Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Anforderungen an die Rüge einer Verletzung der
Amtsermittlungspflicht
Gründe:
I
Ein 1986 geborener Versicherter der beklagten Krankenkasse war in der Zeit vom 17.9.2001 bis zum 18.12.2001 in einem von der
klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus in jugendpsychiatrischer Behandlung. Die Einweisung erfolgte wegen Anpassungsschwierigkeiten
mit depressiver Verstimmung, Leistungsverlust, sozialem Rückzug sowie Suizidfantasien vor dem Hintergrund der Trennung der
Eltern und langjähriger Spielsucht des Vaters sowie Belastungen des Versicherten durch einen Schulwechsel. Die Beklagte bezahlte
die stationäre Behandlung nur bis zum 14.12.2001, weil sie der Ansicht war, die restliche Behandlung habe keinen stationären
Aufenthalt des Versicherten mehr erfordert. Das SG hat die Klage nach Einholung eines Gutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und
Psychoanalyse Dr. H. (Leitender Arzt der Psychiatrischen Klinik H.) vom 11.10.2005 abgewiesen (Urteil vom 13.9.2006). Das
LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 31.3.2010) und dabei in den Entscheidungsgründen im Einzelnen
dargelegt, weshalb es einen in der mündlicher Verhandlung am 31.3.2010 gestellten Beweisantrag der Klägerin auf Einholung
eines zusätzlichen kinder- und jugendpsychiatrischen Gutachtens zur fortdauernden Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung
bis zum Entlassungstag nicht stattgegeben hat.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch die §§
160 Abs
2,
160a Abs
2 Satz 3
SGG normierten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG). Die Klägerin weist zwar auf einen gesetzlichen Zulassungsgrund hin, nämlich auf einen Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG. Jedoch ist dieser Zulassungsgrund nicht so dargelegt, wie §
160a Abs
2 Satz 3
SGG dies verlangt.
1. Formgerecht bezeichnet ist ein Verfahrensfehler nur, wenn die ihn begründenden Tatsachen im Einzelnen angegeben sind und
- in sich verständlich - den behaupteten Verfahrensfehler ergeben; außerdem muss dargelegt werden, weshalb die angefochtene
Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Im Zusammenhang mit der hier erhobenen Rüge der Verletzung
der Amtsermittlungspflicht nach §
103 SGG erfordert das die Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags sowie die Wiedergabe
der Rechtsauffassung des LSG, verbunden mit Ausführungen dazu, dass das LSG sich aufgrund dieser Rechtsauffassung zu weiterer
Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen. Weiterhin erforderlich sind Angaben zum voraussichtlichen Ergebnis der unterbliebenen
Beweiserhebung und schließlich Ausführungen dazu, warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen
Beweisaufnahme beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 und 35; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34).
Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht, weil ihr nicht zu entnehmen ist, inwieweit das LSG den
in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu Unrecht übergangen haben könnte. Die Klägerin legt nicht dar, dass
der Sachverständige bei seiner Feststellung, die Fortdauer der stationären Behandlung über den 14.12.2001 sei aus medizinischer
Sicht nicht notwendig gewesen, einen den speziellen jugendpsychiatrischen Anforderungen nicht entsprechenden Bewertungsmaßstab
zugrunde gelegt hat. Insbesondere konkretisiert sie nicht ihre Annahme, dass ein kinder- und jugendpsychiatrischer Sachverständiger
zu abweichenden Ergebnissen gelangt wäre und vor allem, zu welchen. Es wird auch nicht verdeutlicht, weshalb die in den streitigen
vier Tagen noch durchgeführten ärztlichen Maßnahmen (einschließlich der am 15. und 16.12.2001 erfolgten Wochenendbeurlaubung
zur Belastungserprobung) nach jugendpsychiatrischem Standard nicht ohne stationären Aufenthalt des Versicherten hätten durchgeführt
werden können. Allein der Hinweis auf Unterschiede zwischen beiden Fachrichtungen reicht nicht aus; die daraus ggf abzuleitende
und zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde erforderliche Subsumtion ist vorliegend nicht erfolgt.
Im Übrigen setzt sich die Klägerin nicht mit der - im Urteil des LSG zitierten - Entscheidung des Großen Senats des BSG vom
25.9.2007 (BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10) auseinander. Nach dieser Entscheidung ist die Notwendigkeit einer stationären Behandlung im Krankenhaus
(§
39 SGB V) allein nach medizinischen Gesichtspunkten zu beurteilen, ohne dass dem behandelnden Krankenhausarzt dabei eine "Einschätzungsprärogative"
zukommt. Dies wird nicht berücksichtigt, wenn in der Beschwerdebegründung (Seite 6) ausgeführt wird, erst wenn die Entscheidung
des Krankenhausarztes nicht mehr vertretbar erscheine, sei die Dauer der Behandlung zu beanstanden. Dem ist der Große Senat
ausdrücklich entgegen getreten (BSG, aaO, jeweils RdNr 29, 30).
2. Soweit die Klägerin sich gegen die Beweiswürdigung des LSG wendet, ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig. Die Rüge eines
Verstoßes gegen §
128 Abs
1 Satz 1
SGG ist nach der ausdrücklichen Regelung des §
160 Abs
2 Nr
3 2. Halbs
SGG im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen.
4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren basiert auf §
197a Abs
1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 und 3 GKG.