Berücksichtigung von Leistungen nach § 16 Abs. 1 HIVHG bei der Unterhaltsbemessung
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über nachehelichen Unterhalt.
Die Beteiligten haben am 31. Dezember 1992 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind zwei Töchter (geboren 1998 und 2003) hervorgegangen,
von denen eine bei der Antragstellerin und eine beim Antragsgegner lebt. Seit dem 26. April 2016 ist die Ehe rechtskräftig
geschieden. Der Versorgungsausgleich ist durchgeführt; zum Ausgleich des Zugewinns erhielt die Antragstellerin insgesamt 90.000
€.
Die 1968 geborene Antragstellerin absolvierte eine Ausbildung als Einzelhandelskauffrau und war danach bei der G. K. GmbH
tätig. Seit August 1990 arbeitete sie als Kassiererin bei der Kreissparkasse, zunächst in Vollzeit, später halbtags. Nach
der Geburt der ersten Tochter nahm sie Erziehungsurlaub, beendete danach ihr Arbeitsverhältnis mit der Kreissparkasse und
widmete sich fortan der Haushaltsführung und der Kinderbetreuung. Nach der Trennung der Beteiligten fand sie eine vollschichtige
Anstellung als Kassiererin bei der W. GmbH & Co. KG. Die dort erzielten Einkünfte bleiben hinter den Einkünften zurück, die
sie bei einer Weiterbeschäftigung bei der Kreissparkasse erzielt hätte. Ab Februar 2017 beläuft sich die Differenz auf monatlich
rund 506 € (netto).
Der ebenfalls 1968 geborene Antragsgegner ist bei der F. W. GmbH angestellt. Über sein Arbeitsentgelt hinaus bezieht er eine
monatliche Rente gemäß § 16 Abs. 1 des Gesetzes über die humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen vom
24. Juli 1995 (BGBl. I 1995, 972 und 979; HIVHG - im Folgenden: HIV-Hilfegesetz) in Höhe von rund 1.500 € (netto). Er bewohnt ein Eigenheim, für das er Zins-
und Tilgungsleistungen aufbringt.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner unter Berücksichtigung der genannten Rente zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt in
Höhe von monatlich 1.660 € ab Dezember 2016 sowie eines Unterhaltsrückstands für die Zeit ab April 2016 verpflichtet; eine
Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts hat es abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgericht
durch Beschluss gemäß §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners, mit der er weiterhin eine Berechnung
des nachehelichen Unterhalts ohne die Berücksichtigung seiner Rente gemäß § 16 Abs. 1 HIVHG sowie die Befristung und/oder
Herabsetzung des Unterhalts anstrebt.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache
an das Oberlandesgericht.
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die monatliche Rente in Höhe von 1.500 €, die der Antragsgegner nach dem HIV-Hilfegesetz beziehe, sei als unterhaltsrechtlich
relevantes Einkommen zu berücksichtigen. Denn grundsätzlich seien insoweit alle zufließenden Einkünfte anzurechnen, gleichgültig
welcher Art sie seien und aus welchem Anlass sie gezahlt würden. Anders als bei Renten nach dem Conterganstiftungsgesetz sei
dieser Grundsatz bei Leistungen nach dem HIV-Hilfegesetz auch nicht aufgrund gesetzlicher Regelung ausgeschlossen. Zwar besage
§ 17 Abs. 1 HIVHG, dass die Leistungen der Stiftung nicht auf andere Leistungen aus öffentlichen Mitteln angerechnet und auch
nicht bei der gesetzlich vorgesehenen Ermittlung von Einkommen und Vermögen berücksichtigt werden. Hiermit könnten private
Unterhaltsgläubiger aber nicht gemeint sein, da sie keine öffentlichen Mittel verwalteten. Zudem sei der Zweck des HIV-Hilfegesetzes
nach dessen § 1 ausdrücklich, erkrankten Personen und deren unterhaltsberechtigten Angehörigen finanzielle Hilfe zu leisten.
Wollte man die Leistung nach dem HIV-Hilfegesetz im Rahmen des Unterhalts nicht berücksichtigen, wären die unterhaltsberechtigten
Angehörigen bei fehlender Zahlungsbereitschaft des Betroffenen ohne weiteres von der ihnen zugedachten Unterstützung abgeschnitten.
