Zur Frage der Mutwilligkeit i.S.d. Rechtes der Prozeßkostenhilfe bei Geltendmachung des Unterhaltsanspruches durch einen Unterhaltsberechtigten,
der fortlaufend Sozialhilfe bezieht - § 91 Abs. 3 S. 2 BSHG (neue Fassung)
Gründe:
I.
Die Klägerin bittet um Prozeßkostenhilfe für ihre Abänderungsklage auf nachehelichen Unterhalt in Höhe von 950,00 DM monatlich
ab Klagezustellung, dem 1.10.1992. Zur Begründung für ihre Klage führt sie an, daß sie krankheitsbedingt erwerbsunfähig und
der Beklagte aufgrund seiner Renteneinkünfte zwischen 2.200,00 DM und 2.300,00 DM monatlich leistungsfähig sei.
Die Klägerin bezieht von der Stadt V. (Sozialamt) seit dem 12.09.1990 Sozialhilfe in Höhe von 918,00 DM monatlich, die den
Unterhaltsanspruch mit Schreiben vom 14.08.1992 auf sich übergeleitet hat. Aufgrund dieser Überleitung zahlt der Beklagte
monatlich 473,00 DM an das Sozialamt der Stadt V., die die übergeleiteten Ansprüche mit Schreiben vom 14.08.1992 an die Klägerin
und ihre Prozeßbevollmächtigten zum Zweck der gerichtlichen Geltendmachung treuhänderisch zurückübertragen hat.
Das Familiengericht hat durch Beschluß vom 25.06.1993 der Klägerin die von ihr begehrte Prozeßkostenhilfe verweigert, weil
sie weder ihre Kostenarmut, noch ihre Bedürftigkeit, noch ihre Aktivlegitimation im Hinblick auf die Überleitung auf das Sozialamt
hinreichend dargetan habe.
Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie u.a. aus: Sie verfolge ihren Klageanspruch nunmehr
dahin, daß sie die Verurteilung des Beklagten zur Unterhaltszahlung über den freiwillig an das Sozialamt geleisteten Betrag
von 473,00 DM monatlich hinaus begehre. Aus den von ihr vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen sei ihre krankheitsbedingte
Erwerbsunfähigkeit zu entnehmen. Ihre Aktivlegitimation ergebe sich aus der Rückübertragung durch das Sozialamt.
Durch Beschluß vom 17.12.1993 hat das Familiengericht der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt:
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin belaufe sich, ausgehend von einem anrechenbaren monatlichen Renteneinkommen des Beklagten
von rund 2.151,33 DM und einem ihm zu belassenden Selbstbehalt von monatlich 1.400,00 DM, auf rund 751,00 DM monatlich. Da
das Sozialamt ihr eine monatliche Sozialhilfe von 918,00 DM zahle und dieser Anspruch auf das Sozialamt übergegangen sei,
sei die Geltendmachung von Unterhalt durch die Klägerin selbst rechtsmißbräuchlich. Für die zurückliegende Zeit gelte diese
Beurteilung im Hinblick auf die Überleitung des Unterhaltsanspruchs durch das Sozialamt. Für die Zeit ab Inkrafttreten der
Neufassung des § 91
BSHG folge diese Beurteilung daraus, daß nach dieser Vorschrift der Unterhaltsanspruch der Klägerin in Höhe der insoweit erbrachten
Sozialhilfeaufwendungen auf den Sozialhilfeträger kraft Gesetzes übergegangen sei, wodurch die Klägerin ihre Aktivlegitimation.
verloren habe. Die Rückübertragung des Unterhaltsanspruchs habe ausschließlich den Zweck, Prozeßkostenhilfe beanspruchen zu
können. Der Sozialhilfeträger wolle dadurch die angefallenen Kosten, die er selbst zu tragen hätte, über den Umweg der Rückübertragung
im Rahmen der Prozeßkostenhilfe geltend machen, auf die er ansonsten keinen Anspruch hätte.
II.
Die gemäß §
127 II S.2
ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da das Familiengericht im Ergebnis zutreffend die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe
verweigert hat.
Es kann dahinstehen, ob das von der Klägerin selbst verfolgte Klagebegehren - wie vom Familiengericht angenommen - "rechtsmißbräuchlich"
ist. Bei der hier gegebenen Fallgestaltung steht der nachgesuchten Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nämlich entgegen, daß
die von der Klägerin im eigenen Namen erhobene Abänderungsklage unbeschadet der in ihrer Person vorliegenden Kostenarmut mutwillig
ist (§
114 S.1
ZPO).
Mutwillig - und damit nicht prozeßkostenhilfefähig - ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn eine verständige, nicht hilfebedürftige
Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde oder die Partei den verfolgten Zweck auf einem billigeren weg erreichen
könnte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27.11.1989 - 6 WF 155/89 und vom 14.12.1993 - 6 WF 84/93; Kalthoener/Büttner, NJW-Schriften 47, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 1988, Rn. 481; Zöller-Philippi,
ZPO, 18. Aufl., §
114, Rn. 30 ff jeweils mit weiteren Nachweisen). Hiervon ist vorliegend auszugehen, und zwar sowohl für die Zeit während der
Geltungsdauer der alten Fassung des § 91
BSHG, als auch für die Zeit seit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 91
BSHG am 27.6.1993, die sie durch Art. 7 Nr. 22 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG - vom 23. Juni 1993 (BGBl I 944,952) erfahren
hat.
