Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhaltsbedarf; Anforderungen an die Normeklarheit
Gründe:
A. Die Richtervorlage und die Verfassungsbeschwerde betreffen die Nichtanrechnung von Kindergeld auf den Kindesunterhalt nach
§
1612 b Abs.
5 BGB.
I. Zum Ausgleich der mit dem Unterhalt und der Betreuung von Kindern verbundenen Belastungen erhielten Eltern bis Ende 1974
Kindergeld nach dem
Bundeskindergeldgesetz (
BKGG) und Kinderfreibeträge nach dem
Einkommensteuergesetz (
EStG). Das Einkommensteuerreformgesetz vom 5. August 1974 (BGBl I S. 1769) ersetzte ab 1975 diese beiden Ausgleichsmaßnahmen durch
einen einheitlichen Familienlastenausgleich in Form eines vom Elterneinkommen unabhängigen gestaffelten Kindergeldes. Hierdurch
erhielt das Kindergeld neben seiner Bestimmung als staatlicher Sozialleistung zum Ausgleich wirtschaftlicher Belastungen,
die Eltern durch die Sorge für ihre Kinder entstehen, zusätzlich die Funktion, die Minderung der Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen
durch den Unterhalt ihrer Kinder auszugleichen (vgl. BVerfGE 82, 60 [78]). Auch die Wiedereinführung von Kinderfreibeträgen brachte die damit geschaffene Doppelfunktion des Kindergeldes nicht
wieder zum Wegfall. Das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I S. 1250), mit dem das Existenzminimum eines Kindes
nunmehr durch den Kinderfreibetrag oder durch Kindergeld steuerlich freigestellt werden sollte, bestimmte mit der Einfügung
von §
31 EStG, dass das Kindergeld der Förderung der Familie dient, soweit es zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums nicht
erforderlich ist (Art. 1 Nr. 27). Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 zur steuerlichen
Berücksichtigung des Kinderexistenzminimums (BVerfGE 99, 246; 99, 268; 99, 273) erfolgte mit dem Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2552) und dem Zweiten Gesetz
zur Familienförderung vom 16. August 2001 (BGBl I S. 2074) eine Neuregelung der steuerlichen Freistellung des Betreuungs-,
Erziehungs- und Ausbildungsbedarfs für ein Kind bei gleichzeitiger Anhebung des Kindergeldes, das neben seiner steuerlichen
Ausgleichsfunktion weiterhin als Sozialleistung der Familienförderung dient (vgl. §
31 Abs.
1 Satz 2
EStG). Die nach §
32 Abs.
6 Satz 2 und 3
EStG verdoppelten Freibeträge für den Bedarf eines Kindes stehen nicht steuerlich zusammen veranlagten Eltern jeweils hälftig
zu (vgl. §
32 Abs.
6 Satz 6
EStG).
Demgegenüber wird das Kindergeld insgesamt nur einem anspruchsberechtigten Elternteil gewährt (§ 3 Abs. 1
BKGG i.d.F. der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994, BGBl I S. 168). Leben Eltern nicht in gemeinsamem Haushalt mit dem Kind, wird
das Kindergeld dem Elternteil gewährt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1
BKGG). Um sicherzustellen, dass auch dem Elternteil, der das Kind nicht betreut, sondern ihm gegenüber zur Zahlung von Barunterhalt
verpflichtet ist, durch das Kindergeld ein finanzieller Ausgleich seiner Unterhaltslast zugute kommt, bestimmte schon § 1615 g
BGB - eingeführt durch das Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 (BGBl I S. 1243,
1246) - jedenfalls für den Unterhalt nichtehelicher Kinder, dass das einem anderen als dem Vater ausgezahlte Kindergeld zur
Hälfte auf den Regelbedarf des Kindes anzurechnen sei. Mit dem Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBl I S. 666) ist die Berücksichtigung von Kindergeld beim Kindesunterhalt für eheliche und nichteheliche
Kinder vereinheitlicht worden. Nunmehr regelt §
1612 b BGB in der Fassung des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November
2000 (BGBl I S. 1479) in Absatz 1, dass das auf ein Kind entfallende Kindergeld, wenn es nicht an den Barunterhaltspflichtigen
ausgezahlt wird, hälftig auf den Barunterhaltsanspruch des Kindes anzurechnen ist, damit über diese Anrechnung auch dem Barunterhaltspflichtigen
sein Anteil am Kindergeld zukommt. Diese Anrechnungsregelung ist zugleich in §
1612 b Abs.
5 BGB um eine Ausnahme ergänzt worden. Danach unterbleibt die Kindergeldanrechnung nach Absatz 1, soweit der Unterhaltspflichtige
außer Stande ist, Unterhalt in einer bestimmten Höhe zu zahlen, die im Kindesunterhaltsgesetz mit dem Regelbetrag nach der Regelbetrag-Verordnung angegeben wurde.
Hiermit sollte sichergestellt werden, dass der betreuende Elternteil mindestens über den Regelbetrag und seinen eigenen Kindergeldanteil
verfügen kann, um den Lebensunterhalt des Kindes zu sichern. Der Ausgleichsberechtigte wird dabei steuerrechtlich so behandelt,
als habe er seinen hälftigen Kindergeldanteil nach Absatz 1 zwar erhalten, aber ganz oder teilweise zur Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtung
eingesetzt (vgl. BTDrucks 13/7338, S. 30). Mit der Begründung, dass die Regelbeträge nach der Regelbetrag-Verordnung hinter
dem Existenzminimum von Kindern zurückblieben, wurde darauf verzichtet, den Regelbetrag als im Regelfall bedarfsgerechten
Unterhalt zu definieren (vgl. BTDrucks 13/9596, S. 31).
Gesetzliche Grundlage für die Regelbetrag-Verordnung ist der mit dem Kindesunterhaltsgesetz neu eingeführte §
1612 a BGB, nach dem ein minderjähriges Kind von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Vomhundertsatz
des jeweiligen Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung verlangen kann (Abs. 1). Die Regelbeträge werden in der Regelbetrag-Verordnung
nach dem Alter von Kindern über Altersstufen gestaffelt (Abs. 3), sollen sich entsprechend der Entwicklung des durchschnittlich
verfügbaren Arbeitsentgelts jedes zweite Jahr ändern und werden nach bestimmten Berechnungsvorgaben durch Rechtsverordnung
des Bundesministeriums der Justiz angepasst (Abs. 4). Sie betragen derzeit für ein Kind bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres
188 beziehungsweise 174 EURO (altes Bundesgebiet/Beitrittsgebiet), für ein Kind bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres 228
beziehungsweise 211 EURO und vom 13. Lebensjahr an 269 beziehungsweise 249 EURO (§§ 1 und 2 Regelbetrag-Verordnung i.d.F.
der Verordnung vom 8. Mai 2001, BGBl I S. 842).
Im Zuge der Beratungen des Entwurfs eines Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung (BTDrucks 14/1247) im Rechtsausschuss
des Deutschen Bundestages wurde ein Änderungsantrag eingebracht, mit dem eine Anhebung der in §
1612 b Abs.
5 BGB genannten Bezugsgröße auf 130 % des Regelbetrages erreicht werden sollte. Nach einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses
und des mitberatenden Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, bei der neben Kritik an der neuen Bezugsgröße
und verfassungsrechtlichen Bedenken auch der Vorschlag unterbreitet wurde, die Regelbeträge selbst entsprechend anzuheben,
empfahl der Rechtsausschuss, die Grenze, bis zu der eine Anrechnung des Kindergeldes unterbleiben soll, in §
1612 b Abs.
5 BGB auf 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung anzuheben (BTDrucks 14/3781, S. 4).
Zur Begründung führte er aus, in Ergänzung der Neuregelung des Familienleistungsausgleichs durch das Gesetz zur Familienförderung
seien die Alleinerziehenden nun auch unterhaltsrechtlich zu entlasten. Dies sei umso dringender angezeigt, als nach der Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts die früher der Entlastung dienende Vorschrift des § 33 c
EStG wegen deren Unvereinbarkeit mit Art.
6 GG entfallen sei. Erst durch eine solche unterhaltsrechtliche Neuregelung könne sichergestellt werden, dass das Existenzminimum
des Kindes nicht nur steuerrechtlich freigestellt werde, sondern auch Anknüpfungspunkt für die Verteilung und Verwendung des
Kindergeldes werde. Eine Anrechnung des Kindergeldes habe zu unterbleiben, soweit der für den Unterhalt des Kindes zur Verfügung
stehende Betrag, also der tatsächlich geschuldete Unterhalt, hinter dem Barexistenzminimum des Kindes zurückbleibe. Der hälftige
Kindergeldanteil werde künftig nur angerechnet, soweit er zusammen mit dem tatsächlich geschuldeten Unterhalt das Barexistenzminimum
übersteige. Diese Regelung erscheine im Interesse des Kindes sachgerecht. Der neue §
1612 b Abs.
