Sozialhilfe, Angemessenheit, Bedarfsdeckungsgrundsatz, Bedarfsrest, Hilfe zum Lebensunterhalt, Informationspflicht, Mietpreis,
Unterkunftskosten, Wohnraumbedarf, Wohnungswechsel, Zuschuss
Gründe:
I.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, in welchem Umfang der Antragsgegner bei der Berechnung der der Antragstellerin
zustehenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz Unterkunftskosten zu berücksichtigen hat.
Die Antragstellerin hatte am 15. August 1997 über das Amt O. S. S. beim damals zuständigen Sozialhilfeträger, dem Landkreis
P., Sozialhilfe für sich und drei ihrer Kinder beantragt, die in der Folgezeit zunächst unter Berücksichtigung der gesamten
Mietkosten gewährt wurde. Bereits im ersten entsprechenden Bescheid vom 06. Juni 1997 war allerdings festgestellt worden,
dass die Antragstellerin keinen sozialhilferechtlich angemessenen Wohnraum bewohne, die Zahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt
noch für drei Monate erfolge und die Antragstellerin "umgehend einen Wohnungsantrag auf eine angemessene Wohnung im Amtsbereich
stellen und dazu einen Wohnberechtigungsschein besorgen" solle. Für das in L. B. bezogene, am 18. April 1997 zunächst mit
dem damaligen Lebensgefährten gemeinsam angemietete Reihenhaus waren 1.300 DM Miete zu bezahlen. Die Antragstellerin erhielt
zu diesem Zeitpunkt Erziehungsgeld für die jüngste Tochter in Höhe von 600 DM sowie Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bzw. Kindergeld.
Nachdem die Antragstellerin ab 01. Dezember 1997 in B. K. ein Haus mit vier Zimmern und einer Gesamtwohnfläche von ca. 100
qm zum Mietpreis von 1.150 DM nebst 80 DM Nebenkosten angemietet hatte und dorthin umgezogen war (B.-Straße xx), beantragte
sie am 05. Januar 1998 bei dem für diesen Wohnort zuständigen Antragsgegner Hilfe zum Lebensunterhalt für sich und drei ihrer
Kinder. Daraufhin gewährte der Antragsgegner Hilfe zum Lebensunterhalt unter Anrechnung von 430 DM Kindergeld, 204 DM Unterhaltsvorschussleistungen
und - ab 01. Februar 1998 - von der Antragstellerin bezogenem Arbeitslosengeld. Die Kosten der Unterkunft blieben im vollen
Umfang unberücksichtigt, nachdem der frühere Sozialhilfeträger einen Erstattungsanspruch abgelehnt hatte.
Am 06. Februar 1998 begehrte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Schwerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung
mit dem Antrag,
"der Antragsgegner trägt die Unterkunftskosten und zahlt ab sofort eine angemessene Hilfe zum Lebensunterhalt".
Zu diesem Zeitpunkt hielt sich lediglich die 1995 geborene jüngste Tochter ständig bei der Mutter auf. Der 1987 geborene Sohn,
für den Erziehungshilfe gewährt wird, lebte in einem Kinder- und Jugendhilfezentrum; es war beabsichtigt, dass er zunächst
zweimal pro Monat besuchsweise kommt und frühestens ab den Sommerferien wieder bei der Antragstellerin wohnt. Die 1984 geborene
Tochter hielt sich bei der Mutter der Antragstellerin in Berlin auf, die sich weigerte, das Kind an die Antragstellerin herauszugeben.
Hierüber ist ein Rechtsstreit anhängig. Eine 1991 geborene Tochter lebt auf Dauer bei dem geschiedenen Mann der Antragstellerin.
Der Antragsgegner trat dem Antrag entgegen mit der Begründung, die Antragstellerin habe den zuständigen Sozialhilfeträger
entgegen ihrer Verpflichtung nach § 3 Abs. 1 Satz 3 RegelsatzVO vor dem Umzug nicht informiert. Außerdem sei die Wohnung mit
ihrer Größe und einem Quadratmeterpreis von 11,21 DM unangemessen teuer. Zudem befänden sich zwei der Kinder in fremder Obhut;
ob und wann sie zurückkehrten, sei nicht deutlich.