a) Es kann im vorliegenden Zusammenhang auf sich beruhen, ob die Klägerin ihre Klagebefugnis für die hier maßgebliche Zeit
ab Rechtshängigkeit ihrer Abänderungsklage nach der alten Fassung des § 91
BSHG trotz der vom Sozialhilfeträger (dem Sozialamt der Stadt V.) nach § 90
BSHG vorgenommenen Überleitung behalten hatte oder - worauf sie sich stützt - durch die Rückübertragung wiedererlangt hat, wenn
auch mit der Maßgabe, daß sie ihren Sachantrag der materiellen Rechtslage anzupassen und hinsichtlich derjenigen Beträge,
die bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung fällig geworden sind, Zahlung an den Sozialhilfeträger zu verlangen hätte, soweit
diesem ein Ersatzanspruch zustand (vgl. hierzu insbesondere §
265 II
ZPO sowie BGH, FamRZ 1982, 23, 25 zu Ziffer III und BGH, FamRZ 1992, 797,799; Beschluß des Senats vom 14.12.1993, aaO; Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., Rn. 3033, 3034; Stollenwerk in Rahm/Künkel,
Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, 3. Aufl., IV, Rn. 655; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 2. Aufl., Teil
V., Rn. 169; Künkel, FamRZ 1991, 14, 17 zu C I 1). Auch wenn der Klägerin eine solche Klagebefugnis zustünde, würde eine Partei, die die Prozeßkosten selbst
zu tragen hätte, einen solchen Prozeß nicht führen, weil unbeschadet ihrer eigenen Klagebefugnis jedenfalls auch der zuständige
Sozialhilfeträger, der Unterhaltsansprüche auf sich übergeleitet hat, nicht nur den bereits entstandenen sondern zusätzlich
den künftig fällig werdenden Unterhalt geltend machen kann (BGH, FamRZ 1992, 797,799 zu Ziffer II). Da vorliegend die Stadt V. (Sozialamt) diese Rechtsstellung aufgrund der Überleitung des Unterhaltsanspruchs
in einer den vom Familiengericht in seinem Nichtabhilfebeschluß zutreffend errechneten Unterhalt (751,00 DM monatlich) sogar
überschreitenden Höhe (918,00 DM monatlich) erworben hat und die Rechtsverfolgung im eigenen Namen unter Inanspruchnahme der
Gerichtskosten-Vorschußfreiheit nach § 2 Abs. 1
GKG (vgl. hierzu auch OLG Hamburg, FamRZ 1990, 417, 418) aufnehmen kann, ist es mutwillig, wenn die Klägerin diese Ansprüche auf Kosten der Solidargemeinschaft geltend machen
will.
b) Erst recht ist das Verhalten der Klägerin als mutwillig zu bewerten, soweit sie Unterhaltsansprüche für die Zeit seit dem
Inkrafttreten der Neufassung des § 91
BSHG verfolgt. Nach dieser Neuregelung ist für den Unterhaltsanspruch des Sozialhilfeempfängers auf den Sozialhilfeträger nicht
mehr der Erlaß eines den Anspruch überleitenden Verwaltungsakts des Sozialhilfeträgers erforderlich. Vielmehr geht nunmehr
der Unterhaltsanspruch vorbehaltlich der Bestimmungen in § 91 Abs. 1 S. 2 bis 4, Abs. 2
BSHG bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Träger der Sozialhilfe über; außerdem kann dieser aufgrund gesetzlicher
Ermächtigung - gemäß § 91 Abs. 3 S.2 BSHG - bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen, wenn die Hilfe voraussichtlich
auf längere Zeit gewährt werden muß (vgl. die Darstellung en der Neuregelung von: Schellhorn/Schellhorn, FuR 1993, 261 ff; Strohal, DAVorm 1993, 1034 ff; Scholz, FamRZ 1994, 1 ff). Wenn sich auch durch die Neuregelung an der im bisherigen Umfang bestehenden Klagebefugnis des Unterhaltsberechtigten
nichts geändert hat (vgl. hierzu Beschluß des Senats vom 14.12.1'993, a.a.O.; Urteil des 9. Senats des hiesigen Oberlandesgerichts
vom 10.11.1993 - 9 UF 85/93 - zu Ziffer 5; Stollenwerk in Rahm/- Künkel, a.a.O., Rn. 658.3; Schellhorn, a.a.O., 269 zu Ziffer VI 3; Strohal, a.a.O.,
1034 zu Ziffer 2; Scholz, a.a.O., 5 zu Ziffer IV), so kann doch der Sozialhilfeträger nicht nur die bereits übergegangenen
Unterhaltsansprüche, sondern auch die erst künftig entstehenden Ansprüche geltend machen. Die für die letztgenannten Ansprüche
bestimmte einschränkende Voraussetzung nämlich, daß die Hilfe voraussichtlich auf längere Zeit gewährt werden muß - liegt
hier vor, da die Klägerin nach ihrem Sachvortrag kein Einkommen und Vermögen hat und krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist.
Dann aber gilt auch nach der Neuregelung des § 91
BSHG, daß die Stadt V. (Sozialamt) die auf sie übergegangenen und die zukünftigen Unterhaltsansprüche in der den Unterhalt durch
die Sozialhilfe deckenden Höhe kostengünstiger geltend machen kann, als die Klägerin, so daß auch insoweit ihr Begehren auf
Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mutwillig im oben dargelegten Sinn ist.