5 BGB führe auf diese Weise zu einer geänderten Verwendung des Kindergeldes unter Übernahme des Barexistenzminimums als maßgeblicher
Grenze, ohne dass von der in §
1612 b Abs.
1 BGB angeordneten Halbteilung des Kindergeldes abgewichen werde. Der Barunterhaltsleistende werde jedoch so lange verpflichtet,
die ihm zustehende Hälfte des Kindergeldes für den Unterhalt des Kindes zu verwenden, bis das Barexistenzminimum des Kindes
gesichert sei. Unberührt bleibe hiervon das Erfordernis, in Mangelfällen auch den notwendigen Selbstbehalt des Barunterhaltsverpflichteten
zu wahren. Der Entwurf verzichte darauf, das Barexistenzminimum des Kindes autonom zu definieren. Ein eingehender Abgleich
der Entwicklung der Beträge des Existenzminimums einerseits sowie der Regelbeträge andererseits habe ergeben, dass die ohnehin
beizubehaltenden Regelbeträge eine treffsichere Rechengrundlage abgäben und dass sich hiernach das Existenzminimum mit 135
% des jeweiligen, nach Altersgruppen gestaffelten Regelbetrages darstellen lasse (vgl. BTDrucks 14/3781, S. 7 f.).
Die vom Rechtsausschuss vorgeschlagene Fassung des §
1612 b Abs.
5 BGB wurde am 6. Juli 2000 vom Bundestag beschlossen. Zugleich nahm der Bundestag eine ebenfalls vom Rechtsausschuss empfohlene
Entschließung an, mit der die Bundesregierung gebeten wurde, das geltende Unterhaltsrecht, insbesondere hinsichtlich der Abstimmung
seiner Inhalte mit sozial- und steuerrechtlichen Parallelregelungen sowie der Auswirkungen der in §
1612 b Abs.
5 BGB vorgeschlagenen Änderungen in der Praxis, gründlich zu überprüfen und Vorschläge zu seiner Neuregelung einzubringen (vgl.
BTDrucks 14/3781, S. 3; Plenarprotokoll 14/114, S. 10899). Der Bundesrat beschloss in seiner Sitzung vom 29. September 2000,
den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen (Plenarprotokoll 754, S. 349). Das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung
und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 ist nach seinem Art. 5 Abs. 1 Satz 2 hinsichtlich der Änderung des §
1612 b Abs. 5
BGB am 1. Januar 2001 in Kraft getreten.
Anrechnung von Kindergeld
(1) Das auf das Kind entfallende Kindergeld ist zur Hälfte anzurechnen, wenn an den barunterhaltspflichtigen Elternteil Kindergeld
nicht ausgezahlt wird, weil ein anderer vorrangig berechtigt ist.
(2) bis (4) ...
(5) Eine Anrechnung des Kindergelds unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135
Prozent des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist Kindergeld sozialhilferechtlich anrechenbares Einkommen (vgl. BVerwGE
94, 326 [328]) und vorrangig zur Bedarfsdeckung einzusetzen. Dies gilt auch für den um den Kindergeldanteil nach §
1612 b Abs.
5 BGB aufgestockten Kindesunterhalt. Allerdings bleibt nach § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG das Kindergeld in Höhe von 10,25 EURO für ein Kind von der Anrechnung des sozialhilferechtlich relevanten Einkommens eines
Haushalts ausgenommen. Die Regelung ist bis zum 30. Juni 2005 befristet.
II. 1. a) Im Verfahren 1 BvL 1/01 erhob das im Februar 1998 geborene und vom zuständigen Jugendamt vertretene Kind Klage auf Feststellung der Vaterschaft gegen
den Beklagten des Ausgangsverfahrens und auf Zahlung von Kindesunterhalt, den es ab Januar 2001 bis einschließlich Januar
2004 in Höhe von 100 % des jeweiligen Regelbetrages abzüglich eines reduzierten Kindergeldanteils und ab Februar 2004 ohne
Anrechnung von Kindergeld geltend macht. Mit Teilurteil stellte das Amtsgericht den Beklagten als Vater des Kindes fest und
verurteilte diesen zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrages nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung
abzüglich des hälftigen Kindergeldes.
b) Im Übrigen hat das Gericht das Verfahren ausgesetzt und beschlossen, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur
Vereinbarkeit von §
1612 b Abs.
5 BGB insbesondere mit Art.
3 Abs.
1 in Verbindung mit Art.
6 Abs.
1 und
2 GG einzuholen.
Der Ausschluss der hälftigen Kindergeldanrechnung oder die nur teilweise Anrechnung des Kindergeldes auf den Barunterhalt
entgegen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten verstoße gegen das Gebot der Gleichbehandlung aus Art.
3 Abs.
1 GG. §
1612 b Abs. 5
BGB knüpfe an die Einkommensverhältnisse barunterhaltspflichtiger Eltern an. Unterhaltspflichtige mit weniger als etwa 3.500
DM monatlichem Nettoeinkommen würden schlechter gestellt als Unterhaltspflichtige mit höherem Verdienst. Auch innerhalb der
schlechter gestellten Gruppe finde eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung statt, da die Höhe der teilweisen Kindergeldanrechnung
mit zunehmendem Einkommen steige. Die Betroffenen seien nur sehr bedingt in der Lage, durch ihr Verhalten auf die Unterscheidung
Einfluss zu nehmen. Unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten sei die Unsachlichkeit der Differenzierung evident.
Die Schlechterstellung einkommensschwacher Barunterhaltspflichtiger untereinander und gegenüber einkommensstärkeren Unterhaltspflichtigen
sowie gegenüber den Erziehungsunterhalt Leistenden müsse sich unter Berücksichtigung der Verpflichtung des Gesetzgebers aus
Art.
6 Abs.
1 und
2 GG rechtfertigen. Warum die Ziele der Neuregelung, die unterhaltsrechtliche Entlastung Alleinerziehender und die Sicherung des
Existenzminimums des Kindes, gerade zu Lasten der Einkommensschwächsten unter den Barunterhaltspflichtigen befördert werden
sollten, sei den Gesetzesmotiven nicht zu entnehmen. Mit der Regelung komme der Gesetzgeber auch nicht der steuerrechtlichen
Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums von Familien und Kindern nach. Er konterkariere vielmehr die dem Kindergeld
gegebene Zweckbestimmung als vorweggenommene Steuererstattung. Die Vorschrift verstoße damit letztlich gegen das Willkürverbot.
Der Gesetzgeber hätte seine Ziele in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise durch eine Erhöhung des Kindergeldes auf mindestens
135 % des niedrigsten Regelbedarfs oder durch Anhebung der Regelbeträge auf das Niveau von 135 % erreichen können.
2. Im Verfahren 1 BvR 1749/01 ist der Beschwerdeführer Vater eines 1992 geborenen Kindes, das im Ausgangsverfahren beantragte, einen Unterhaltstitel gegen
ihn aus dem Jahre 1993 im vereinfachten Verfahren abzuändern.
a) Das Amtsgericht folgte dem Antrag insoweit, als es den Beschwerdeführer verpflichtete, von Januar bis einschließlich Juni
2001 Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrages der 2. Altersstufe ohne Anrechnung von Kindergeld zu zahlen. Ab Juli 2001
sei auf den Unterhalt das hälftige Kindergeld anzurechnen, soweit dieses zusammen mit dem Unterhalt 135 % des Regelbetrages
übersteige.
Die hiergegen vom Beschwerdeführer erhobene sofortige Beschwerde wies das Oberlandesgericht zurück. Es bestünden keine Zweifel
an der Verfassungsmäßigkeit des §
1612 b Abs.
5 BGB. Die Neuregelung verstoße nicht gegen Art.
6 Abs.
1 GG. Sie diene dem Schutz der Kinder getrennt lebender Eltern und der Sicherung ihres existenziellen materiell-wirtschaftlichen
Bedarfs. Es sei nicht richtig, dass der Beschwerdeführer das Existenzminimum des Kindes nicht steuerlich berücksichtigt erhalte
und deshalb in seinem Elternrecht verletzt sei. Das Existenzminimum entspreche betragsmäßig dem hälftigen Kinderfreibetrag,
den der Beschwerdeführer auch steuerlich geltend mache. Wenn der Steuervorteil nicht den Betrag des hälftigen Kindergeldes
erreiche, berühre das den Anspruch des Beschwerdeführers auf Kindergeld nicht. Kindergeld sei immer dann zweckgebundene Sozialleistung,
wenn anders der existenzielle Bedarf des Kindes gefährdet wäre. Das Kindergeld fließe dem Beschwerdeführer nach §
1612 b Abs.
5 BGB wirtschaftlich zwar nicht unmittelbar, aber mittelbar zu, da ihm in dieser Höhe Teilunterhaltszahlungen an das Kind gutgeschrieben
würden.
Die Neuregelung verstoße auch nicht gegen Art.
