berufliche Weiterbildung; Erstattung selbstbeschaffter Leistungen
Tatbestand
Der 1989 geborene Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für eine selbstbeschaffte Weiterbildungsmaßnahme in Höhe von 5.500,-
€.
Der Kläger hat von 2011 bis 2013 eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann mit Erfolg absolviert. Diese Ausbildung war auf den
Vertrieb von Immobilien ausgerichtet. Im Anschluss war er, zum Teil gefördert durch einen Gründungszuschuss der Beklagten,
selbstständig als Immobilienmakler tätig. Von Juli 2014 bis Januar 2015 sowie von Mai 2015 bis November 2016 war er sozialversicherungspflichtig
bei Immobilienunternehmen beschäftigt. Auf seine persönliche Arbeitssuchendmeldung vom 28. Oktober 2015 und seinen darauf
gerichteten Antrag gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 28. November 2016 ab 1. Dezember 2016 für die Dauer von
360 Kalendertagen Arbeitslosengeld in Höhe von 37,19 € kalendertäglich.
Bewerbungen des Klägers auf sozialversicherungspflichtige Stellen im Bereich der Immobilienverwaltung blieben im Folgenden
erfolglos. Im Rahmen eines Beratungsgespräches am 19. Januar 2017 bot die Beklagte dem Kläger eine Weiterbildung im Bereich
Nebenkosten und Wohnungswirtschaft an. Dies hat der Kläger mit Hinweis auf fehlende Vorkenntnisse abgelehnt. Die Übernahme
der Kosten für die streitgegenständliche Maßnahme wurde durch den Beklagten bei diesem Gespräch mündlich abgelehnt, da es
sich um eine Aufstiegsfortbildung handele.
Bereits Anfang Januar 2017 wandte sich der Kläger an den Träger Technische Akademie H1 (TA) mit Bitte um Informationen zur
Ausbildung Immobilienfachwirt IHK. Diese Informationen sind ihm am 10. Januar 2017 zugegangen. Er meldete sich daraufhin für
den streitigen Lehrgang an. Eine Anmeldebestätigung mit Rechnung über einen Teilbetrag der Lehrgangskosten wurde am 23. Januar
2017 an ihn versandt. Mit Schreiben vom 14. Februar 2017 bestätigte die IHK H2, dass der Kläger die Zulassungsvoraussetzungen
für die streitige Fortbildungsprüfung erfülle.
Am 12. April 2017 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für die Ausbildung zum Immobilienfachwirt bei der TA gegenüber
der Beklagten. Dabei gab er an, sich bereits bei dem Träger angemeldet zu haben.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2017 ab und führte zur Begründung aus, die Arbeitslosigkeit könne
voraussichtlich nicht nur durch Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung vermieden werden. Auf den für den Kläger fachlich
und persönlich in Betracht kommenden Arbeitsmarkt beständen ausreichende Integrationsmöglichkeiten in eine sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung. Dem Kläger könnte aber eine Unterstützung für eine dauerhafte berufliche Eingliederung durch Leistungen nach
§
45 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch -
SGB III- (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung) bzw. §
88 SGB III (Eingliederungszuschuss) gewährt werden.
Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 26. April 2017, zu dessen Begründung er ausführte, er bewerbe sich seit
fast 7 Monaten erfolglos. Er sei daher zu dem Schluss gekommen, dass seine intensiven Vermittlungsbemühungen und die der Beklagten
nicht zu einer erfolgreichen Integration in eine Beschäftigung führen würden. Seine Ausbildung sei vertriebsorientiert und
unterscheide sich in der Tätigkeitsausübung eines gewöhnlichen Immobilienkaufmanns sehr. Der Großteil der angebotenen Arbeitsstellen
beziehe sich auf den gewöhnlichen Immobilienkaufmann und nicht den vertriebsorientierten Immobilienkaufmann. Hinzu komme das
vertriebsorientierte Tätigkeiten vielfach nicht auf Basis einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, sondern im Rahmen
einer Selbstständigkeit als Handelsvertreter ausgeübt würden. So habe er bereits 2013 einen Gründungszuschuss für die Aufnahme
einer selbständigen Tätigkeit erhalten, dieser sei aber mittelfristig nicht erfolgreich gewesen. Die besten Voraussetzungen
einer wirklich nachhaltigen, dauerhaften Beendigung seiner Arbeitslosigkeit erfülle einzig die Förderung des Immobilienfachwirts.
