Beihilfeanspruch wegen Kosten der Unterbringung und Verpflegung eines volljährigen Kindes
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Beihilfe zu den Kosten der dauernden Anstaltsunterbringung seines
behinderten volljährigen Sohnes zusteht, nachdem die Kosten vom Träger der Sozialhilfe erbracht wurden.
Der Kläger war bis zum 31. August 1992 bei dem Beklagten, einem eingetragenen Verein, als Angestellter beschäftigt. Auf das
Arbeitsverhältnis fanden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung sinngemäß die jeweils für vergleichbare Angestellte des
Bundes maßgebenden tariflichen Bestimmungen, insbesondere die des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und die diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge Anwendung. Der Beklagte gewährt seinen Angestellten Beihilfe in Krankheits-,
Geburts- und Todesfällen in entsprechender Anwendung der für Beamte des Bundes geltenden Beihilfevorschriften.
Der am 30. Juni 1963 geborene Sohn des Klägers befand sich vom 5. Dezember 1979 bis zum 17. Februar 1987 in einem Heil- und
Pflegeheim und ist seit dem 27. April 1987 im heilpädagogischen Heim Düren untergebracht. Dieses Heim ist eine vollstationäre
Einrichtung, in der geistig behinderte Erwachsene von entsprechendem Fachpersonal betreut werden. Der Sohn des Klägers ist
aufgrund seiner geistigen Behinderung auf Dauer auf kontinuierliche Unterstützung und Begleitung bei den alltäglichen Verrichtungen
angewiesen. In einem amtsärztlichen Attest vom 5. September 1989 wurde aufgrund seiner geistigen Behinderung erhöhte Pflegebedürftigkeit
auf nicht absehbare Zeit festgestellt. In einer amtsärztlichen Stellungnahme vom 9. Januar 1991 wurden die Voraussetzungen
für eine dauernde Anstaltsunterbringung angenommen.
Die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung wurden zunächst vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) als Träger der Sozialhilfe
im Rahmen der Eingliederungshilfe getragen. Mit Schreiben vom 12. November 1990 und weiteren Schreiben vom 5. November 1991
und 4. Juni 1992 stellte der LVR die Kosten für die Zeit von Februar 1989 bis einschließlich Dezember 1991 in Höhe von insgesamt
195.896,89 DM dem Kläger unter Überleitung des Unterhaltsanspruches seines Sohnes in Rechnung und forderte ihn auf, insoweit
bei seinem Arbeitgeber Beihilfe zu beantragen. Der Kläger stellte daraufhin entsprechende Beihilfeanträge.
Der Beklagte gewährte Beihilfe nur in Höhe von 21.120,-- DM mit der Begründung, die Voraussetzungen für eine Beihilfe zur
dauernden Anstaltsunterbringung nach § 9 Abs. 1
BVO-NRW lägen nicht vor. Es könne nur Beihilfe nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 10
BVO-NRW für eine heilpädagogische Behandlung gewährt werden.
Mit seiner am 30. Dezember 1992 bei Gericht eingereichten und dem Beklagten am 6. Januar 1993 zugestellten Klage hat der Kläger
von dem Beklagten Zahlung begehrt, weil ihm beihilfefähige Aufwendungen i.S.d. § 9 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften
für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (BhV) vom 19. April 1985 entstanden seien. Diese
berechnet der Kläger auf der Grundlage eines Beihilfesatzes von 80 v.H. unter Berücksichtigung der vom Beklagten für heilpädagogische
Behandlung anerkannten Beträge.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 126.281,51 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 6. Januar 1993 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, es fehle schon an einer Anspruchsgrundlage
für einen Beihilfeanspruch bei dauernder Anstaltsunterbringung. Als eingetragener Verein sei er nicht verpflichtet, die Beihilfevorschriften
in vollem Umfange anzuwenden. Diese könnten nur insoweit gelten, als er sie tatsächlich im Betrieb anwende. Daran fehle es
hinsichtlich der Gewährung von Beihilfen bei dauernder Anstaltsunterbringung. Eine solche sei vor 1989 nur in einigen Einzelfällen
gewährt worden. Daraus könne eine betriebliche Übung nicht abgeleitet werden, weil dies weder dem Kläger noch der Betriebsöffentlichkeit
bekanntgegeben worden sei.