1 Abs.
1 GG. Der eigene Bedarf des Beschwerdeführers bleibe unangetastet. Es sei von Verfassungs wegen nicht geboten, dem Beschwerdeführer
seinen Kindergeldanteil ungekürzt zu belassen, um ihm die Erfüllung seiner Umgangsverpflichtung gegenüber dem Kind wirtschaftlich
zu erleichtern. Die damit verbundenen Kosten könnten vielmehr als notwendiger Aufwand im Sinn von §
1603 BGB in Ansatz gebracht und bei der Ermittlung des verfügbaren Einkommens berücksichtigt werden.
Art.
3 Abs.
1 GG sei ebenfalls nicht verletzt. Nicht ein Gleichheitsverstoß, sondern zwingende Konsequenz des Gleichbehandlungsgebots sei,
dass die Zweckbestimmung in §
1612 b Abs.
5 BGB den Barunterhaltspflichtigen und nicht den betreuenden Elternteil treffe. Damit werde dessen bisherige Ungleichbehandlung
beseitigt, die darin gelegen habe, dass er seinen Kindergeldanteil auf den Bedarf des Kindes habe verwenden müssen, wenn der
Barunterhaltspflichtige den Mindestbedarf des Kindes nicht habe decken können. Dies aber habe dem Grundsatz widersprochen,
dass der betreuende Elternteil mit der Betreuung seiner Unterhaltspflicht in vollem Umfang nachkomme und nicht darüber hinaus
noch Barunterhalt schulde, denn Bar- und Betreuungsunterhalt seien gleichwertig. Insofern stelle die Neuregelung nur ein systemgerechtes
Gleichgewicht her. Auch verstoße nicht gegen das Gleichheitsgebot, dass sozial schwächere Unterhaltsschuldner mehr von ihrem
Kindergeld auf den Unterhalt verwenden müssten als solche in wirtschaftlich günstigeren Verhältnissen. Dies sei der Preis
für den Versuch, das Gefälle der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Kinder je nach familiärer Herkunft zu verringern und
ihnen jedenfalls das Existenzminimum zu sichern.
b) Gegen die gerichtlichen Entscheidungen und mittelbar gegen §
1612 b Abs.
5 BGB richtet sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der er eine Verletzung seiner Rechte aus Art.
3 Abs.
1 sowie Art.
6 Abs.
1 und
2 GG rügt.
Die Regelung verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil sie denen, die den vollen Regelunterhalt leisten könnten,
ihren Kindergeldanteil im Wege der Anrechnung belasse im Gegensatz zu denen, bei denen die Anrechnung unterbleibe, weil sie
aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse nicht zur Zahlung des vollen Regelunterhalts in der Lage seien. Auch innerhalb der leistungsgeminderten
Gruppe komme es zu einer Ungleichbehandlung, da die Höhe der Anrechnung des Kindergeldes mit größerer Leistungsfähigkeit zunehme.
Entgegen der Leistungsfähigkeit erfolge insoweit gerade bei denen keine Anrechnung, die besonders schlecht gestellt seien.
Schließlich benachteilige die Regelung Barunterhaltspflichtige gegenüber den betreuenden Elternteilen, die nicht zum Einsatz
ihres Kindergeldanteils für den Kindesunterhalt verpflichtet würden. Dies sei nicht gerechtfertigt. Die Regelung führe im
Ergebnis weder zur vom Oberlandesgericht angenommenen Systemgerechtigkeit noch zum Abbau des Gefälles zwischen Kindern aus
gut situierten und sozial schwachen Familien. Die Sicherung des Existenzminimums rechtfertige nicht, entgegen der Leistungsfähigkeit
Unterhaltspflichtige schlechter zu stellen. Zudem hätte das gesetzgeberische Ziel mit anderen Mitteln, zum Beispiel der Erhöhung
des Kindergeldes bei gleichzeitiger Anhebung des Regelbetrages auf das Niveau des Existenzminimums, erreicht werden können.
Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Existenzminimums von Kindern ohne die Regelung des §
1612 b Abs.
5 BGB seien im Übrigen nicht ersichtlich.
Des Weiteren verstoße die Norm gegen Art.
6 Abs.
1 und
2 GG, weil sie dem barunterhaltspflichtigen Elternteil die Ausübung seines Umgangsrechts mit dem Kind in verfassungsrechtlich
unzulässiger Weise erschwere. Dadurch, dass ihm sein Kindergeldanteil nicht mehr zur Verfügung stehe, entfalle die Möglichkeit,
damit den Umgang mit seinem Kind finanziell zu bestreiten, ohne dass dies steuerlich kompensiert würde. Sowohl das Kindeswohl
als auch das Elternrecht forderten aber eine gesetzliche Regelung, die den Umgang nicht aufgrund finanzieller Belastungen
unangemessen erschwere. Die Sicherung des Existenzminimums eines Kindes einerseits und sein Umgangsrecht andererseits würden
nicht angemessen in Ausgleich gebracht und seien damit nicht geeignet, den Eingriff in die Rechte aus Art.
6 GG zu rechtfertigen.
III. Zu den Verfahren haben das Bundesministerium der Justiz namens der Bundesregierung, der Bundesgerichtshof, die Wissenschaftliche
Vereinigung für Familienrecht zusammen mit dem Deutschen Familiengerichtstag, das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht,
der Verband alleinerziehender Mütter und Väter sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter Stellung genommen.
1. Die Bundesregierung hält die Neuregelung des §
1612 b Abs.
5 BGB für verfassungsgemäß. Die Vorschrift solle im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November
1998 (BVerfGE 99, 216) dafür sorgen, dass das halbe Kindergeld zur Sicherung des Barexistenzminimums des Kindes verwendet werde und die andere
Hälfte dem betreuenden Elternteil verbleibe. Erst wenn dies sichergestellt sei, könne das Kindergeld anderen Zwecken zur Verfügung
stehen. Die Anrechnungsregelung sichere den Zweck der staatlichen Leistung. Der Barunterhaltspflichtige solle seinen Kindergeldanteil
für das Kind verwenden, statt es eigenen Zwecken zuzuführen und damit die Sicherstellung des Existenzminimums für das Kind
dem betreuenden Elternteil oder der Allgemeinheit zu überlassen. Er werde damit nicht unangemessen in Anspruch genommen, weil
ihm auf jeden Fall der eigene notwendige Bedarf nach §
1603 Abs.
1 BGB belassen bleibe.
Eine Benachteiligung gegenüber dem betreuenden Elternteil liege nicht vor, da dieser seine Unterhaltspflicht durch die Pflege
und Erziehung des Kindes voll erfülle. Ohne die Regelung würde der betreuende Elternteil vielmehr über seinen bereits geleisteten
Unterhalt hinaus zusätzlich finanziell belastet. Im Übrigen habe er, wenn das Barexistenzminimum des Kindes selbst bei Nichtanrechnung
des Kindergeldes durch den Barunterhalt nicht gedeckt ist, ebenfalls seine Kindergeldhälfte zur Deckung dieses Bedarfs einzusetzen.
§
1612 b Abs.
5 BGB regele allein die unterhaltsrechtliche Verwendung des Kindergeldes, verändere dagegen nicht die für alle Familienangehörigen
insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel. Sofern die Neuregelung die Wahrnehmung des Umgangs mit dem Kind erschwere, könne
diese Belastung bei der Leistungsfähigkeit oder bei der Bemessung des Selbstbehalts des Barunterhaltspflichtigen berücksichtigt
werden.
2. Der Bundesgerichtshof hat mitgeteilt, dass er mit den in der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen noch nicht
befasst gewesen sei.
Inzwischen hat er mit Urteil vom 29. Januar 2003 (FamRZ 2003, S. 445) entschieden, dass §
1612 b Abs.
5 BGB seiner Ansicht nach nicht gegen Art.
3 Abs.
1 und
2 und Art.
6 Abs.
1 GG verstoße. Zwar behandele die Vorschrift Bezieher niedrigerer Einkommen insofern ungünstiger gegenüber solchen mit höheren
Einkommen, als ihnen die Anrechnung des Kindergeldes (teilweise) versagt werde. Darin liege jedoch kein Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG. Die unterhaltsrechtliche Sicherung des sächlichen Existenzminimums eines Kindes, die mit der Regelung erreicht werden solle,
sei Teil der dem Gesetzgeber nach Art.
6 Abs.
1 GG obliegenden Familienförderung und ein gewichtiges im Allgemeininteresse liegendes Ziel. Die in §
1612 b Abs.
5 BGB enthaltene Nichtanrechnung des Kindergeldes sei geeignet und erforderlich, dieses Ziel zu fördern. Der Gesetzgeber sei nicht
verpflichtet, die Geringerverdienenden durch ein höheres Kindergeld zu entlasten. Die unterschiedliche Behandlung von Beziehern
höherer und niedrigerer Einkommen rechtfertige sich aus dem Umstand, dass diejenigen mit höherem Einkommen auch bei voller
Anrechnung des Kindergeldes das sächliche Existenzminimum aus ihrem Einkommen sicherstellen könnten, während bei denen mit
niedrigerem Einkommen diese Sicherstellung bei Anrechnung nicht gewährleistet wäre. Um dies zu erreichen, sei es zumutbar,
in diesem Fall den Einsatz des Kindergeldes vorzusehen, um das Barexistenzminimum des Kindes zu sichern. Auch wenn das Kindergeld
Steuervergütung sei, erhalte es der Steuerpflichtige wegen des Kindes, weil er bis zur Gewährleistung des Existenzminimums
steuerlich nicht leistungsfähig sei. Deshalb sei es ihm zumutbar, diese Steuervergütung auch für das Kind einzusetzen. Soweit
das Kindergeld staatliche Sozialleistung zur Förderung der Familie sei, stehe seine Zweckbestimmung ohnehin im weiten Ermessen
des Gesetzgebers.
