Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt.
Aus der am 30. Mai 1986 geschlossenen Ehe der Parteien sind zwei Töchter, geboren am 27. September 1986 und 22. Dezember 1989,
hervorgegangen. Nachdem die Parteien zunächst in der Ehewohnung getrennt gelebt hatten, ist die Klägerin im April 1994 mit
den Kindern aus der Ehewohnung ausgezogen. Am 22. Oktober 1994 hat sie eine weitere Tochter geboren, deren Nichtehelichkeit
rechtskräftig festgestellt ist.
Aufgrund Teilanerkenntnisurteils leistet der Beklagte für seine beiden Kinder die schon bisher gezahlten monatlichen Unterhaltsbeträge
von 303 DM und 241 DM. Die Klägerin hat Trennungsunterhalt verlangt. Das Amtsgericht hat ihr für April 1994 654 DM und ab
Mai 1994 einen monatlichen Unterhalt von 960 DM zugesprochen.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil dahin abgeändert, daß es der Klägerin jeweils monatliche
Unterhaltsbeträge in Höhe von 545 DM für April und Mai 1994, von 647 DM für Juni bis Dezember 1994 und von 422 DM ab Januar
1995 zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen hat.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision, mit der er eine völlige Abweisung des Unterhaltsanspruchs
der Klägerin anstrebt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
1. Das Oberlandesgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Trennungsunterhalt nach §
1361
BGB zugesprochen und dazu ausgeführt: Eigene Einkünfte zur Deckung ihrer Bedürfnisse hätten der Klägerin im Jahr 1994 nicht und
1995 nur in geringem Umfang, nämlich insgesamt rund 800 DM aus Aushilfstätigkeiten, zur Verfügung gestanden. Wegen der Betreuung
der ehelichen Kinder könne von ihr keine Erwerbstätigkeit erwartet werden. Eine Versagung oder Herabsetzung des Unterhalts
entsprechend § 1579 Nr. 6 oder 7 i.V.m. §
1361 Abs.
3
BGB komme nicht in Betracht, da die vorrangigen Belange der auf die Betreuung durch die Klägerin angewiesenen ehelichen Kinder
eine Versagung des Unterhalts in jedem Falle ausschlössen; aber auch eine Herabsetzung des Unterhalts scheide wegen der ohnehin
eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Beklagten aus. Denn diese erlaube ihm nicht, den angesichts der hohen Mietbelastung
mit monatlich mindestens 1.300 DM anzusetzenden Unterhaltsbedarf der Klägerin zu decken.
Dieser Beurteilung kann nicht uneingeschränkt gefolgt werden.
Liegt einer der in §
1579 Nr. 1 bis 7
BGB aufgezählten Härtegründe vor, so ist ein Unterhaltsanspruch unter anderem zu versagen oder herabzusetzen, soweit die Inanspruchnahme
des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines vom Berechtigten betreuten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig
wäre. §
1579
BGB enthält somit zwei Tatbestandsvoraussetzungen: zum einen den Härtegrund, dessen Vorliegen für sich allein noch nicht automatisch
die Anwendung der Härteklausel rechtfertigt, zum anderen die grobe Unbilligkeit, die stets gesondert neben dem Vorliegen eines
Härtegrundes zu prüfen ist (vgl. Senatsurteil vom 31. März 1982 - IVb ZR 665/80 - FamRZ 1982, 582; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 3. Aufl. IV Rdn. 407, 408; Kalthoener/Büttner Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts
6. Aufl. Rdn. 1055). Der Beklagte hat hierzu - zum Teil unter Beweisantritt - vorgetragen, daß die Klägerin sich einseitig
aus der intakten Ehe gelöst und noch während des Zusammenlebens der Parteien intime Beziehungen zu dem späteren Vater ihres
Kindes, dem Zeugen S., aufgenommen habe. Sie sei zwischenzeitlich auch mit den Kindern, deren ältestes deshalb habe umgeschult
werden müssen, in die Nähe des Wohnortes des Zeugen gezogen und unterhalte mit ihm eine feste soziale Beziehung. Lediglich
aus unterhaltstaktischen Gründen habe sie mit ihm noch keine dauerhafte räumliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft aufgenommen.
