BAG, Urteil vom 27.09.2001 - 2 AZR 176/00
Kündigung - Betriebsbedingte Änderungskündigung wegen Wegfalls einer Hierarchiestufe; Auflösungsantrag; Leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG
»Eine ausreichende Personalverantwortung eines leitenden Angestellten iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG kann bereits dann gegeben sein, wenn sie sich auf eine abgeschlossene Gruppe von Mitarbeitern bezieht, die für das Unternehmen von wesentlicher Bedeutung ist. Das ist insbesondere anzunehmen, wenn diese Mitarbeiter ihrerseits die ihnen nachgeordneten Arbeitnehmer selbständig einstellen und entlassen können.«
Orientierungssätze:
1. Die Entscheidung des Arbeitgebers, die Führungsstrukturen umzugestalten und die bisherige Leitung eines Unternehmensbereichs durch einen leitenden Angestellten auf ein Kollegialgremium mit Mitarbeitern einer niedrigeren Funktionsgruppe zu übertragen, ist eine unternehmerische Organisationsmaßnahme, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs des bisherigen Leiters führen kann. Allerdings bedarf diese unternehmerische Entscheidung einer Konkretisierung, ob der Arbeitsplatz des betroffenen leitenden Angestellten tatsächlich weggefallen ist. Dazu muß der darlegungspflichtige Arbeitgeber auf Grund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können.
2. Der Leiter eines Zentralbereichs eines Unternehmens, in dem mindestens 2.000 Beschäftigte tätig sind, ist zumindest ein ähnlicher leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG.
3. Die Befugnis zur eigenverantwortlichen Einstellung oder Entlassung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG muß einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen. Dabei hängt die erforderliche Personalbefugnis nicht allein von der Zahl der unterstellten Mitarbeiter ab. Entscheidend ist vielmehr, welche Bedeutung die Tätigkeit der Mitarbeiter, die er einstellt oder entläßt, für das Unternehmen hat. Deshalb können die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG auch dann erfüllt sein, wenn sich die personellen Entscheidungskompetenzen des Angestellten zumindest auf eine abgeschlossene Gruppe von Mitarbeitern beziehen, die für das Unternehmen und den unternehmerischen Erfolg wesentlich ist.
4. Deshalb ist es für § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG ausreichend, wenn der Leiter eines Zentralbereichs die ihm nachgeordneten vier leitenden Angestellten, die ihrerseits zur selbständigen Einstellung oder Entlassung der ihnen nachgeordneten Mitarbeitern berechtigt sind, selbständig einstellen oder entlassen kann (Kaskadenmodell).
Fundstellen: BAGReport 2002, 246, BB 2002, 1104, BB 2002, 1104, DB 2002, 1163, NJW 2002, 3192, NJW 2002, 3192, NZA 2002, 1277
Normenkette:
KSchG §§ 1 2 S. 1 § 9 Abs. 1 S. 2 § 14 Abs. 2
,
SprAuG § 31 Abs. 2 § 2
,
BetrVG § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1
Vorinstanzen: LAG München 01.10.1999 10 Sa 324/99 , ArbG München 11.11.1998 16 Ca 13247/97

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