Beihilfeanspruch wegen Kosten der Unterbringung und Verpflegung eines volljährigen Kindes
Tatbestand:
Der Kläger hat mit der vorliegenden Klage einen Beihilfeanspruch für die Kosten der dauernden Anstaltsunterbringung seines
pflegebedürftigen Sohnes geltend gemacht, welche der Landschaftsverband Rheinland als Träger als Sozialhilfe für den Zeitraum
von Februar 1989 bis einschließlich Dezember 1991 durch Rechnungserteilung gegenüber dem Kläger geltend gemacht hat. Dieser
stand während dieses Zeitraums und anschließend bis zum 31.08.1992 als Angestellter in einem Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten,
der auf die Arbeitsverhältnisse seiner Angestellten ebenso wie es in dem Arbeitsvertrag des Klägers bestimmt war, die Vorschriften
des BAT anwendet und den Angestellten Beihilfen in entsprechender Anwendung der für Beamte des Bundes geltenden Beihilfevorschriften
gewährt.
Der am 30.06.1963 geborene Sohn des Klägers befand sich vom 05.12.1979 bis 17.02.1987 in einem Heil- und Pflegeheim und ist
seit dem 27.04.1987 im Heilpädagogischen Heim Düren untergebracht.
Der Landschaftsverband Rheinland stellte erstmals unter dem 12.11.1990 und mit weiteren Schreiben vom 05.11.1991 und 04.06.1992
dem Kläger die zunächst im Rahmen der Eingliederungshilfe getragenen Unterbringungskosten in Rechnung und forderte zugleich
den Kläger auf, hierfür bei seinem Arbeitgeber eine Beihilfe zu beantragen. Dem leistete der Kläger Folge, was der Beklagte
dem Landschaftsverband mit Schreiben vom 12.11.1990 bestätigte. Nach weiterer Korrespondenz mit dem Landschaftsverband Rheinland
leistete der Beklagte auf die beantragte Beihilfe lediglich einen Betrag von 21.120,-- DM. Er vertrat dazu die Ansicht, eine
dauernde Anstaltsunterbringung im Sinne des § 9 der Beihilfevorschriften sei nicht festzustellen, sondern nur ein Beihilfeanspruch
nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 10 der Beihilfevorschriften (Heilbehandlung mit erforderlicher Heimunterbringung).
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es handele sich nicht nur um eine heilpädagogische Heilbehandlung, sondern auch um eine
dauernde Anstaltsunterbringung seines Sohnes, die gemäß § 9 der Beihilfevorschriften beihilfefähig sei. Der Sohn des Klägers
sei im Sinne des § 9 Abs. 1 BhV pflegebedürftig und die dauernde Anstaltsunterbringung sei erforderlich. Sein Sohn sei wegen
Krankheit und Behinderung so hilflos, dass er dauernder Pflege bedürfe; schließlich sei das heilpädagogische Heim in Düren
ein "Pflegeheim" im Sinne des § 9 Abs. 1 BhV, und die Pflegebedürftigkeit liege nach amtsärztlichem Zeugnis auch auf Dauer
vor.
Die dem Landschaftsverband entstandenen Pflegekosten beziffern sich, wie der Kläger unwidersprochen vorträgt, nach den Pflegekostenberechnungen
des Landschaftsverbandes (Ablichtungen Bl. 22 bis 44 d. A.) in dem streitigen Zeitraum auf einen Gesamtbetrag von 195.896,89
DM. Unter Berücksichtigung der nach § 9 Ziffer 1 BhV monatlich für 35 Monate abzusetzenden Beträge von jeweils 175,-- DM errechnet
der Kläger den gemäß § 14 Abs. 1 BhV bestehenden Beihilfeanspruch von 80 % auf 151.817,51 DM. Diese Zahlungsforderung macht
der Kläger zum Gegenstand der vorliegenden Klage, wobei er die seitens des Beklagten tatsächlich bewilligte und gezahlte Beihilfe
für heilpädagogische Behandlung in Höhe von 21.120,-- DM und weiteren 4.416,-- DM in Abzug gebracht hat.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 126.281,51 DM nebst 8 % Zinsen seit Rechtshängigkeit (06.01.1993) zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf die Ausschlussfrist nach § 70
BAT berufen und unter Hinweis auf §
196 Abs.
1 Nr.
8
BGB hinsichtlich der vor dem 31.12.1989 entstandenen Ansprüche die Einrede der Verjährung erhoben.