Immobilienfachwirte hätten auf dem deutschen Arbeitsmarkt hervorragende Chancen, denn es herrsche in den nächsten Jahren ein
Mangel an hoch qualifizierten und engagierten Fachkräften.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie
aus, die Notwendigkeit einer weiteren Ausbildung für die berufliche Eingliederung und die Beendigung der Arbeitslosigkeit
ergebe sich nicht, denn der Kläger habe eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine mehrjährige Berufserfahrung in diesem
Bereich. Allein der Wunsch des Klägers nach einer erfolgversprechenden Fortbildung begründe nicht die Notwendigkeit einer
solchen Maßnahme und die Förderung zulasten der Versichertengemeinschaft.
Mit der am 6. Juli 2017 beim Sozialgericht Lübeck erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung
hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Er hat kritisiert, dass der Widerspruchsbescheid wesentliche Aspekte
des Sachverhalts überhaupt nicht aufgreife. So werde die hier bedeutsame Unterscheidung zwischen der absolvierten Ausbildung
zum vertriebsorientierten Immobilienkaufmann und dem einfachen Immobilienkaufmann überhaupt nicht thematisiert. Die Beklagte
scheine sich dieses Unterschiedes überhaupt nicht bewusst zu sein. Gleichfalls unberücksichtigt sei geblieben, dass der Kläger
seit mehr als einem halben Jahr Bewerbungen absende und noch keine Vermittlung in eine neue Arbeitsstelle erfolgt sei, obwohl
die Beklagte der Ansicht sei, der Kläger würde kurzfristig eine Anstellung finden können.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2017 aufzuheben und die
Beklagte zu verurteilen, die ihm durch die Teilnahme an der Fortbildung zum Immobilienfachwirt in der Zeit vom 7. August 2017
bis zum 13. Oktober 2017 entstandenen Kosten in Höhe von 5.500,- € zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre bereits im Verwaltungsverfahren geäußerte Position Bezug genommen.
Der Kläger hat die Ausbildung zum Immobilienfachwirt in dem zuvor gebuchten Lehrgang in H1 erfolgreich absolviert und die
Kosten zunächst selbst getragen.
Mit Urteil vom 24. Juni 2020 hat das Sozialgericht Lübeck die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, als Grundlage für den geltend gemachten Anspruch komme allein §
15 Abs.1 Satz 4 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (
SGB IX) in Betracht. Auch im Falle einer unrechtmäßigen Ablehnung einer Leistung seien die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch
im Fall von im Ermessen des zuständigen Trägers stehenden Leistungen nicht bereits dann gegeben, wenn der ablehnende Bescheid
an einem Fehler leide, sondern erfordere bei im Ermessen stehenden Leistungen zusätzlich zur Erfüllung der tatbestandlichen
Voraussetzungen eine Ermessensreduzierung auf Null. Diese läge nicht vor. Grundlage des möglichen Primäranspruches sei allein
§
81 Abs.1 Satz 1
SGB III. Nachdem der Kläger die Fortbildungsmaßnahmen auf eigene Kosten durchlaufen habe, könne dahinstehen, ob er die Voraussetzungen
der Norm auf Tatbestandsebene erfülle und insbesondere, ob die negative Prognoseentscheidung der Beklagten zur Notwendigkeit
beruflicher Weiterbildung zutreffend gewesen sei. Denn selbst bei Vorliegen aller tatbestandlichen Voraussetzungen stelle
