SGB-II-Leistungen
Verfassungskonformität der Höhe der Regelbedarfe 2017
Gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Höhe und der Art der Leistungen
1. Der Senat geht davon aus, dass die Festsetzung der Regelbedarfe für 2017 den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.
2. Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der
Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Höhe und der
Art der Leistungen zukommt.
3. Dieser Gestaltungsspielraum führt dazu, dass sich die verfassungsrechtliche Kontrolle der Höhe der Sozialleistungen zur
Sicherung einer menschenwürdigen Existenz auf die Prüfung beschränkt, ob die Leistungen evident unzureichend sind.
4. Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur dann, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen
können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen
ist.
5. Jenseits dieser Evidenzkostrolle wird lediglich überprüft, ob die Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher
Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind.
6. Trotz der Kritik verschiedener Wohlfahrtsverbände hat das BVerfG vor diesem Hintergrund die Bestimmung der Regelsätze als
verfassungsgemäß angesehen; nach dieser Maßgabe ist auch die Bestimmung der aktuell für 2017 ermittelten Regelbedarfe verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden.
Gründe
Die Beschwerde der Kläger ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt.
Prozesskostenhilfe wird nach §
73a Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m §
114 Satz 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) nur gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und
nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Die Klage bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach
vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen
für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt
ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG 12. Aufl. 2017, §
73a Rdnr. 7a). Dabei dürfen die Erfolgsaussichten aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht überspannt werden. Es reicht eine
gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit aus. Schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren
entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung in einem Verfahren, in dem sie anwaltlich
vertreten sind, zugeführt werden können. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance
aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werden (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG 12. Aufl. 2017, §
73a Rdnr. 7a).
Gemessen an diesen Vorgaben hat das Klageverfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Beteiligten streiten in dem
Verfahren über die Gewährung höherer Regelleistungen. Die Kläger haben diesbezüglich beantragt, ihnen für die Zeit ab Januar
2017 einen monatlichen Mehrbetrag von 146,65 Euro für die Klägerin zu 1) und von jeweils 130,- Euro für die Kläger zu 2) und
3) zu bewilligen. Zur Begründung haben sie sich auf ein für die Diakonie Deutschland erstelltes Gutachten von Dr. C vom 11.11.2016
bezogen. In diesem Gutachten werden auf der Basis von alternativen Referenzgruppen höhere Regelbedarfe ermittelt. Es wird
festgestellt, dass die aktuell festgelegten Regelbedarfe nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechen.
Dem folgt der Senat nicht. Er geht davon aus, dass die Festsetzung der Regelbedarfe für 2017 den verfassungsrechtlichen Vorgaben
entspricht. Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung
der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Höhe und
der Art der Leistungen zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - mwN, RdNrn. 38 f. bei juris). Dieser Gestaltungsspielraum führt dazu, dass sich die verfassungsrechtliche Kontrolle der
Höhe der Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz auf die Prüfung beschränkt, ob die Leistungen evident
unzureichend sind (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11, RdNrn. 40 ff. bei juris). Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur dann, wenn offensichtlich ist, dass sie in der
Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial
und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11, RdNr. 41 bei juris). Jenseits dieser Evidenzkostrolle wird lediglich überprüft, ob die Leistungen jeweils aktuell auf der
Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind (BVerfG, Beschluss vom
27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - RdNr. 42 mwN bei juris). Trotz der Kritik verschiedener Wohlfahrtsverbände hat das BVerfG vor diesem Hintergrund die Bestimmung
der Regelsätze als verfassungsgemäß angesehen (vgl. Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a., bei juris) Nach dieser Maßgabe ist auch die Bestimmung der aktuell für 2017 ermittelten Regelbedarfe verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden (so auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.10.2017 - L 12 AS 1595/17 B, RdNrn. 4 ff bei juris; Bayerisches Landessozialgereicht, Beschluss vom 23.08.2017 - L 11 AS 529/17 NZB, RdNrn. 16 ff bei juris; Landessozialgericht Niedersachsen Bremen, Beschluss vom 07.03.2017 - L 13 AS 336/16 B, RdNr. 4 bei juris). Konkrete Anhaltspunkte für eine evidente Unterdeckung des Existenzminimums liegen nicht vor. Auch
die angewendete Berechnungsmethode berücksichtigt die Vorgaben, die das BVerfG in seiner Entscheidung vom 23.07.2014 gemacht
hat.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§
73a SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.