Vergütung des Betreuers - Schongrenze des einzusetzenden Vermögens des Betreuten - Vorlagebschluß
Gründe:
I.
Das Amtsgericht setzte mit Beschluss vom 24. Januar 2001 antragsgemäß für die Tätigkeit der Antragstellerin als Berufsbetreuerin
in dem Zeitraum vom 01. Dezember 1999 bis zum 30. November 2000 eine Vergütung von 2.679,60 DM einschließlich Mehrwertsteuer
gegen die Staatskasse fest. Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2), mit der geltend gemacht
wurde, angesichts des Gesamtvermögens der Betroffenen von 8.861,50 DM zum Antragszeitpunkt sei unter Zugrundelegung eines
Schonvermögens von 4.500,-- DM die Vergütung nicht gegen die Staatskasse festzusetzen, sondern aus dem Vermögen der Betroffenen
zu zahlen. Nachdem die Betreuerin dem Landgericht auf Anfrage mitgeteilt hatte, dass das Vermögen der Betroffenen zum 17.
März 2001 9.692,01 DM betrug, wies das Landgericht mit Beschluss vom 23. März 2001 die sofortige Beschwerde unter Zulassung
der sofortigen weiteren Beschwerde zurück und führte zur Begründung im wesentlichen aus, auch nach der Neuregelung des §
1836 c BGB sei aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes weiterhin von einem Schonvermögen von 8.000,-- DM für alle
Betreuten auszugehen.
Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), mit der sie weiterhin die Auffassung vertritt,
die Vermögensschongrenze liege für Betreute im Regelfall nur bei 4.500,-- DM, und im Hinblick auf die unterschiedliche Handhabung
einzelner Gerichte eine obergerichtliche Klärung erstrebt.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist aufgrund der Zulassung im angefochtenen Beschluss gemäß § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG statthaft und auch im übrigen zulässig, da sie insbesondere form- und fristgerecht erhoben wurde.
Der Senat beabsichtigt, den Beschluss des Landgerichts wegen einer Verletzung des Gesetzes aufzuheben und die Sache zur neuen
Prüfung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, da nach seiner Auffassung das Schonvermögen in der Regel 4.500,--
DM beträgt und der erhöhte Freibetrag von 8.000,-- DM nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen, die hier noch nicht geprüft
wurden, zugebilligt werden kann. Er ist an dieser Entscheidung jedoch gehindert, da er hiermit von der auf weitere Beschwerde
ergangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 13. September 2000 -16 Wx 97/00 (OLG Report Köln 2001, 92) abweichen würde. Deshalb ist die sofortige weitere Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 und 3 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Entscheidungserheblich ist die Rechtsfrage, ob die Schongrenze des von
einem Betreuten für die Vergütung des Betreuers einzusetzenden Vermögens nach der Neuregelung der §§
1836 c bis e
BGB durch das BtÄndG nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 4 BSHG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 b der hierzu ergangenen Rechtsverordnung grundsätzlich 4.500,-- DM beträgt und der erhöhte Schonbetrag von 8.000,-- DM nur
bei Vorliegen der dort näher angegebenen Voraussetzungen oder der Annahme besonderer Härte gemäß § 88 Abs. 3 BSHG im Einzelfall zugebilligt werden kann. Der Senat hält dies in Übereinstimmung mit den Entscheidungen des OLG Zweibrücken
vom 25. August 2000 (BtPrax 2000, 264), des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 23. November 2000 (Bt Prax 2001, 77) und des OLG Schleswig vom 14. Dezember
2000 (MDR 2001, 455 = FGPrax 2001, 75) für zutreffend.
Mit dem Inkrafttreten des BtÄndG zum 01. Januar 1999 ist dem Berufsbetreuer gemäß §§
1908 i Abs.
1,
1836 Abs.
1 Satz 2 und Abs.
2 Satz 1
BGB eine Vergütung zu bewilligen. Der Anspruch richtet sich grundsätzlich gegen den Betreuten. Ist dieser mittellos, so kann
der Betreuer die Vergütung aus der Staatskasse verlangen (§ 1836 a
BGB). Gemäß §
1836 d BGB ist ein Betreuter mittellos, wenn er die Vergütung des Betreuers nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten oder nur im Wege
der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aus seinem Einkommen oder Vermögen aufbringen kann. Welches Einkommen oder Vermögen
der Betreute hierbei einzusetzen hat, ergibt sich aus §
1836 c BGB. Nach dessen Nr. 2 hat der Betreute Vermögen nach Maßgabe des § 88 BSHG einzusetzen. Während es nach der Rechtslage bis zum Inkrafttreten des BtÄndG keine gesetzlichen Anhaltspunkte für die Bestimmung
der Mittellosigkeit nach §
1835 Abs.
4 BGB a. F. gab, enthält die gesetzliche Neuregelung der §§
1836 c bis e
BGB nunmehr durch die Verweisung auf einzelne Vorschriften des BSHG konkrete Kriterien für deren Ermittlung.
Zur Bestimmung der Höhe des gemäß § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG nicht einzusetzenden Schonvermögens ist hiernach auf die gemäß § 88 Abs. 4 BSHG ergangene Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG abzustellen. Nach deren Abs. 1 Nr. 1 b gilt für den Bereich der "Hilfe in besonderen Lebenslagen" grundsätzlich eine Schongrenze von 4.500,-- DM; ein erhöhtes Schonvermögen
von 8.000,-- DM wird dort durch die Verweisung auf §§ 67 und 69 a Abs. 3 BSHG nur für Blinde und Schwerstpflegebedürftige der Pflegestufe 3 zugebilligt. Zwar verweist §
1836 c BGB nur bezüglich des einzusetzenden Einkommens ausdrücklich auf die für die Hilfe in besonderen Lebenslagen geltenden Grenzen.