§
81 SGB III die Leistung in das Ermessen der Beklagten. Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers komme daher nur bei einer Ermessensreduzierung
auf Null in Betracht. Diese setze nach allgemeinen Kriterien voraus, dass nach dem festgestellten Sachverhalt das Vorliegen
von Umständen ausgeschlossen ist, die eine anderweitige Ausübung des Ermessens rechtsfehlerfrei zuließen (BSG, Urteil vom 4. Februar 1988,11 RAr 26/87). Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Es sei nicht ausreichend, dass die auf eigene Kosten unternommene Weiterbildung
sinnvoll und zielführend gewesen sei. Nach Auffassung der Kammer stehe nicht fest, dass andere Förderungsmöglichkeiten so
erheblich schlechter geeignet gewesen wären, dass sie bei verständiger Würdigung außer Betracht hätten bleiben müssen. Die
streitige Weiterbildungsmaßnahme stelle nicht die einzig denkbare Maßnahme dar, mit der eine dauerhafte berufliche Wiedereingliederung
erreicht werden konnte. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass die unterschiedlichen Weiterbildungs- und Beratungsangebote
der Beklagten, die der Kläger abgelehnt habe, nicht geeignet gewesen wären, eine dauerhafte berufliche Wiedereingliederung
zu erreichen.
Gegen dieses, seinem Bevollmächtigten am 19. Oktober 2020 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 16.
November 2020. Zur Begründung vertieft und wiederholt er sein bisheriges Vorbringen. Die von der Beklagten angebotenen Leistungen
nach §
45 SGB III sowie §
88 SGB III seien nicht ebenso geeignet gewesen, die Chancen des Klägers für einen Wiedereintritt in eine Beschäftigung zu erhöhen. Seine
Ausbildung zum Immobilienkaufmann habe den Schwerpunkt des Immobilienvertriebes gehabt. Der Bereich der Immobilienverwaltung
habe sich auf das vorgeschriebene Minimum beschränkt. Die von dem Beklagten angebotene Zusatzqualifizierung für den Bereich
der Immobilienverwaltung habe aber noch nicht mal an den Umfang der Qualifizierung herangereicht, die der Kläger bereits in
seiner zurückgelegten Ausbildung durchlaufen habe. Die Chancen des Klägers für einen erfolgreichen Auftritt am Arbeitsmarkt
hätte diese Maßnahme nicht verbessert. Auch der Eingliederungszuschuss sei nicht hilfreich, da diese Maßnahme das Grundproblem
der fehlenden, aber seitens der potentiellen Arbeitgeber geforderten, langjährigen praktischen Berufserfahrung im Bereich
der Immobilienverwaltung, nicht beseitige. Die durchlaufende Weiterbildung stelle hingegen eine tatsächliche Verbesserung
dar. In der Praxis biete sich für den Fachwirt ein wesentlich breiteres Betätigungsfeld. Immobilienfachwirte arbeiteten nicht
nur in der Verwaltung oder im Vertrieb von Immobilien, sondern auch in Banken, Fondsverwaltungen, Versicherungen und Bausparkassen
im Bereich der Bewertung und Risikoanalyse. Die fehlende praktische Erfahrung im Bereich Immobilienverwaltung wirke daher
wesentlich geringer auf die Erfolgschancen. Da das wesentliche Hindernis für eine erfolgversprechende Bewerbung die fehlende
praktische Erfahrung gewesen sei, habe es auch keine andere Möglichkeit der Förderung gegeben, so dass die Beklagte keine
andere Entscheidung hätte treffen können, als die streitige Maßnahme zu bewilligen.