In einem Erörterungstermin am 25. Februar 1998 präzisierte die Antragstellerin ihren Antrag dahin, dass sie die vorläufige
Übernahme der Unterkunftskosten ab 06. Februar 1998, dem Tag der Antragstellung bei Gericht, begehre.
Mit Beschluss vom 26. Februar 1998 verpflichtete das Verwaltungsgericht Schwerin unter Ablehnung des Antrags im Übrigen den
Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung, Unterkunftskosten der Antragstellerin gemäß § 3 Abs. 1 RegelsatzVO für
den Zeitraum vom 06. Februar 1998 bis 31. März 1998 ausgehend von einer monatlichen Brutto-Kaltmiete von 810 DM zu übernehmen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar die angemietete Wohnung den Rahmen des sozialhilferechtlich Angemessenen
übersteige. Ausgehend von einem Bedarf für vier Personen sei in Anlehnung an die Regelung in der Verwaltungsvorschrift zum
Belegungsbindungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 14. Februar 1997 von einer angemessenen Wohnungsgröße in der
Regel von bis zu 90 qm Wohnfläche und einem Mietzins von 9 DM pro qm auszugehen. Für diesen Preis sei in B. K. Wohnraum (kalt
inklusive Nebenkosten) erhältlich, so dass sich eine angemessene Brutto-Kaltmiete in Höhe von 810 DM ergebe. In Auslegung
der Vorschrift des § 3 RegelsatzVO in der ab 01. August 1996 geltenden Fassung komme das Gericht in Auseinandersetzung mit
der hierzu ergangenen Rechtsprechung zu der Auffassung, dass der Antragstellerin jedenfalls ein Anspruch auf Übernahme dieser
als angemessen anzusehenden Unterkunftskosten zustehe, auch wenn sie gegen die in § 3 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 RegelsatzVO
normierte Obliegenheit verstoßen und den Antragsgegner nicht vor der Anmietung informiert habe.
Mit seiner vom Senat mit Beschluss vom 15. April 1998 gemäß §
146 Abs.
4 i.V.m. §
124 Abs.
2 VwGO zugelassenen Beschwerde macht der Antragsgegner geltend, dass es dem Sozialhilfeträger nach der ständigen Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts zu § 3 Abs. 1 RegelsatzVO a.F. bei unangemessen hohen Unterkunftskosten nicht möglich sei, wenigstens
die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen. Nach der Neufassung der Regelsatzverordnung durch das Gesetz vom 21. Juli 1996 gelte nichts anderes. Das Schweigen des Bundesgesetzgebers trotz Kenntnis von dieser Rechtsprechung
könne nur so gedeutet werden, dass insoweit eine Änderung gerade nicht angestrebt gewesen sei. Mit der Anwendung der Verwaltungsvorschrift
zum Belegungsbindungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Angemessenheit der Wohnungsgröße habe das Verwaltungsgericht
außer Acht gelassen, dass sich die Lebensumstände von Sozialhilfeempfängern an denen unterer Lohn- und Gehaltsbezieher zu
orientieren hätten. Bei vier Bewohnern seien lediglich 80 qm als angemessen anzusehen, wie dies auch in Schleswig-Holstein
praktiziert werde.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 26. Februar 1998 den Antrag im vollem Umfang abzulehnen.
