Sozialhilferecht: Wiedereinreise eines Ausländers zum Zwecke der Sozialhilfeerlangung
Gründe:
Der Antragsteller, der griechischer Staatsangehöriger ist, verfolgt mit der Beschwerde seinen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen
Anordnung weiter, den er am 2. Dezember 1993 bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main gestellt hat. Der Antragsgegnerin
soll im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben werden, ihm Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zu gewähren und dabei auch seine Hotelkosten zu übernehmen.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet; denn auch der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung
ist nicht begründet. Der Antragsteller hat keinen Sachverhalt glaubhaft gemacht, nach dem ihm die erstrebten Leistungen der
Sozialhilfe zustehen.
Dem geltend gemachten Anspruch steht die Vorschrift des § 120 Abs. 3 Satz 1 BSHG in der seit dem 1. November 1993 geltenden Fassung entgegen. Diese Bestimmung, die durch Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung
der Leistungen an Asylbewerber vom 30. Juni 1993 (BGBl. I S. 1074) neu gefaßt worden ist, lautet: "Ausländer, die sich in die Bundesrepublik Deutschland begeben haben, um Sozialhilfe zu erlangen,
haben keinen Anspruch". Nach dem Sachverhalt, wie er sich bisher darstellt, hat der Antragsteller sich am 30. November 1993
in die Bundesrepublik Deutschland begeben, um hier Sozialhilfe zu erlangen.
Zwar hatte der Antragsteller sich nach seinem glaubhaften Vorbringen über viele Jahre bis zum 20. Mai 1993 im Bundesgebiet
aufgehalten. Dies schließt es aber nicht aus, seine Wiedereinreise am 30. November 1993 als Einreise im Sinne von § 120 Abs. 3 Satz 1 BSHG zu verstehen. Denn im Falle der Ausreise und Wiedereinreise ist an die ausländerrechtliche Bewertung dieser Vorgänge anzuknüpfen.
Sowohl nach § 11 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes/EWG als auch nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 des Ausländergesetzes erlischt die Aufenthaltserlaubnis,
wenn der Ausländer das Bundesgebiet verlassen hat und nicht innerhalb von sechs Monaten wieder eingereist ist. Zwar gilt nach
§ 44 Abs. 1 Nr. 3 des Ausländergesetzes eine Ausnahme, wenn die Ausländerbehörde eine längere Frist für den Auslandsaufenthalt
bestimmt hat. Für eine solche Bestimmung sind hier aber keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Wenn der Antragsteller sich aber vom 21. Mai bis 29. November 1993 so lange im Ausland aufgehalten hat, daß seine Aufenthaltserlaubnis
erloschen ist, so ist seine Wiedereinreise als Einreise im Sinne von § 120 Abs. 3 Satz 1 BSHG zu werten.
Der Senat ist ebenso wie das Verwaltungsgericht davon überzeugt, daß der Antragsteller sich am 30. November 1993 in das Bundesgebiet
begeben hat, um Sozialhilfe zu erlangen. Dafür spricht entscheidend, daß der Antragsteller bis zu seiner Ausreise im Mai 1993
über einen längeren Zeitraum hinweg Sozialhilfe bezogen hatte und er unmittelbar nach der Einreise wieder Sozialhilfe beantragt
hat.
Auch dann, wenn ein Ausländer nach § 120 Abs. 3 Satz 1 BSHG keinen Anspruch auf Sozialhilfe hat, bleibt der Träger der Sozialhilfe doch berechtigt, im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens
über eine Hilfe zu entscheiden. Hier sind keine Gründe dafür glaubhaft gemacht, daß dieses Ermessen nur in der Weise rechtmäßig
ausgeübt werden kann, daß die beantragte Hilfe gewährt wird. Auch dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt.
Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg auf das Europäische Fürsorgeabkommen berufen. Denn dieses gilt nach seinem
Art. 11 nur für Ausländer mit einer gültigen Aufenthaltserlaubnis. Die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers ist aber infolge
seines Auslandsaufenthalts erloschen und es ist nicht dargetan, daß dem Antragsteller inzwischen wieder eine neue Aufenthaltserlaubnis
erteilt worden ist. Bei diesem Ergebnis kann im vorliegenden Verfahren unentschieden bleiben, ob das Europäische Fürsorgeabkommen
grundsätzlich für den von ihm erfaßten Personenkreis die Anwendung des § 120 Abs. 3 Satz 1 BSHG ausschließt (verneinend zu § 120 BSHG in der früheren Fassung Schellhorn/Jirasek/ Seipp, Bundessozialhilfegesetz, Kommentar, 14. Auflage 1993, Rdnr. 9 zu § 120).
Da die Beschwerde unbegründet ist, scheidet nach §
166 der
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) in Verbindung mit §
114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (
ZPO) auch die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe aus.