Auf Hinweis des Gerichtes zum Erfordernis der Befassung des Kostenträgers mit einem Leistungsbegehren vor verbindlicher Selbstbeschaffung
hat der Kläger die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bildungsträgers TA übersandt, wonach bei Rücktritt eines angemeldeten
Teilnehmers bis 30 Tage vor Beginn der Veranstaltung keine Ausfallgebühr zu entrichten ist.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Lübeck vom 24. Juni 2020 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides
vom 19. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2017 zu verurteilen, dem Kläger die ihm entstandenen
Kosten für die ab 7. August 2017 durchgeführte berufliche Weiterbildung zum Immobilienfachwirt IHK zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
Sie trägt vor, dem Kläger sei sowohl am 19. Januar als auch 12. April 2017 in persönlichen Beratungsgesprächen eine Weiterbildung
im Bereich Nebenkosten, Wohnungswirtschaft und Weiteres angeboten worden. Diese Weiterbildung hätte mit den benötigten Modulen
individuell zusammengestellt werden können. Dem Vortrag des Klägers, diese Weiterbildung hätte den Auftritt des Klägers am
Arbeitsmarkt nicht verbessert, könne nicht gefolgt werden. Zusätzlich sei auch eine Förderung im Rahmen eines Eingliederungszuschusses
angeboten worden. Dieser sei hilfreich, da Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer
Person liegenden Gründen erschwert sei, einen Zuschuss zum Ausgleich einer Minderleistung erhalten könnten. Dieses Instrument
sei gerade deshalb geschaffen worden, um einen finanziellen Nachteilsausgleich für Arbeitgeber zu schaffen, wenn ein Arbeitnehmer
zu Beginn der Beschäftigung den jeweiligen Anforderungen des Arbeitsplatzes noch nicht entspreche. Ebenso hätte die Verringerung
und Beseitigung berufsfachlicher Vermittlungshemmnisse Gegenstand betrieblicher Maßnahmen nach §
45 SGB III sein können. Der Vortrag in der Berufungsbegründung, die Beklagte habe dem Kläger keine geeigneten Angebote gemacht, die
seine Chancen auf den Arbeitsmarkt erhöht hätten, sei vor diesem Hintergrund zurückzuweisen.
Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der
Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist fristgerecht innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des §
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erhoben worden und auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die Klage mit dem angefochtenen
Urteil abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Kosten für die Weiterbildung zum Immobilienfachwirt
IHK.
Das Sozialrecht kennt Anspruchsgrundlagen für die Erstattung selbst beschaffter Leistungen. Derartige Erstattungsansprüche
sind etwa bereichsspezifisch für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung in §
13 Abs.
3, Abs.
3a Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (
SGB V) und bereichsübergreifend für Rehabilitationsleistungen in §
18 Abs.
4 bis Abs.
6 SGB IX (bis 31. Dezember 2017 §
15 Abs.
1 Satz 4
SGB IX) vorgesehen. Die im streitgegenständlichen Zeitraum geltende Anspruchsgrundlage aus §
15 Abs.
1 Satz 4
SGB IX ist prinzipiell auch für die hier streitigen Leistungen der Weiterbildung nach Arbeitsförderungsrecht anwendbar, denn die
Bundesagentur für Arbeit ist gemäß §
6 Abs.
1 Nr.
2 SGB IX zuständiger Leistungsträger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind gemäß §
49 Abs.
3 Nummer
4 SGB IX (bis 31.12.2017 §
33 Abs.
3 Nummer
3 SGB IX) unter anderem auch die berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen
schulischen Abschluss einschließen. Darunter fällt auch die streitige Förderung nach §
81 SGB III. Gleichwohl ist §
15 Abs.
1 Satz 4
SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung nicht direkt anwendbar, denn die streitige Weiterbildung erfolgte auch
aus Sicht des Klägers nicht aufgrund von medizinisch bedingten Vermittlungshindernissen. Der Kläger litt nicht an einer Behinderung
und war auch nicht von einer solchen bedroht, sodass er nicht die Grundvoraussetzungen für die Anwendung des
SGB IX gemäß §
1 dieses Gesetzes erfüllte. Gleichwohl ist die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen
(also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle einer rechtswidrigen Leistungsablehnung Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens
des Sozialrechts (vergleiche BSG, Urteil vom 6. August 2014, B4 AS 37/13 R, Rn. 11; Urteil vom 19. August 2010, B 14 AS 36/09, Rn. 21), sodass der in §
13 Abs.
3 SGB V und §
15 Abs.
1 Satz 4
SGB IX a. F. zum Ausdruck kommende Grundgedanke auch auf selbstbeschaffte Leistungen der Weiterbildung nach Arbeitsförderungsrecht
Anwendung finden kann (vergleiche auch LSG Neustrelitz, Urteil vom 24. Mai 2016, L2 AL 54/10 Rn. 32).
