Gründe:
Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für ihre im September 1993 eingereichte Klage, mit der sie von ihrem getrenntlebenden
Ehemann für die beiden gemeinschaftlichen Kinder Zahlung eines Monatsunterhalts von je 241,00 DM (Mindestbedarf nach Düsseldorfer
Tabelle abzüglich anteiliges Kindergeld) ab April 1993 verlangt. Seit Beginn des Anspruchszeitraumes ist die Stadt A. im Wege
der Sozialhilfe mit monatlichen Zahlungen von. (mindestens) je 256,00 DM für den Lebensbedarf der Kinder aufgekommen. Sie
hat die Klägerin ermächtigt, die für die Zeit vom 07.04.1993 bis zur letzten mündlichen Verhandlung übergegangenen Ansprüche
vor Gericht im eigenen Namen geltend zu machen.
Das Amtsgericht hat der Klägerin Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, die Rechtsverfolgung erscheine mutwillig;
eine Partei, die die Verfahrenskosten selbst tragen müsse, würde sich nicht zur Klage entschließen, nachdem die Stadt A. Inhaberin
der Unterhaltsansprüche geworden sei.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verweist die Klägerin darauf, dass § 91
BSHG n.F. erst am 01.07.1993 in Kraft getreten sei. Die vor diesem Zeitpunkt begründeten Forderungen seien nicht auf den Träger
der Sozialhilfe übergegangen.
Die nach §
127 Abs.
2
ZPO statthafte Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.
Das Amtsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die beabsichtigte Klage bietet
keine hinreichenden Erfolgsaussichten (§
114
ZPO, weil die geltendgemachten Ansprüche bereits mit Wirkung ab 07.04.1993 - für den davor liegenden Zeitraum fehlt es an der
nach §
1613
BGB erforderlichen verzugsbegründenden Mahnung des Beklagten - auf die Stadt A. übergegangen sind und die Klägerin kein schutzwürdiges
Interesse hat, die den Kindern nicht zustehenden Rechte gemäß §
1629 Abs.
3
BGB im eigenen Namen geltend zu machen.
Nach der Neufassung des § 91
BSHG durch Art. 7 Nr. 22 des Gesetzes zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG - vom 23.06.1993 (BGBl. I 944, 952) ist der
Unterhaltsanspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen - und damit in vollem Umfang - auf den Träger der Sozialhilfe
übergegangen, ohne dass es noch der nach früherem Recht erforderlichen Überleitungsanzeige bedurfte. Die neue Regelung ist
am 27.06.1993 in Kraft getreten und seither in Ermangelung einer besonderen Übergangsvorschrift uneingeschränkt anzuwenden
(vgl. Scholz, FamRZ 1994, 1). Nach § 91 Abs. 3 Satz 1 BSHG i.V.m. §
1613
BGB wirkt der Übergang des Unterhaltsanspruches auf den Beginn der Hilfegewährung u.a. dann zurück, wenn der Unterhaltspflichtige
mit der Zahlung in Verzug geraten ist, was hier aufgrund des Mahnschreibens der Klägerin vom 07.04.1993 nicht zweifelhaft
sein kann. Dies bedeutet, dass sich der gesetzliche Anspruchsübergang - verfassungsrechtlich unbedenklich (siehe OLG Hamburg,
FamRZ 1994, 126) - auf den vor Inkrafttreten der Neuregelung liegenden Zeitraum bis zum Einsetzen der Sozialhilfe zurückerstreckt.
Somit ist die Stadt A. Inhaberin der bisher fälligen Unterhaltsansprüche. Die Klägerin kann diese aufgrund der ihr erteilten
Prozessführungsermächtigung nicht selbst einklagen, weil sie kein anerkennenswertes Interesse an der Rechtsverfolgung hat
und die gewillkürte Prozessstandschaft deshalb unzulässig ist.
Hierzu werden allerdings unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach verbreiteter Ansicht(KG, FamRZ 1988, 300; OLG Hamm - 10. Senat -, FamRZ 1989, 506; Zöller-Vollkommer,
ZPO, 18. Aufl., vor §
50 Rdn. 49) hängt die Zulässigkeit der Klage bei der hier zu beurteilenden Sachlage von einem eigenen rechtlichen Interesseunterhaltsberechtigten
Hilfeempfängers an der Prozessführung grundsätzlich nicht ab, weil die Befürchtung des Rechtsmissbrauchs, die für die Herausbildung
des Erfordernisses des Prozessführungsinteresses bei gewillkürter Prozessstandschaft maßgebend gewesen sei, im Falle der Ermächtigung
durch den Träger der Sozialhilfe im allgemeinen nicht zum Tragen komme. Überdies sprächen die größere Sachnähe des Unterhaltsberechtigten
und prozessökonomische Erwägungen - Vermeidung zweier Prozesse hinsichtlich des rückständigen und des künftigen Unterhalts
- für die Zulassung der Klage. Demgegenüber kann nach wohl vorherrschender Meinung (OLG Hamburg, FamRZ 1990, 417; OLG Hamm - 2. Senat -, FamRZ 1990, 1369; Seetzen, NJW 1978, 1350, 1353; Palandt/Diederichsen,
BGB, 52. Aufl., Einf. vor §
1601 Rdn. 21; Soergel/Häberle,
BGB, 12. Aufl., Rdn. 6; Göppinger-Wax, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., Rdn. 3043 und 3045) auf die Feststellung eines schutzwürdigen
Interesses des Unterhaltsberechtigten an der Prozessführung nicht verzichtet werden. Hieran fehle es aber, weil er seine Rechtslage
bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht beeinflussen könne. Da sein in der Vergangenheit aufgetretener Bedarf durch Sozialhilfeleistungen
gedeckt worden sei, bringe ihm die Begleichung der dem Träger der Sozialhilfe zustehenden Unterhaltsrückstände weder Vorteile
noch wirke sich das Unterbleiben der rückständigen Zahlungen für ihn nachteilig aus. In solchem Falle dürfe der Sozialhilfeträger
dem Hilfeempfänger nicht das ihn als Rechtsinhaber treffende Prozessrisiko überbürden.
