Abtretung des Anspruchs auf Rückgewähr eines Geschenks wegen Bedürftigkeit
Tatbestand:
Die klagende Stadt leistete für die Betreuung des Vaters der Beklagten in einem Pflegeheim von März 1989 bis zu seinem Tod
am 6. März 1992 Sozialhilfe in Höhe von mehr als 50.000 DM. Sie fordert von der Beklagten gemäß §
528
BGB die Rückzahlung eines Geldbetrages von 47.000 DM, den die Beklagte am 14. August 1986 von ihrem Vater geschenkt erhalten
hatte.
Für ihre Aktivlegitimation beruft sich die Klägerin in erster Linie auf Abtretung. Im Hinblick auf die von der Klägerin übernommenen
Heimpflegekosten trat der durch einen Vermögenspfleger vertretene Vater am 3. Juli 1990 den Anspruch aus §
528
BGB auf Zahlung von 47.000 DM nebst Zinsen mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts an die Klägerin ab, behielt sich jedoch
die Durchsetzung und Einziehung des Betrages vor. Am 6. Juni 1991 vereinbarte der Pfleger mit der Klägerin, daß sie nunmehr
uneingeschränkt auch zur Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs aktivlegitimiert sei. Diese Vereinbarung wurde mit vormundschaftsgerichtlicher
Genehmigung vom 20. Juni 1991 und deren Mitteilung an die Klägerin wirksam. Nachdem die Beklagte im Berufungsrechtszug geltend
gemacht hatte, der Anspruch aus §
528
BGB sei nicht abtretbar, leitete die Klägerin den Anspruch vorsorglich durch Bescheid vom 15. September 1993, also erst nach
dem Tod des Vaters, gemäß § 90
BSHG auf sich über. Die Beklagte war von ihrem Vater als Alleinerbin eingesetzt worden, hat die Erbschaft aber ausgeschlagen.
Die Beklagte beruft sich auf §
818 Abs.
3
BGB. Sie trägt dazu vor, nach dem Tod der vorverstorbenen Mutter habe der Vater ihr das Geld geschenkt, weil sie sich um ihn
und seine verstorbene Frau, insbesondere aber auch um ihre beiden behinderten Brüder gekümmert habe. Er habe dabei erklärt,
er brauche das Geld nicht mehr, sie und ihre Familie sollten sich auch mal etwas gönnen. Daraufhin habe sie vor allem Reisen
unternommen, Seminare (z.B. für Esoterik, Astrologie u.a.) besucht und ihre Lebenshaltung aufgebessert, wie sie und ihr Ehemann
sich dies zuvor nicht hätten leisten können. Das geschenkte Geld sei bereits Anfang 1989 verbraucht gewesen.
Das Landgericht hat der Klage nur in Höhe von 23.500 DM nebst 4% Verzugszinsen seit dem 28. Mai 1990 stattgegeben. Das Berufungsgericht
hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I. Allerdings hält das Berufungsgericht die Klägerin mit Recht aufgrund der Abtretung (§
398
BGB) für aktivlegitimiert.
1. Das Berufungsgericht weist die Auffassung zurück, der Anspruch aus §
528
BGB könne im Hinblick auf §§
399,
400
BGB nicht abgetreten werden, jedenfalls nicht an andere als die in §
528 Abs.
1 Satz 1
BGB genannten Unterhaltsgläubiger des Schenkers. Der Zweck des Anspruchs aus §
528
BGB, das verschenkte Vermögen des bedürftig gewordenen Schenkers für dessen Unterhalt zu verwerten, bleibe vielmehr auch dann
gewahrt, wenn die Leistung statt an den Schenker an eine Person erfolge, die für dessen Unterhalt in Vorlage getreten ist
wie die Klägerin im vorliegenden Fall. Zur Klärung u.a. dieser Frage hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen.
