nachehelichen Verantwortung
füreinander ausgenommen haben. Denn zum einen ist abzuwägen, ob und inwieweit sich der Ausschluss dieser Scheidungsfolgen
im Hinblick auf Art und Schwere der Krankheit und die mit ihr einhergehende Veränderung der Lebensumstände nunmehr für die
Antragsgegnerin konkret als eine einseitige Lastenverteilung darstellt, die sie nach Treu und Glauben nicht hinnehmen muss.
Diese Frage kann, wie der Senat dargelegt hat (vgl. BGHZ 158, 85, 101), nur unter Berücksichtigung der Rangordnung der Scheidungsfolgen beantwortet werden. Zum andern ist zu berücksichtigen,
dass die Ausübungskontrolle auch bei Unzumutbarkeit dieser Lastenverteilung nicht zur Unwirksamkeit des vertraglichen Ausschlusses
von Scheidungsfolgen führt, sondern nur eine Vertragsanpassung bewirkt. Mit dieser Vertragsanpassung kann dem vom Ausschluss
begünstigten Ehegatten nicht auf dem Weg über §
242 BGB ein von der nachehelichen Verantwortung füreinander ausgeschlossenes, weil etwa in der Lebenssphäre des anderen Ehegatten
begründetes Risiko aufgebürdet werden; es kann lediglich verhindert werden, dass der andere Ehegatte durch den Ausschluss
von Scheidungsfolgen ehebedingte Nachteile erleidet, die als Konsequenzen der gescheiterten gemeinsamen Lebensplanung nach
Treu und Glauben von beiden Ehegatten gemeinsam zu tragen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 187; vgl. auch Senatsurteil vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1448).
Ob die Art und Schwere der Erkrankung der Antragsgegnerin und die damit einhergehende Veränderung ihrer Lebensumstände den
Antragsteller hier nach §
242 BGB hindern könnten, sich - unter Berücksichtigung des Rangs von Unterhalt und Versorgungsausgleich im System der Scheidungsfolgen
- auf deren vertraglichen Ausschluss zu berufen, kann dahinstehen. Jedenfalls würde eine nach Treu und Glauben gebotene Vertragsanpassung,
wie dargelegt, nur sicherstellen, dass die Antragsgegnerin nicht einseitig mit ehebedingten Nachteilen belastet bleibt. Es
ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Antragsgegnerin ehebedingt - also im Zusammenhang mit der gemeinsamen
Lebensplanung - wirtschaftliche Risiken auf sich genommen hat, die sich nunmehr - nach dem Scheitern der Ehe, aufgrund ihrer
Erkrankung und als Folge des Verzichts auf Unterhalt und Versorgungsausgleich - als eine einseitige Belastung erweisen. Nach
den Festsstellungen des Oberlandesgerichts stünde sich die Antragsgegnerin ohne die Eheschließung mit dem Antragsgegner wirtschaftlich
nicht besser als sie sich jetzt tatsächlich steht. Im Hinblick auf das Unterhaltsbegehren der Antragsgegnerin stellt das Oberlandesgericht
auf die Erwerbsunfähigkeitsrente sowie weitere erzielte oder doch erzielbare Einkünfte der Antragsgegnerin ab; es veranschlagt
- von der Revision nicht beanstandet - deren monatliches Gesamteinkommen mit mindestens 1.100 EUR. Hinsichtlich des Versorgungsausgleichsverlangens
der Antragsgegnerin verweist das Oberlandesgericht auf deren "pro forma" Anstellung in einer Firma des Antragsgegners, mit
deren Hilfe die Antragsgegnerin nach der Aufgabe ihres Gewerbebetriebs Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung
erworben habe. Es sei nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin ohne die Eheschließung höhere Rentenanwartschaften hätte
erwerben können.
Diese Erwägungen sind im Ergebnis nicht zu beanstanden: Entscheidend ist dabei nicht, ob die Erkrankung der Antragsgegnerin
und die damit einhergehende Erwerbsunfähigkeit der Antragsgegnerin ehebedingt sind. Maßgebend ist vielmehr, ob die sich aufgrund
der Erkrankung ergebende wirtschaftliche Situation der Antragsgegnerin ihrerseits einen ehebedingten Nachteil darstellt. Davon
kann hier nicht ausgegangen werden. Aufgrund ihrer Erkrankung bezieht die Antragsgegnerin (zumindest: eine) Erwerbsunfähigkeitsrente.
Dass ihre Renteneinkünfte ohne die Eheschließung mit dem Antragsteller höher ausgefallen wären, wird auch von der Antragsgegnerin
selbst nicht geltend gemacht. Damit sind ehebedingte Nachteile, denen im Rahmen des §
242 BGB Rechnung getragen werden könnte, nicht ersichtlich; auf die Rüge der Revision, das Oberlandesgericht habe vom Antragsteller
aus unselbständiger Tätigkeit erworbene Rentenanrechte unberücksichtigt gelassen, kommt es nicht an. Für einen der Antragsgegnerin
im Wege der Ausübungskontrolle (§
242 BGB) zuzuerkennenden Unterhalts- oder Versorgungsausgleichsanspruch ist nach allem kein Raum.