Die Antragstellerin hat sich im Zulassungs- und Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte,
der Akte eines früheren inhaltsgleichen, nach Rücknahme eingestellten Eilverfahrens gegen den Landrat des Landkreises P. (VG
Schwerin, 6 B 55/98) sowie der beigezogenen Behördenakten (3 geheftete Vorgänge) Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 26. Februar 1998 hat Erfolg. Dabei
ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, da die Antragstellerin ihrerseits kein Rechtsmittel eingelegt hat, die erstinstanzliche
Entscheidung nur insoweit, als die Verpflichtung des Antragsgegners ausgesprochen wurde, für einen begrenzten Zeitraum vorläufig
jedenfalls einen bestimmten, vom Verwaltungsgericht als angemessen erachteten Unterkunftskostenbetrag zu übernehmen. Nach
Auffassung des Senats kann die Antragstellerin mit ihrem Antrag jedoch auch in diesem eingeschränkten Umfang keinen Erfolg
haben.
Zwar gehört eine Fallgestaltung wie die vorliegende auf dem Gebiet des Sozialhilferechts anerkanntermaßen zu denjenigen, bei
denen - wenn die Voraussetzungen im Übrigen vorliegen - ausnahmsweise die Hauptsache in gewissem Umfang vorweggenommen werden
darf (vgl. Redeker/von Oertzen,
VwGO, 12. Aufl. 1997, Rdn. 14 zu §
123 m.w.N.; Kopp,
VwGO, 11. Aufl. 1998, Rdn. 14 zu §
123), so dass dem Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht entgegenstünde, dass damit wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum
und unter dem Vorbehalt des endgültigen Erfolgs in der Hauptsache - eine Befriedigung des Anspruchs der Antragstellerin erfolgte.
Jedoch ist ein Anordnungsanspruch insgesamt nicht dargetan, so dass ohne Auswirkung bleibt, dass das Verwaltungsgericht bei
seiner Entscheidung schon hätte berücksichtigen müssen, dass die Antragstellerin einen sozialrechtlichen Anspruch erhoben
hat, der hinsichtlich der auf ihre Kinder entfallenden Anteile am Unterkunftsbedarf nicht ihr selbst, sondern den Kindern
als eigener Anspruch zustünde (vgl. BVerwG, 21.08.1993 - 5 C 3.91 -, BVerwGE 92, 1 m.w.N.) und deswegen von ihr nicht im eigenen Namen geltend gemacht werden kann. Selbst wenn man im Interesse der Antragstellerin
und ihrer Familie den gestellten Antrag dahin auslegen würde, dass Antragsteller auch die Kinder - jedenfalls die im Haushalt
lebenden - sein sollten, vertreten durch die Antragstellerin, hätte er keinen Erfolg. Ein Anspruch der Antragstellerin bzw.
ihrer Familie ist auch nicht insoweit glaubhaft gemacht, als zumindest die als angemessen anzusehenden Unterkunftskosten bei
der Berechnung der Sozialhilfeleistung für den fraglichen Zeitraum Berücksichtigung finden müssten. Deshalb kann dahin gestellt
bleiben, wie viel Personen bei der Ermittlung des als angemessen einzuschätzenden Wohnraums in Ansatz zu bringen wären; hier
könnten sich Zweifel an dem Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts deswegen ergeben, weil sich dessen Entscheidung auf einen
eng begrenzten Zeitraum bezieht (06. Februar bis 31. März 1998), für diesen aber von vornherein abzusehen war, dass zumindest
der in einem Jugendzentrum lebende Sohn nach Absprache zwischen allen Beteiligten frühestens ab den Sommerferien wieder dauerhaft
im Haushalt der Mutter hätte leben sollen; ob dies jetzt tatsächlich der Fall ist, erscheint im Übrigen noch zweifelhaft.