Auch der unterschiedliche Wortlaut von § 18 Abs. 1 ContStifG und § 17 Abs. 1 HIVHG spreche dafür, die Leistungen nach dem
HIV-Hilfegesetz als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen zu behandeln. Eine abweichende Bewertung ergebe sich auch nicht
daraus, dass nicht infizierten Kindern und Ehepartnern für gewisse Zeiträume nach dem Tod der infizierten Person eigene Ansprüche
aus dem HIV-Hilfegesetz zustehen können.
Eine Herabsetzung oder zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs nach §
1578 b BGB sei im Rahmen der vorliegenden Entscheidung nicht auszusprechen. Zwar erscheine die unbefristete Zubilligung des vollen Unterhaltsanspruchs
nicht angemessen. Allerdings sei der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Ehedauer von über 23 Jahren, ihres Alters
und ihrer in der Ehe übernommenen Verpflichtungen hinsichtlich der Erziehung der Töchter aus Gründen der nachehelichen Solidarität
eine angemessene Übergangsphase zwischen den günstigeren eheprägenden Verhältnissen und der wirtschaftlichen Eigenständigkeit
einzuräumen, woran auch der Zugewinnausgleich nichts ändere. Insoweit erscheine die Zubilligung des vollen Unterhalts für
acht Jahre sowie die eines Betrags in Höhe des ehebedingten Nachteils zuzüglich der halben Differenz zum vollen Unterhalt
für weitere vier Jahre angemessen. Eine weitergehende Herabsetzung oder gar eine vollständige Befristung komme dagegen im
Hinblick auf den fortwirkenden ehebedingten Nachteil nicht in Betracht. Denn zwischen den Verfahrensbeteiligten sei unstreitig
geblieben, dass sich der Einkommensnachteil, den die Antragstellerin durch die familienbedingte Aufgabe ihrer Stelle als Kassiererin
bei der Kreissparkasse erleide, ab Februar 2017 monatlich auf jedenfalls 506,34 € belaufe. Danach komme ohnehin nur eine Befristung
des Unterhaltsanspruchs in Betracht, der über die Kompensation des ehebedingten Nachteils hinausgehe. Wie sich der ehebedingte
Nachteil aber konkret etwa im Jahre 2024 auf das Einkommen der Antragstellerin auswirken werde, lasse sich derzeit noch nicht
mit hinreichender Zuverlässigkeit abschätzen.
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Das Oberlandesgericht hat die Rente des Antragsgegners nach § 16 Abs. 1 HIVHG zu Unrecht im Rahmen der Unterhaltsbemessung
berücksichtigt.
aa) Zweck des HIV-Hilfegesetzes ist nach dessen § 1, aus humanitären und sozialen Gründen und unabhängig von bisher erbrachten
Entschädigungs- und sozialen Leistungen an Personen, die durch Blutprodukte unmittelbar oder mittelbar mit HIV infiziert wurden
oder infolge davon an AIDS erkrankt sind, und an deren unterhaltsberechtigte Angehörige finanzielle Hilfe zu leisten. Anspruchsberechtigt
sind dabei nach § 15 HIVHG über die vor dem 1. Januar 1988 HIV-Infizierten und/oder an AIDS Erkrankten hinaus auch mittelbar
infizierte Personen (Ehepartner, Verlobte und Lebenspartner oder bei der Geburt infizierte Kinder) sowie nicht infizierte
Kinder und Ehepartner von Infizierten oder Erkrankten. Nach § 16 Abs. 3 HIVHG erhielten nicht infizierte Ehepartner für einen
Zeitraum von fünf Jahren monatlich 511,29 €, wenn die infizierte Person im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes am 31.
Juli 1995 bereits verstorben war, während nicht infizierte Kinder gemäß § 16 Abs. 2 HIVHG nach dem Tod der infizierten Person
monatlich 511,29 € bis zum Abschluss ihrer Berufsausbildung erhalten, längstens bis zum Ablauf des 25. Lebensjahres. Nach
§ 16 Abs. 1 HIVHG erhalten HIV-infizierte Personen monatlich 766,94 € und AIDS-erkrankte Personen monatlich 1.533,88 €.
bb) Sämtliche Leistungen werden nach § 17 Abs. 1 HIVHG nicht auf andere Leistungen aus öffentlichen Mitteln angerechnet und
auch nicht bei der gesetzlich vorgesehenen Ermittlung von Einkommen und Vermögen berücksichtigt.