Ein Beihilfeanspruch bestehe auch deshalb nicht, weil dem Kläger keine Aufwendungen entstanden seien. Die Kosten seien vom
Sozialhilfeträger getragen worden. Dieser könne den Kläger auch nicht in Anspruch nehmen. Der Kläger sei insoweit seinem Sohn
nicht unterhaltspflichtig. Im übrigen handele es sich um eine Sachleistung, für die nach § 5 Abs. 4 Nr. 1
BVO-NRW ein Beihilfeanspruch nicht gegeben sei. Außerdem fehle es an den Voraussetzungen einer dauernden Anstaltsunterbringung.
Auch der Höhe nach sei der Anspruch nicht begründet. Da der Sozialhilfeträger den Kläger nur in Höhe von 80 v.H. der Kosten
in Anspruch nehme, sei der Beihilfeanspruch nur auf dieser Grundlage zu berechnen.
Im übrigen hat sich der Beklagte auf die Ausschlußfrist nach § 70
BAT berufen. Hinsichtlich der vor dem 31. Dezember 1989 entstandenen Ansprüche hat er die Einrede der Verjährung nach §
196 Abs.
1 Nr.
8
BGB erhoben.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit der Maßgabe, daß der Zinsanspruch nur in Höhe von 4 v.H. bestehe, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht
hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt der Beklagte weiterhin Klageabweisung. Der Kläger
beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat einen Beihilfeanspruch hinsichtlich der Kosten für die dauernde Anstaltsunterbringung
seines volljährigen behinderten Sohnes in Höhe von 126.281,51 DM.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der geltend gemachte Beihilfeanspruch nach § 40
BAT i.V.m. § 9 Abs. 1
BVO-NRW zu. Die tarifliche Verweisung auf die Beihilfevorschriften umfasse auch Beihilfeansprüche bei dauernder Anstaltsunterbringung.
Der Beklagte als Arbeitgeber in einer privatrechtlichen Rechtsform hätte zwar einzelne Beihilfeleistungen ausschließen können.
Für eine solche einschränkende Vertragsabrede, sei sie individuell oder durch betriebliche Übung entstanden, habe der Beklagte
jedoch nichts vorgetragen.
Die Voraussetzungen für einen Beihilfeanspruch bei dauernder Anstaltsunterbringung lägen vor. Der Geltendmachung des Anspruchs
durch den Kläger stehe nicht entgegen, daß die Kosten zunächst vom Sozialhilfeträger getragen worden seien. Das Landesarbeitsgericht
ist insoweit und auch hinsichtlich der Höhe des Beihilfeanspruchs im Ergebnis den Ausführungen des Senats im Urteil vom 15.
Juli 1993 (BAGE 73, 333 = AP Nr. 2 zu Nr. 1 Beihilfevorschriften) gefolgt.
II. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Anspruch ist nach § 9 Abs. 1
BVO-NRW begründet. Diese Bestimmung ist aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Danach
steht dem Kläger ein Anspruch auf Beihilfe zu den Kosten der dauernden Anstaltsunterbringung seines volljährigen behinderten
Sohnes für den Zeitraum von Februar 1989 bis Dezember 1991 in Höhe von 126.281,51 DM zu.
1. Der Beklagte ist verpflichtet, Beihilfe zur dauernden Anstaltsunterbringung zu gewähren.
a) Auf das Arbeitsverhältnis finden nach § 2 des Arbeitsvertrages sinngemäß die jeweils für vergleichbare Beamte des Bundes
maßgeblichen tariflichen Bestimmungen, insbesondere die des BAT und er ihn ändernden oder ergänzenden Tarifverträge Anwendung, soweit sich aus den geltenden Betriebsvereinbarungen nichts
anderes ergibt und im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist. Deshalb findet auch § 40
BAT Anwendung, der für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen auf die bei dem Arbeitgeber jeweils
geltenden Bestimmungen verweist. Dies sind nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Beihilfevorschriften des
Bundes.
Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht aus, daß dazu auch die Gewährung von Beihilfe zur dauernden Anstaltsunterbringung
nach § 9 Abs. 1
BVO-NRW gehört. Zwar wäre der Beklagte insbesondere auch im Hinblick auf seine privatrechtliche Rechtsform befugt gewesen, die
Gewährung von Beihilfen für bestimmte Fälle auszuschließen (vgl. BAG Urteil vom 18. Januar 1983 - 3 AZR 520/80 - AP Nr. 2 zu § 40
BAT). Eine solche Einschränkung der Beihilfeleistung ist jedoch nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in rechtlich
zulässiger Weise nicht erfolgt. Eine entsprechende individuelle Vereinbarung ist mit dem Kläger nicht getroffen worden. Auch
das Bestehen einer einschränkenden betrieblichen Übung hat das Landesarbeitsgericht verneint.
Der Beklagte war entgegen seiner Auffassung des Beklagten war er bei dieser Rechtslage nicht befugt, im Einzelfall zu entscheiden,
ob er Beihilfe zur dauernden Anstaltsunterbringung gewähren will oder nicht. Durch die Verweisung auf § 40
BAT in § 2 des Arbeitsvertrages ist ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Beihilfeleistungen begründet worden. Eine anderweitige Vereinbarung
hätte, wie in § 2 des Arbeitsvertrages ausdrücklich bestimmt ist, einer Betriebsvereinbarung oder einer arbeitsvertraglichen
Regelung bedurft. Da es daran fehlt, ist der Beklagte zur Beihilfegewährung nach den entsprechenden Bestimmungen verpflichtet.
Der Ausschluß der Beihilfegewährung für dauernde Anstaltsunterbringung in § 40 Satz 2 durch den 66. Änderungstarifvertrag
vom 24. April 1991 seit dem 1. April 1991 betrifft den vorliegenden Fall nicht. Nach § 2 Abs. 1 Buchst. c des 66. Änderungstarifvertrages zum BAT besteht die Beihilfefähigkeit bis zum 31. Dezember 1992 weiter, wenn für solche Aufwendungen für dieselbe Person vor dem
1. April 1991 Beihilfe zu gewähren war. Dies war vorliegend der Fall. § 40
BAT gilt somit ohne die genannte Einschränkung auch insoweit, als die Klage die Zeit nach dem 1. April 1991 bis zum 31. Dezember
1991 betrifft.
b) Die Voraussetzungen für einen Beihilfeanspruch bei dauernder Anstaltsunterbringung lagen vor. Nach § 9 Abs. 1
BVO-NRW in der im Anspruchszeitraum geltenden Fassung vom 19. April 1985 sind aus Anlaß einer wegen Pflegebedürftigkeit notwendigen
dauernden Unterbringung körperlich oder geistig Kranker in Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten sowie Pflegeheimen neben anderen
beihilfefähigen Aufwendungen abweichend von § 6 Abs. 1 Nr. 6
BVO-NRW die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bis zum niedrigsten Satz in den für die Unterbringung in Betracht kommenden
öffentlichen oder freien gemeinnützigen Anstalten oder Pflegeheimen am Ort der Unterbringung oder in seiner nächsten Umgebung
insoweit beihilfefähig, als sie monatlich bestimmte Beträge übersteigen. Nach § 9 Abs. 2
BVO-NRW ist eine dauernde Unterbringung anzunehmen, wenn nach dem Zeugnis eines Amts- oder Vertrauensarztes mit einer Beendigung
der Pflegebedürftigkeit nicht mehr zu rechnen ist.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren diese Voraussetzungen bei der Unterbringung des Sohnes des Klägers
gegeben. Der Sohn des Klägers, der wegen seiner geistigen Behinderung pflegebedürftig ist, ist seit dem 27. April 1987 im
heilpädagogischen Heim Düren untergebracht. Bei dem Heim handelt es sich um ein Pflegeheim, da der Sohn des Klägers bei den
alltäglichen Verrichtungen durch entsprechendes Fachpersonal betreut wird. Die wegen Pflegebedürftigkeit notwendige dauernde
Anstaltsunterbringung ist auch durch entsprechende amtsärztliche Zeugnisse belegt.