Ebenso braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob das Verwaltungsgericht mit dem Rückgriff auf die Verwaltungsvorschriften
zum Belegungsbindungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 14. Februar 1997 (Amtsbl. 1997, S. 161) den anzuerkennenden
Wohnraumbedarf zutreffend berücksichtigt hat. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht schon mehrfach ausgeführt, dass
die Frage nach der sozialhilferechtlich angemessenen Wohnfläche anhand der Kriterien der Förderungswürdigkeit im sozialen
Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Vorschriften beantwortet werden kann und hierbei die Verwaltungsvorschriften der Länder
zu §
5 Abs.
2 WoBindG in den Blick zu nehmen sind (vgl. BVerwG, 17.11.1994 - 5 C 11.9 -, BVerwGE 94, 110 unter Hinweis auf 21.01.1993 - 5 C 3.91 -, BVerwGE 92, 1; 08.10.1992 - 5 C 28.89 -, Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr. 28 S. 30 f. = NJW 1993, 1024). Die in diesen Verwaltungsvorschriften festgelegten Obergrenzen hat letztlich der früher zuständige Sozialhilfeträger indirekt
auch anerkannt, indem er die Antragstellerin darauf verwiesen hat, sich zur Erlangung einer angemessenen Wohnung im Amtsbereich
einen Wohnberechtigungsschein zu besorgen.
Ausgangspunkt der anzustellenden Überlegungen im Übrigen ist jedenfalls die auch vom Senat geteilte Annahme des Verwaltungsgerichts,
dass die Antragstellerin für sich und ihre Kinder eine nach Größe und Mietpreis unangemessen teure Wohnung angemietet hat,
wobei sie weder den für ihren früheren Aufenthaltsort zuständigen Sozialhilfeträger noch den für ihren jetzigen Aufenthaltsort
zuständigen Antragsgegner vor Abschluss des Mietvertrages von dem beabsichtigten Umzug in Kenntnis gesetzt hat. Insoweit kann
zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Ausführung des Verwaltungsgerichts verwiesen werden (S. 2, letzter Absatz,
bis S. 4, 1. Absatz einschließlich), denen der Senat folgt (§
122 Abs.
2 Satz 3
VwGO).
Ob der Antragstellerin mit ihren Kindern für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt
unter Berücksichtigung zumindest des als angemessen anzusehenden Teils ihrer Unterkunftsaufwendungen zusteht, beurteilt sich
nach §§ 11, 12 Bundessozialhilfegesetz - BSHG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. März 1994 (BGBl I, S. 646), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl I, S. 2970), i.V.m. § 3 Abs. 1 der zu § 22 BSHG ergangenen Regelsatzverordnung - RegelsatzVO - vom 20. Juli 1962 (BGBl I, S. 515) in der durch Gesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl I, S. 1088) geänderten Fassung.
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG umfasst der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG auch die Unterkunft. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 der RegelsatzVO wurden - und werden - laufende Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen
gewährt (Satz 1); soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen,
sind sie als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 11 Abs. 1 des Gesetzes zu berücksichtigen sind, solange
anzuerkennen, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten
oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken (Satz 2).
Diese Vorschriften hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit (vgl. BVerwG, 05.03.1998
- 5 C 26.97 -) trotz der von der Vorinstanz (vgl. VGH Baden-Württemberg, 13.05.1997 - 6 S 1869/96 -, auch 21.03.1996 - 6 S 1342/93 -, FEVS 47, 23), von anderen Obergerichten (Nachweise siehe bei Wendt, info also 1996, 211) und in der Literatur immer wieder daran geübten Kritik dahin ausgelegt, dass sie keine Rechtsgrundlage für die Gewährung
eines bloßen Unterkunftskostenzuschusses bildeten. Nach dem sozialhilferechtlichen Bedarfsdeckungsgrundsatz dürfe kein ungedeckter
Bedarfsrest hinsichtlich der Unterkunftskosten übrig bleiben; andererseits sei dem Hilfesuchenden nur das zu gewähren, was
er aus sozialhilferechtlicher Sicht benötige (BVerwG, 30.05.1996 - 5 C 14.95 -, BVerwGE 101, 194 = info also 1996, 200 m.w.N. der ständigen Rechtsprechung und ausführlicher Begründung). Der Sozialhilfeträger sei daher berechtigt, einen Hilfesuchenden,
der die Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten begehre, auf den Bezug einer geeigneten Kostenangemessenen Unterkunft
zu verweisen. Die darin liegende Beschränkung des Hilfeanspruchs sei im sozialhilferechtlichen Bedarfsdeckungsgrundsatz angelegt,
sie laufe ihm nicht zuwider.