2. §
400
BGB steht der Wirksamkeit der Abtretung jedenfalls im vorliegenden Fall nicht entgegen.
a) Der Anspruch aus §
528
BGB ist gemäß §
852
ZPO der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Daraus wird geschlossen, daß
der Anspruch aus §
528
BGB gemäß §
400
BGB auch nicht abgetreten werden könne (MK/Kollhosser,
BGB 2. Aufl. §
528 Rdn. 4; RGRK-BGB/Mezger, 12. Aufl. § 528 Rdn. 6).
Für das Vollstreckungsrecht geht §
852
ZPO jedoch davon aus, daß der Anspruch aus §
528
BGB abtretbar sei. Sonst hätte es insoweit keiner Ergänzung zu §
851
ZPO bedurft. §
852
ZPO schützt lediglich die Entscheidungsfreiheit des Berechtigten, ob er den Anspruch aus §
528
BGB geltend machen will, macht diesen Anspruch aber nicht zu einem höchstpersönlichen Recht (zu dem eingeschränkten Zweck des
§
852
ZPO vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - IX ZR 116/92 - BGHR
ZPO §
852 Abs.
1 Pfändung 1). Deshalb wird in der vollstreckungsrechtlichen Literatur der Anspruch aus §
528
BGB für abtretbar gehalten (vgl. etwa, jeweils m.w.N., Stein/Jonas/Münzberg,
ZPO 20. Aufl. §
852 Rdn. 7; MK/Smid,
ZPO §
852 Rdn. 3).
b) Für die Entscheidung des vorliegenden Falles ist eine abschließende Stellungnahme zu der aufgezeigten Streitfrage nicht
erforderlich (vgl. insbesondere Wüllenkemper JR 1988, 353, 356). §§
852
ZPO,
400
BGB stehen jedenfalls der Abtretung des Anspruchs aus §
528
BGB an die Klägerin hier nicht entgegen.
Denn §
400
BGB greift nach ständiger Rechtsprechung wegen seines Zwecks, das durch Pfändungsschutzvorschriften gewährleistete Existenzminimum
auch gegen den Willen des Geschützten zu erhalten, dann nicht ein, wenn der Zedent vom Zessionar eine wirtschaftlich gleichwertige
Leistung erhält (BGHZ 59, 109, 115; BGH, Urteil vom 24. September 1987 - III ZR 49/86 - NJW 1988, 819, 820 unter III 2; BAG NJW 1980, 1642, 1652 unter D 1). Deshalb ist §
400
BGB jedenfalls unanwendbar, wenn der Anspruch aus §
528
BGB wie hier im Hinblick darauf abgetreten wird, daß der Abtretungsempfänger den vollen Gegenwert schon als Unterhalt für den
bedürftig gewordenen Schenker geleistet hat und ihm auch weiterhin Unterhalt gewährt.
Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatten die Leistungen der Klägerin hier
bereits im Mai 1991, also vor der endgültigen Abtretung vom 6. Juni 1991, die volle Höhe des Geschenks von 47.000 DM erreicht.
3. Die Abtretung verstößt im vorliegenden Fall auch nicht gegen §
399 1. Alt.
BGB.
§
528 Abs.
1 Satz 1
BGB soll den Schenker in die Lage versetzen, seinen Unterhalt selbst zu bestreiten (BGHZ 96, 380, 382; Senat, Urteil vom 13. Februar 1991 - IV ZR 108/90 - NJW 1991, 1824 unter 2). Im Hinblick auf diese Zweckbestimmung könnte fraglich sein, ob eine Abtretung des Anspruchs, wenn sie der Erfüllung
einer beliebigen Verbindlichkeit des Schenkers dient, eine Veränderung des Inhalts der von §
528
BGB geforderten Leistung zur Folge hat. Die Vertreter dieser Ansicht halten nur eine Abtretung zur Erfüllung der in §