Der Regelungsgehalt dieser Vorschrift beschränkt sich allerdings nicht darauf, dass die Leistungen nach dem HIV-Hilfegesetz
nicht auf andere Leistungen aus öffentlichen Mitteln angerechnet werden (vgl. dazu BT-Drucks. 13/1298 S. 11), sondern umfasst
nach seinem Wortlaut allgemein auch die Ermittlung des Einkommens von infizierten Personen. Die gesetzliche Regelung erstreckt
sich daher auch auf die unterhaltsrechtliche Einkommensermittlung.
cc) Die in § 17 Abs. 1 HIVHG getroffene Regelung - die bei Inkrafttreten des HIV-Hilfegesetzes im Juli 1995 § 17 Abs. 2 HIVHG
a.F. entsprach, vgl. § 14 des Anti-D-Hilfegesetzes vom 2. August 2000 (BGBl. I 1270, 1272) - orientierte sich an der damaligen Regelung über die sogenannte Conterganrente (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 16. Juli
2014 - XII ZB 164/14 - FamRZ 2014, 1619).
Durch das Gesetz über die Errichtung einer Stiftung "Hilfswerk für behinderte Kinder" vom 17. Dezember 1971 (BGBl. 1971 I
2018; 1972 I 2045; im Folgenden: Errichtungsgesetz) wurde eine Stiftung mit dem Zweck errichtet, behinderten Menschen, deren
Fehlbildungen mit der Einnahme bestimmter Präparate durch die Mutter während der Schwangerschaft in Verbindung gebracht werden
können, Leistungen zu erbringen, insbesondere die sogenannte Conterganrente. Diese Leistungen blieben nach § 21 Abs. 2 des
Errichtungsgesetzes bei der Ermittlung von Einkommen und Vermögen nach anderen Gesetzen, insbesondere dem Bundessozialhilfegesetz, dem Arbeitsförderungsgesetz und dem Gesetz für Jugendwohlfahrt, außer Betracht. Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger und Träger
der Sozialhilfe oder anderer Sozialleistungen wurden nach § 22 Satz 1 des Errichtungsgesetzes nicht berührt.
§ 21 Abs. 2 des Errichtungsgesetzes wurde nachfolgend durch das Gesetz über die Conterganstiftung für behinderte Menschen
(Conterganstiftungsgesetz - ContStifG) vom 13. Oktober 2005 (BGBl. I 2967; neu gefasst durch Bekanntmachung vom 25. Juni 2009
- BGBl. I 1537, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21. Februar 2017 (BGBl. I 263) aus systematischen Gründen zu
§ 18 Abs. 1 ContStifG (BT-Drucks. 15/5654 S. 13). Nach § 18 Abs. 1 ContStifG bleiben Leistungen nach diesem Gesetz bei der
Ermittlung oder Anrechnung von Einkommen, sonstigen Einnahmen und Vermögen nach anderen Gesetzen, insbesondere dem Zweiten,
Dritten, Fünften, Neunten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und dem Bürgerlichen Gesetzbuch, außer Betracht. Die frühere Regelung in § 22 Satz 1 des Errichtungsgesetzes wurde in § 18 Abs. 2 ContStifG übernommen.
In der Gesetzesbegründung wird insoweit ausdrücklich ausgeführt, dass es sich bei der Aufnahme des
Bürgerlichen Gesetzbuches als Verweis um eine Klarstellung handele, da die beispielhafte Aufzählung von Gesetzen in § 21 Abs. 2 Satz 1 des Errichtungsgesetzes
nicht abschließend sei. Obwohl die Bundesregierung von jeher die Auffassung vertreten habe, dass diese Leistungen bei der
Bemessung von Unterhaltsleistungen grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürften, habe in der Vergangenheit in Einzelfällen
bei Scheidungen offensichtlich Unsicherheit darüber bestanden, ob die Conterganrenten bei der Bemessung von Unterhaltsleistungen
nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch herangezogen werden könnten. Ein ausdrücklicher Verweis auf das Bürgerliche Gesetzbuch sei
im Errichtungsgesetz unterblieben, da in Anbetracht des damaligen Alters der Contergangeschädigten eine Unterhaltsanrechnung
im Trennungs- oder Scheidungsfall nicht explizit geregelt worden sei. Dem Gesetzgeber obliege es jedoch, auch in Zukunft darüber
zu wachen, dass die Leistungen der Stiftung der übernommenen Verantwortung gerecht würden. Zur Vermeidung von Auslegungsproblemen
sei es daher erforderlich, klarzustellen, dass die Leistungen nach dem neuen Conterganstiftungsgesetz auch bei der Bemessung
des Unterhalts als echte Zusatzleistungen erhalten bleiben (BT-Drucks. 15/5654 S. 13).
dd) Diese Erwägungen gelten für die Leistungen nach dem HIV-Hilfegesetz entsprechend. Sinn und Zweck des HIV-Hilfegesetzes
war, den unmittelbar und mittelbar Betroffenen sowie ihren Angehörigen eine schnelle und angemessene Unterstützung zu gewähren.