Auch im Vergleich zum betreuenden Elternteil werde der Bar-unterhaltspflichtige nicht ungerechtfertigt schlechter gestellt.
Dessen Verpflichtung, vorrangig vor dem betreuenden Elternteil zur Gewährleistung des Barexistenzminimums seinen Kindergeldanteil
einzusetzen, sei angesichts der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt sachgerecht und nicht unverhältnismäßig.
Dass die steuerrechtlichen Vorschriften zum Kinderfreibetrag und dem Freibetrag für den Betreuungsbedarf mit der Regelung
über die Kindergeldanrechnung in §
1612 b Abs.
5 BGB nicht harmonierten, bewirke nicht die Verfassungswidrigkeit dieser Norm, denn die steuerliche Ebene, die das Verhältnis des
Bürgers zum Staat betreffe, sei streng von der privatrechtlichen zu scheiden. Schließlich verstoße §
1612 b Abs.
5 BGB auch im Hinblick auf die Umgangsrechte des barunterhaltspflichtigen Elternteils nicht gegen Art.
6 GG, aus dem keine konkreten Ansprüche auf Teilhabe an bestimmten staatlichen Leistungen folgten. Allerdings werde die Rechtsprechung
zu erwägen haben, ob und in welchem Umfang Umgangskosten eines Barunterhaltspflichtigen, dem sein Kindergeld (teilweise) wegen
§
1612 b Abs.
5 BGB nicht verbleibe, nunmehr zu einer angemessenen Minderung seines unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens oder zu einer Erhöhung
seines Selbstbehalts führen können.
3. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme verneinen die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht und der Deutsche Familiengerichtstag
die Verfassungswidrigkeit von §
1612 b Abs.
5 BGB. Die Regelung sei nicht sachfremd, da Eltern das Kindergeld allein deshalb gewährt werde, weil das Existenzminimum des Kindes
steuerlich freizustellen sei. Es handele sich insoweit um zweckgebundenes Einkommen. Insofern könne der Gesetzgeber den Interessen
an der Unterhaltssicherung des Kindes bis zur Höhe des Existenzminimums den Vorrang einräumen vor der dem Kindergeld ebenfalls
zukommenden Entlastungsfunktion für die Eltern. Das Existenzminimum des Unterhaltsschuldners werde durch den Selbstbehalt
gewahrt. §
1612 b Abs.
5 BGB behandele nicht gleiche Sachverhalte ungleich. Vielmehr werde an ungleiche Sachverhalte angeknüpft. Im Unterhaltsrecht würden
Eltern generell unterschiedlich belastet, da der Barunterhalt kein Anteil des Kindes am Einkommen sei, sondern der Erfüllung
der Kinderbedürfnisse diene. Die indirekte Benachteiligung einkommensschwacher Elterngruppen sei Reflexwirkung der mit der
Norm beabsichtigten Kinderförderung. Es sei sachgerecht, davon abzusehen, vom betreuenden Elternteil den Einsatz seines Kindergeldanteils
zu verlangen, wenn der Barunterhalt das Barexistenzminimum nicht abdecke, da durch die Betreuung der zu leistende Anteil am
Existenzminimum voll erbracht werde.
4. Auch das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht hält die Neuregelung für verfassungsgemäß. Ein Verstoß gegen
Art.
3 Abs.
1 GG liege nicht vor. Die von §
1612 b Abs. 5
BGB betroffene Gruppe der Barunterhaltspflichtigen sei äußerst inhomogen. Zu ihr gehöre nicht nur der ungelernte Arbeitnehmer
mit niedrigem Einkommen, sondern auch der Besserverdienende mit berücksichtigungsfähigen Schulden. Außerdem stelle das Einkommen
eine von individuellen Fähigkeiten und persönlichem Einsatz bestimmte subjektive Grenze dar. Diene es als Differenzierungskriterium,
scheide eine Ungleichbehandlung aus. Es sei konsequent und ohne Verfassungsverstoß möglich, das Kindergeld vorrangig zur Existenzsicherung
des Kindes zum Einsatz zu bringen, das auch als Steuervergütung diesem Anliegen diene. Als staatliche Förderleistung komme
es dem betreuenden Elternteil zugute. Das Existenzminimum des Barunterhaltspflichtigen werde durch den Selbstbehalt und die
Pfändungsfreigrenzen gewahrt. Da das Kind seinen Bedarf nicht sichern könne, sei es gerechtfertigt, das Kindergeld des Barunterhaltspflichtigen
zur Sicherung des Existenzminimums des Kindes heranzuziehen, wenn dieser die Mittel dafür ansonsten nicht aufzubringen vermag.
5. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter sieht in der Neuregelung ebenfalls keinen Verfassungsverstoß. Er hebt hervor,
der betreuende Elternteil bleibe auch nach der Neuregelung gezwungen, seinen eigenen Kindergeldanteil für das Kind zu verwenden,
da das in der Vorschrift unterstellte finanzielle Existenzminimum bei weitem nicht ausreiche, ein Kind zu unterhalten. §
1612 b Abs.
5 BGB sei ein Versuch, das wirtschaftliche Gefälle zwischen Kindern aus gut situierten und sozial schwächeren Familien zu entschärfen
und allen jedenfalls das Existenzminimum zu verschaffen. Selbst wenn man in der Regelung eine Ungleichbehandlung sehe, sei
diese durch ein solches Anliegen gerechtfertigt.
6. Demgegenüber hat sich die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter in ihrer Stellungnahme den Ausführungen des vorlegenden
Gerichts im Verfahren 1 BvL 1/01 angeschlossen. Durch die Neuregelung werde der steuerliche Halbteilungsgrundsatz des Kindergeldes einseitig zu Lasten des
Barunterhaltspflichtigen aufgegeben. Die Regierungsbegründung könne im Hinblick auf die Vermischung von Steuer- und Unterhaltsrecht
nicht überzeugen.
Die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 1749/01 ist nicht begründet.
I. Es stellt keine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte dar, die eine Verletzung von Art.
3 Abs.
1 GG begründen könnte, dass §
1612 b BGB die Anrechnung des Kindergeldes auf den Kindesunterhalt von der Leistungsfähigkeit des barunterhaltspflichtigen Elternteils
abhängig macht und sie nach Absatz 5 ausschließt, soweit der Unterhaltspflichtige außer Stande ist, Unterhalt in Höhe von
135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten, während Unterhaltspflichtige, die hierzu in der Lage sind,
nach Absatz 1 das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Hälfte angerechnet erhalten (1 und 2). Will der Gesetzgeber mit
einer Regelung das Existenzminimum von Kindern durch Zweckbindung einer Sozialleistung sichern, muss er Sorge dafür tragen,
dass die Regelung selbst das Ziel auch erreichen kann (3). Bei der Förderung oder Entlastung von Familien ist der Gesetzgeber
nach Art.
6 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art.
20 GG gehalten, die anspruchsbegründenden Normen in ihrem Inhalt, ihrer Zwecksetzung und in ihrem Zusammenspiel für die Berechtigten
klar und nachvollziehbar auszugestalten (4).
1. Art.
3 Abs.
1 GG gebietet es, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln (vgl. BVerfGE 71, 255 [271]; stRspr). Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale beim Vergleich von Lebenssachverhalten
er als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln (vgl. BVerfGE 50, 57 [77]). Art.
3 Abs.
1 GG verbietet ihm aber einerseits, Sachverhalte ungleich zu behandeln, wenn sich die Differenzierung sachbereichsbezogen nicht
auf einen vernünftigen oder sonst einleuchtenden Grund zurückführen lässt (vgl. BVerfGE 93, 386 [397]), und andererseits, Art und Ausmaß tatsächlicher Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen (vgl. BVerfGE 103, 242 [258]). Dabei müssen, sofern eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen
bewirkt, für die Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen
rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 82, 126 [146]; 88, 87 [96 f.]).
2. a) Mit §
1612 b Abs.
5 BGB behandelt der Gesetzgeber zunächst alle Barunterhaltspflichtigen gleich. Er belässt es dabei, dass sie nach §
1610 Abs.
1 BGB nur im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Kindesunterhalt herangezogen werden, wobei das Kindergeld als steuerlicher
Ausgleich und zugleich soziale Familienförderung bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit nicht in Ansatz gebracht wird.