528 Abs.
1 Satz 1
BGB genannten Unterhaltspflichten des Schenkers gegenüber seinen Verwandten und seinem Ehegatten für zulässig (Wüllenkemper JR
1988, 353, 357f.; Palandt/Putzo,
BGB 53. Aufl. §
528 Rdn. 4; OLG München NJW-RR 1993, 250).
Wenn die Herausgabe des Geschenks an einen anderen als den Schenker (oder die in §
528 Abs.
1 Satz 1
BGB genannten Unterhaltsgläubiger) als eine andere Leistung anzusehen sein sollte als die Herausgabe an die Bedürftigen selbst,
ließe sich diese Auffassung nur darauf stützen, daß der von §
528
BGB bezweckte Leistungserfolg einer Sicherung des Unterhalts dieser Personen nicht erreicht wird. Davon kann jedenfalls dann
keine Rede sein, wenn die Abtretung wie hier nur deshalb erfolgt, weil der Zessionar mit dem Unterhalt für den Zedenten bereits
in Höhe des abgetretenen Betrages in Vorlage getreten ist und dessen Unterhalt weiterhin sicherstellt. Auch wenn das Geschenk
erst nach dem Tod des Schenkers und Sozialhilfeempfängers an den Träger der Sozialhilfe zurückgewährt wird, bleibt der Zweck
des Anspruchs aus §
528 Abs.
1 Satz 1
BGB gewahrt (BGHZ 96, 380, 382; BGHZ 123, 264ff. = ZEV 94, 49 m. Anm. Kollhosser).
4. Im übrigen läßt § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG die Überleitung eines Anspruchs ausdrücklich selbst dann zu, wenn der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet
werden kann. Ein derartiges Hindernis könnte deshalb auch einer Abtretung an einen Träger der Sozialhilfe nicht entgegenstehen,
der zu einer Überleitung des abgetretenen Anspruchs befugt ist. § 90
BSHG macht die Abtretung zwar entbehrlich, untersagt sie aber nicht. Der Träger der Sozialhilfe darf eine Abtretung nur dann nicht
verlangen, wenn er sich dadurch weitergehende Erstattungsmöglichkeiten erschließen würde, als sie ihm durch § 90
BSHG eröffnet sind (BGH, Urteil vom 16. März 1994 - XII ZR 225/92 - NJW 1994, 1733, 1734 unter 2 b m.w.N.). Daß der Anspruch aus §
528
BGB gemäß § 90
BSHG übergeleitet werden kann, steht außer Frage.
5. Der Anspruch aus §
528 Abs.
1 Satz 1
BGB ist hier noch zu Lebzeiten des Schenkers in vollem Umfang entstanden und wirksam an die Klägerin abgetreten worden. Er entfällt
daher nicht durch den Tod des Schenkers (BGHZ 96, 380, 382; 123, 264 ff.).
Danach kommt es auf die Wirksamkeit der Überleitung hier nicht mehr an.
II. Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihre Vermögens-
und Einkommensverhältnisse sowie ihren üblichen Lebenszuschnitt vor und nach Erhalt des Geldgeschenks nicht hinreichend dargelegt;
daher lasse sich nicht feststellen oder schätzen, ob die Beklagte mit weniger als 23.500 DM bereichert sei, zu deren Rückzahlung
sie vom Landgericht verurteilt worden ist. Damit überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen an die Substantiierungspflicht
der Partei und wird seiner Aufgabe nicht gerecht, den Sachverhalt durch Beweiswürdigung und eventuell ergänzende Beweisaufnahme
aufzuklären (§
286
ZPO).