Damit wird jedoch erkennbar, dass betreuungsbedürftige Personen insgesamt dem Personenkreis gleichgestellt werden sollen,
die auf Hilfe in besonderen Lebenslagen angewiesen sind (vgl. ebenso BayObLG a.a.0.). Aus der gesetzlichen Verweisung in §
1836 c Nr. 2
BGB auf § 88 BSHG ergibt sich deshalb zugleich, dass die unterschiedlichen Schonbeträge nach Maßgabe der hierzu ergangenen Verordnung und der
dort näher geregelten Voraussetzungen zur Ermittlung des Schonvermögens Anwendung zu finden haben, soweit nicht wegen einer
besonderen Härte im Einzelfall § 88 Abs. 3 BSHG Anwendung findet (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 31; OLG Zweibrücken, a.a.0., BayObLG a.a.0.; OLG Schleswig, a.a.0.; LG Koblenz
Bt Prax 1999, 113/114; LG Dresden, FamRZ 2001, 712 LG Leipzig FamRZ 2001, 656; Gregersen/Deinert, Die Vergütung des Betreuers, S. 123; Erman/Holzhauer,
BGB, 10. Aufl., §
1836 c Rn. 10).
Aufgrund der in der gesetzlichen Neuregelung des §
1836 c Nr. 2
BGB getroffenen ausdrücklichen Verweisung auf § 88 BSHG, der auch die auf Grund des § 88 Abs. 4 BSHG ergangene Verordnung einschließt, kann insbesondere nicht mehr auf die frühere überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung
zurückgegriffen werden, welche mangels näherer gesetzlicher Kriterien generell von der Vergleichbarkeit der Situation eines
Betreuten mit Personen, denen nach der Durchführungsverordnung zu § 88 BSHG der erhöhte Freibetrag von 8.000,-- DM zustand, ausging (vgl. hierzu zum alten Recht BayObLG FamRZ 1998, 507 und 1999, 459 m. w. N.; KG FamRZ 1998, 188). Im Hinblick auf den Inhalt der neuen gesetzlichen Regelung, die nunmehr eine direkte Anwendung des § 88 BSHG mit der hierzu ergangenen Verordnung vorschreibt, vermag auch der Hinweis auf die Vermeidung des Aufwandes einer Einzelfallprüfung,
den der Gesetzgeber an anderer Stelle in § 56 g Abs. 2 Satz 2 FGG gebilligt hat, ein Festhalten an der früheren Rechtsprechung unter genereller Anwendung der erhöhten Schongrenze von 8.000,--
DM nicht zu rechtfertigen (so aber OLG Köln, a.a.0.; LG München Bt Prax 2000, 135; Palandt/Diederichsen,
BGB, 60. Aufl., §
1836 c Rn. 5; Soergel/Zimmermann,
BGB, 13. Aufl., §
1836 c Rn. 11).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall hätte das Landgericht somit allein aufgrund des zum maßgeblichen
Zeitpunkt seiner Entscheidung als letzter Tatsacheninstanz vorhandenen Vermögens in Gestalt des Sparguthabens von 9.692,01
DM die Vergütung nicht ohne weiteres gegen die Staatskasse festsetzen dürfen. Denn bei Zugrundelegung des in der Regel gültigen
Freibetrages von 4.500,-- DM hätte die von der Betreuerin geforderte und vom Amtsgericht festgesetzte Vergütung von 2.679,60
DM von der Betroffenen vollständig aus ihrem einzusetzenden Vermögen beglichen werden können.
Die Höhe der festzusetzenden Vergütung, die auch von der Beteiligten zu 2) im einzelnen nicht angegriffen wurde, hält nach
der gebotenen Plausibilitätsprüfung im Hinblick auf die vorhandene Dokumentation der Tätigkeiten einer rechtlichen Überprüfung
stand. Auch der festgesetzte Stundensatz von 60,-- DM lässt unter Anwendung der Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG und die hierzu von der Betreuerin vorgelegten Unterlagen über Umfang und Dauer ihrer bisherigen Tätigkeit Rechtsfehler nicht
erkennen.
Allerdings kommt eine abschließende Entscheidung durch Festsetzung der Vergütung gegen das Vermögen der Betreuten bereits
deshalb nicht in Betracht, weil diese bisher in dem Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht angehört wurde. Der Senat beabsichtigt
deshalb, die Entscheidung des Landgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an dieses Gericht
zurückzuverweisen, damit der Betroffenen gegebenenfalls unter Einschaltung eines Verfahrenspflegers gemäß § 67 FGG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden kann. Hierbei wird auch aufzuklären sein, ob in der Person der Betreuten zum
maßgeblichen Zeitpunkt der neu zu treffenden Entscheidung des Landgerichts die Voraussetzungen für die Zubilligung des erhöhten
Freibetrages gemäß § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 b der Verordnung und 69 a Abs. 3 BSHG oder einer besonderen Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG vorliegen, wofür der Akteninhalt bisher Anhaltspunkte allerdings nicht erkennen lässt.
Da der Senat mit der grundsätzlichen Anwendung des Freibetrages von 4.500,-- DM und der hieraus resultierenden Aufhebung und
Zurückverweisung der Sache an das Landgericht in Bezug auf die entscheidungserhebliche Rechtsfrage von der Entscheidung des
OLG Köln abweichen würde, war eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 und 3 FGG geboten.