In Übereinstimmung mit dieser Auffassung hat auch der Senat ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Sozialhilfeempfängers
an der Prozessführung im eigenen Namen als erforderlich angesehen, ein solches allerdings hinsichtlich des gesamten Unterhalts
auch dann als gegeben erachtet, wenn ein Teil der Ansprüche auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist, während der Prozessstandschafter
hinsichtlich eine/s die bisherigen Hilfeleistungen übersteigenden Betrages Anspruchsinhaber geblieben ist (Senatsurteil vom
16.11.1992 - 10 UF 112/92 -).
In diesem Fall, in dem über zwei Teile desselben Anspruches für denselben Zeitraum entschieden werden müsste, entspricht es
einem legitimen Bedürfnis des Hilfeempfängers, die Rechtsverfolgung koordiniert in seiner Hand zu behalten (Schenker, DAV
1986, 465, 468). Die ihm weiterhin zustehende Unterhaltsspitze kann nicht unabhängig von der Höhe des übergegangenen Anspruchsteils
festgestellt werden. Es wäre mit den Geboten prozessökonomischer und kostensparender Verfahrensweise nicht zu vereinbaren,
wenn die Berechtigung der Ansprüche, in zwei getrennten Prozessen überprüft werden müsste.
Diese Erwägungen können indes nicht herangezogen werden, wenn sich der Prozessstandschafter - wie hier - keines höheren als
des auf den Träger der Sozialhilfe übergegangenen Anspruches berühmt. Auch seine größere Sachnähe bietet in diesem Fall -
kein überzeugendes Argument für die Anerkennung eines Prozessführungsinteresses, weil dem Sozialhilfeträger umfassende Möglichkeiten
zur Aufklärung des Sachverhalts eingeräumt sind (vgl. OLG Hamburg, FamRZ 417, 419), der Aufklärungsbedarf aber ohnehin verhältnismäßig
gering ist, wenn nur der Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle beansprucht werden soll. Es muss daher der Stadt A.
überlassen bleiben, die auf sie übergegangenen Unterhaltsansprüche im Wege der Klage selbst geltend zu machen.
Die Rechtsverfolgung der Klägerin verspricht lediglich Aussicht auf Erfolg, soweit sie den künftig fällig werdenden Kindesunterhalt
beansprucht. Insofern ist sie nach §
1629 Abs.
3
BGB zur Prozessführung berechtigt, weil sie durch Erstreiten eines obsiegenden Urteils die Gewährung von Sozialhilfe und den
daran geknüpften Anspruchsübergang vermeiden kann (vgl. BGH, FamRZ 1982, 23, 25). Gleichwohl ist der Klägerin auch hinsichtlich des künftigen Unterhalts Prozesskostenhilfe zu versagen, weil die hierauf
beschränkte Rechtsverfolgung nach Auffassung des Senats i.S. des §
114
ZPO mutwillig wäre. Eine verständige, auf Prozesskostenersparnis bedachte Partei in der Lage der Klägerin würde es dem Sozialhilfeträger
überlassen, den Unterhalt einheitlich geltendzumachen. Schon nachfrüherem Recht war anerkannt, dass ein Sozialhilfeträger,
der Unterhaltsansprüche auf sich übergeleitet hat, auch den künftig fällig werdenden Unterhalt unter der in den Urteilstenor
aufzunehmenden Bedingung einklagen kann, dass er künftig Sozialhilfe in Höhe der zugesprochenen Beträge ohne Unterbrechung
von mehr als zwei Monaten leistet (BGH, FamRZ 1992, 797, 799 m.w.N.).
§ 91, Abs. 3 Satz 2 BSHG n.F. eröffnet dem Träger der Sozialhilfe nunmehr bei Hilfegewährung für voraussichtlich längere Zeit ausdrücklich die Möglichkeit,
zusammen mit dem übergegangenen Anspruch bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch den Unterhalt für die Zukunft
geltend zu machen. Nach der Gesetzesbegründung(BR-Drucks. 12/193, S. 220) soll die gesetzliche Prozessführungsermächtigung
Doppelprozesse vermeiden helfen. Die Sozialhilfeträger sind daher, bei der hier in Rede stehenden Fallgestaltung verstärkt
aufgefordert, auch die künftigen Unterhaltsleistungen anstelle des Berechtigten im eigenen Namen geltend zu machen. Dieser
hieran jedenfalls solange kein i.S. des §
114
ZPO anerkennenswertes Interesse, als der von ihm beanspruchte Unterhalt den Umfang der Sozialhilfeleistungen nicht überschreitet.
Beschwerdewert: bis 600,00 DM