Die Norm schmälert nicht das dem Unterhaltspflichtigen zur Hälfte zustehende, auf das Kind entfallende Kindergeld, sondern
verpflichtet wiederum alle Unterhaltspflichtigen, ihren Kindergeldanteil für den Unterhalt des Kindes zum Einsatz zu bringen,
soweit der von ihnen nach Leistungsfähigkeit zu zahlende Unterhaltsbetrag die in Bezug genommene Höhe nicht erreicht. §
1612 b BGB unterscheidet insoweit mit seinen Absätzen 1 und 5 nicht zwischen der Gruppe von Unterhaltspflichtigen, bei denen das Kindergeld
auf den Kindesunterhalt angerechnet wird, und der Gruppe der zur Unterhaltsleistung Verpflichteten, bei denen die Anrechnung
nicht oder nur zum Teil erfolgt. Vielmehr enthalten beide Absätze, die nur gesetzestechnisch getrennt sind, einen einzigen
Regelungsgehalt, der für alle Unterhaltspflichtige gilt, aber unterschiedlich je nach deren Leistungsfähigkeit wirkt. Danach
erfolgt bei allen Unterhaltspflichtigen erst dann und insoweit eine Anrechnung des ihnen zustehenden hälftigen Kindergeldanteils
auf den Kindesunterhalt, als mit dem zu leistenden Unterhalt oder diesem und einem Teil des Kindergeldanteils 135 % des Regelbetrages
nach der Regelbetrag-Verordnung für das Kind erreicht sind. Ob und in welchem Umfang Kindergeld auf den Kindesunterhalt zur
Anrechnung kommt, hängt also von der jeweiligen Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Unterhaltspflichtigen und der danach bestimmten
Höhe seiner Unterhaltsverpflichtung ab.
Nach Leistungsfähigkeit zu differenzieren, ist keine Ungleichbehandlung von Gleichem. Hierdurch werden vielmehr Unterschiede
im Leistungsvermögen zum Grund und Maßstab für eine unterschiedliche Behandlung genommen. Dies folgt dem Gebot aus Art.
3 Abs.
1 GG, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Gerade das Unterhaltsrecht ist davon geprägt, Pflichten
nicht jedem in gleichem Umfang aufzuerlegen, sondern sie von der jeweiligen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten abhängig
zu machen.
b) Nicht nur bei der Höhe der Unterhaltsverpflichtung ist die Leistungsfähigkeit ein dem Gleichheitsgrundsatz entsprechender
Maßstab für Differenzierungen, sondern auch bei der Verpflichtung, das Kindergeld für den Kindesunterhalt zu verwenden.
§
1612 b Abs.
5 BGB hat zum Ziel, einem Kind sein Existenzminimum auch dann zu sichern, wenn der vom Unterhaltspflichtigen zu leistende Unterhalt
dieses allein nicht abdeckt (BTDrucks 14/3781, S. 7 f.). Dafür hat der Gesetzgeber Zugriff genommen auf das dem Unterhaltspflichtigen
zustehende Kindergeld, das zur Aufstockung des Kindesunterhalts bis zur Bezugsgröße herangezogen wird. Er hat damit nicht
den Weg gewählt, den Unterhaltspflichtigen ungeachtet seiner Leistungsfähigkeit nach seinem Einkommen zu verpflichten, Unterhalt
in Höhe des Existenzminimums seines Kindes zu zahlen. Vielmehr setzt die Regelung gerade voraus, dass sich die Höhe des Barunterhalts
nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen bemisst und es deshalb einerseits Unterhaltspflichtige gibt, die mit
ihren Unterhaltszahlungen das Minimum dessen oder mehr noch abzusichern vermögen, was ein Kind für seine Existenz braucht,
und andererseits solche, die dies nicht können.
Diesen unterschiedlichen Fähigkeiten, dem eigenen Kind das Existenzminimum zu sichern, entspricht die gesetzliche Verpflichtung
in §
1612 b BGB, das dem Unterhaltspflichtigen zustehende Kindergeld immer dann für den Kindesunterhalt einzusetzen, wenn dieser ansonsten
nicht zur Sicherung des Existenzminimums ausreicht.
aa) Diesem unterhaltsrechtlichen Zugriff steht nicht entgegen, dass das Kindergeld auch dazu dient, den Unterhaltspflichtigen
von seinen Belastungen durch seine Leistungen gegenüber dem Kind steuerlich freizustellen. Das Kindergeld ist nach dem Willen
des Gesetzgebers gemäß §
31 Satz 2
EStG steuerlicher Ausgleich und zugleich familienfördernde Sozialleistung. Dabei ist weder gesetzlich bestimmt noch nach festen
Beträgen bestimmbar, welcher Anteil des Kindergeldes auf die steuerliche Entlastung entfällt und welcher staatliche Förderleistung
ist. Allerdings dient gerade der Steuerausgleich der Freistellung des Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarfs eines
Kindes, also auch des Bedarfs, der die Existenz des Kindes sicherstellt. Soweit dieser Bedarf vom Unterhaltspflichtigen mit
seinen Unterhaltszahlungen in Höhe des notwendigen Minimums nicht abgedeckt wird, kann das Kindergeld nicht die Funktion einer
steuerlichen Entlastung haben: Eine Belastung, die insoweit nicht vorhanden ist, ist auch nicht steuerlich auszugleichen.
Vielmehr ist das Kindergeld in diesem Umfang Sozialleistung zum Zwecke der Sicherung des Existenzminimums des Kindes. Allein
diesen Sozialleistungsanteil des Kindergeldes führt §
1612 b Abs.
5 BGB der Zwecksetzung entsprechend dem Kindesunterhalt zu, wenn er bestimmt, dass das Kindergeld so lange zur Aufbesserung der
Unterhaltsleistung zu verwenden ist, bis der existenzsichernde notwendige Bedarf des Kindes, der mit 135 % des Regelbetrages
nach der Regelbetrag-Verordnung vorgegeben wird, erreicht ist.
bb) Dass wegen der Verpflichtung zum Einsatz des Kindergeldes bis zur Abdeckung des Existenzminimums eines Kindes Einkommensschwächere
ihr Kindergeld ganz oder zum Teil auf den Kindesunterhalt verwenden müssen, während Einkommensstärkeren das Kindergeld als
Steuerentlastung und Familienförderung zum eigenen Verbrauch verbleibt, ist nicht Ergebnis einer Ungleichbehandlung, sondern
ist bedingt durch unterschiedliche Lebens- und Einkommenslagen, die entsprechend auch zu unterschiedlichen Belastungen von
Unterhaltspflichtigen durch den zu leistenden Unterhalt führen. So divergiert die an der Leistungsfähigkeit bemessene Höhe
der Zahlungsverpflichtung, die umso geringer ausfällt, je weniger der Unterhaltspflichtige über Einkommen verfügt. Dabei kann
aber ein geringerer Unterhaltsbetrag für den Leistungsschwächeren durchaus eine größere Belastung darstellen als der höhere
Betrag für den Leistungsstärkeren, weil sich das individuelle Ausmaß einer Belastung danach bestimmt, wie viel dem jeweiligen
Unterhaltspflichtigen nach Abzug des Kindesunterhalts zum eigenen Lebensunterhalt noch verbleibt, damit also maßgeblich von
der Höhe des Einkommens beeinflusst wird.
Gleichzeitig werden aber auch die Lebensverhältnisse der unterhaltsberechtigten Kinder von der jeweiligen Einkommenssituation
des Unterhaltspflichtigen bestimmt. Dem Kind stehen umso weniger Mittel zur Verfügung, je weniger der Barunterhaltspflichtige
nach seiner Leistungsfähigkeit Unterhalt zu zahlen hat. So erhielten nach einer im Auftrag des Bundesministeriums für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) durchgeführten Untersuchung von den Befragten im Jahre 2002 mindestens 22 % der Kinder
einen Unterhalt, der auch nach Hinzurechnung des hälftigen Kindergeldes noch unter dem Regelbetrag, damit also unter dem existenzsichernden
Minimum für das Kind, lag (BMFSFJ, Unterhaltszahlungen für minderjährige Kinder in Deutschland, 2002, S. 91 f.). An diese
Unterschiede im Einkommen, in der Leistungsfähigkeit und Bedarfslage knüpft §
1612 b Abs.
1 und 5
BGB mit seiner Differenzierung bei der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung von Kindergeld an.
cc) Die Nichtanrechnung des Kindergeldes nach §
1612 b Abs.
5 BGB führt zwar dazu, dass gerade der Leistungsschwächere gegenüber dem Leistungsstärkeren durch das Kindergeld keine oder nur
eine geringere Entlastung seiner eigenen Lebenssituation erfährt, dies aber nur deshalb, weil seine geringe Leistungsfähigkeit
schon bei der Höhe der Unterhaltsverpflichtung zu Lasten des Kindes Berücksichtigung gefunden hat, dessen Unterhalt hierdurch
unter das existenzsichernde Minimum gesunken ist. §
1612 b Abs.