Dem schließt sich der erkennende Senat jedenfalls für den Fall an, dass von vornherein erkennbar eine Finanzierungslücke (ungedeckter
Bedarfsrest) verbleibt und damit absehbar laufend weitere Schulden angehäuft werden, obwohl auf dem Markt angemessener Wohnraum,
zur Verfügung stünde und ein Umzug zumutbar bewerkstelligt werden könnte. Andernfalls hätte nämlich der Sozialhilfeträger
überhaupt kein Mittel in der Hand, einen Hilfeempfänger - in dessen eigenem und im öffentlichen Interesse - zu einem wirtschaftlichen
und damit "vernünftigen" Verhalten zu veranlassen, sondern müsste gegebenenfalls tatenlos einer wachsenden Verschuldung zusehen.
Das in § 3 Abs. 2 Satz 1 BSHG seine Grundlage findende Wunschrecht hat in diesem Fall zurückzutreten.
Umgekehrt bedeutet dies nach Auffassung des Senats, dass die Übernahme jedenfalls der angemessenen Unterkunftskosten so lange
nicht abgelehnt werde kann, wie ein ungedeckter Bedarfsrest tatsächlich nicht vorhanden ist, sei es, weil die Voraussetzungen
des § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO vorliegen und auch die den angemessenen Umfang übersteigenden Aufwendungen für die Unterkunft
als Bedarf ausnahmsweise anzuerkennen sind, sei es, dass der Bedarfsrest ersichtlich aus anderen Quellen gedeckt werden kann,
die ausnahmsweise nicht der Anrechnung unterliegen (vgl. Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG, Stand Sept. 97, § 12 Rdn. 9 m.w.N.). Dies ist zum Beispiel bei Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbaren Leistungen der Länder bis zu einem Betrag von 600 DM im Monat der Fall (§ 8 Abs. 1 BErzGG).
Der Senat kann - da vorliegend nicht entscheidungserheblich - offen lassen, ob diesen strengen Maßstäben mit der Folge der
Versagung jeglicher Übernahme von Unterkunftskosten auch für den Fall zu folgen ist, dass ein Umzug von einer sozialhilferechtlich
angemessenen in eine ebenfalls noch sozialhilferechtlich angemessene, aber gegenüber der bisherigen teurere Wohnung vorgenommen
wird (so - weil unverhältnismäßige Mehrkosten entstehen - BVerwG, 17.11.1994 - 5 C 11.93 -, BVerwGE 97, 110; kritisch Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl. 1997, § 12 Rdn. 15 a m.w.N. aus der Rechtsprechung, weil dies zu einer "unbilligen und übermäßigen Einschränkung der Freizügigkeit des
Hilfesuchenden und zur Gefahr des Abgleitens in die Obdachlosigkeit führe und Wünsche nach einer besseren Wohnung nicht von
vornherein mit der Begründung abgelehnt werden dürften, der Unterkunftsbedarf sei gegenwärtig ausreichend gedeckt").
Etwas anderes ergibt sich auch nicht zugunsten der Antragstellerin aus der durch Gesetz vom 23. Juli 1996 eingeführten Neuregelung
des § 3 Abs. 1 Satz 3 RegelsatzVO.
Nach dieser Vorschrift hat der Hilfeempfänger vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft den dort zuständigen
Träger der Sozialhilfe über die nach Satz 2 maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen; sind die Aufwendungen für die neue
Unterkunft unangemessen hoch, ist der Träger der Sozialhilfe nur zur Übernahme angemessener Aufwendungen verpflichtet, es
sei denn, er hätte den darüber hinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt.