Die Leistungen, die ohne Prüfung der Einkommens- oder sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse erfolgen, haben keine Einkommensersatzfunktion,
sondern werden als humanitäre Hilfe gewährt.
Dem in § 1 HIVHG und in der Gesetzesbegründung (vgl. etwa BT-Drucks. 13/1298 S. 8, 11) ausgewiesenen Zweck, auch den unterhaltsberechtigten
Angehörigen von infizierten/erkrankten Personen finanzielle Hilfe zu leisten, wird durch an nicht infizierte Kinder und Ehepartner
von infizierten/erkrankten Personen gewährten Leistungen gemäß §§ 15 Abs. 4, 16 Abs. 2 und 3 HIVHG Rechnung getragen. Dagegen
gebietet der Zweck es nicht, den Unterhalt von nicht infizierten Ehegatten zu Lasten des infizierten Ehegatten unter Berücksichtigung
von dessen HIV-Rente zu bemessen.
Da die Renten nach dem HIV-Hilfegesetz kein unterhaltsrechtliches Einkommen darstellen, findet §
1610 a BGB insoweit keine Anwendung. Daher kommt es auch nicht darauf an, dass dem Antragsgegner nach den nicht angegriffenen Feststellungen
des Amtsgerichts bislang ein krankheitsbedingter Mehrbedarf nicht entstanden ist.
b) Die Rechtsbeschwerde rügt zudem zu Recht, dass das Oberlandesgericht es abgelehnt hat, derzeit über eine Befristung/Herabsetzung
des Unterhaltsanspruchs gemäß §
1578 b BGB zu entscheiden.
aa) Nach §
1578 b Abs.
1 Satz 1
BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen
Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur
Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung sind
§
1578 b Abs.
1 Satz 2 und
3 BGB zu entnehmen. Danach ist neben der Dauer der Ehe vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick
auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der
Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes und aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit
während der Ehe ergeben. Ein ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte
nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde (Senatsbeschluss vom 8. Juni 2016
- XII ZB 84/15 - FamRZ 2016, 1345 Rn. 14 mwN).
§
1578 b BGB beschränkt sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende
nacheheliche Solidarität. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, ist eine Herabsetzung oder Befristung
des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen
vorzunehmen. Bei der insoweit gebotenen umfassenden Billigkeitsabwägung ist das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen
Solidarität festzulegen. Wesentliche Aspekte hierbei sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung
wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung. Bei der Beurteilung der Unbilligkeit einer
fortwährenden Unterhaltszahlung sind ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien von Bedeutung, so dass der Tatrichter
in seine Abwägung auch einzubeziehen hat, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf den Unterhalt
angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige - unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten - durch
diese Unterhaltszahlungen belastet wird. In diesem Zusammenhang kann auch eine lange Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen
bedeutsam sein (Senatsbeschluss vom 8. Juni 2016 - XII ZB 84/15 - FamRZ 2016, 1345 Rn. 15 mwN).
Als Rechtsfolge sieht §
1578 b Abs.
1 Satz 1
BGB die Herabsetzung bis auf den angemessenen Lebensbedarf vor. Dieser Maßstab bildet regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung
des nachehelichen Unterhalts und bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne Ehe und Kindererziehung
aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach §
1578 b Abs.
1 BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (Senatsbeschluss
vom 8. Juni 2016 - XII ZB 84/15 - FamRZ 2016, 1345 Rn. 16 mwN).
Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach §
1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie ist vom Rechtsbeschwerdegericht aber daraufhin zu überprüfen,
ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese
Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der rechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter
sich mit dem Verfahrensstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung
also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsbeschluss vom
8. Juni 2016 - XII ZB 84/15 - FamRZ 2016, 1345 Rn. 17 mwN).
Zwar kann über eine Unterhaltsbefristung oder -herabsetzung erst dann abschließend entschieden werden, wenn die Verhältnisse
der Ehegatten wirtschaftlich entflochten sind und sich danach abschätzen lässt, ob ehebedingte Nachteile dauerhaft bestehen
oder nicht. Dementsprechend hat es der Senat im Einzelfall gebilligt, wenn die Entscheidung über eine Befristung und Herabsetzung
nach §
1578 b BGB insoweit hinausgeschoben und einem späteren Abänderungsverfahren vorbehalten wurde (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 62 f.). Die Rechtskraft einer Entscheidung, die das spätere Eingreifen der Folgen des §
1578 b BGB offen lässt, schließt dann eine künftige Abänderung nicht aus. Daraus, dass eine abschließende Entscheidung über die Folgen
des §
1578 b BGB noch nicht möglich ist, folgt aber nicht, dass eine Entscheidung darüber vollständig zurückgestellt werden darf. Vielmehr
muss das Gericht insoweit entscheiden, als eine Entscheidung aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren
Umstände möglich ist. Das gilt insbesondere für eine bereits mögliche Entscheidung über die Herabsetzung nach §
1578 b Abs.