Ihn, den Beklagten, nunmehr auf Unterhalt in Anspruch zu nehmen, nachdem sie von einem anderen Mann schwanger geworden sei,
sei deshalb besonders unbillig, weil sich die Parteien noch wenige Monate vor dem Ausbrechen der Klägerin aus der Ehe einig
gewesen seien, keine weiteren Kinder mehr haben zu wollen, und er sich auf Bitten der Klägerin und im Vertrauen auf den Fortbestand
der Ehe habe sterilisieren lassen.
Konkrete Feststellungen hierzu hat das Oberlandesgericht nicht getroffen, so daß für die Revision von der Richtigkeit des
Vorbringens des Beklagten auszugehen ist. Das Oberlandesgericht hat allerdings ersichtlich unterstellt, daß ein Härtegrund
im Sinne des §
1579 Nr. 6 oder Nr. 7
BGB vorliegt. Jedoch fehlt eine nähere Prüfung und Auseinandersetzung mit der Frage, ob dieser Härtegrund besonders schwer wiegt
und die Inanspruchnahme des Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles grob unbillig ist. Das Oberlandesgericht
hat dies für entbehrlich gehalten, weil nach seiner Auffassung der Beklagte ohnehin nicht einmal den Mindestunterhalt leisten
könne und eine Herabsetzung unter den Mindestunterhalt oder gar eine Versagung aus Gründen der Wahrung der Kindesbelange von
vorneherein nicht in Betracht komme.
Dem Gesetz kann indessen nicht entnommen werden, daß bei Nichterreichen des Mindestunterhalts jede weitere Prüfung unterbleiben
kann, ob etwa eine außergewöhnliche Härte vorliegt, die auch eine Unterschreitung des Mindestunterhalts rechtfertigen könnte.
Zwar haben auch nach der Neufassung des §
1579
BGB durch das Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) die Belange des Kindes grundsätzlich Vorrang vor
dem Interesse des Unterhaltspflichtigen an Einschränkungen oder am Fortfall seiner Unterhaltslast. Das Kind soll davor bewahrt
werden, daß der betreuende Elternteil die Pflege und Erziehung wegen einer aus wirtschaftlicher Not aufgenommenen Erwerbstätigkeit
vernachlässigt oder den für das Kind bestimmten Unterhalt für den eigenen Bedarf mitverwendet. Demgemäß kommt nach der Rechtsprechung
des Senats eine Versagung, Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung zumindest im Grundsatz nur in Betracht, soweit die Pflege
und Erziehung des Kindes trotzdem gesichert bleibt. Das ist etwa der Fall, soweit der Unterhalt das Maß dessen übersteigt,
was der betreuende Elternteil - gegebenenfalls zusammen mit Erwerbseinkünften - als Mindestbedarf benötigt, ferner, soweit
er die Mittel hierzu von anderer Seite erhält oder soweit die Pflege und Erziehung des Kindes auch in anderer Weise als durch
die unmittelbare Betreuung des Elternteils sichergestellt werden kann. Ob diese Grenzen in besonders schwerwiegenden Härtefällen
zur Vermeidung untragbarer Ergebnisse für den Verpflichteten überschritten werden können, also die Kindesbelange denen des
Verpflichteten in weiterem Umfange weichen müssen, ist in den bisherigen Entscheidungen offen geblieben (vgl. Senatsurteile
vom 27. September 1989 - IVb ZR 78/88 FamRZ 1989, 1279, 1280; vom 12. März 1997 - XII ZR 153/95 FamRZ 1997, 671, 672 und vom 16. April 1997 - XII ZR 293/95 FamRZ 1997, 873, 875 m.w.N.).