Gemäß §
15 Abs.
1 Satz 4
SGB IX a. F. besteht im Falle selbstbeschaffter Leistungen eine Erstattungspflicht der Rehabilitationsträger, wenn diese eine unaufschiebbare
Leistung nicht rechtzeitig erbringen können oder der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.
Eine unaufschiebbare Leistung liegt schon deshalb nicht vor, weil der Kläger bereits im Januar 2017 Kontakt zu dem Bildungsträger
TA hinsichtlich einer im August 2017 beginnenden Maßnahme aufgenommen hat und die Befassung der Beklagten damit im April 2017
erfolgt ist, also lange vor Beginn der streitigen Maßnahme.
Ein Erstattungsanspruch im Falle einer zu Unrecht abgelehnten Leistung setzt voraus, dass die Leistung zuvor verlangt bzw.
beantragt worden ist. Der Betroffene muss sich vor Inanspruchnahme der Leistung also an den Träger gewandt und dessen Entscheidung
abgewartet haben. Die Ablehnung muss für den entstandenen Kostennachteil ursächlich sein. Eine ausdrückliche Ablehnung des
Leistungsanspruchs ist unverzichtbar. Diese muss in der Regel durch einen Bescheid erfolgen. Sonstige ablehnende schriftliche
Äußerungen reichen aber aus (vergleiche Ulrich in juris PK
SGB IX §
18 Rn. 59 ff m.w.N.) Selbstbeschafft ist eine Leistung aber nicht schon mit deren Auswahl. Unschädlich sind Auswahlentscheidungen,
die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, etwa im Falle einer
Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Anders ist es erst dann,
wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer
demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung der Leistung verlangen
kann (vergleiche BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, B 3 KR 5/12).
Daran scheitert ein Erstattungsanspruch des Klägers vorliegend allerdings nicht. Zwar hat der Kläger die streitige Fortbildungsmaßnahme
bereits vor dem 23. Januar 2017 gebucht, denn die Rechnung vom 23. Januar 2017 belegt, dass er sich in den Tagen zuvor für
den streitigen Lehrgang angemeldet hat. Dem liegt im Ansatz auch eine gewisse Verbindlichkeit zu Grunde, allerdings belegen
die vom Kläger übersandten Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bildungsträgers, dass ihm noch bis 30 Tage vor Beginn der
gebuchten Veranstaltung, vorliegend also bis Anfang Juli 2017, ein kostenfreier Rücktritt möglich war. Der Kläger hätte daher
von der Weiterbildungsmaßnahme nach erfolgter Ablehnung durch die Beklagte wieder Abstand nehmen können, ohne dass er die
Weiterbildungskosten ganz oder zum Teil zu tragen gehabt hätte.
Dennoch besteht kein Erstattungsanspruch des Klägers, denn dieser setzte eine Ermessensreduzierung auf Null voraus, die nicht
gegeben ist.
Anspruchsgrundlage für den Primäranspruch ist §
81 Abs.
1 SGB III. Danach können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten
gefördert werden, wenn
1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern oder eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit
abzuwenden
2. die Agentur für Arbeit sie vor Beginn der Teilnahme beraten hat und
3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Forderung zugelassen sind.