1. Die Beklagte hat ihrer Darlegungspflicht genügt.
a) Sie trägt für den Einwand, sie sei nicht mehr bereichert (§
818 Abs.
3
BGB), die Beweislast (BGHZ 118, 383, 387f.). Für ihren Sachvortrag genügt die Behauptung von Tatsachen, die in Verbindung mit dem genannten Rechtssatz geeignet
und erforderlich sind, den geltend gemachten Einwand als entstanden anzusehen; die Angabe näherer Einzelheiten ist nur erforderlich,
wenn ohne sie die Rechtserheblichkeit des Vorbringens etwa unter Berücksichtigung des gegnerischen Tatsachenvortrags nicht
beurteilt werden kann (so zum Klagevorbringen BGH, Urteil vom 23. April 1991 - X.ZR 77/89 - NJW 1991, 2707, 2709 unter II 4 b aa; Urteil vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90 - NJW 1992, 1967, 1968 unter II 3 b).
b) Die Beklagte hat vorgetragen, daß alle von ihr im einzelnen aufgeführten Feiern, Reisen und Seminaraufenthalte sowie die
Ausgabe von weiteren ca. 8.000 DM für Kleidung, Betten und gelegentliche Aufbesserungen der Haushaltskasse unterblieben wären,
wenn sie nicht - ganz oder im Fall des Urlaubs in Lanzarote im Januar 1989 wenigstens zum Teil noch - von dem in einer Kassette
zu Hause griffbereiten Geld hätten bezahlt werden können, das der Vater ihr geschenkt hatte. Außerdem hat sie vorgetragen,
daß sie vor Erhalt des Geschenks in der gesamten Zeit ihrer Ehe von 1959 bis 1986 nur zweimal mit ihrem Mann nach Jugoslawien
in Urlaub gefahren sei und für Seminare nicht mehr als jeweils 200 DM ausgegeben habe. Sie hätten insbesondere seit Fertigstellung
ihres Hauses im Jahre 1982 wegen des hohen Abtrags sehr eingeschränkt gelebt. Ihr Ehemann, von Beruf Heizungsbauer, habe zeitweise
wegen Kurzarbeit weniger verdient. Die Beklagte hat belegt, daß Sondertilgungen auf die Kredite für das Haus nicht erfolgt
sind.
c) Damit hat die Beklagte hinreichend dargelegt, daß der geschenkte Geldbetrag ersatzlos und ohne Ersparnis an anderer Stelle
bis Anfang 1989 verbraucht worden ist. Zu berücksichtigen ist nämlich, daß nach der Lebenserfahrung insbesondere bei unteren
und mittleren Einkommen Geldbeträge, die zusätzlich zur Verfügung stehen und aus denen keine Rücklagen oder andere Vermögensvorteile
gebildet worden sind, zur Verbesserung des Lebensstandards ausgegeben werden, selbst wenn dies nicht im einzelnen belegt werden
kann (BGHZ 118, 383, 388f.). Es kommt auch nicht darauf an, ob die geltend gemachten außergewöhnlichen Ausgaben unmittelbar von dem geschenkten
Geld bezahlt worden sind oder von dadurch ersparten anderen Mitteln, die sonst aber nicht zur Verfügung gestanden hätten.
Der Vortrag der Beklagten ist auch nicht im Hinblick auf das Gegenvorbringen der Klägerin unklar geworden. Diese hat die Behauptungen
der Beklagten zur Verwendung des geschenkten Geldes zwar im einzelnen bestritten, aber keine entgegenstehenden Tatsachen vorgetragen.
Über die streitigen Tatsachen kann ohne unzulässige Ausforschung Beweis erhoben werden.
2. Die Beklagte hat sich auch in zweiter Instanz zum Beweis ihres Vortrags auf ihren schon vom Landgericht vernommenen Ehemann
berufen. Mit dessen Aussage setzt sich das Berufungsgericht nicht auseinander. Daß das Berufungsgericht im Rahmen seiner mündlichen
Verhandlung die persönlich erschienene Beklagte nach weiteren Einzelheiten befragt hätte (§
141
ZPO), ist nicht ersichtlich.
Das Berufungsgericht wird die danach zu Gebote stehenden Beweismittel zu erschöpfen und durch eine ins einzelne gehende Beweiswürdigung
zu klären haben, ob die Beklagte überhaupt nicht mehr bereichert ist oder mit weniger als 23.500 DM.