Aus dem Vorrang der Kindesbelange läßt sich andererseits aber nicht schließen, daß auch in besonders schwerwiegenden Fällen
eine Herabsetzung des Unterhalts unter den Mindestbedarf oder eine Versagung schlechthin unzulässig ist. In der Literatur
wird dies zwar teilweise vertreten (vgl. Johannsen/Henrich/Voelskow Eherecht 2. Aufl. §
1579
BGB Rdn. 9; Henrich FamRZ 1986, 401, 404; Schwab/Borth aaO Rdn. 418, der jedoch auch in solchen Fällen prüfen will, ob nicht eine Teilzeiterwerbstätigkeit zumutbar
ist). Im Gesetzgebungsverfahren fand jedoch ein Vorschlag, dem betreuenden Elternteil selbst in außergewöhnlichen Härtefällen
jedenfalls den notwendigen Bedarf zu belassen und Unterhaltskürzungen nur bis herab zu dieser Grenze zuzulassen, keine Mehrheit,
weil dies mit Blick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1981 (BVerfGE 57, 361, 388 = FamRZ 1981, 745, 750) für zu eng und verfassungsrechtlich bedenklich gehalten wurde (BT-Drucks. 10/4514 S. 20). Das Bundesverfassungsgericht
hat im übrigen in seiner späteren, nach Änderung des §
1579
BGB ergangenen Entscheidung daran festgehalten, daß nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderen Härtefällen ein
Ausschluß oder eine Herabsetzung des Unterhalts möglich sein muß (BVerfG FamRZ 1989, 941, 943). Auch aus seiner Aussage, grundrechtswidrige Ergebnisse ließen sich "weitgehend" durch Reduzierung des eheangemessenen
Unterhalts auf das zur Kindesbetreuung erforderliche Maß vermeiden, läßt sich schließen, daß dies zwar in der Regel ausreichen
mag, um in Härtefällen einen gerechten Interessenausgleich zu schaffen, daß aber in besonders krassen Fällen eine weitere
Herabsetzung bis zur völligen Versagung in Betracht kommt. Daher ist die Prüfung, ob ein solcher außergewöhnlicher Härtefall
vorliegt, nicht schon deshalb entbehrlich, weil der Verpflichtete ohnehin nicht den Mindestunterhalt leisten kann (wie hier
MünchKomm/Richter
BGB 3. Aufl. §
1579 Rdn. 13 a, 54; Palandt/Diederichsen
BGB 57. Aufl. 1579 Rdn. 12; wohl auch Soergel/Häberle
BGB 12. Aufl. 1579 Rdn. 34, 35; Kalthoener/Büttner aaO Rdn. 1137).
Zu prüfen ist in solchen Fällen darüber hinaus, ob an die Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils höhere Anforderungen
zu stellen sind (vgl. Borth aaO). Der Klägerin ist es auch nach der Geburt ihres dritten Kindes immerhin möglich gewesen,
zeitweise durch Aushilfstätigkeit auf dem Campingplatz des Vaters ihres Kindes und durch Vermittlungstätigkeit für eine Versicherungsagentur
Einkommen zu erzielen, wobei ihr laut eigenen Angaben im Schriftsatz vom 19. Oktober 1995 aus der Versicherungstätigkeit insgesamt
700 DM und aus der Aushilfstätigkeit 600 DM zugeflossen sind. Das Oberlandesgericht hat nicht geprüft, ob ihr eine zumindest
stundenweise Fortsetzung dieser oder ähnlicher Tätigkeiten, die sich mit der Kindesbetreuung vereinen lassen, möglich ist.
Das Urteil kann daher insoweit mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben, sondern ist zur weiteren Prüfung an das
Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Kommt das Oberlandesgericht hierbei zu dem Schluß, daß der Klägerin wegen §
1579
BGB nur ein verminderter Unterhaltsanspruch zusteht, ist ferner zu prüfen, ob sich die Bedürftigkeit der Klägerin nicht durch
Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz mindert. Danach wird dem Personensorgeberechtigten ab dem 1. Januar 1993 Erziehungsgeld in Höhe von monatlich 600 DM für
die ersten 24 Monate nach der Geburt des Kindes gewährt. Gemäß § 9
BErzGG werden zwar Unterhaltsverpflichtungen durch die Gewährung nicht berührt. Nach Satz 2 der Regelung gilt dies aber unter anderem
nicht in den Fällen der §§
1361 Abs.
3,
1579
BGB. Daher muß sich der Erziehungsgeldempfänger die Leistung als Unterhaltsberechtigter entgegenhalten lassen, wenn er aus Billigkeitsgründen
gemäß §
1579
BGB nur einen eingeschränkten Unterhaltsanspruch hat (Kalthoener/Büttner aaO Rdn. 559, 692, 855 m.w.N.). Das gilt unabhängig
davon, ob der Unterhalt wegen des Vorliegens einer außergewöhnlichen Härte noch unter die Schwelle des Mindestbedarfs herabzusetzen
ist.