5 BGB stellt lediglich sicher, dass bei einem Einkommen, das nicht ausreicht, neben dem Existenzminimum des Unterhaltspflichtigen
auch das des Kindes zu sichern, das Kindergeld vorrangig darauf verwendet wird, die finanzielle Lücke bis zur Existenzsicherung
auch des Kindes zu schließen, die gerade durch die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und seiner
eigenen Existenzsicherung entstanden ist. Die Regelung sorgt damit für einen finanziellen Ausgleich innerhalb dieses Unterhaltsverbundes,
der dort nicht erforderlich ist, wo schon das Einkommen allein den Bedarf aller im Unterhaltsverbund abzudecken vermag.
c) Auch wenn man in der unterschiedlichen Heranziehung des Kindergeldes von Unterhaltspflichtigen zur Erhöhung des Kindesunterhalts
nach §
1612 b Abs.
1 und 5
BGB eine Ungleichbehandlung sehen würde (vgl. BGH, FamRZ 2003, S. 445), läge darin kein Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG. Die Ungleichbehandlung wäre durch die mit der Norm vom Gesetzgeber bezweckte Sicherstellung des Barexistenzminimums des
unterhaltsberechtigten Kindes gerechtfertigt.
Eltern sind nach Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG zuvörderst zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder berechtigt, aber auch verpflichtet. Dazu gehört, für einen angemessenen
Unterhalt des Kindes zu sorgen, zumindest aber die Existenz des Kindes auch finanziell sicherzustellen, soweit und so lange
die Eltern hierzu in der Lage sind (vgl. BVerfGE 31, 194 [207]; 68, 256 [267]). Erst wenn dies nicht der Fall ist, ist der Staat zum Schutze des Kindes in Unterstützung der Eltern
durch Art.
6 Abs.
2 Satz 2
GG verpflichtet, für die Existenzsicherung des Kindes Sorge zu tragen (vgl. BVerfGE 103, 89 [108 f.]). Diesem Schutzauftrag kann der Staat auch dadurch nachkommen, dass er Förderleistungen, die wie das Kindergeld
zumindest auch dem Kind und seiner Pflege und Betreuung durch seine Eltern zugute kommen sollen, im Hinblick auf ihren Verwendungszweck
bindet und die unterhaltspflichtigen Eltern als Leistungsempfänger verpflichtet, mit der staatlichen Leistung bei Bedarf vorrangig
das Existenzminimum ihres Kindes abzudecken. Damit wird der leistungsschwächere Unterhaltspflichtige zwar anders als der leistungsstärkere
in der Verfügung über die ihm zugedachte Förderung eingeschränkt. Angesichts der elterlichen Verantwortung nach Art.
6 Abs.
2 GG und der Notwendigkeit, Kindern, die noch nicht selbst für sich sorgen können, zumindest das Existenzminimum zu wahren, ist
dies jedoch hinzunehmen, zumal das Unterhaltsrecht dem Unterhaltspflichtigen durch den Selbstbehalt das eigene Existenzminimum
sichert.
3. Allerdings muss der Gesetzgeber, will er seinem Schutzauftrag nachkommen, das Existenzminimum eines Kindes sicherzustellen,
dafür Regelungen treffen, die das Ziel auch erreichen können. Ob dies auf Dauer gesichert ist, begegnet Zweifeln, weil §
1612 b BGB nicht genügend klar zum Ausdruck bringt, welche in Bezug genommene Größe das Existenzminimum eines Kindes ausmacht. Außerdem
ermöglicht es die Vorschrift dem Verordnungsgeber, gemäß §
1612 a Abs.
4 BGB über die einkommensorientierte Veränderung der Regelbeträge maßgeblich Einfluss zu nehmen auf das, was der Gesetzgeber in
§
1612 b Abs.
5 BGB als prozentuale Größe zum Maßstab für die Bestimmung des Existenzminimums eines Kindes genommen hat.
Dass mit der in §
1612 b Abs.
5 BGB genannten Bezugsgröße von 135 % des jeweiligen Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung ein Maßstab für die Bestimmung
des Existenzminimums eines Kindes gesetzt ist, nach dem sich bemisst, ob zur Sicherung des Existenzminimums auch das Kindergeld
des Unterhaltspflichtigen für den Kindesunterhalt heranzuziehen ist, ergibt sich nicht aus der Norm selbst, sondern erschließt
sich nur aus den Gesetzesmaterialien. Dort ist angeführt worden, dass Regelbeträge nach der Regelbetrag-Verordnung selbst
noch nicht das Existenzminimum eines Kindes abzudecken vermögen (vgl. BTDrucks 13/9596, S. 31). Aufgrund eines Vergleichs
der Entwicklung der Regelbeträge sowie der Beträge des Existenzminimums ist dann davon ausgegangen worden, dass sich das Existenzminimum
mit 135 % der Regelbeträge nach der jeweiligen Regelbetrag-Verordnung darstellen lasse (vgl. BTDrucks 14/3781, S. 7 f.). Diese
modifizierte Bezugsgröße ist in §
1612 b Abs.
5 BGB übernommen worden. Damit hat der Gesetzgeber einerseits zum Ausdruck gebracht, dass er mit dieser Normierung das Existenzminimum
meint, bis zu dem das Kindergeld des Unterhaltspflichtigen dem Unterhalt zuzuführen ist, solange der Unterhalt selbst zur
entsprechenden Abdeckung nicht ausreicht. Andererseits hat er aber die gewählte Konstruktion damit begründet, auf eine autonome
Definition des Barexistenzminimums in der Norm selbst verzichten zu wollen.
Abgesehen davon, dass es dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit und dem berechtigten Interesse des Normadressaten
zu wissen, wofür und in welcher Höhe ihm Sozialleistungen wieder entzogen werden, besser dienen würde, wenn der gesetzliche
Normtext selbst präzise Vorgaben dafür enthielte, hat der Gesetzgeber mit seiner Bezugnahme zwar auf eine an anderer Stelle
durch den Verordnungsgeber in der Höhe bestimmte Größe, nämlich die in zweijährigem Turnus zu ändernden Regelbeträge, abgestellt.
Zugleich hat er aber den Abstand zu diesen Regelbeträgen, mit dessen Hilfe das Existenzminimum markiert wird, festgeschrieben
und damit entgegen seinem erklärten Willen dennoch eine eigene, allerdings nicht sofort erschließbare Definition des Existenzminimums
vorgenommen. Da sich die Regelbeträge nach §
1612 a BGB entsprechend der Entwicklung des durchschnittlich verfügbaren Arbeitsentgelts ändern und nicht entsprechend dem existenzsichernden
Bedarf eines Kindes, ist ungewiss, ob auch in Zukunft 135 % des jeweiligen Regelbedarfs nach der Regelbedarf-Verordnung dem
Barexistenzminimum eines Kindes entsprechen werden. §
1612 b BGB bietet insofern aufgrund seiner Konstruktion keinen geeigneten Maßstab, der dauerhaft gewährleistet, dass das berechtigte
Ziel, das mit der Norm verfolgt werden soll und die in ihr enthaltene Differenzierung bei der Kindergeldanrechnung begründet,
nicht verfehlt wird. Der Gesetzgeber ist deshalb gehalten, in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob die von ihm unter Zuhilfenahme
von Bezugsgrößen mit prozentualen Aufschlägen in §
1612 b Abs.
5 BGB gewählte Bemessung des Existenzminimums eines Kindes noch tauglich ist, dieses richtig zu bestimmen.
4. a) Der Gesetzgeber ist bei Wahrnehmung der ihm durch Art.
6 Abs.
1 GG vorgegebenen Aufgabe, Familien zu fördern und für einen Familienleistungsausgleich zu sorgen, in der Gestaltung, in welchem
Umfang und in welcher Weise er dies umsetzt, zwar grundsätzlich frei (vgl. BVerfGE 87, 1 [35 f.]). Die Normkonstruktion des §
1612 b BGB im Zusammenspiel mit anderen Regelungen, die der Existenzsicherung von Kindern und der Förderung wie Entlastung von Familien
bei der Kindererziehung dienen, gibt aber Anlass darauf hinzuweisen, dass das Rechtsstaatsprinzip des Art.
20 Abs.
3 GG dem Gesetzgeber gebietet, bei der von ihm gewählten Ausgestaltung Normen zu schaffen, die auch in ihrem Zusammenwirken dem
Grundsatz der Normenklarheit genügen.