Der Senat sieht hierin im Gegensatz zum Verwaltungsgericht keine Rechtsgrundlage dafür, dass nunmehr davon der Sozialhilfeträger
jedenfalls die Kosten für eine angemessene Unterkunft unabhängig davon in Ansatz zu bringen hat, ob der Hilfeempfänger den
beabsichtigten Umzug der Behörde vorher zu Kenntnis gegeben hat oder nicht. Für eine grundlegende "Korrektur der durch die
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geprägten Rechtslage" (so das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf OVG Berlin,
13.03.1997 - 6 S 9.97 -, FEVS 47, 544, und 31.07.1997 - 6 S 19.97/6 SN 1.97 -, info also 1997, 85) hätte es einer eindeutigeren Gesetzesformulierung bedurft. Der Senat geht vielmehr im Anschluss an das OVG Hamburg (05.12.1996
- Bs IV 322/96 -, FEVS 47, 538) davon aus, dass die Neuregelung eine Privilegierung dahin schafft, dass bei Erfüllung der tatbestandlichen
Voraussetzungen über die vorstehend dargestellten Grundsätze hinausgehend ein Anspruch auf Teilkostenübernahme zuerkannt wird.
Die Vorschrift hat Anreizfunktion dergestalt, dass sich ein Hilfeempfänger, der einen Wechsel in eine teurere Wohnung plant,
vor Schaffung vollendeter Tatsachen mit der Behörde in Verbindung setzt und damit deren Beratungsangebot über das sozialhilferechtlich
Machbare im konkreten Einzelfall in Anspruch nimmt. Auf dieser Grundlage können dann die finanzielle Gesamtsituation und die
Umzugsentscheidung nochmals überdacht und Alternativen geprüft werden. Entscheidet sich der Hilfeempfänger gleichwohl für
den Umzug, wirkt dies nicht von vornherein anspruchsvernichtend; das finanzielle Risiko wird zumindest minimiert.
Unter Geltung der früheren Fassung des § 3 Abs. 1 RegelsatzVO bestand für keine der zu ihrer Auslegung vertretenen Auffassungen
Anlass, grundsätzlich danach zu differenzieren, ob es um die erstmalige Beantragung der Gewährung von Sozialhilfe und die
damit verbundene Beurteilung der bestehenden Wohnungssituation anhand der Maßstäbe der §§ 11 Abs. 1, 12 BSHG i.V.m. dem im Umfang des § 3 Abs. 2 BSHG anzuerkennenden Wunsch- und Wahlrecht des Hilfeempfängers ging oder ob ein Wohnungswechsel bei laufendem Bezug von Sozialhilfe
erfolgen sollte. Im Übrigen waren - und sind - für die Auslegung der Begriffe "notwendig" und "angemessen" in den genannten
Vorschriften die tatsächlichen Verhältnisse des Marktes (Wohnungsangebot, Mietpreisniveau) von Bedeutung. Keine Rolle spielte
auch, ob sich der Hilfeempfänger im Falle eines Wohnungswechsels vorher mit dem zuständigen Sozialhilfeträger in Verbindung
gesetzt hatte oder nicht, um die Möglichkeit der Übernahme der künftigen Unterkunftskosten vor Eingehen neuer Verbindlichkeiten
abzuklären. In der Praxis dürfte das geringe, die Nachfrage längst nicht befriedigende Angebot an preiswertem Wohnraum und
das über Jahre allgemein hohe Mietpreisniveau in einer Vielzahl von Wohnungswechselfällen Streit um die Übernahme der vollen
Unterkunftskosten zu einem Zeitpunkt ausgelöst haben, in dem eine Rückgängigmachung eingegangener Verpflichtungen nur mehr
mit zusätzlichem erheblichem (auch Kosten-)Aufwand möglich war.
Vor diesem Hintergrund macht die Neuregung in § 3 Abs. 1 Satz 3 RegelsatzVO durchaus auch dann Sinn, wenn man ihren Anwendungsbereich
in enger Anlehnung an den Wortlaut auf die Fälle des Wohnungswechsels eines Hilfeempfängers begrenzt, der die Behörde vorher
informiert hat. Andernfalls würde sich die Anreizfunktion für ein solches Verhalten gerade nicht auswirken.