Der Beklagte hat außerdem die Ansicht vertreten, dass für den Kläger im Hinblick auf die hier streitigen Aufwendungen keine
Unterhaltspflicht gegenüber seinem Sohn bestanden habe. Ferner hat der Beklagte vorgetragen, die Bezugnahme in § 40
BAT gelte nur für die bei dem Arbeitgeber jeweils geltenden Beihilfebestimmungen. Der Beklagte sei jedoch kein originärer öffentlich-rechtlicher
Arbeitgeber, sondern eine juristische Person des Privatrechts in der Rechtsform des eingetragenen Vereins. In solchen Fällen
seien die Beihilfevorschriften des Bundes oder der Länder nicht unmittelbar, sondern nur insoweit anzuwenden, als der Arbeitgeber
sie in seinem Bereich tatsächlich eingeführt habe. Der Beklagte gewähre in entsprechender Anwendung der Beihilfevorschriften
des Bundes jedoch Beihilfen lediglich für Aufwendungen bei Krankheit, nicht jedoch bei dauernder Anstaltsunterbringung von
Angehörigen.
Das Arbeitsgericht Köln hat mit dem am 25.02.1994 verkündeten Urteil - 5 Ca 11843/93 - der Klage unter Abweisung des über die Prozesszinsen hinausgehenden Zinsanspruches stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits
dem Beklagten auferlegt. In den Entscheidungsgründen des Urteils, auf dessen weiteren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 83 bis
92 d. A.), ist im wesentlichen festgestellt: Der Klageanspruch sei gemäß § 40
BAT und § 9 Abs. 1 der Beihilfevorschriften des Bundes begründet. In dieser Frage sei der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.07.1993
- 6 AZR 685/92 -, AP Nr. 2 zu Nr. 1 BhV) zu folgen. Die Verweisung auf Beihilfevorschriften in § 40
BAT sei nicht entsprechend den Vorstellungen des Beklagten einzuschränken. Wenn die Beihilfevorschriften des Bundes bei dem Beklagten
angewandt würden, dann müsse dies auch vollständig geschehen und nicht selektiv. Nach den vom Kläger vorgelegten amtsärztlichen
Bescheinigungen habe der Beklagte letztlich auch nicht mehr bestreiten können, dass die Voraussetzungen einer dauernden Anstaltsunterbringung
für den Sohn des Klägers im Sinne des § 9 BhV gegeben seien. Nach dem zitierten Urteil des BAG handele es sich auch nicht
um eine gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 BhV von der Beihilfefähigkeit ausgenommene Sachleistung des Landschaftsverbandes, der
Sachleistungscharakter sei entfallen, weil die Kosten dem Kläger in Rechnung gestellt worden seien. Die Leistungen für Unterbringung
und Verpflegung seines Sohnes seien auch beim Kläger als Aufwendungen entstanden, nachdem der Landschaftsverband Rheinland
sie zulässigerweise vom Kläger verlangt habe. Dieser sei aufgrund seiner Unterhaltspflicht verpflichtet, die beihilfefähigen
Aufwendungen zu tragen, wobei sich sein Leistungsanteil auf die Realisierung des Beihilfeanspruchs beschränke. Nach den vom
BAG in der zitierten Entscheidung entwickelten Rechtsgrundsätzen seien auch keine Vorschriften des Sozialhilferechtes festzustellen,
welche dem Beihilfeanspruch entgegenstehen könnten. Schließlich sei der Beihilfeanspruch vom Kläger mit fristgerechten Beihilfeanträgen
(§ 17 Abs. 10 BhV) und mit der vorliegenden Klage auch innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist gemäß §
196 Abs.
1 Nr.
8
BGB rechtzeitig geltend gemacht.
Der Beklagte hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 27.05.1994 zugestellte die vorliegende Berufung am 27.06.1994
eingelegt und mit dem in der noch offenen verlängerten Begründungsfrist am 29.08.1994 eingereichten Schriftsatz begründet.