Gesetzliche Regelungen müssen so gefasst sein, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret
erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag (vgl. BVerfGE 45, 400 [420]; 58, 257 [278]; 62, 169 [183]; 83, 130 [145]). Die Anforderungen an die Normenklarheit sind dann erhöht, wenn die Unsicherheit
bei der Beurteilung der Gesetzeslage wie hier die Betätigung von Grundrechten erschwert (vgl. BVerfGE 62, 169 [183]; 83, 130 [145]). Nicht nur bei Eingriffen in die Freiheitssphäre des Einzelnen (vgl. dazu BVerfGE 25, 216 [227]; 47, 239 [247]), sondern auch bei der Gewährung von Leistungen und deren zivilrechtlicher Behandlung müssen die Normen
in ihrem Inhalt entsprechend ihrer Zwecksetzung für die Betroffenen klar und nachvollziehbar sowie in ihrer Ausgestaltung
widerspruchsfrei sein. Soweit die praktische Bedeutung einer Regelung für den Normunterworfenen nicht nur von der Geltung
und Anwendung einer Einzelnorm abhängt, sondern vom Zusammenspiel von Normen unterschiedlicher Regelungsbereiche, hier des
Kindergeld-, Unterhalts-, Steuer- und Sozialhilferechts, müssen die Klarheit des Norminhalts und die Voraussehbarkeit der
Ergebnisse der Normanwendung gerade auch im Hinblick auf dieses Zusammenwirken gesichert sein.
b) Diesen Grundsätzen genügen die das Kindergeld betreffenden Regelungen in ihrer sozialrechtlichen, steuerrechtlichen und
familienrechtlichen Verflechtung immer weniger.
So ist schon nicht erkennbar, inwieweit das Kindergeld in seiner Doppelfunktion als Sozial- und gleichzeitig steuerliche Ausgleichsleistung
Steuergerechtigkeit herstellen soll und welcher Anteil hiervon staatliche Familienförderung ist (vgl. BVerfGE 82, 60 [79]). Kindergeld ist zwar zum Teil vorweggenommene Steuervergütung auf den Kinderfreibetrag, bei nicht verheirateten, getrennt
lebenden oder geschiedenen Eltern fallen aber Freibetragsberechtigung und Kindergeldberechtigung auseinander, da die Freibeträge
nach §
32 Abs.
6 EStG hälftig aufgeteilt werden, nicht jedoch das Kindergeld, das einem Elternteil insgesamt gewährt wird (§ 3 Abs. 1
BKGG), sodass dem anderen Elternteil lediglich ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch gegenüber dem das Kindergeld Empfangenden
zusteht. Diesen Anspruch transformiert §
1612 b Abs.
1 BGB zunächst in einen solchen auf Anrechnung auf den Kindesunterhalt. Dieser Anspruch wird dem Barunterhaltspflichtigen aber
gegebenenfalls nach §
1612 b Abs.
5 BGB teilweise oder ganz wieder genommen. Wie viel Kindergeld der Unterhaltspflichtige überhaupt zu erhalten hat, ist hierbei
nur schwerlich auszumachen, zumal dafür eine die Höhe des Kindesunterhalts betreffende Messgröße maßgeblich ist, die in dynamischer
Verweisung bei prozentualer Vorgabe auf die Regelbetrag-Verordnung Bezug nimmt.
Andererseits bestimmt §
31 EStG, dass das Kindergeld, soweit ein Anspruch nach §
32 Abs.
6 EStG auf Freibeträge besteht, zu verrechnen ist, auch soweit es dem Steuerpflichtigen im Wege des zivilrechtlichen Ausgleichs
zusteht. Ob dies auch dann zu erfolgen hat, wenn das Kindergeld aufgrund von §
1612 b Abs.
5 BGB nicht auf den Kindesunterhalt angerechnet wird, dem Steuerpflichtigen also nicht oder nur zum Teil zufließt, ist dem Gesetz
nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen (vgl. hierzu Becker, FamRZ 2001, S. 1266 [1268]).
Sozialhilferechtlich wiederum wird, anders als im Familienrecht, das Kindergeld nach § 76 Abs. 1 BSHG als Einkommen zunächst dem Kindergeld Beziehenden, das heißt in der Regel dem betreuenden Elternteil, leistungsmindernd angerechnet
(vgl. BVerwGE 114, 339 [340 f.]). Auch hier findet sich keine Regelung, ob die Anrechnung sich auf das gesamte, zunächst dem betreuenden Elternteil
zufließende Kindergeld oder unter Berücksichtigung des zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs und der Anrechnungsregelung des
§
1612 b Abs.
1 BGB nur auf die Hälfte beziehen darf, und ob im Falle des §
1612 b Abs.
5 BGB wiederum der dem Kind zum Zwecke seiner Existenzsicherung seitens des Unterhaltspflichtigen zufließende Kindergeldanteil
doch wieder leistungsmindernd in Ansatz zu bringen ist. Zwar bestimmt § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG, dass ein in monatlicher Höhe angegebener Betrag des Kindergeldes von der Anrechnung ausgenommen ist. Klar ist damit aber
noch nicht, welcher Teil des Kindergeldes in Anbetracht der unterschiedlichen Anrechnungsregelungen als jeweiliges Einkommen
und bei wem zu berücksichtigen ist. Gerade für Kindergeldberechtigte, die auf staatliche familienfördernde Leistungen besonders
angewiesen sind und bei denen die jeweiligen Anrechnungsnormen zur Anwendung kommen können, ist damit schwer durchschaubar,
in welcher Höhe sie mit einer Unterstützung durch das Kindergeld tatsächlich rechnen können.
Diese unter dem Gebot der Normenklarheit bedenkliche Rechtssituation hat auch der Bundestag erkannt. Er hat in seiner aus
Anlass der Verabschiedung des §
1612 b Abs.
5 BGB angenommenen Entschließung die Bundesregierung gebeten, das Unterhaltsrecht insbesondere hinsichtlich der Abstimmung seiner
Inhalte mit sozial- und steuerrechtlichen Parallelregelungen zu überprüfen sowie Vorschläge für eine Neuregelung einzubringen
(vgl. BTDrucks 14/3781, S. 3). Die gesetzgebenden Organe sind auch von Verfassungs wegen aufgefordert, hier Abhilfe zu schaffen.
II. Es verstößt nicht gegen Art.
3 Abs.
1 GG, dass Barunterhaltspflichtige, die Unterhalt nur in geringerer als der von §
1612 b Abs.
5 BGB in Bezug genommenen Höhe leisten können, ihren Kindergeldanteil auf den Unterhalt verwenden müssen, bis dieser die vorgegebene
Höhe erreicht, während der betreuende Elternteil nur dann sein anteiliges Kindergeld für die Bedarfsdeckung des Kindes zum
Einsatz bringen muss, wenn auch bei Nichtanrechnung des dem Barunterhaltspflichtigen zustehenden Kindergeldes der Unterhalt
des Kindes 135 % des Regelbedarfs nach der Regelbedarf-Verordnung nicht abdeckt.
Mit dem in Art.
3 Abs.
1 GG enthaltenen Gebot, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt.
Der Gleichheitssatz ist aber dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders
behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die
ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 [88]; 87, 1 [36]; 100, 195 [205]; stRspr).
1. Barunterhaltspflichtige werden, sofern auf sie §
1612 b Abs.
5 BGB Anwendung findet, hinsichtlich ihres Kindergeldanteils anders behandelt als diejenigen, die durch Betreuung ihren Unterhalt
leisten. Sie müssen vorrangig ihren Kindergeldanteil auf den Kindesunterhalt verwenden. Demgegenüber kommt der Kindergeldanteil
des betreuenden Elternteils erst dann zum Einsatz, wenn trotz der Nichtanrechnung des Kindergeldes nach §
1612 b Abs.
5 BGB das Existenzminimum des Kindes immer noch nicht abgesichert ist.
2. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch durch hinreichende Gründe gerechtfertigt.
a) Im Rahmen ihrer umfassenden Verantwortung für ihr Kind nach Art.
6 Abs.
2 GG schulden die Eltern diesem Sachleistungen, die den wirtschaftlichen Bedarf des Kindes decken, ebenso wie Betreuungs- und
Erziehungsleistungen (vgl. BVerfGE 80, 81 [90 f.]; 99, 216 [231]). Wie sie diese Pflichten wahrnehmen und untereinander aufteilen, liegt grundsätzlich in der gleichberechtigten
Entscheidung beider Elternteile (vgl. BVerfGE 39, 169 [183]; 48, 327 [338]; 99, 216 [231]; 105, 1 [11]). Widmet sich ein Elternteil der Kinderbetreuung, während der andere für
den Barunterhalt des Kindes aufkommt, sind beide dem Kind gegenüber in Erfüllung der Elternverantwortung erbrachten Leistungen
gleichwertig (vgl. BVerfGE 53, 257 [296]; 66, 84 [94]; 79, 106 [126]; 105, 1 [11]). Dies gilt auch dann, wenn Eltern getrennt leben und ein Elternteil aufgrund
einer Abrede zwischen ihnen oder einer gerichtlichen Sorgeentscheidung das Kind betreut und der andere Elternteil gemäß §
1606 Abs.
3 BGB zur Zahlung von Barunterhalt verpflichtet ist. Mit der Betreuung und der Zahlung des Barunterhalts erfüllen die Eltern ihre
Unterhaltsverpflichtung jeweils grundsätzlich in vollem Umfang.
b) Allerdings kann der nach Leistungsfähigkeit des Barunterhaltspflichtigen bemessene Unterhalt so gering ausfallen, dass
dem Kind weniger Mittel zur Verfügung stehen, als es zur Deckung seines Existenzminimums braucht.
