Kindergeld; Erstattung; Sozialhilfe; Eigenes Kind; Pflegekind; Jugendhilfeträger - Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen
aus dem Kindergeld für eigene und Pflegekinder
Tatbestand:
Streitig ist, ob das Arbeitsamt aus einer Kindergeldnachzahlung einen Teilbetrag einbehalten und an den beigeladenen Landkreis
erstatten durfte, weil dieser der Klägerin Sozialhilfe gewährt hatte.
Die Klägerin lebte im streitgegenständlichen Zeitraum (Oktober/November 1997) als Alleinerziehende mit drei eigenen Kindern
(A, B und C) sowie drei Pflegekindern (D, E und F) in einem gemeinsamen Haushalt und beantragte Kindergeld für diese sechs
Kinder.
Für die drei Pflegekinder erhielt die Klägerin vom Jugendhilfeträger, dem Beigeladenen, zunächst ein (volles) Pflegegeld entsprechend
§§ 33, 39 des VIII. Buchs des Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Im Hinblick auf den Kindergeldantrag der Klägerin kürzte der Beigeladene
das Pflegegeld nach § 39 Abs. 6 SGB VIII und zahlte auch für Oktober/ November 1997 ein gekürztes Pflegegeld wie folgt:
Volles Pflegegeld Kürzung wg. Kindergeld gekürztes Pflegegeld
D 1.087 110 977
E 1.087 55 1.032
F 1.087 55 1.032
3.261 220 3.041
Da das Kindergeld nicht sofort bewilligt und gezahlt wurde, beantragte die Klägerin für Oktober/ November 1997 Sozialhilfe
nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bei der Gemeinde X, die im Namen und im Auftrag des Beigeladenen (Landkreis Y) für die Entscheidung über die Sozialhilfe
zuständig war.
Die Gemeinde gewährte der Klägerin sodann für den Zeitraum vom 1. Oktober 1997 bis 12. November 1997 für sie selbst und ihre
Tochter C Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) und Bekleidungsbeihilfe für die beiden Söhne (A und B) in folgender Höhe:
Oktober November
HLU 816,50 307,20
Bekleidungsbeihilfe 75,00 75,00
= gerundet 892.00 382,00
= zusammen 1.274 DM
Dabei berücksichtigte die Gemeinde u.a. das der Klägerin für ihre Tochter C beantragte Kindergeld (300 DM) bereits als Einkommen.
Soweit die Klägerin auch HLU für ihre beiden (eigenen) Söhne begehrt hatte, teilte die Gemeinde der Klägerin sinngemäß mit,
dass für ihre Söhne keine HLU in Betracht komme, da deren sozialhilferechtlicher Bedarf durch den Unterhalt des Vaters (500
DM pro Monat) und das anteilige Kindergeld gedeckt werde.
Der Beigeladene - bzw. für ihn die Gemeinde - machte später gegenüber dem Beklagten gemäß §
74 EStG einen Erstattungsanspruch aus dem nachgezahlten Kindergeld i.H.v. 1.274 DM für den Zeitraum Oktober/ November 1997 geltend.
Mit Bescheid vom 7. Januar 1998 gewährte der Beklagte Kindergeld für alle sechs Kinder i.H.v. 1.790 DM pro Monat ab Oktober
1997. Zugleich teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er von dem Nachzahlungsbetrag 1.274 DM einbehalten habe und diesen
Betrag an den Beigeladenen erstatten werde. Gegen diese Erstattung an den Beigeladenen richtet sich nach erfolglosem Einspruch
die Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, eine Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen des Beigeladenen aus dem nachgezahlten Kindergeld
könne allenfalls teilweise in Betracht kommen. Lediglich für die Tochter C sei HLU gewährt worden. Das bewilligte Kindergeld
für die übrigen fünf Kinder könne nicht zum Ausgleich der Sozialhilfezahlungen herangezogen werden, da für diese auch keine
Sozialhilfe gewährt worden sei. Die Aufwendungen für die Bekleidungsbeihilfe seien nur erstattungsfähig, wenn feststehe, dass
bei laufender Kindergeldzahlung die Beihilfe nicht zu gewähren gewesen wäre. Im Übrigen seien die Kindergeldzahlungen für
die drei Pflegekinder gemäß § 77 BSHG nicht als Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen, da sie zweckgebunden den Pflegekindern zustünden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte zu verpflichten, an die Klägerin weitere 1.274 DM Kindergeld auszuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält daran fest, dass die Erstattung des nachgezahlten Kindergeldes an den Beigeladenen zu Recht erfolgt sei.