c) Der Sohn ist ein berücksichtigungsfähiges Kind des beihilfeberechtigten Klägers. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2
BVO-NRW sind berücksichtigungsfähige Angehörige die im Ortszuschlag nach dem Bundesbesoldungsgesetz berücksichtigungsfähigen Kinder des Beihilfeberechtigten. Nach § 29 Abschnitt B Abs. 2
BAT handelt es sich dabei um Kinder, die bei der Gewährung von Kindergeld zu berücksichtigen sind. Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 3
BKGG werden Kinder, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, berücksichtigt, wenn sie wegen körperlicher, geistiger oder seelischer
Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. Diese Voraussetzungen sind bei dem Sohn des Klägers gegeben.
d) Entgegen der Auffassung des Beklagten und den vom Landesarbeitsgericht erhobenen Bedenken entfällt die Beihilfefähigkeit
nicht nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 BhV, weil es sich bei der Unterbringung um eine Sachleistung des LVR an den Sohn des Klägers
handelt.
Wie der Senat im einzelnen im Urteil vom 15. Juli 1993 (a.a.O.) ausgeführt hat, sind die Voraussetzungen einer Sachleistung
i.S.v. § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 BVO-NRW nicht gegeben, weil der Sozialhilfeträger dem Beihilfeberechtigten die entstandenen Kosten in Rechnung gestellt hat.
Diese Auffassung steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 20, 44, 45; Urteil vom 30. März 1995 - 2 C 5.94 - ZTR 1995, 476). An ihr ist festzuhalten.
Der LVR hat zunächst die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung des Sohnes des Klägers im Heim Düren getragen. Dadurch,
daß er diese Kosten dem Kläger in Rechnung gestellt hat, ist die Rechtslage nicht anders zu beurteilen, als wenn der Kläger
eine entsprechende Rechnung unmittelbar vom Heim Düren erhalten hätte. Auch in diesem Falle könnte gegenüber dem Beihilfeanspruch
des Klägers nicht eingewendet werden, es handele sich um eine nicht beihilfefähige Sachleistung.
Im übrigen ist die Beihilfefähigkeit von Sach- und Dienstleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz in § 5 Abs. 4 Nr. 1 letzter Satz BVO-NRW ausdrücklich in den Fällen vorgesehen, in denen Ansprüche auf den Sozialhilfeträger übergeleitet sind.
2. Die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung des Sohnes sind beihilfefähige Aufwendungen des Klägers. Dies folgt daraus,
daß der LVR zulässigerweise ihre Erstattung vom Kläger verlangt.
Der LVR konnte den Kläger in Anspruch nehmen, weil der Kläger insoweit seinem Sohn zum Unterhalt verpflichtet war und der
LVR diesen Anspruch im Rahmen der sozialhilferechtlichen Vorschriften auf sich übergeleitet hat.
a) Der Sohn des Klägers hat nach §
1601
BGB einen Unterhaltsanspruch gegen seinen Vater.
Der Sohn ist unterhaltsbedürftig gemäß §
1602
BGB. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 115, 228, 230 m.w.N.) mindert die Sozialhilfe die Unterhaltsbedürftigkeit nicht, da sie nur subsidiären Charakter hat. Der Unterhaltspflichtige
soll von seiner Leistungspflicht nicht dadurch befreit werden, daß der Sozialhilfeträger vorschüssig Leistungen erbringt.