2. Eine Unterhaltsforderung der Klägerin aus §
1615 l
BGB gegen den Vater des nichtehelichen Kindes, die dem Anspruch aus §
1361
BGB gegen den Beklagten vorgehen könnte, hat das Oberlandesgericht verneint. Nach seiner Auffassung sei - ähnlich wie in § 1615
l Abs. 2 - auch für §
1615 l Abs.
1
BGB entscheidende Voraussetzung, daß die Geburt des nichtehelichen Kindes und die durch sie implizierte mangelnde Erwerbsfähigkeit
der Mutter überhaupt für ihren Unterhaltsbedarf ursächlich geworden sei. Das sei hier nicht der Fall, da die Klägerin nicht
erst durch die Schwangerschaft und Geburt des nichtehelichen Kindes unterhaltsbedürftig geworden, sondern bereits infolge
der Betreuung der ehelichen Kinder an einer Erwerbstätigkeit gehindert gewesen sei. Die Tatsache der Geburt eines nichtehelichen
Kindes allein könne den Unterhaltsanspruch der Mutter gegen den Vater nicht begründen, sondern es müsse der Unterhaltsbedarf
der Mutter und die ausreichende Leistungsfähigkeit des Vaters hinzutreten. Lediglich die Darlegungslast der Mutter für die
Voraussetzungen ihres Unterhaltsbedarfs sei ihr in §
1615 l Abs.
1
BGB gegenüber dem Anspruch nach Abs.
2 der Vorschrift erleichtert. §
1615 l Abs.
1
BGB verschaffe ihr aber keinen eigenständigen, von Bedarf und Leistungsfähigkeit unabhängigen Unterhaltsanspruch. Der Unterhaltsanspruch
aus §
1361
BGB gegen den Ehemann werde daher durch die Geburt des nichtehelichen Kindes nicht berührt. Einen sich an §
1615 l Abs.
1
BGB anschließenden verlängerten Anspruch nach Abs. 2 hat es mangels Kausalität implicite ebenfalls verneint.
Auch dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Anspruch aus §
1615 l Abs.
1
BGB: §
1615 l Abs.
1
BGB gewährt der Mutter gegen den Vater ihres nichtehelichen Kindes einen Unterhaltsanspruch für die Dauer von sechs Wochen vor
bis acht Wochen nach der Geburt des Kindes. Dem Oberlandesgericht ist zwar einzuräumen, daß es für diesen Anspruch, wie bei
jedem anderen Unterhaltsanspruch auch, allgemein auf die Bedürftigkeit der Mutter und die Leistungsfähigkeit des Vaters ankommt.
Weitere Tatbestandsvoraussetzung ist indessen nur die Schwangerschaft und Geburt. Dagegen ist eine kausale Verknüpfung zwischen
diesen Umständen und der Bedürftigkeit nicht erforderlich. Der Anspruch besteht vielmehr auch dann, wenn die Mutter bereits
aus anderen Gründen, etwa wegen Krankheit, der Betreuung eines anderen Kindes oder mangels einer Beschäftigungsmöglichkeit
auf dem Arbeitsmarkt, ihren Bedarf nicht durch eigene Erwerbstätigkeit decken kann, wenn also die Bedürftigkeit nicht erst
durch die Schwangerschaft, Entbindung und Versorgung des Neugeborenen eingetreten ist. Das folgt zum einen aus dem Wortlaut
der Vorschrift, die im Gegensatz zu Abs. 2 Satz 1 der Regelung (siehe unten) keine entsprechende Kausalität vorsieht, zum
anderen aus ihrer Zielsetzung. §
1615 l Abs.