Zwar sei die Sozialhilfe möglicherweise unter Anrechnung des Kindergeldes für die eigenen Kinder der Klägerin erfolgt und
somit eine Erstattung nach §
74 Abs.
5 EStG i.V.m. §§
102 ff. SGB X ausgeschlossen, aber das Kindergeld für die drei Pflegekinder i.H.v. monatlich 1.000 DM sei in keinem Fall angerechnet
worden. Auch dieses Kindergeld gehöre nach § 76 BSHG zum Einkommen der Klägerin.
Dieser Betrag sei höher als die gewährte und zustehende Sozialhilfe, so dass bei rechtzeitiger (sofortiger) Zahlung des Kindergeldes
die Gemeinde keine Sozialhilfe hätte bewilligen müssen. Soweit die Klägerin durch die Kürzung des Pflegegeldes und die volle
Anrechnung des Kindergeldes wirtschaftlich schlechter stehe als ohne Kindergeldbezug entspreche dies der Gesetzeslage und
werde auch durch ein Urteil des VG Arnsberg bestätigt (NDV-RD 2000, 113). Jedenfalls im finanzgerichtlichen Verfahren könne dies nicht kompensiert werden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Den Kindergeldanspruch der Klägerin hat der Beklagte nicht durch Erstattung eines Teils des Kindergeldes gemäß §
74 Abs.
5 EStG i.V.m. §§
104,
107 SGB X an den Beigeladenen erfüllt, da kein materieller Erstattungsanspruch des Beigeladenen bestand. Die Klägerin hat daher
Anspruch auf Auszahlung des restlichen Kindergeldes i.H.v. 1.274 DM.
1. ) Erstattungsanspruch aus dem Kindergeld für die eigenen Kinder (A, B und C)
Der Beigeladene hat aus dem Kindergeld für die eigenen Kinder der Klägerin keinen Erstattungsanspruch nach §
74 Abs.
5 EStG i.V.m. §
104 Abs.
1 Satz 3 SGB X. Der Beigeladene hätte im Streitfall als nachrangiger Leistungsträger (Sozialhilfeträger) seine Leistung auch
bei rechtzeitiger Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers (Familienkasse) erbringen müssen, denn der Beigeladene
hat die Sozialhilfeleistungen bereits unter Anrechnung des Kindergeldes für die eigenen Kinder der Klägerin erbracht.
Für die Tochter C ergibt sich die Anrechnung des zustehenden Kindergeldes bereits aus dem Sozialhilfebescheid des Beigeladenen,
da dort 300 DM Kindergeld als Einkommen berücksichtigt worden sind (vgl. Bl. 22 der Gerichtsakte). Aber auch für die Söhne
A und B hat der Beigeladene Sozialhilfeleistung nicht ohne Anrechnung von Kindergeld erbracht. Vielmehr hat der Beigeladene
der Klägerin durch Schreiben von 4. September 1997 zu verstehen gegeben, dass HLU nur in Betracht komme, soweit die Unterhaltszahlungen
des Vaters und das Kindergeld den Bedarf nicht decken. Der Beigeladene hat der Klägerin dann offenbar in einem persönlichen
Gespräch am 22. September 1997 deutlich gemacht, dass ein Anspruch auf HLU unter Berücksichtigung des Unterhalt und des beantragten
Kindergeldes nicht bestehe und die Klägerin möglicherweise dazu bewegt, ihren Antrag nicht weiter zu verfolgen. Tatsächlich
hätte aber - wie im Klageverfahren auch der Beigeladene eingeräumt hat - auch ein Sozialhilfeanspruch für die beiden Söhne
bestanden, da dem vom Beigeladenen berechneten sozialhilferechtlichen Bedarf von jeweils 694,50 DM nur jeweils ein Einkommen
von 500 DM aus dem Unterhalt des Vaters gegenüber gestanden hat. Ohne Anrechnung des (beantragten) Kindergeldes für die Söhne
hätte der Beigeladene mithin höhere Sozialhilfeleistungen erbringen müssen, so dass die bewilligten Sozialhilfeleistungen
nicht ohne Anrechnung des Kindergeldes erbracht worden sind.