Der Senat kann der Vorschrift keine Obliegenheit des Hilfeempfängers entnehmen, den Sozialhilfeträger in jedem Fall und unter
allen Umständen vor einem Wohnungswechsel zu informieren. Wäre dies gewollt, hätte dies auch so formuliert werden können.
§ 3 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 RegelsatzVO erstreckt die Pflicht zur vorherigen Unterrichtung auf "die nach Satz 2 maßgeblichen
Umstände", dieser Satz 2 spricht aber von vornherein nur den Sachverhalt an, dass "Aufwendungen für die Unterkunft den der
Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen", und legt einen Anspruch auf Anerkennung dieser eigentlich
unangemessenen Unterkunftsaufwendungen nur so lange fest, als es "nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel,
durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken". Kommt der Hilfeempfänger dieser Unterrichtungspflicht nach,
erhält er sich den Anspruch auf Übernahme jedenfalls angemessener Aufwendungen für den Fall, dass die Behörde im Übrigen eine
Zustimmung nicht erteilt. Zugleich wird damit die Behörde in die Lage versetzt, gemeinsam mit dem Hilfeempfänger rechtzeitig
zu prüfen, ob eine kostengünstigere Unterbringung, in Betracht kommt und wie sich die finanzielle Gesamtsituation gestalten
wird. Mit diesem Verständnis schafft die getroffene Regelung einen sinnvollen Ausgleich zwischen einerseits dem öffentlichen
Interesse daran, die Kosten der öffentlichen Hand für Sozialleistungen nicht beliebig zu steigern, und andererseits dem Interesse
des Hilfeempfängers, nach Möglichkeit seine eigene Vorstellung zur Lebensgestaltung umzusetzen.
Da die Antragstellerin vorliegend keine der beteiligten Behörden von dem beabsichtigen Umzug in Kenntnis gesetzt, sondern
durch Abschluss des Mietvertrages über die Wohnung in Bad K. vollendete Tatsachen geschaffen hat, sind die Tatbestandsvoraussetzungen
nicht erfüllt, an die die Norm den Anspruch auf Übernahme jedenfalls der als angemessenen anzusehenden Kosten knüpft. Die
Antragstellerin kann auch nichts zu ihren Gunsten daraus herleiten, dass die miete für die neue Wohnung in Bad K. tatsächlich
geringfügig niedriger ist als die für die zuvor innegehabte Wohnung in L. B. Der seinerzeit zuständige Sozialhilfeträger hatte
ihr nämlich schon in dem ersten nach Bezug jener Wohnung ergangenen Bescheid vom 06. Juni 1997 über die Gewährung von laufenden
Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz mitgeteilt, dass sie keinen sozialrechtlich angemessenen Wohnraum bewohne und nur auf Grund der besonderen Umstände die Zahlung
der Hilfe zum Lebensunterhalt zunächst für drei Monate erfolge, und ihr aufgegeben, sich umgehend um eine angemessene Wohnung
im Amtsbereich zu bemühen und dazu einen Wohnberechtigungsschein zu erwerben. Die Antragstellerin konnte somit keinesfalls
darauf vertrauen, dass diese oder eine in etwa gleich große und teure Wohnung auf Dauer finanziert würde. Die Antragstellerin,
die nach eigenen Angaben im Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht "den Wohnungsmarkt in B. K. im einzelnen nicht kennt",
hat in keiner Weise glaubhaft gemacht, dass dort kein Wohnraum unter 9 DM/qm zu bekommen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
1 VwGO; da die Beschwerde des Antragsgegners Erfolg hat, hat die Antragstellerin über den bereits vom Verwaltungsgericht rechtskräftig
entschiedenen Anteil hinaus sämtliche Verfahrenskosten zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus §
188 Satz 2
VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
152 Abs.
1 VwGO).