BVerwG, Urteil vom 12.03.1987 - 5 C 21.85
a-c. Förderungsfähigkeit einer weiteren Ausbildung im Hinblick auf das angestrebte Ausbildungsziel (Abs. 2 Satz 2)
(a-b) nur dann, wenn der Berufszugang (die Berufsqualifikation) von der erfolgreichen Absolvierung zweier Ausbildungen abhängig gemacht wird,
(b) sei es auch nur aufgrund tatsächlicher Einstellungspraxis;
(c) auch dann, wenn der Entschluß zur weiteren Ausbildung erst während oder nach Abschluß der ersten Ausbildung gefaßt worden ist.
Fundstellen: DRsp V(545)99a-c, DÖV 1987, 695 , FamRZ 1987, 979 , NVwZ 1987, 890
Normenkette:
BAföG § 7 Abs.2 S.2
(a) »Eine Förderung des Universitätsstudiums der Kl. .. kommt allein nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG in der hier anzuwendenden Fassung v. 16. 7. 1979 (BGBl. I S. 1037) in Betracht. Die Regelung greift .. in den Fällen ein, in denen, jeweils im Einzelfall vom angestrebten Ausbildungsziel her gesehen, eine einzige berufsqualifizierend abgeschlossene Ausbildung nicht ausreicht oder in denen der Auszubildende, ebenfalls aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles, die bereits abgeschlossene Berufsausbildung sich nicht mehr zunutze machen kann. Das angestrebte Ausbildungsziel kann dabei die Förderung der weiteren Ausbildung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG nur dann rechtfertigen, wenn der Auszubildende die Qualifikation für einen Beruf erwerben will, die durch den erfolgreichen Abschluß einer förderungsfähigen Ausbildung allein nicht erreicht werden kann, vielmehr den berufsqualifizierenden Abschluß einer weiteren Ausbildung oder mehrerer solcher Ausbildungen voraussetzt. Als Ausbildungsziel i. S. dieser Vorschrift ist mithin nicht der erfolgreiche Abschluß allein einer förderungsfähigen Ausbildung zu begreifen, sondern der Erwerb der Qualifikation für einen bestimmten Beruf. Grundsätzlich genügt nicht, daß die Absolvierung der mehreren Ausbildungen die Ausübung dieses Berufes erleichtert oder wirtschaftlich ertragreicher macht. Erforderlich ist vielmehr, daß die weitere Ausbildung zusammen mit der früheren Ausbildung.. die Ausübung des Berufs erst ermöglicht [folgen Hinw.].
(b) Nach den .. Feststellungen des VGH verlangt die Einstellungspraxis für den von der Kl. ins Auge gefaßten Beruf der Bibliothekarin .. im höheren Dienst [ohne daß insoweit eine rechtliche Normierung besteht] sowohl ein erfolgreiches Studium an der (Fach-)Hochschule für Bibliothekswesen als auch ein Hochschulstudium in einem wissenschaftlichen Fach. ... Der danach anzunehmende Fall, daß ein Universitätsstudium neben einer anderen berufsqualifizierend abgeschlossenen Ausbildung ohne rechtliche Festlegung lediglich von den Einstellungsbehörden als zusätzliche Einstellungsvoraussetzung verlangt wird, ist demjenigen gleichzuerachten, daß der Berufszugang in Rechtsvorschriften von der erfolgreichen Absolvierung zweier Ausbildungen abhängig gemacht wird. Hier wie dort ist die Qualifikation für den angestrebten Beruf ohne das Hinzutreten einer weiteren Ausbildung objektiv nicht erreichbar. Die tatsächliche Einstellungspraxis hat also für den Berufsbewerber die gleichen Auswirkungen wie eine entsprechende rechtliche Bestimmung. Es besteht deshalb sachlich kein Anlaß, bei der Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG zwischen praktischer Übung und rechtlicher Normierung zu unterscheiden .. .
(c) Die Förderung des Universitätsstudiums der Kl. scheitert ferner nicht daran, daß diese den Beruf als Bibliothekarin an öffentlichen Bibliotheken im höheren Dienst nicht von Anfang an, d. h. nicht schon mit Aufnahme ihrer ersten Ausbildung an der Fachhochschule für Bibliothekswesen, angestrebt hat. Dem Gesetz läßt sich eine dementsprechende Einschränkung nicht entnehmen. Soweit in § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG vom angestrebten Ausbildungsziel die Rede ist, wird damit nur darauf abgestellt, ob das Berufsziel, das der Auszubildende mit der weiteren Ausbildung erreichen will, diese Ausbildung rechtfertigt. Anhaltspunkte dafür, daß sich der Auszubildende darüber hinaus bereits vom Beginn seiner ersten Ausbildung an für das zwei Ausbildungen voraussetzende Berufsziel entschieden haben müsse, sind nicht ersichtlich. ...«