1
BGB soll - in Anlehnung an die Mutterschutzvorschriften - die Mutter in der kritischen Phase vor und nach der Entbindung allein
mit Rücksicht auf die damit verbundenen Belastungen von jeder Erwerbspflicht freistellen. Außerdem soll das Kind dadurch geschützt
werden, daß die Mutter in diesem Zeitraum in jedem Falle wirtschaftlich abgesichert ist (allgemeine Meinung, vgl. MünchKomm/Köhler
aaO § 1615 l Rdn. 2 und 4; Palandt/Diederichsen aaO §
1615 l Rdn. 2; Soergel/Häberle aaO §
1615 l Rdn. 9; Staudinger/Eichenhofer
BGB 12. Aufl. §
1615 l Rdn. 5; RGRK/Mutschler
BGB 12. Aufl. Rdn. 1 und 3; AK/Derleder
BGB § 1615 l Rdn. 2; Göppinger/Maurer Unterhaltsrecht 6. Aufl. Rdn. 969; Odersky Nichtehelichengesetz 4. Aufl. § 1615 l Anm. II 1; OLG Hamm FamRZ 1991, 979). Demgemäß kann das Bestehen des Anspruchs aus Abs. 1 der Regelung nicht mit dem Hinweis darauf verneint werden, daß die
Bedürftigkeit der Klägerin bereits auf der Betreuung ihrer ehelichen Kinder beruhe und es daher an der erforderlichen Kausalität
fehle.
b) Anspruch aus §
1615 l Abs.
2 Satz 2
BGB:
Entsprechendes gilt für den Anspruch aus §
1615 l Abs.
2 Satz 2
BGB. §
1615 l Abs.
2
BGB in der durch das Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21. August 1995 (BGBl. I S. 1050) mit Wirkung ab 1. Oktober
1995 geänderten Fassung gewährt der Mutter in zwei Fällen einen Unterhaltsanspruch bis längstens drei Jahre nach der Entbindung,
nämlich gemäß Satz 1, soweit sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch diese oder durch die Entbindung verursachten
Krankheit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann, und gemäß Satz 2, soweit von ihr wegen der Pflege und Erziehung des Kindes
eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Beide Tatbestände unterscheiden sich hinsichtlich des Kausalitätserfordernisses.
Satz 1, der durch die Neuregelung nicht betroffen wurde, setzt voraus, daß die Schwangerschaft, Entbindung oder eine dadurch
verursachte Krankheit zumindest mitursächlich für die Nichtaufnahme einer Erwerbstätigkeit sind, so daß ein Unterhaltsanspruch
ausscheidet, wenn die Erwerbstätigkeit bereits aus anderen Gründen, etwa wegen einer davon unabhängigen Erkrankung, einer
bereits zuvor bestehenden Erwerbslosigkeit oder der Versorgung anderer Kinder unterlassen wird. Denn die Unterhaltsverpflichtung
des Vaters geht nur so weit, wie die Bedürftigkeit der Mutter von ihm mitverursacht worden ist (herrschende Meinung vgl. MünchKomm/Köhler
aaO Rdn. 5 und 6; Palandt/Diederichsen aaO Rdn. 7; Soergel/Häberle aaO Rdn. 10 und Ergänzungsband Rdn. 10; Staudinger/Eichenhofer
aaO Rdn. 6-8; AK/Derleder aaO Rdn. 3; RGRK Mutschler aaO Rdn. 5; Gernhuber/Coester-Waltjen aaO § 59 III 4; Göppinger/Maurer
aaO Rdn. 947, 970; OLG Hamm FamRZ 1989, 619; 1991, 979; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 690).
