Anspruch auf Arbeitslosengeld II, Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt wegen kostenaufwändiger Ernährung bei Diabetes
Gründe:
I. Mit seiner Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein Begehren weiter, den Beschwerdegegner im Wege einer einstweilige
Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihm höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, höhere Leistungen für Unterkunft
und Heizung, Leistungen auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung und Leistungen der Eingliederung in Arbeit
zu gewähren.
Der Beschwerdeführer leidet an Diabetes mellitus Typ II b. Er wohnt mit einer Lebensgefährtin zusammen, die Leistungen nach
dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) bezieht. Für die gemeinsame Wohnung zahlen sie insgesamt 400,00
Euro Miete einschließlich Nebenkosten und Heizkosten. An Regelleistung bezog der Beschwerdeführer monatlich 312,00 Euro für
die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Dezember 2007 (Bescheid vom 23. Juli 2007). Mit Änderungsbescheid vom 27. August 2007
bewilligte der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 1. August bis zum 31. Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes in monatlicher Höhe von 512,00 Euro nebst einer Nachzahlung von 16,00 Euro für August 2007. Diese Leistung
setzt sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 312,00 Euro, Kosten der Unterkunft (Miete) 160,00 Euro und Heizkosten
(laufende Heizungskosten) in Höhe von 40,00 Euro, mithin 512,00 Euro. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2006 und 2. Dezember 2006
beantragte der Beschwerdeführer Leistungen der Eingliederung in Arbeit.
Der Beschwerdeführer hat am 15. August 2007 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt und höhere Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Leistungen zur Eingliederung in Arbeit begehrt.
Mit Beschluss vom 24. August 2007 hat das Sozialgericht (SG) Osnabrück, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen.
Gegen diesen am 25. August 2007 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 29. August 2007 Beschwerde eingelegt und zur
Begründung sein erstinstanzliches Begehren wiederholt.
Der Beschwerdegegner hält die angefochtenen Bescheide und den angefochtenen Beschluss des SG für zutreffend.
II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Beschwerdeführer hat auch in dem Beschwerdeverfahren nicht schlüssig dargelegt
und glaubhaft gemacht, dass er Ansprüche auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, auf einen Mehrbedarf wegen
kostenaufwändiger Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II und auf Leistungen der Eingliederung in Arbeit hat.
Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe des SG Osnabrück in dem angefochtenen Beschluss vom 24. August 2007 verwiesen und
zur Vermeidung von Wiederholungen zur weiteren Begründung gemäß §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG Bezug genommen auf die zutreffenden Ausführungen des SG.
Auch im Beschwerdeverfahren haben sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben, aus denen sich eine akute Hilfebedürftigkeit des
Beschwerdeführers ergibt.
Ein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes steht dem Beschwerdeführer nicht zu. Als Partner in
einer Bedarfsgemeinschaft hat er nach § 20 Abs. 3 SGB II einen Anspruch auf eine Regelleistung in Höhe von 90 v. H. der Regelleistung
nach § 20 Abs. 2 SGB II. Dies bedeutet, dass er einen Anspruch auf eine Leistung in Höhe von 312,00 Euro hat. Diesen Betrag
hat der Beschwerdeführer anerkannt und leistet ihn auch an den Beschwerdeführer. Leistungen für Unterkunft und Heizung erhält
er in hälftiger Höhe der tatsächlichen Kosten. Einen höheren Anspruch steht dem Beschwerdeführer nicht zu; denn er lebt in
einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Lebenspartnerin, die die andere Hälfte der Kosten für Unterkunft und Heizung zu tragen
hat.
Einen Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II hat der Beschwerdeführer nicht,
zumindest hat er einen solchen Anspruch nicht glaubhaft gemacht. Er leidet an einem Diabetes mellitus Typ II b. Diese Erkrankung
erfordert keine kostenaufwändige Ernährung. Zwar wird eine spezielle Diabeteskost und ein damit verbundener erhöhter Mehrbedarf
teilweise bejaht (vgl. Münder in LPK - SGB II § 21 SGB II Rdnr. 31; vgl. auch: Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen
in der Sozialhilfe des Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V., 2. Aufl., 1997).
