OVG Münster, Urteil vom 17.10.1986 - 8 A 1571/85
Kosten einer Klassenfahrt eines schulpflichtigen Kindes als Aufwendung für den notwendigen Lebensunterhalt.
Fundstellen: DRsp V(545)101e, NJW 1987, 861
, OVGE Mü/Lü 38, 293
»... Zum Bedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt zahlt letztlich alles, was zur Führung eines menschenwürdigen Daseins nötig ist;
§ 12
BSHG i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 BSHG (vgl. .. BVerwGE 72, 113 ff. [hier: V (545) 92 c]). Bei einem jungen Menschen gehört zu einem menschenwürdigen Dasein auch die Möglichkeit, seiner
allgemeinen Schulpflicht nachkommen und in diesem Rahmen an den üblichen und angemessenen Bildungsveranstaltungen seiner Schule
teilnehmen zu können. Zu diesen Bildungsveranstaltungen gehört im Land Nordrhein-Westfalen auch eine von der Schule entsprechend
den schulrechtlichen Verwaltungsvorschriften .. veranstaltete Klassenfahrt. An seiner Auffassung, daß die Teilnahme an einer
Klassenfahrt nicht zum notwendigen Lebensunterhalt gehöre, weil sie nicht »notwendig« sei (vgl. OVG Münster, FEVS 28, 229
[231]), hält der Senat deshalb nicht mehr fest. Zwar ist der Schüler zur Teilnahme an einer Klassenfahrt nicht verpflichtet
.., wobei in diesem Zusammenhang offen bleiben kann, ob eine derartige Anordnung aus schulpraktischen Gründen, aus rechtlich
gebotener Rücksichtnahme auf das elterliche Erziehungsrecht (so OVG Berlin, NJW 1984, 123 ff.) oder schlicht im Hinblick auf die mit der Anordnung einer solchen Teilnahmeverpflichtung zwangsläufig verbundenen finanziellen
Konsequenzen unterblieben ist. Einem Schüler, der die Schule im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht besucht, kann jedoch aus
sozialhilferechtlicher Sicht nicht zugemutet werden, von einer Teilnahme Abstand zu nehmen, wenn diese Bildungsveranstaltung
praktisch von allen Schülern der Klasse angenommen wird. Dies wurde im Hinblick auf die im Rahmen der Schulpflicht erreichbare
allgemeine Schulbildung zu einer unangemessenen Benachteiligung gegenüber seinen Mitschülern führen. ...«