Der Beklagte wiederholt sein Vorbringen erster Instanz und kritisiert die angefochtene Entscheidung u.a. wie folgt:
Er vertritt die Ansicht, es fehle bereits an einer Anspruchsgrundlage für das Beihilfeverlangen des Klägers. § 40
BAT enthalte lediglich eine vollständige Verweisung auf die für Beamte geltenden Bestimmungen und gelte deshalb uneingeschränkt
nur für solche öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber, die gegenüber den bei ihnen beschäftigten Beamten nach dem Alimentationsprinzip
entsprechend der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht zu Beihilfeleistungen im Krankheitsfall verpflichtet sei. Handele es sich
jedoch bei dem Arbeitgeber um eine Person des Privatrechts, dann könnten die Beihilfevorschriften nur insoweit herangezogen
werden, als der Arbeitgeber sie in dem Betrieb tatsächlich anwende. Insbesondere sei der Beklagte aus diesem Grunde nicht
verpflichtet, die Beihilfevorschriften des Bundes auf jeden Fall vollständig anzuwenden, er habe lediglich den Grundsatz der
Gleichbehandlung zu beachten. Da der Beklagte Beihilfen nur für Aufwendungen bei Krankheit und nicht bei dauernder Anstaltsunterbringung
von Angehörigen gewähre, sei im vorliegenden Fall der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Soweit der Beklagte vor 1989
in einigen Einzelfällen auch Beihilfe für dauernde Anstaltsunterbringung gewährt habe, könne hieraus keine Verpflichtung für
die Zukunft hergeleitet werden, auch eine betriebliche Übung habe daraus nicht entstehen können. Hierzu fehle es an einer
regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Beklagten. Weder dem Kläger noch der Betriebsöffentlichkeit insgesamt
sei bekannt gewesen, dass der Beklagte in der Vergangenheit in einigen Fällen diese Beihilfe geleistet habe. Darüber hinaus
widerspricht der Beklagte den rechtlichen Feststellungen, die das Arbeitsgericht im Anschluss an das Urteil des BAG vom 15.07.1993
getroffen hat; er befürwortet dagegen die Gründe der vom BAG seinerzeit aufgehobenen Entscheidung des LAG Köln vom 29.10.1992
(10 Sa 355/92). Er vertritt die Auffassung, es handele sich nicht um Aufwendungen, welche dem Kläger entstanden seien, sondern um Aufwendungen
des Sozialhilfeträgers im Rahmen der von diesem gesetzlich zu erfüllenden Verpflichtungen, nachdem insbesondere eine subsidiäre
Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seinem Sohn in dem maßgebenden Zeitraum nicht mehr bestanden habe. Ferner vertritt
der Beklagte die Ansicht, der Beihilfeanspruch könne sich der Höhe nach nur auf 80 % der tatsächlichen Erstattungspflicht
des Klägers gegenüber dem Sozialhilfeträger belaufen. Wenn der Landschaftsverband dem Kläger einen Preisnachlass in Höhe von
20 % zuerkenne, also auf die über dem Beihilfeprozentsatz liegende Kostenerstattung verzichte, seien auch die beihilfefähigen
Aufwendungen entsprechend niedriger. Die Auffassung, dass beihilfefähig nur diejenigen Beträge sind, mit denen der unterhaltspflichtige
Beihilfeberechtigte tatsächlich in Anspruch genommen wird, also den über die Beihilfe hinausgehenden Teil der Aufwendungen
auch selbst tragen muss, werde auch durch das OVG Münster in zwei Entscheidungen vertreten, die inzwischen Gegenstand eines
Revisionsverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht geworden seien (OVG Münster vom 09.11.1193 - 6 A 1972/91 -, vom 06.12.1993 - 12 A 468/91 -, BVerwG - 2 C 8.94 und 2 C 5.94 -).
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und den Kläger mit der Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze des Berufungsverfahrens und
die dazu überreichten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist an sich statthaft; sie ist in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.
In der Sache selbst ist das Rechtsmittel des Beklagten erfolglos; das angefochtene Urteil war zu bestätigen.
Die Klage ist unbegründet; dies ergibt sich aus dem unstreitigen Tatsachenvorbringen der Parteien.