Dieser Auffassung vermag der Senat sich jedoch nicht anzuschließen. Nach Überzeugung des Senates entspricht es dem aktuellen
medizinisch-ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisstand, dass bei einer Diabetes mellitus-Erkrankung keine besondere Diät
oder keine Ernährung notwendig ist, die einen erhöhten finanziellen Aufwand erfordert. Nach dem Begutachtungsleitfaden für
den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung (Krankenkostenzulagen) gemäß § 23 Abs. 4 BSHG (jetzt: § 30 Abs. 5 SGB XII) des Arbeitsausschusses der Sozialdezernenten Westfalen-Lippe - Abteilung Soziales, Pflege und Rehabilitation - Landschaftsverband
Westfalen-Lippe - Stand 2002 - entstehen bei Diabetes mellitus sowohl bei Normalgewicht als auch bei Übergewicht keine Mehrkosten
durch die erforderliche Diabetes - Diät. Es wird eine ausgewogene Mischkost empfohlen, die einer gesunden Normalkost entspricht,
deren Kosten im Regelsatz enthalten sind. Auch nach dem Rationalisierungsschema 2004 des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner
(BDEM) e. V. der Deutschen Adipositas Gesellschaft e. V., der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin (DAEM) e. V., der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung (DGE) e. V., der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) e. V., des Verbandes der Diätassistenten
- Deutscher Bundesverband (VDD) e. V. und des Verbandes der Diplom-Oecotrophologen (VDOE) e. V. (veröffentlicht in www.daem.de)
unterscheidet sich die Basiskost in der Ernährung bei Diabetes mellitus in ihrer Zusammensetzung nicht von der im Rahmen der
Primärprävention zur Gesunderhaltung empfohlenen Ernährungsweise; die empfohlene Vollkost erfüllt die Bedingungen der Ernährungstherapie
bei Diabetes mellitus Typ II. Besondere Kosten dieser Ernährung fallen demnach nicht an. Auch aus den Ernährungsempfehlungen
für Diabetiker 2001 des Ausschusses Ernährung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft ergibt sich, dass sich für die Empfehlung
zum Verzehr spezieller Diabetikerprodukte für Diabetiker keine Begründung finden ließen. Auch fragliche Mehrkosten für eine
diabetesgerechte Kost seien weder fachlich noch sachlich begründbar. Auch aus den Patienteninformationen - Diabetesernährungsempfehlungen
- des Diabeteszentrum Heidelberg e. V. folgt, dass speziell für Diabetiker angefertigte Produkte nicht notwendig seien. Auch
der Verband für Ernährung und Diätetik e. V. weist in seinen Ernährungsempfehlungen für Diabetiker darauf hin, dass neben
der regelmäßigen Selbstkontrolle der Blutzuckerwerte lediglich eine ausgewogene Ernährung für eine erfolgreiche Diabetesbehandlung
notwendig sei. Die moderne Diabetesernährung unterscheide sich kaum von der Ernährung des Gesunden, das heißt, dass für den
Diabetiker nicht extra gekocht werden müsse. Auch hinsichtlich der Energiezufuhr gebe es grundsätzlich keine unterschiedlichen
Empfehlungen für Diabetiker und Nichtdiabetiker. Auch der Ausschuss der Deutschen Diabetologischen Gesellschaft (DDG, Stellungnahme
vom 1. Oktober 2004; www.fkdb.pconnet.net) äußert die Auffassung, dass bei Diabetes mellitus keine Mehrkosten für Ernährung
entstünden. Aus den vorgenannten Stellungnahmen ergibt sich mithin unzweifelhaft, dass eine ausgewogene Mischkost sowie die
Einhaltung eines normalen Körpergewichts die besten Voraussetzungen für eine normale Blutzuckereinstellung mit oder ohne Medikamente
bieten. Die für den Diabetes mellitus wissenschaftlich empfohlene Diät entspricht damit der allgemein für eine gesunde Ernährung
ausgewogenen Mischkost (Vollkost), die ohne Einschränkung alle Nahrungsbestandteile in einem ausgewogenen Verhältnis enthält
(vgl. auch hierzu Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Februar 2007 - L 6 AS 71/07 ER) und die jeder gesundheits- und ernährungsbewusste Mensch - auch ohne Erkrankung - zu sich nehmen sollte. Diese zur Gesunderhaltung
empfohlene Vollkost ist bereits im Regelsatz enthalten. Demnach hat der Beschwerdeführer folglich keinen Anspruch auf einen
krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarf wegen seiner Diabeteserkrankung. Darüber hinaus hat der Kläger auch keinen Anspruch
auf die von ihm begehrten Leistungen der Eingliederung in Arbeit. Dem Beschwerdeführer sind seitens des Beschwerdegegners
Möglichkeiten der vorhandenen Qualifizierungen aufgezeigt worden und es sind ihm auch nach dem Vortrag des Beschwerdegegners
sinnvolle Möglichkeiten der Eingliederung in Arbeit angeboten worden. Dieses hat der Beschwerdeführer, wie sich aus den vom
Beschwerdegegner überreichten Auszügen aus der Vermittlungsakte ergibt, mit der Begründung abgelehnt, dass er zunächst seine
Krankheiten beheben wolle und dass aus diesem Grunde eine Teilnahme an einer solchen Maßnahme nicht sinnvoll sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar, §
177 SGG.