1 BGB. Die materielle Rechtskraft einer solchen Entscheidung und die mit ihr verbundenen Präklusionsfolgen gehen dann nur so weit,
als die Entscheidung eine abschließende Beurteilung der gegenwärtigen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände
enthält. Eine auf dieser Grundlage ergangene Entscheidung schließt eine spätere Abänderung insbesondere dann nicht aus, wenn
zunächst bestehende ehebedingte Nachteile später ganz oder teilweise entfallen sollten (Senatsurteil BGHZ 188, 50 - FamRZ 2011, 454 Rn. 42 f. mwN).
bb) Bei Anlegung dieser Maßstäbe durfte das Oberlandesgericht die Entscheidung über eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs
nicht einem späteren Abänderungsverfahren überlassen.
Zwar ist das Oberlandesgericht zutreffend davon ausgegangen, dass eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin
im Hinblick auf den fortwirkenden ehebedingten Nachteil regelmäßig ausscheidet (vgl. etwa Senatsurteil vom 18. Februar 2015
- XII ZR 80/13 - FamRZ 2015, 824 Rn. 24 mwN). Für den Ausnahmefall einer Befristung trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile ist nach den vom Oberlandesgericht
getroffenen Feststellungen kein Raum; er wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht geltend gemacht.
Etwas anderes gilt hingegen für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs gemäß §
1578 b Abs.
1 BGB nach Maßgabe der nachehelichen Solidarität (vgl. insoweit Dose, FamRZ 2011, 1341, 1347). Insoweit durfte das Oberlandesgericht die Entscheidung nicht einem späteren Abänderungsverfahren überlassen. Das
Oberlandesgericht hat den ehebedingten Nachteil als Differenz zwischen dem angemessenen Lebensbedarf der Antragstellerin im
Sinne des §
1578 b Abs.
1 Satz 1
BGB und ihrem tatsächlich erzielten Einkommen (zur Berechnung vgl. Senatsbeschluss vom 8. Juni 2016 - XII ZB 84/15 - FamRZ 2016, 1345 Rn. 19 mwN) für die Zeit ab Februar 2017 mit monatlich rund 506 € festgestellt. Darüber hinaus hat das Oberlandesgericht
unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass ein Unterhaltsanspruch
nach den ehelichen Lebensverhältnissen für die Dauer von acht Jahren und sodann für die Dauer von vier Jahren ein Anspruch
in Höhe des ehebedingten Nachteils zuzüglich der halben Differenz zum vollen Unterhalt der Billigkeit entspricht. Dass der
auf Seiten der Antragstellerin entstandene ehebedingte Nachteil sich im weiteren Verlauf verringern oder wieder ausgeglichen
werden könnte, ist kein Grund, derzeit von einer Entscheidung über die Herabsetzung des Unterhalts abzusehen. Es wäre vielmehr
widersprüchlich, dem Unterhaltspflichtigen eine Entscheidung über die Herabsetzung zu versagen, nur weil sich die Sachlage
noch zu seinen Gunsten verändern kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 188, 50 - FamRZ 2011, 454 Rn. 46). Ergeben sich nachfolgend hinsichtlich der Einkünfte der Antragstellerin wesentliche Änderungen der Verhältnisse,
so wird durch die Erstentscheidung eine Abänderung des Unterhalts nicht ausgeschlossen.
3. Danach war die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Senat kann nicht selbst abschließend entscheiden, da noch weitere
tatrichterliche Feststellungen zu treffen sind. Die Zurückverweisung gibt dem Oberlandesgericht zugleich Gelegenheit, auf
der Grundlage der Rechtsprechung des Senats (Senatsbeschluss BGHZ 213, 288 = FamRZ 2017, 519) im Zusammenhang mit dem angerechneten Wohnvorteil die Berücksichtigung auch der Tilgungsleistungen des Antragsgegners in
Betracht zu ziehen.