§
81 Abs.1a
SGB III sieht in der aktuellen Fassung vor, dass die Notwendigkeit der Weiterbildung bei arbeitslosen Arbeitnehmern auch dann anerkannt
wird, wenn durch den Erwerb erweiterter beruflicher Kompetenzen die individuelle Beschäftigungsfähigkeit verbessert wird und
sie nach Lage der Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig ist. Diese Regelung ist erst zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten
und auf den streitigen Fall noch nicht anwendbar. Gleichwohl konnte die Notwendigkeit einer beruflichen Weiterbildung durch
Erwerb erweiterter beruflicher Kompetenzen auch zuvor anerkannt werden, wenn die weiteren Voraussetzungen von §
81 Abs.
1 SGB III vorlagen.
Es ist bereits nicht mit Sicherheit feststellbar, dass eine Weiterbildung in diesem Sinne notwendig war, um den Kläger beruflich
einzugliedern, d. h. seine damalige Arbeitslosigkeit zu beenden. Nicht sicher feststellbar ist, ob nicht andere Instrumentarien
des
SGB III, wie die von der Beklagten ins Auge gefassten Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach §
45 SGB III oder die Gewährung eines Eingliederungszuschusses gemäß §
88 SGB III und die Vermittlungsbemühungen der Beklagten sowie hinreichende Eigenbemühungen des Klägers ausreichend gewesen wären, dessen
Arbeitslosigkeit zeitnah zu beenden. Für eine fehlende Eignung dieser Maßnahmen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit spricht
zwar auf den ersten Blick die fehlende Vermittlung des Klägers bis zum Beginn der Maßnahme Anfang August 2017 und damit für
gut 8 Monate nach Beginn der Arbeitslosigkeit am 1. Dezember 2016. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, dass der Kläger sich
bereits sehr früh, nämlich schon im Januar 2017, auf die streitige Maßnahme festgelegt hat, sodass die fehlende Vermittlung
in den Folgemonaten eine geringere Aussagekraft hat.
Aber auch bei Annahme der grundsätzlichen Notwendigkeit einer beruflichen Weiterbildung zur Erreichung der Ziele des §
81 Abs.
1 SGB III steht die die tatsächliche Leistungsgewährung im Ermessen der Bundesagentur für Arbeit ("können").
Ein Anspruch auf nachträgliche Erstattung der verauslagten Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, deren Erbringung im Ermessen
des Leistungsträgers steht, besteht nur, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt (vergleiche Ulrich JurisPK-
SGB IX §
18 Rn. 51).
Eine Ermessensreduzierung auf Null setzt voraus, dass nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände
vorliegen, die eine anderweitige - den Betroffenen ganz oder teilweise begünstigende- Entscheidungsfindung rechtsfehlerfrei
zuließen (siehe BSG, Urteil vom 11. April 2002, B 3P 8/01R, Rn. 26). Bezogen auf den Anspruch nach §
81 Abs.
1 SGB III bedeutet dies, dass es sich bei der angestrebten Weiterbildung um die einzige Maßnahme handeln muss, mit der eine dauerhafte
berufliche Wiedereingliederung erreicht werden könnte (siehe LSG Hamburg, Urteil vom 21. Januar 2015, L 2 AL 37/12 Rn. 31).
Dies ist indessen nicht der Fall, denn auch, wenn man ex ante eine weitere Qualifizierung des Klägers für seine erfolgreiche
Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt für erforderlich hält und reine Vermittlungsbemühungen durch die Beklagte gerade nicht für
ausreichend, stellt die Übernahme der Weiterbildungskosten für die vom Kläger gewählte Weiterbildung zum Immobilienfachwirt
IHK nicht die einzige rechtmäßige und ermessensgerechte Fördermöglichkeit dar.