Demgegenüber enthält Satz 2 der Bestimmung seit der Neufassung nur noch ein eingeschränktes Kausalitätserfordernis. Nach der
früheren Regelung, nach der die Nichterwerbstätigkeit der Mutter darauf beruhen mußte, daß das Kind andernfalls nicht versorgt
werden konnte, stand es nicht im Belieben der Mutter, das Kind selbst zu versorgen, sondern verlangte den Nachweis, daß eine
anderweitige Möglichkeit der Kindesbetreuung, z.B. in einer Kindertagesstätte, nicht bestand (vgl. Senatsurteil BGHZ 93, 123, 128). Nach Satz 2 der geltenden Fassung kommt dagegen ein Anspruch bereits dann in Betracht, wenn von der Mutter wegen der
Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Zwar ist die Betreuungsbedürftigkeit des
Kindes auch hier Voraussetzung. Mit der weitgehenden Angleichung der Anspruchsvoraussetzung an den für die Betreuung ehelicher
Kinder geltenden §
1570
BGB sollte aber die soziale und wirtschaftliche Ausgangslage des nichtehelichen Kindes mittelbar dadurch verbessert werden, daß
die Mutter nicht mehr nachweisen muß, daß sie mangels anderweitiger Versorgungsmöglichkeit des Kindes nicht erwerbstätig sein
kann. Die Erweiterung des Betreuungsunterhaltsanspruches sollte den Vater mehr in die Verantwortung dafür einbeziehen, daß
ein nichteheliches Kind während der ersten drei Lebensjahre in den Genuß der persönlichen Betreuung durch die Mutter kommt,
die dafür durch den Unterhaltsanspruch sichergestellt wird (BT-Drucks. 13/1850 S. 24). Darauf, ob ohne die Kindesbetreuung
eine Erwerbstätigkeit ausgeübt würde, ob also die Kindesbetreuung die alleinige Ursache für die Nichterwerbstätigkeit ist,
kommt es demnach nicht mehr an. Vielmehr besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Mutter schon zuvor erwerbslos war oder ein
anderes Kind betreute, welches sie ebenfalls an einer Erwerbstätigkeit hinderte (OLG Hamm FamRZ 1997, 632, 633; Palandt/Diederichsen aaO Rdn. 7).
c) Da somit Unterhaltsansprüche der Klägerin gegen den Vater ihres nichtehelichen Kindes sowohl nach §
1615 l Abs.
1 als auch nach Abs.
2 Satz 2
BGB in Betracht kommen, die in die streitbefangene Zeit fallen und mit ihrem Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß §
1361
BGB gegen ihren Ehemann konkurrieren, kommt es auf die Frage der Haftung des Vaters des nichtehelichen Kindes im Verhältnis zum
Beklagten an. Das Gesetz hat diese Konstellation in §
1615 l Abs.
3
BGB, in dem die Reihenfolge der Unterhaltsverpflichtungen zwischen dem Vater und den Verwandten der Mutter sowie das Rangverhältnis
zwischen der Mutter und der Ehefrau und den minderjährigen Kindern des Vaters geregelt sind, nicht mit aufgegriffen. Während
das ältere Schrifttum von einem grundsätzlichen Vorrang der Haftung des Ehemannes vor dem Vater ausging (Brühl FamRZ 1967,
130, 133; Brüggemann FamRZ 1971, 140, 147), was unter anderem aus dem allgemeinen Verweis des §
1615 l Abs.
3 Satz 1
BGB auf die Vorschriften des Verwandtenunterhalts und den dortigen §
1608
BGB mit der vorrangigen Haftung des Ehemannes vor den Verwandten gefolgert wurde, wird in der neueren Literatur und Rechtsprechung
überwiegend die Auffassung vertreten, daß der Vater vor dem Ehemann haften soll. Dies wird aus einer analogen Anwendung des
§
1615 2. Abs.
3 Satz 2
BGB abgeleitet, wonach der Vater vor den Verwandten der Mutter zur Unterhaltszahlung heranzuziehen ist. Da das Gesetz darin zum
Ausdruck bringe, den Vater vorrangig auf Unterhalt in Anspruch zu nehmen, der die Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter zu verantworten
habe, müsse der Ehemann ebenso wie die Verwandten der Mutter vor einer Inanspruchnahme geschützt werden, da für eine Ungleichbehandlung
von Verwandten und Ehemann kein sachlicher Grund bestehe (MünchKomm/Köhler aaO Rdn. 9 a; Palandt/Diederichsen aaO Rdn. 11;
Soergel/ Häberle aaO Rdn. 5 und Ergänzungsband Rdn. 5; Staudinger/Eichenhofer Rdn. 18 und 21; Gernhuber/Coester-Waltjen aaO
§ 59 III Anm. 3; Odersky aaO Anm. II 8 c; OLG Celle FamRZ 1979, 119; OLG Koblenz FamRZ 1981, 92; OLG Hamm FamRZ 1991, 979; 1997, 632; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 690; ablehnend, soweit ersichtlich, nur OLG München FamRZ 1994, 1108). Dabei wird allerdings zum Teil angenommen, daß der Vorrang der Haftung des Vaters nur soweit reiche, als durch die Schwangerschaft
oder Mutterschaft ein Mehrbedarf verursacht wird, während für den ohne sie bestehenden Grundbedarf allein der Ehemann hafte
(RGRK/Mutschler aaO Rdn. 11; Göppinger/Maurer aaO Rdn. 981). Eine anteilige Haftung entsprechend §
1606 Abs.
3 Satz 1
BGB wird dagegen überwiegend abgelehnt.