Der Kläger wird auch nicht deshalb von seiner Unterhaltspflicht befreit, weil er durch die Unterhaltsleistung seinen eigenen
angemessenen Unterhalt gefährden würde (§
1603
BGB). Der Kläger ist nicht außerstande, die Kosten für die dauernde Anstaltsunterbringung seines Sohnes zu tragen, weil ihm insoweit
ein arbeitsvertraglicher Beihilfeanspruch zusteht.
b) Entgegen den vom Landesarbeitsgericht erhobenen Bedenken ergibt sich aus den sozialhilferechtlichen Vorschriften nicht,
daß der Sozialhilfeträger die Leistungen an volljährige Hilfesuchende auch dann vorrangig zu tragen hat, wenn dem Unterhaltsverpflichteten
ein Beihilfeanspruch zusteht.
Wie der Senat im Urteil vom 15. Juli 1993 (a.a.O.) im einzelnen ausgeführt hat, folgt aus §§ 85 Nr. 1, 28
BSHG keine Durchbrechung des Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe, wenn dem Unterhaltsverpflichteten ein Beihilfeanspruch
gegenüber seinem Arbeitgeber zusteht.
Die Leistungen des Sozialhilfeträgers für die dauernde Anstaltsunterbringung des volljährigen behinderten Sohnes des Klägers
dienen demselben Zweck wie die Beihilfegewährung nach § 9 Abs. 1
BVO-NRW (vgl. BVerwG Urteil vom 30. März 1995 - 2 C 5.94 - a.a.O.). Im Hinblick darauf sind sie nach § 85 Nr. 1 BSHG auch beim Anspruch auf Sozialhilfe zu berücksichtigen. Nach § 28
BSHG ist zwar für die Gewährung von Hilfe in besonderen Lebenslagen bei volljährigen Hilfesuchenden nicht auf die wirtschaftliche
Lage der Eltern abzustellen. Diese Durchbrechung des Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe kommt jedoch nur dem Beihilfeberechtigten
als dem Angehörigen des Hilfesuchenden, nicht aber dem beihilfeverpflichteten Arbeitgeber zugute.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30. März 1995 - 2 C 5.94 - a.a.O.) entspricht dies auch der rechtsähnlichen gesetzlichen Regelung der erweiterten Hilfe gemäß § 43 Abs. 2
BSHG für noch nicht 21jährige Behinderte, für die den in § 28
BSHG genannten Personen die Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten ist. Insoweit ist nämlich
in § 43 Abs. 3
BSHG ausdrücklich bestimmt, daß die Verpflichtung anderer als der nach dem bürgerlichen Recht Unterhaltspflichtigen, nach sonstigen
Vorschriften Leistungen für denselben Zweck zu gewähren, wie dies bei entsprechenden Beihilfeleistungen der Fall ist, durch
§ 43 Abs. 2
BSHG nicht berührt wird.
c) Der LVR hat den Unterhaltsanspruch des Sohnes des Klägers als Sozialhilfeträger nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts,
auf die das Landesarbeitsgericht Bezug nimmt, mit der Rechnungstellung an den Kläger auf sich übergeleitet (§ 90 Abs. 1 Satz 1 BSHG). Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Zwar konnte der LVR nicht den Beihilfeanspruch des Klägers auf sich überleiten, weil der Kläger wegen der Volljährigkeit seines
Sohnes nicht zu den in § 28
BSHG genannten Personen gehört, dies führt aber, wie der Senat im einzelnen im Urteil vom 15. Juli 1993 (a.a.O.) ausgeführt hat,
nicht dazu, dem Sozialhilfeträger die Inanspruchnahme des Klägers als Unterhaltspflichtigen zu verwehren.
Auch greift die Beschränkung der Überleitungsmöglichkeit von Unterhaltsansprüchen nach § 91 Abs. 3
BSHG in der bis zum 26. Juni 1993 geltenden Fassung nicht ein. Danach soll der Träger der Sozialhilfe davon absehen, einen nach
bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen in Anspruch zu nehmen, soweit dies eine Härte bedeuten würde; er soll vor allem von
der Inanspruchnahme unterhaltspflichtiger Eltern absehen, soweit einem Behinderten nach Vollendung des 21. Lebensjahres Eingliederungshilfe
für Behinderte oder Hilfe zur Pflege gewährt wird.