An den entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Arbeitsgerichts in dem angefochtenen Urteil hat sich für die Berufungsinstanz
letztlich nichts geändert. Der Klageanspruch folgt aus § 40
BAT i.V.m. § 9 BhV. Die mit der Klage als beihilfefähig geltend gemachten Aufwendungen sind, wenn es sich um Aufwendungen des Klägers nach
den Beihilfevorschriften gehandelt hat, letztlich zutreffend als Aufwendungen bei dauernder Anstaltsunterbringung von Angehörigen
zu sehen. Dies hat der Kläger nicht zuletzt auch mit den in der Berufungsinstanz beigebrachten weiteren Unterlagen in tatsächlicher
Hinsicht ausreichend nachgewiesen; das Ergebnis wird nunmehr auch seitens des Beklagten nicht mehr in Abrede gestellt.
Ohne Erfolg macht der Beklagte gegenüber dem Klageanspruch geltend, dass er nicht wie ein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber,
bei dem auch Beamtenverhältnisse mit entsprechenden Alimentationspflichten bestehen, durch die Verweisung auf die Beihilfevorschriften
mit § 40
BAT umfassend an diese gebunden sei. Es mag richtig sein, dass ein Arbeitgeber in privat-rechtlicher Rechtsform gegenüber seinen
Arbeitnehmern letztlich erfolgreich und beispielsweise ohne einen Verstoß gegen § 4 Abs. 3
TVG in der Lage wäre, die Rechtsfolgen der Verweisung sachgerecht zu begrenzen und einzelne Beihilfeleistungen vertraglich abzudingen.
Hierzu müsste es jedoch, wie das angefochtene Urteil zutreffend bemerkt, eine entsprechende Regelung des Beklagten geben,
die er auf den vorliegenden konkreten Fall angewandt hätte. Stattdessen hat der Beklagte unstreitig ohne eine konkret verlautbarte
oder mit den Arbeitnehmern vereinbarte Einschränkung die generelle Verweisung des Tarifvertrages auf die Beihilfevorschriften
für Beamte des Bundes hingenommen. Mit diesem Erklärungsverhalten würde sich der Beklagte entgegen dem Grundsatz von Treu
und Glauben (§
242
BGB) in Widerspruch setzen, wenn er tatsächlich eine nach den Beihilfevorschriften in der Vergangenheit gewährte Leistung eines
Tages verweigerte oder ohne eine entsprechende Zusatzvereinbarung einzelne Beihilfeleistungen wie z. B. die Beihilfe für Aufwendungen
nach §
9 BhV ablehnte (§
305
BGB). Für eine die Rechtsfolgen des § 40
BAT i.V.m. den Beihilfevorschriften des Bundes einschränkende Vertragsabrede, sei sie individuell oder durch betriebliche Übung
entstanden, hat der Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nichts vorgetragen.
2. Im Übrigen ist die Klage deshalb begründet, weil das Arbeitsgericht die zum gleichen Rechtsproblem wie im vorliegenden
Fall ergangene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.07.1993 zutreffend gewürdigt und auf den vorliegenden Fall auch
richtig angewandt hat. Insoweit nimmt das Berufungsgericht zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils Bezug (§
543 Abs.
1
ZPO).
3. Das Gericht sieht im Hinblick auf den nach der Gerichtsverfassung mit dem Sinn und Zweck des Revisionsverfahrens verbundenen
Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung und im rechtstaatlichen Interesse der Rechtssicherheit davon ab, an den tragenden
Rechtsgrundsätzen seiner eigenen Entscheidung vom 29.10.1992 - 10 Sa 355/92 - festzuhalten, obwohl die vom BAG in dem Urteil vom 15.07.1993 - 6 AZR 685/92 - mitgeteilten Gründe des Bundesarbeitsgerichts weiterhin zu folgenden Bedenken Anlass geben:
Die Begründung, mit der das BAG im Zusammenhang des § 5 Abs. 4 Nr. 1 der Beihilfevorschriften im vorliegenden Fall eine "Sachleistung"
verneint, sind wenig überzeugend. Es kann doch nicht ausreichen, dass derjenige, welcher die Sachleistungen erbringt, dafür
eine Kostenrechnung erstellt und an einen vermeintlich Erstattungspflichtigen versendet. Einen sachlichen Grund dafür, dass
mit der bloßen Rechnungserteilung und der Inanspruchnahme des Klägers der Sachleistungscharakter schlicht und einfach entfallen
würde, hat das BAG nicht genannt.