Der Senat hält demgegenüber in einem Fall wie dem vorliegenden eine Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen dem Ehemann
und dem Vater in entsprechender Anwendung des §
1606 Abs.
3 Satz 1
BGB für geboten. §
1615 l Abs.
3 Satz 1
BGB verweist allgemein auf eine entsprechende Anwendung der für die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten geltenden Vorschriften.
Dabei kommt eine Heranziehung des §
1608
BGB mit der vorrangigen Haftung des Ehemannes vor den Verwandten der Mutter zur Lösung der vorliegenden Frage von vorneherein
nicht in Betracht, weil der Vater des nichtehelichen Kindes den Verwandten der Mutter nicht gleichgesetzt werden kann. Das
folgt bereits aus der Sonderbestimmung des §
1615 l Abs.
3 Satz 2
BGB, nach der die Unterhaltsverpflichtung des Vaters vor derjenigen der Verwandten rangiert (vgl. MünchKomm/Köhler aaO Rdn. 9
a). Diese Bestimmung geht als lex specialis dem §
1608
BGB vor.
Andererseits muß aber auch eine Gleichsetzung des Ehemannes mit den Verwandten der Mutter entsprechend §
1615 l Abs.
3 Satz 2
BGB ausscheiden. Denn die daraus abgeleitete undifferenzierte vorrangige Haftung des Vaters vor dem Ehemann trägt dem Umstand
nicht Rechnung, daß die Mutter auch wegen der notwendigen Betreuung der ehelichen Kinder an einer Erwerbstätigkeit gehindert
ist. Die insoweit dem Ehemann zuzuschreibende Verantwortung würde, folgt man der überwiegenden Meinung, außer acht gelassen
und der Ehemann gegenüber dem Vater des nichtehelichen Kindes in ungerechtfertigter Weise privilegiert. Eine solche Bevorzugung
läßt sich nicht daraus herleiten, daß der Unterhaltsanspruch aus §
1615 l Abs.
2
BGB seit der Reform 1995 demjenigen aus §
1570
BGB angenähert wurde und, was die bisherige zeitliche Ausdehnung auf drei Jahre betrifft, mit der am 1. Juli 1998 in Kraft tretenden
Kindschaftsrechtsreform weiter verlängerbar werden soll (vgl. § 1615 l Abs. 2 Satz 3 in der Fassung des Gesetzes zur Reform
des Kindschaftsrechts vom 16. Dezember 1997, BGBl. I S. 2942 f.). Auch die Regelung des §
1586 a Abs.
2
BGB, die bei einer Konkurrenz von Unterhaltsansprüchen gegen Ehegatten aus zwei geschiedenen Ehen eine Primärhaftung des Ehegatten
aus der später aufgelösten Ehe anordnet (kritisch dazu MünchKomm/Richter aaO § 1586 a Rdn. 8), kann mangels Vergleichbarkeit
der Fallgestaltung nicht herangezogen werden.
Demgegenüber führt eine entsprechende Anwendung des von der Verweisung in §
1615 l Abs.
3 Satz 1
BGB ebenfalls erfaßten §
1606 Abs.
3 Satz 1
BGB zu ausgewogeneren Ergebnissen, weil damit der jeweiligen Verantwortung des Vaters und des Ehemannes flexibel Rechnung getragen
werden kann. Nach §
1606 Abs.
3 Satz 2
BGB haften gleichnahe Verwandte anteilig, und zwar nach dem Maßstab ihrer jeweiligen Erwerbs- und Vermögensverhältnisse. Vergleichbar
damit können auch die jeweiligen Väter ehelicher und nichtehelicher Kinder für den betreuungsbedingten Unterhaltsbedarf der
Mutter anteilig herangezogen werden. Die Aufteilung nach den jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen wird dabei
in einer Vielzahl von Fällen zu angemessenen Lösungen führen. Allerdings ist die Anknüpfung an diesen eher schematischen Maßstab