Obwohl der Sohn des Klägers am 30. Juni 1984 das 21. Lebensjahr vollendet hatte und als Behinderter die entsprechende Hilfe
vom Sozialhilfeträger erhielt, greift diese Überleitungsbeschränkung nicht ein. Die Vorschrift des § 91 Abs. 3
BSHG soll verhindern, daß die durch die Tatsache der Behinderung ohnehin schwer getroffenen Eltern auch noch wirtschaftlich in
besonders herausgehobener Weise belastet werden. Dieser Schutzgedanke verliert jedoch an Gewicht, soweit die Eltern Ansprüche
auf Leistungen des Arbeitgebers haben, die den gleichen Zweck wie die dem Behinderten geleistete Hilfe dienen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30. März 1995 - 2 C 5.94 - a.a.O.), der sich der Senat anschließt, schließt die "Sollvorschrift" des § 91 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BSHG deshalb die Überleitung des Unterhaltsanspruchs in Höhe der beihilfefähigen Aufwendungen und seine Geltendmachung in Höhe
der zu gewährenden Beihilfe nicht aus. Dies entspricht dem Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 2
BSHG.
3. Der Beihilfeanspruch ist auch in der vom Kläger geltend gemachten Höhe begründet.
Der Beklagte geht davon aus, der LVR habe den Kläger nur in Höhe der zu erwartenden Beihilfe in Anspruch genommen. Da diese
nur 80 % der Aufwendungen umfasse, könne der Kläger nur für den um 20 % verminderten Betrag der Unterkunfts- und Verpflegungskosten
Beihilfe beanspruchen. Dies trifft jedoch nicht zu.
Zum einen hat der LVR nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts den Kläger nicht nur in Höhe der zu erwartenden Beihilfe
in Anspruch genommen. Der LVR hat dem Kläger mit Schreiben vom 12. November 1990, 5. November 1991 und 4. Juni 1992 die sich
aus den Pflegekostenaufstellungen ergebenden Kosten in Höhe von 195.896,89 DM und damit die Gesamtkosten in Rechnung gestellt.
Auf dieser Grundlage hat der Kläger seinen Beihilfeanspruch unter der Berücksichtigung der Beträge nach § 9 Abs. 1 BhV, eines
Beihilfesatzes von 80 % und den von dem Beklagten anerkannten Beihilfeleistungen für heilpädagogische Behandlung berechnet.
Gegen diese Berechnung werden vom Beklagten auch keine Einwendungen erhoben.
Soweit der Senat im Urteil vom 15. Juli 1993 (a.a.O.) erwogen hat, ob sich im Anschluß an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 25. Juni 1992 (- 2 C 12.90 - n.v.) eine Minderung des Beihilfeanspruchs bei Beschränkung der Inanspruchnahme des Unterhaltsverpflichteten auf einen
bestimmten Betrag ergeben könne, bedarf es insoweit keiner weiteren Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
Das Bundesverwaltungsgericht geht nämlich in seinem Urteil vom 30. März 1995 (a.a.O.) davon aus, daß der Beihilfeanspruch
der Höhe nach auch bei einer auf die Beihilfe beschränkten Inanspruchnahme durch den Sozialhilfeträger nicht berührt wird.
Soweit aus dem Urteil vom 25. Juni 1992 andere Schlüsse gezogen werden könnten, hat das Bundesverwaltungsgericht daran nicht
festgehalten.
4. Der Beihilfeanspruch des Klägers ist weder verfallen noch verjährt.
Der Kläger hat nach Erhalt der Rechnungen jeweils Beihilfe beantragt und damit die Frist für die Geltendmachung nach § 17 Abs. 10 BhV, die als Spezialregelung der allgemeinen tariflichen Ausschlußfrist des § 70
BAT vorgeht, gewahrt. Mit seiner am 30. Dezember 1992 bei Gericht eingereichten und dem Beklagten am 6. Januar 1993 zugestellten
Klage wurde auch die vierjährige Verjährungsfrist für die Beihilfeansprüche aus dem Jahre 1989 unterbrochen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1
ZPO.