Fragwürdig, zumindest begründungsbedürftig sind auch die Feststellungen des BAG, wonach den Kläger gemäß §
1601
BGB i.V.m. §§
1602 und
1603
BGB eine Unterhaltsverpflichtung mit dem Inhalt träfe, dass sich die geschuldete Leistung auf die "Mobilisierung, des Beihilfeanspruchs
beschränkt". Diese Feststellung, im vorliegenden Fall von einem mit Unterhaltsansprüchen im Übrigen nicht regelmäßig befassten
Fachgericht als scheinbar nebensächliche Vorfrage getroffen, lässt wenig Problembewusstsein erkennen. Die Frage tritt im vorliegenden
Verfahren tatsächlich nur deshalb in den Hintergrund, weil der Landschaftsverband Rheinland aufgrund seiner faktischen Übermachtstellung
von vornherein nicht einmal befürchten musste, dass der Kläger die ihm angesonnene Antragstellung bei seinem Arbeitgeber verweigern
würde. Hätte sich der Kläger geweigert, dann wäre der Landschaftsverband darauf angewiesen, durch die zuständige ordentliche
Gerichtsbarkeit oder vor den Verwaltungsgerichten die Frage klären zu lassen, ob es überhaupt einen "subsidiären" Unterhaltsanspruch
des genannten Inhalts geben kann oder darf. Immerhin ist das Bedenken des Beklagten nicht von der Hand zu weisen, dass hier
letztlich mit einem begriffsjuristischen und rechnerischen Trick ein Beihilfeanspruch für tatsächlich nicht entstandene Aufwendungen
behauptet wird.
Wenig überzeugend ist auch die Begründung des BAG, mit der festgestellt wird, das LAG habe seinerzeit zu Unrecht im Zusammenhang
des § 85 Nr. 1 BSHG die Zweckidentität der Leistungen von Sozialhilfe einerseits und Beihilfe andererseits verneint. Der Hinweis, auch Beihilfeansprüche
dienten der Fürsorge, dürfte ja wohl bereits aus logischen Gründen wenig besagen. Unklar bleibt nach dem Dafürhalten des Gerichts
auch, weshalb das BAG zu der Feststellung gelangt, das LAG habe mit der Ablehnung des vom Landschaftsverband Rheinland gesuchten
"Durchgriffs" auf die Beihilfeansprüche den das gesamte Sozialhilferecht beherrschenden Grundsatz des Nachranges der Sozialhilfe
durchbrechen wollen. Das BAG beschränkt sich ersichtlich darauf, gegenüber den Feststellungen des LAG das Gegenteil zu behaupten.
Eine wirkliche Begründung für das Ergebnis des BAG, "dass die Beihilfeleistungen ... Vorrang haben vor den Leistungen nach
dem BSHG und somit für die Unterhaltsfähigkeit (des Klägers) konstitutiv sind" ist nicht zu sehen.
Schließlich sind auch die Feststellungen, welche das BAG zu der Höhe des Beihilfeanspruches durch einen Fallvergleich mit
der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.06.1992 (- 2 C 12.90 -, nicht veröffentlicht) getroffen hat, durchaus nicht einleuchtend. Wenn ein solcher Fallvergleich in Betracht kommt, dann
im vorliegenden Fall wohl eher mit dem Ergebnis, dass der Sozialhilfeträger den Unterhaltsanspruch der Höhe nach auf den zu
mobilisierenden Beihilfeanspruch beschränkt hat. Auch im vorliegenden Fall können dem etwaigen Unterhaltsverpflichteten nur
in diesem Umfang beihilfefähige Aufwendungen entstanden sein.
Das Gericht hat diese Bedenken aus den genannten Gründen zurückgestellt, weil die Rechtsprechung des BAG mit ergänzenden Begründungen
durchaus haltbar sein könnte, und es deshalb dem Beklagten überlassen bleiben soll, ob er in einem Revisionsverfahren eine
Änderung der Rechtsprechung zu seinen Gunsten erstrebt.
Die Berufung war nach alledem mit der Kostenfolge aus §
97 Abs.
1 Nr.
2
ZPO zurückzuweisen.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache hat das Gericht die Revision zugelassen, weil mit der zuletzt ergangenen einschlägigen
Entscheidung des BAG wichtige Fragen ungeklärt geblieben sind (§ 72 Abs. 2
ArbGG).