So war es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die von der Beklagten angebotene Weiterbildung im Bereich Nebenkosten
und Wohnungswirtschaft geeignet gewesen wäre, die Vermittlungschancen des Klägers deutlich zu erhöhen. Auch nach seinem Vorbringen
scheiterte eine Beschäftigung im Bereich der Immobilienverwaltung, weil er aufgrund seiner vertriebsorientierten Ausbildung
und vorherigen Tätigkeit über keine Erfahrungen im Bereich der Immobilienverwaltung verfügte. Eine Vertiefung bzw. Wiederauffrischung
von Kenntnissen im Bereich der Immobilienverwaltung erscheint daher nicht ungeeignet, seine Vermittlungschancen im Bereich
der Immobilienwirtschaft außerhalb des bloßen Vertriebs zu erhöhen. Die von der Beklagten angebotene Weiterbildung und die
von dem Kläger begehrte und tatsächlich durchgeführte Weiterbildung unterscheiden in ihrem zeitlichen Umfang und hinsichtlich
des Erwerb eines förmlichen Abschlusses. Während die von dem Beklagten angebotene Maßnahme nach dem Vortrag des Klägers einen
Umfang von 110 Stunden hatte, also ungefähr 3 Wochen in Vollzeit umfasste, dauerte die tatsächlich absolvierte Maßnahme vom
7. August 2017 bis 13. Oktober 2017, also 10 Wochen und wurde ebenfalls in Vollzeit durchgeführt. Dass der Kläger die höherwertige
Weiterbildung bevorzugt hat, ist objektiv nachvollziehbar, vermag die zwingende Notwendigkeit dieser Maßnahme, und damit eine
Ermessensreduzierung auf Null, aber nicht zu begründen. Nicht entscheidend ist, dass die durchgeführte Weiterbildung eine
Vermittlung in ein breiteres Arbeitsfeld und auch in höher qualifizierte Tätigkeiten erschlossen hat, als dies die angebotene
Weiterbildung vermocht hätte. Ziel der Maßnahmen nach §
81 SGB III ist nämlich die Vermeidung bzw. Beendigung von Arbeitslosigkeit und nicht die bestmögliche Qualifizierung der Versicherten.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, eine erfolgreiche Vermittlung in eine Tätigkeit im Rahmen der Immobilienverwaltung
hätte praktische Erfahrungen in diesem Bereich vorausgesetzt, vermag dies nicht zu überzeugen, da naturgemäß nicht alle erfolgreich
Vermittelten in einem beruflichen Bereich bereits über Erfahrung in diesem Bereich verfügen können. Ein Teil des Arbeitsmarktes,
der solche Anforderungen stellt, könnte sich bereits kurzfristig nicht mehr nachrekrutieren. Soweit der Kläger vorträgt, die
absolvierte Ausbildung habe ihn ein breiteres Berufsfeld, nämlich auch in Banken, Fondsverwaltung Versicherungen und Bausparkassen
im Bereich der Bewertung und der Risikoanalyse eröffnet, fällt auf, dass dies Tätigkeiten sind, bei denen die betragsmäßige
Bewertung einer Immobilie gefordert ist. Diese Tätigkeiten dürften näher an der Tätigkeit eines vertriebsorientierten Immobilienkaufmanns
als an der eines verwaltungsorientierten Immobilienkaufmanns liegen. Der Kläger hat aber eine Ausbildung zum vertriebsorientierten
Immobilienkaufmann durchlaufen. Auch insoweit drängt es sich auf, dass eine Steigerung der Vermittlungschancen des Klägers
durch Ausbau oder Spezifizierung der bereits in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse geeignet gewesen wäre, seine Vermittlungschancen
zu erhöhen, ohne dass es zwingend der streitigen Weiterbildung bedurft hätte. Dass der Kläger eine Tätigkeit im Bereich der
Immobilienverwaltung angestrebt hat, ist nicht entscheidend, wenn eine erfolgreiche Vermittlung im Bereich der schon erworbenen
Fachkenntnisse im Bereich des Immobilienvertriebs auch durch andere Maßnahmen möglich gewesen wäre.
Zusammenfassend ist es keinesfalls so, dass selbst wenn man die Notwendigkeit einer Weiterbildung für die Integration auf
den Arbeitsmarkt ex ante unterstellt, allein die Gewährung der vom Kläger begehrten und durchgeführten Maßnahme eine rechtmäßige
und ermessensfehlerfreie Entscheidung beinhaltet hätte.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1, Abs.
4 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.