nicht in jedem Fall zwingend. Da §
1606 Abs.
3 Satz 1
BGB nur entsprechend anzuwenden ist, läßt er auch Raum für die Berücksichtigung anderer Umstände, insbesondere der Anzahl, des
Alters, der Entwicklung und der Betreuungsbedürftigkeit der jeweiligen Kinder. So kann im Einzelfall von Bedeutung sein, daß
die Mutter durch die vermehrte Betreuungsbedürftigkeit eines jüngeren oder gar eines behinderten Kindes von jeglicher Erwerbstätigkeit
abgehalten wird, obwohl ihr das fortgeschrittene Alter der anderen Kinder an sich eine Voll- oder zumindest Teilerwerbstätigkeit
erlauben würde. In einem solchen Falle wäre die schematische Aufteilung der Haftungsquote nach den jeweiligen Erwerbs- und
Vermögensverhältnissen des Ehemannes und des Vaters unbefriedigend. Vielmehr müßte der Erzeuger des vermehrt betreuungsbedürftigen
Kindes entsprechend höher gegebenenfalls auch allein zum Unterhalt für die Mutter herangezogen werden. Die entsprechende Anwendung
des 1606 Abs. 3 Satz 1
BGB ermöglicht es, auch solchen Einzelfällen in flexibler Weise gerecht zu werden. Soweit der Unterhalt vom Vater des nichtehelichen
Kindes nicht erlangt werden kann, kommt im übrigen eine entsprechende Anwendung des § 1607 Abs. 2 in Betracht (vgl. Odersky
aaO).
3. Das Maß des nach §
1615 l Abs.
1 und Abs.
2
BGB zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (§
1615 l Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §
1610 Abs.
1
BGB). Diese ist hier geprägt durch die ehelichen Lebensverhältnisse der Klägerin gemäß §
1578
BGB, die daher auch den Maßstab für den Unterhaltsanspruch aus §
1615 l
BGB gegen den Vater des nichtehelichen Kindes bilden.
Für die Bemessung der auf den Vater und den Beklagten entfallenden jeweiligen Haftungsquoten kommt es nach vorstehendem in
erster Linie auf die Leistungsfähigkeit des Vaters an. Diese hat das Oberlandesgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht
ermittelt, so daß das Verfahren auch aus diesem Grunde zurückverwiesen werden muß.
Für das weitere Verfahren ist auf folgendes hinzuweisen: Es wird Sache der Klägerin sein, die Voraussetzungen für ihren Unterhaltsanspruch
aus §
1615 l
BGB gegen den Vater sowie dessen Leistungsfähigkeit - notfalls im Wege einer gegen diesen gerichteten gesonderten Auskunftsklage
gemäß § 1615 l Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §
1605
BGB zur Höhe seines Einkommens - darzulegen. Zwar ist es der Beklagte, der sich gegen seine unterhaltsrechtliche Inanspruchnahme
aus §
1361
BGB mit dem Einwand der anteiligen Mithaftung des Vaters des nichtehelichen Kindes zur Wehr setzt. Ihm ist es jedoch nicht möglich,
die erforderliche Information über die Leistungsfähigkeit des Vaters zu erhalten. Anders als in den üblichen Fällen des §
1606 Abs.
3 Satz 1
BGB, in denen zwischen den barunterhaltspflichtigen Elternteilen ein Auskunftsanspruch nach §
242
BGB aus dem besonderen gegenseitigen Treue- und Pflichtenverhältnis der Eltern hergeleitet wird (vgl. dazu Senatsurteil vom 9.
Dezember 1987 - IVb ZR 5/87 - FamRZ 1988, 268, 269), steht ihm ein entsprechender Auskunftsanspruch gegen den Vater des nichtehelichen Kindes nicht zu. Dagegen ist es
der Klägerin möglich, die erforderliche Auskunft zu erlangen.
Das Oberlandesgericht wird weiter zu beachten haben, daß eine etwaige Kürzung des Trennungsunterhaltsanspruchs der Klägerin
gegen den Beklagten aufgrund von §
1579
BGB erst dann vorzunehmen ist, wenn der auf den Beklagten entfallende Haftungsanteil festgestellt ist.