Dahinstehen kann, ob - wie die Klägerin geltend macht - Erstattungsansprüche für die eigenen Kinder nach §
74 EStG i.V.m. §
102 ff. SGB X jeweils nur für das konkrete Kind bestehen können, das selbst Sozialhilfeleistungen ohne Anrechnung von Kindergeld
erhalten hat, und jeweils nur das Kindergeld für dieses Kind zur Erstattung zur Verfügung stehe (ähnlich möglicherweise in
den Verwaltungsvorschriften des Beklagten: DA 74.3.1 Abs. 1 Satz 2 DA-FamEStG, BStBl I 2000, 636 ff [726] und zur Anwendbarkeit
auch auf laufende Fälle: Erlass zur DA-FamEStG vom 12. Mai 2000, a.a.O., 636 [dort Nr. 1 Abs. 3]).
1. ) Erstattungsanspruch aus dem Kindergeld für die Pflegekinder (C, D und E)
Der Beigeladene hat auch aus dem Kindergeld für die Pflegekinder der Klägerin keinen Erstattungsanspruch nach §
74 Abs.
5 EStG i.V.m. §
104 Abs.
1 Satz 3 SGB X. Der Beigeladene hätte im Streitfall als nachrangiger Leistungsträger (Sozialhilfeträger) seine Leistung auch
bei rechtzeitiger Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers (Familienkasse) erbringen müssen, denn der Beigeladene
war gemäß § 77 BSHG jedenfalls gehindert, das auf die Pflegekinder entfallende Kindergeld als Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen. Auf
die Höhe des Sozialhilfeanspruchs der Klägerin hatte der Kindergeldbezug für die Pflegekinder daher keine Auswirkungen.
Als Einkommen der Klägerin nach §§ 76, 77 BSHG ist weder das der Klägerin vom Beigeladenen als Träger der Jugendhilfe bezahlte Pflegegeld nach §§ 33, 39 SGB VIII für die
drei Pflegekinder noch das vom Beklagten für diese Kinder gewährte Kindergeld anzurechnen. Es handelt sich bei beiden Bezügen
um zweckgebundene Zuwendungen für die Pflegekinder.
a) Soweit dies das Pflegegeld vom Jugendamt betrifft, ist dies unstreitig (vgl. auch OVG Münster, NDV-RD 1996, 129 m.w.N.).
b) Das anteilig auf die Pflegekinder entfallende Kindergeld ist ebenso Teil dieser zweckgebundenen Zuwendungen auf die Vollzeitpflege
nach dem Kinder- und Jugendhilferecht (§§ 33, 39 SGB VIII), auch wenn das Kindergeld durch eine andere Behörde direkt an die
Pflegeeltern gezahlt wird.
Auszugehen ist von der Zweckrichtung des vollen Pflegegeldes nach §§ 33, 39 SGB VIII, mit dem der gesamte regelmäßig wiederkehrende
Bedarf des in Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) untergebrachten Kindes gedeckt werden soll. Nach der Konzeption des Kinder- und
Jugendhilferechts soll vermieden werden, dass zusätzlich Leistungen des Sozialamtes für das leistungsberechtigte Kind erforderlich
werden (vgl. Stähr u.a., SGB VIII, K § 39 Rz. 1). Durch das (volle) Pflegegeld nach § 39 Abs. 3, 4 SGB VIII werden alle Aufwendungen
der Pflegeperson für die Ernährung, zur Ergänzung von Bekleidung und Schuhwerk, für Reinigung, Körper- und Gesundheitspflege,
Hausrat, Schulbedarf sowie sonstige Aufwendungen für das Kind (z.B. Taschengeld, Fahrgelder, Spiel- und Beschäftigungsmaterial,
Haftpflichtversicherung) abgedeckt (Stähr, a.a.O., K § 39 Rz. 21). Daher führt dieses volle Pflegegeld bei der Pflegeperson
zu keinem anrechenbaren Einkommen nach §§ 76, 77 BSHG, falls für den eigenen Bedarf Sozialhilfe benötigt wird.