Bis zum In-Kraft-Treten von §
1612 b Abs.
5 BGB hatte eine solche Situation zur Folge, dass der Barunterhaltspflichtige über die Anrechnung seines hälftigen Kindergeldanteils
auf den Kindesunterhalt nach §
1612 b Abs.
1 BGB seinen Teil der staatlichen Förderleistung in voller Höhe erhielt. Dagegen war der betreuende Elternteil, den schon das Risiko
nicht realisierbarer Unterhaltszahlungen trifft (vgl. BVerfGE 45, 104 [130 ff.]), gezwungen, zur notwendigen Bedarfsdeckung des Kindes eigene Mittel, damit auch Teile des ihm verbliebenen Kindergeldanteils
einzusetzen, obwohl auch er mit der Betreuung schon in vollem Umfang seiner Unterhaltsverpflichtung nachgekommen war. Er war
es also, der anders als der Barunterhaltspflichtige letztlich im Mangelfall in doppelter Weise für die Deckung des Kindesunterhalts
zu sorgen hatte: durch seine Betreuungsleistung und zusätzlich durch Einsatz seines Kindergeldanteils zur Existenzsicherung
des Kindes.
Der darin liegenden faktischen Benachteiligung des betreuenden Elternteils hat der Gesetzgeber mit der Einführung von §
1612 b Abs.
5 BGB dadurch ein Ende bereitet, dass er nunmehr zunächst dem Barunterhaltspflichtigen auferlegt hat, seinen Kindergeldanteil auf
den Unterhalt zu verwenden, so lange die über den Unterhalt geschuldeten Mittel zur Existenzsicherung des Kindes nicht ausreichen.
c) Diese Verlagerung in der vorrangigen Lastentragung zur Deckung eines Defizits beim Kindesunterhalt auf den Barunterhaltspflichtigen
durch §
1612 b Abs.
5 BGB ist sachlich begründet durch die unterschiedlichen Lebenssituationen, in denen sich kinderbetreuende Elternteile einerseits
und barunterhaltspflichtige andererseits befinden.
Durch die Betreuung des Kindes ist der Elternteil, der hierfür zu sorgen hat, in seiner Zeit und Arbeitskraft gebunden. Seine
Möglichkeit, durch Erwerbstätigkeit für sein eigenes Einkommen Sorge zu tragen, ist dadurch begrenzt. Dies wirkt sich in der
Regel auf die Höhe des Einkommens aus, das dem Alleinerziehenden zur Verfügung steht. Etwa ein Drittel der Mütter nichtehelicher
Kinder haben für sich und ihre Kinder lediglich eine finanzielle Absicherung, die unter oder auf Sozialhilfeniveau liegt (s.
Vaskovics/Rost/Rupp, Lebenslage nichtehelicher Kinder, Bundesanzeiger 1997, S. 126). Zwar waren nach der schon zitierten,
im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführten Untersuchung drei Viertel der unterhaltsberechtigten
Elternteile erwerbstätig. Davon erzielte aber ein Drittel lediglich ein Erwerbseinkommen von unter 900 EURO, weitere 20 %
erreichten ein Einkommen bis 1.250 EURO pro Monat (vgl. BMFSFJ, aaO., S. 156 ff.). Alleinerziehende Frauen mit Kindern leben
mehr als doppelt so häufig wie Ehepaare mit Kindern in Haushalten, die auf Sozialhilfeleistungen angewiesen sind (vgl. Statistisches
Bundesamt, Datenreport 2002, S. 208). Der auf den betreuenden Elternteil entfallende Kindergeldanteil verhilft in einer solchen
Situation nicht nur diesem Elternteil zur besseren Abdeckung des eigenen Bedarfs. Die mit ihm eintretende Entlastung kommt
darüber hinaus dem Kind zugute, dessen Lebensbedingungen durch die finanzielle Situation des Elternteils, bei dem es lebt,
geprägt werden (vgl. BVerfGE 103, 89 [109]).
Dieser die Situation des Kindes verbessernde Entlastungseffekt des Kindergeldes würde ohne §
1612 b Abs.
5 BGB gerade dann entfallen, wenn sich das Kind in einer besonders schlechten Situation befindet, in der noch nicht einmal sein
Existenzminimum durch den vom Barunterhaltspflichtigen zu leistenden Unterhalt abgedeckt ist und sich das Einkommen des betreuenden
Elternteils dadurch wieder reduzierte, dass dieser gezwungen wäre, das Kindergeld zur Sicherung des kindlichen Bedarfs einzusetzen.
Diese besondere Betroffenheit auch des Kindes lässt es sachgerecht erscheinen, zunächst gemäß §
1612 b Abs.
5 BGB den Kindergeldanteil des Barunterhaltspflichtigen zur Sicherstellung des Existenzminimums des Kindes heranzuziehen. Ihm wird
damit gerade bei niedrigem Einkommen zwar das Kindergeld und die hiermit bezweckte Entlastung wieder entzogen. Dies bewirkt
aber, anders als der Kindergeldeinsatz des betreuenden Elternteils, eine Verbesserung der Lebenssituation des Kindes. Hinzu
kommt, dass der Barunterhaltspflichtige durch den Selbstbehalt davor geschützt ist, allein wegen seiner Unterhaltspflichten
selbst unter den Sozialhilfebetrag zu fallen (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, FamRZ 2001, S. 1685 f.), während der betreuende Elternteil bei unzureichenden Unterhaltsleistungen des Barunterhaltspflichtigen letztlich mit
dem betreuten Kind auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe angewiesen ist. Auch diese Konsequenz wird durch eine Aufstockung
der Unterhaltszahlbeträge durch das Kindergeld nach §
1612 b Abs.
5 BGB abgemildert.
III. §
1612 b Abs.
5 BGB verletzt auch nicht das Elternrecht des Barunterhaltspflichtigen aus Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG auf Umgang mit seinem Kind.
1. Das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils nach §
1684 Abs.
1 BGB steht ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz von Art.
6 Abs.
2 Satz 1
GG (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, FamRZ 2002, S. 809). §
1612 b Abs.
5 BGB greift in dieses Recht nicht unmittelbar ein. Er enthält keine Regelung über die Art, die Dauer oder den Umfang des Umgangs
mit dem Kind. Dem barunterhaltspflichtigen Elternteil wird allerdings nach dieser Vorschrift das Kindergeld ganz oder teilweise
entzogen, das ihm zur Förderung seines familiären Verhältnisses zum Kind zugedacht ist und das insofern zur Finanzierung der
mit dem Umgang verbundenen Kosten fehlt. Er muss deshalb die Umgangskosten mit seinem ihm nach Abzug der Unterhaltsverpflichtung
verbleibenden Einkommen tragen. Dies wiederum könnte sich mangels ausreichender Mittel negativ auf die Ausübung des Umgangs
mit dem Kind auswirken und damit den Interessen des Kindes zuwiderlaufen. Es ist die Einkommenslage des Barunterhaltspflichtigen,
die seine Möglichkeit zu Umgangskontakten mit dem Kind bestimmt und die durch §
1612 b Abs.
5 BGB nicht mehr wie bisher eine Entlastung durch das Kindergeld erfährt.
2. Das Unterhaltsrecht darf dem Unterhaltspflichtigen nicht die Möglichkeit nehmen, sein Umgangsrecht zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung
unter Berücksichtigung des Kindeswohls auszuüben. Dem hat der Gesetzgeber Rechnung getragen. Die Bemessungsregelungen für
den Unterhalt ermöglichen die Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts.
Da das Kindergeld als Einkommen des Unterhaltspflichtigen bei der Bemessung des Unterhalts keine Berücksichtigung findet,
ist die Rechtsprechung bisher davon ausgegangen, dass der dem Unterhaltspflichtigen über §
1612 b Abs.
1 BGB zufließende Kindergeldanteil diesem zur Abdeckung der Umgangskosten zur Verfügung steht, und hat ihn unterhaltsrechtlich
darauf verwiesen, mit dem Kindergeld diese Kosten zu tragen (vgl. BGH, FamRZ 1995, S. 215). Nunmehr ist in den Fällen der Nichtanrechnung des Kindergeldes nach §
1612 b Abs.
5 BGB, in denen das Kindergeld dem Unterhaltspflichtigen nicht mehr zufließt, ein solcher Verweis nicht mehr zulässig. Es verbleiben
aber die gesetzlichen Möglichkeiten, unterhaltsrechtlich sicherzustellen, dass eingeräumte Umgangskontakte des Unterhaltspflichtigen
mit dem Kind nicht an den Kosten scheitern. Der Bundesgerichtshof hat zu Recht in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2003
(FamRZ 2003, S. 445 [449]) darauf hingewiesen, dass diese Kosten im Bedarfsfall durch eine angemessene Minderung des unterhaltsrechtlich relevanten
Einkommens oder einer angemessenen Erhöhung des Selbstbehalts bei der Berechnung der Unterhaltsverpflichtung Berücksichtigung
finden können.