Aber auch das direkt an die Pflegeperson gezahlte Kindergeld behält diese Zweckbestimmung nach dem Kinder- und Jugendhilferecht,
und zwar sowohl hinsichtlich des Kürzungsbetrages (§ 39 Abs. 6 SGB VIII) als auch des überschießenden Betrages.
(a) Für den konkreten Teilbetrag i.H.v. 165 DM, um den das volle Pflegegeld wegen des Kindergeldbezuges nach § 39 Abs. 6 SGB
VIII zu kürzen ist, erfolgt diese Kürzung nicht, um die Pflegeperson schlechter zu stellen, sondern allein zur Vermeidung
von Doppelzahlungen und um den Nachrang der Jugendhilfe bei identischer Zweckrichtung beider Leistungen (vgl. Stähr, a.a.O.,
K § 39 Rz. 2 e.E., 34, 35) wieder herzustellen. Dieser Anteil des Kindergeldes - im Streitfall 3 x 55 DM - dient ebenso wie
das um genau diesen Betrag gekürzte Pflegegeld zur Abgeltung der Aufwendungen für das Kind während der Vollzeitpflege, da
durch den Kindergeldbezug die tatsächlichen Aufwendungen für das Kind nicht geringer werden. Durch die (teilweise) Anrechnung
des Kindergeldbezuges wird nur eine Doppelzahlung aus öffentlichen Kassen vermieden.
(b) Aber auch der überschießende Betrag i.H.v. 835 DM, um den das konkrete Kindergeld höher ist als die Kürzung beim Pflegegeld,
verliert nicht die Zweckbestimmung für das Pflegekind nach § 77 BSHG, da der Gesetzgeber die Regelung in § 39 Abs. 6 SGB VIII die Pflegeeltern bei einer Dauerpflege sogar besser stellen wollte. Dies zeigt sich an der pauschalierten Berechnung
des Kürzungsbetrages nach § 39 Abs. 6 SGB VIII, die, sofern das Pflegekind nicht das älteste Kind ist, zu einer für die Pflegeperson
günstigeren wirtschaftlichen Situation führen soll (ebenso Stähr, a.a.O., K § 39 Rz. 36 a.E.). Dies wird gerade auch im Streitfall
anhand der konkreten Zahlen deutlich:
volles Pflegegeld Kürzung nach § 39 Abs. 6 SGB VIII gekürztes Pflegegeld tatsächliches Kindergeld
C 1.087 55 1.032 300
D 1.087 55 1.032 350
E 1.087 55 1.032 350
Summe 3.261 165 3.096 1.000
+ 1.000
4.096
Während der Klägerin für die Pflegekinder (3., 4. und 6. Kind in ihrem Haushalt) 300 bzw. 350 DM Kindergeld zustand, durfte
nach § 39 Abs. 6 SGB VIII jeweils nur eine Kürzung i.H.v. 1/4 des Kindergeldbetrages für ein erstes Kind (220 DM im Streitjahr)
erfolgen, da keines der Kinder das älteste Kind in der Familie war.
Diese gesetzgeberische Entscheidung zur Pauschalierung des Kürzungsbetrages bei der Dauerpflege erscheint auch in der Sache
nachvollziehbar und gerechtfertigt, da bei einer Dauerpflege die durch das Pflegegeld und das Kindergeld abgedeckten Aufwendungen
der Pflegeperson höher sind, weil eine familienähnliche Bindung entstanden ist und für den Bezug von Kindergeld auch gemäß
§
32 Abs.
1 Nr.
2 EStG vorausgesetzt wird. Dies betrifft bei der Dauerpflege erfahrungsgemäß vor allem die Aufwendungen für schönere und höherwertige
Bekleidung und Schuhe, zusätzliche nicht unbedingt erforderliche Möbelstücke, ein höheres Taschengeld, Ausgaben beim Familienurlaub
sowie Spiel- und Beschäftigungsmaterial. Wie bei eigenen Kindern orientieren sich solche Anschaffungen nicht an den Bedarfssätzen
und Zahlungen des Jugendamtes sondern am verfügbaren Familieneinkommen. Dafür hat der Gesetzgeber durch § 39 Abs. 6 SGB VIII
in pauschalierter Form den Pflegeeltern in Fällen der Dauerpflege auch einen Teil des direkt gezahlten Kindergeldes belassen.
Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Pflegeeltern bei einer Dauerpflege mehr als deren tatsächliche
Aufwendungen abgelten wollte. Dies wäre mit einem sparsamen Haushaltsvollzug, an den alle öffentlichen Haushalte gebunden
sind, auch nicht zu vereinbaren. Auch bis zur Höhe des überschießenden Betrages aus dem Kindergeld handelt es sich um einen
in identischer Zweckrichtung wie das Pflegegeld gewährten Vorteil allein in Bezug auf das Pflegekind.
Diese für Pflegeeltern wirtschaftlich günstige Folge der Regelung des § 39 Abs. 6 SGB VIII würde indes, wollte man der Rechtsansicht
des Beklagten und der Beigeladenen folgen, geradezu in ihr Gegenteil verkehrt werden. Der Klägerin soll für die Pflegekinder
nur das gekürzte Pflegegeld zustehen, während sie selbst das Kindergeld für die Pflegekinder in voller Höhe zur Deckung ihres
eigenen persönlichen Bedarfs einsetzen soll. Während §
32 Abs.
1 Nr.
2 EStG für Pflegekinder voraussetzt, dass die Pflegeperson das Kind "zu einem nicht unwesentlichen Teil auf seine Kosten unterhält",
müssten im Streitfall - wirtschaftlich betrachtet - die Pflegekinder zu einem nicht unwesentlichen Teil mit monatlich 1.000
DM für den laufenden Unterhalt der Klägerin aufkommen, wenn das Kindergeld für die Pflegekinder auf die Sozialhilfe der Pflegemutter
angerechnet werden dürfte.
Statt nur Doppelleistungen von Sozialleistungsträgern zu vermeiden, wie dies in den §§ 102 ff. SGB X vorgesehen ist, würde
die Rechtsansicht des Beklagten die Pflegepersonen belasten und sogar zu Einsparungen der Sozialleistungsträger führen, ohne
dass es dafür eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gäbe. Der Sozialhilfeträger würde durch die Leistungen der Kindergeldkasse
entlastet.
Dies macht nach Ansicht des Senats deutlich, dass das neben dem Pflegegeld gezahlte Kindergeld für die Pflegekinder zur Deckung
des notwendigen Bedarfs der Kinder nach § 39 SGB VIII bestimmt ist und dieser auf Pflegekinder entfallende Teil des Kindergeldes
ebenso wie das (gekürzte) Pflegegeld gemäß § 77 BSHG nicht als Einkommen der Klägerin angesetzt werden darf (anders VG Arnsberg, a.a.O.), da dieses Kindergeld ausschließlich
zur Deckung der Aufwendungen für diese in die Obhut der Pflegeeltern gegebenen Kinder dient.
Es kann auch insoweit dahinstehen, ob der Beklagte nach dem Inhalt der Verwaltungsvorschriften (DA 74.3.1 Abs. 1 Satz 2) möglicherweise
verpflichtet gewesen wäre, das volle Kindergeld an die Klägerin auszuzahlen, weil der Beigeladene keine Sozialhilfeleistungen
für die Pflegekinder erbracht hat und daher aus dem anteiligen Kindergeld für diese Kinder eine Erstattung gar nicht in Betracht
käme, da zweifelhaft erscheint, ob sich das Bundesamt für Finanzen bei Erlass der Verwaltungsvorschriften auch für diese besondere
Fallgestaltung binden wollte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen, da für das Kindergeld nach
Einkommensteuergesetz bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist unter welcher Voraussetzung ein Sozialleistungsträger Erstattungsansprüche aus
dem Kindergeld für Pflegekinder hat.